Schwerpunkt: Bewertung und Prognose

Sicherung der Bewertungsqualität

Die Finanzkrise zeigt letztlich auch wie wichtig die Bewertung der Sicherheiten ist. Sie stellt sich jedoch weniger als Krise der Bewertung dar, sondern als Krise der bestehenden Finanzierungsprozesse. Am Ende fällt immer das Finanzinstitut die Kreditentscheidung und nicht der Gutachter. Wichtig ist jedoch, dass sich die Entscheider auf die ermittelten Werte verlassen können.1) Die Basis für eine fundierte Kreditentscheidung stellt die richtige Bewertung der Sicherheit dar. Bei Immobilien in Deutschland ist das in der Regel ein Markt- und Beleihungswertgutachten.2) Bezogen auf die Bewertung von Immobilien stellt sich daher die Frage wie die Bewertungsqualität erhalten respektive erhöht werden kann. Nur so können das Vertrauen in die Rolle des Wertgutachters und die Glaubwürdigkeit dieses Berufsstandes insgesamt erhalten bleiben.

Was macht die Qualität eines Gutachtens aus?

Zuerst ist zu klären, was die Qualität einer Bewertung darstellt, das heißt, welche Anforderungen werden an Gutachten gestellt? Die Anforderungen ergeben sich aus dem jeweiligen Auftrag beziehungsweise Zweck des Gutachtens3). Die allgemeinen Anforderungen bestimmen sich zuerst aus den aus dem Bewertungszweck abzuleitenden wesentlichen gesetzlichen Grundlagen4) BauGB und ImmoWertV sowie PfandBG und BelWertV. Weitere Anforderungen5) sind unter anderem:

- Formale Richtigkeit. Die Einhaltung formaler Standards (BelWertV, Anhänge 1-3) versteht sich von selbst; Ihre Nichteinhaltung führt zur Unrichtigkeit des Gutachtens.

- Klarheits- und Transparenzgebot. Systematische und übersichtliche Gliederung des Gutachtens, letztlich auch um die Vergleichbarkeit und Nachprüfung zu ermöglichen. Anknüpfungstatsachen (selbst erhoben und übernommen) müssen klar erkennbar sein.

- Sorgfaltspflicht. Überprüfung der Flächen- und Massenangaben, Überprüfung der Ertragsverhältnisse, Angabe der Quellen.

- Nachvollziehbarkeit. Gutachten müssen für den Adressaten nachvollziehbar und durch Fachleute nachprüfbar sein.

- Kompetenzeinhaltungsgebot. Zum Beispiel können Altlasten zu einer Nicht-Beleihbarkeit eines Bewertungsobjektes führen. Daher ist es wichtig diesen Aspekt zu prüfen und bei hinreichendem Verdacht entsprechende Fachgutachter hinzuzuziehen. Auch hier spielt der Zweck des Gutachtens eine wesentliche Rolle. Eine Verkehrswertermittlung kann gegebenenfalls durch Begrenzungen der Aussagefähigkeit der Wertermittlung und geeignete Fiktionen möglich sein. Eine Ermittlung des Beleihungswertes hingegen ist nicht möglich, da bestimmte toxische Belastungen zukünftige Nutzungen ausschließen respektive die Sanierungskosten den Wert der Sicherheit übersteigen.

- Vergleichbarkeit und Transparenz des Bewertungsprozesses. Die Transparenz des Bearbeitungsprozesses ist durch genaue Dokumentation zu gewährleisten. Erhöhte Anforderungen sind an die Dokumentation der wertrelevanten Parameter wie Mieten und Liegenschaftszinssätze sowie die Dokumentation des Bewertungsprozesses zu stellen.

Die Verwendungsfähigkeit des Gutachtens ist immer bezogen auf den Auftrag beziehungsweise Zweck. Entscheidend ist, dass die Adressaten des Gutachtens nicht immer nur der Auftraggeber, sondern auch sonstige Verwender wie Wirtschaftsprüfer, Banken, Kapitalmarkt, Anleger oder die Öffentlichkeit sind. Die Qualität eines Gutachtens bestimmt sich somit auch aus der Verwendungsfähigkeit für die Adressaten im weiteren Sinn.

Nicht zuletzt stellt die Ermittlung marktkonformer Werte (materielle Richtigkeit), insbesondere in volatilen Märkten, ein wesentliches Kriterium dar. Was nutzt ein formal richtiges Gutachten eines Verfassers, der zwar regelmäßig überprüft wird, aber ohne vertiefte Marktkenntnis handelt? Die Qualität bemisst sich dann in der Erfüllung der spezifischen Anforderungen des Auftrags.

Ebenen und Ansatzpunkte der Qualitätssicherung

Die Sicherung der Qualität kann auf verschiedenen Ebenen erfolgen, wobei auf jeder Ebene unterschiedliche Elemente (Standards, Methoden, Verhalten, Weiterbildung) reguliert werden.

1) internationale Ebene:

- IVSC (IVS, "White Book")

- RICS ("Red Book")

- Tegova ("Blue Book")

2) nationale/staatliche Ebene

- Nationale Regelungen

3) Verbandsebene

- VRS (RICS)

- Mindeststandards (BIIS)

4) Zertifizierungsstellen

5) Ebene des Unternehmens

6) Ebene des Gutachters

Mögliche Ansatzpunkte für die Qualitätssicherung sind Standards und Bewertungsmethoden, die Ausbildung, die Beschränkung der Zulassung, die Weiterbildung, organisatorische Maßnahmen (Aufbau-, Ablauforganisation; Softwarelösungen/Expertensysteme), Prozess (Transparenz, Dokumentationspflichten), und inhaltliche Aspekte (Marktkenntnis, interne und externe Datenbanken).

In der Praxis

In der Tabelle werden am Beispiel von Hypzert und RICS die bereits vorhandenen Ansätze zur Qualitätssicherung in der Praxis dargestellt.6,7)Die Qualitätssicherung ist ein komplexes System, das, um den Anforderungen des Auftrags und der Adressaten zu genügen, verschiedene Elemente umfassen muss. Bewertungsstandards und -methoden bilden lediglich die erforderliche Grundlage, laufende Überwachung und Fortbildung stellen Mindestanforderungen dar. Erstrebenswert, insbesondere für die Beleihungswertermittlung, ist zumindest eine Orientierung bezüglich der Transaktionsdaten. Die Transaktionsdatenbank von vdp Research stellt hier einen ersten Ansatz dar.

Nur die Kombination der Qualitätssicherung aus den verschiedenen Elementen führt tatsächlich zu einer langfristigen Sicherung der Bewertungsqualität. Das System der Hypzert GmbH stellt den diesbezüglich bisher umfassendsten Ansatz an. Durch das neu eingeführte VRS der RICS kann je nach tatsächlicher Ausgestaltung auch die laufende Qualitätssicherung der RICS sichergestellt werden.

Eine einmalige Bestellung oder Zertifizierung ist in einer sich schnell verändernden Welt keine Lösung mehr. Märkte, Gesetzgebungen, Standards, Spezifika der Objektarten und damit auch die

Anforderungen an die Gutachten ändern sich laufend. Es ist daher zwingend geboten, das Wissen regelmäßig zu aktualisieren und das Wissen möglichst auch in regelmäßigen Abständen zu überprüfen. Am Ende reguliert der Markt eventuelle Fehl- oder Minderleistungen oder es kommt zu einer stärkeren staatlichen Regulierung. Durch geeignete Maßnahmen zur Qualitätssicherung kann die (Selbst-)Regulierung rechtzeitig erfolgen, ohne dass der Ruf der Branche Schaden nimmt.

Fußnoten

1) Nicht thematisiert werden soll die Überlegung, ob nicht schon durch die Wahl des der Beleihung zugrunde liegenden Wertes in letzter Konsequenz auch das Vertrauen in die Bewertung im Rahmen der Beleihung gestärkt werden kann. Vergleiche hierzu unter anderem Quentin, Jörg: Welche Folgen hat die Subprime-Krise für die Bewertung von Immobilien? in: Verband Deutscher Pfandbriefbanken (Hrsg.): Immobilien-Banking 2008/2009, Berlin 2008, Seite 25 ff.

2) Vergleiche § 5 Abs. 1 BelWertV.

3) In dieser Veröffentlichung werden nur Marktwert- und Beleihungswertermittlung betrachtet.

4) Die vorliegende Veröffentlichung betrachtet das Thema Qualitätssicherung in Deutschland.

5) Vergleiche Mayr, Dietrich: Aufbau und Gestaltung von Sachverständigengutachten, in: Praxishandbuch Sachverständigenrecht, München 2002, Seite 512 ff.; Kleiber, Wolfgang: Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 6. Auflage, Köln 2010, Seite 267 ff.

6) Quelle: Download der Informationen unter www. hypzert.de und www.joinricseurope.eu im Oktober 2011.

7) Auch andere Verbände oder Institutionen verfügen über Regelungen beziehungsweise Ansätze zur Qualitätssicherung: zum Beispiel Tegova, Recognized European Valuer (REV), Minimum Educational Requirements (MER 2011), Corporate Governance Regeln für Gutachter. Für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige ergeben sich die Regeln der Berufsausübung aus der Sachverständigenordnung der Industrie-, Handels- und Architektenkammern in Verbindung mit den Richtlinien zur Anwendung und Auslegung der Sachverständigenordnung. Der Bundesverband der Immobilien-Investment-Sachverständigen e. V. (BIIS) sichert die Qualität seiner Mitglieder durch hohe Hürden bei der Aufnahme von Mitgliedern, eigenes Research, eine eigene Transaktions- und Bewertungsdatenbank für die ihm angeschlossenen Mitglieder sowie die zurzeit in der Definition befindlichen Mindestanforderungen an Gutachten.

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