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Städte der "zweiten Reihe" aus Sicht eines Immobilieninvestors

Hohe Gebäudequalität, ein oder mehrere bonitätsstarke Mieter und ein langlaufender Mietvertrag, alles am besten noch in einer Top-Lage in einer deutschen Metropolregion - das ist der Traum vieler Investoren. Nicht selten bleibt es aber dabei, denn solche Core-Immobilien sind inzwischen entweder gar nicht mehr oder nur zu hohen Preisen zu bekommen. Immer mehr weichen deshalb auf Städte abseits der Ballungszentren aus, sogenannte mittelgroße oder B-Städte. Doch dieser Schritt birgt Risiken und verlangt vom Investor ein hohes Maß an lokaler Marktkenntnis sowie ein exzellentes Property und Asset Management.

Als B-Standorte gelten in der Regel Städte wie Dresden, Hannover, Bremen oder Nürnberg zwischen 300 000 und 600 000 Einwohnern. Deutschland ist ein Land der B-Städte. Während zum Beispiel in Frankreich nach Berechnungen von Jones Lang Lasalle (JLL) etwa 70 Prozent des Umsatzes in Paris stattfindet, ziehen die umsatzstärksten deutschen Großstädte nur etwa 43 Prozent auf sich. Der Rest verteilt sich auf Standorte, die häufig unter der Wahrnehmungsschwelle vieler großer Investoren rangieren. Dabei wurden dort 2012 nach Angaben des Immobilienberaters Savills 11,65 Milliarden Euro in Gewerbeimmobilien investiert. Das ist rund eine Milliarde Euro mehr als im Vorjahr.

Allerdings ist der Marktanteil der B-Standorte am gesamten deutschen Gewerbeimmobilienumsatz 2012 nach Jahren des Zuwachses erstmals wieder leicht zurückgefallen. Grund dafür ist das stark gewachsene Interesse ausländischer Käufer im vergangenen Jahr. 2012 kauften diese - getrieben durch historisch niedrige Kreditzinsen und den Mangel an sicheren Anlagealternativen - wieder verstärkt Büroimmobilien, und dort konzentrieren sie sich viel stärker auf die Zentren als bei Handel, Logistik, Wohnungen oder Hotels.

Mangel an Premium-Objekten

Etwa 30 Prozent mehr Kapital als noch im Vorjahr flossen 2012 bundesweit in deutsche Bürogebäude. In den sieben wichtigsten Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart, den sogenannten "Top-7", entfielen nach Rechnung von JLL fast 60 Prozent des Transaktionsvolumens auf Büros (deutschlandweit: 44 Prozent).

Die Entwicklung setzte sich in diesem Jahr fort: Allein im ersten Halbjahr 2013 wurden nach Angaben des Maklerhauses in den genannten Städten Objekte im Wert von 5,1 Milliarden Euro gehandelt. Das entspricht einem Wachstum um rund 50 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.

Und dennoch: Aufgrund der rückläufigen Bautätigkeit der letzten Jahre mangelt es an Premium-Objekten, und die Märkte in den "Top-7" sind weitgehend abgegrast. Die steigende Nachfrage hat gerade dort zu einem weiteren Abschmelzen der Leerstände und in der Folge zu steigenden Preisen geführt.

So legte der Kapitalwertindex des Verbands Deutscher Pfandbriefbanken bei Büroimmobilien im zweiten Quartal 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 5,6 Prozent zu und befindet sich heute auf dem höchsten Stand seit 2003. Die durchschnittliche Nettoanfangsrendite in den "Top-7" ist laut JLL leicht auf 4,74 Prozent gesunken und liegt somit sogar etwas unter dem Wert des Jahres 2001 von fünf Prozent.

Wieder steigende Bereitschaft zum Wagnis

Ende 2012 wurden beispielsweise Highstreet-Geschäftshäuser an besten Standorten laut BNP Paribas Real Estate in den Metropolen für durchschnittlich 4,2 Prozent Anfangsrendite gehandelt. Moderne Büros in Bestlage von München brachten es nur noch auf 4,6 Prozent, in Berlin auf 4,8 Prozent. Das ist, geht man nach Zahlen von CB Richard Ellis, weniger als die fünf Prozent Anfangsrendite, die im gleichen Zeitraum für Top-Büros im Londoner Teilmarkt City fällig waren.

Dies und die sich aufhellenden Prognosen für die Bürobeschäftigung hat die Risikoneigung der Investoren zunehmen lassen. Damit gewinnen Städte aus der "zweiten Reihe" an Bedeutung. Hinsichtlich der ökonomischen und demografischen Rahmenbedingungen brauchen diese den Vergleich mit den Top-Metropolen nicht zu scheuen. Regionale Wachstumszentren wie Dortmund, Essen, Karlsruhe oder Mainz haben zwar eine geringere Einwohnerzahl als die A-Städte. Allerdings ziehen sie viel Kaufkraft aus der Region an und sind das Ziel zahlreicher Pendler.

Im Ergebnis liegen in den B-Städten die Spitzenrenditen bei Büroimmobilien zwischen 200 und 250 Basispunkten höher als in den großen Metropolen. Auf lange Sicht zeigen sich ihre Märkte sogar deutlich stabiler, wie eine Studie des Immobiliendienstleisters DIWG vom Frühjahr dieses Jahres deutlich machte. Sie weisen im Durchschnitt der letzten zwölf Jahre sinkende Leerstände (Karlsruhe beispielsweise über Jahre vier bis fünf Prozent) und steigende Mieten auf.

Die Entwicklung in den A-Standorten verlief dagegen genau umgekehrt. Zudem kamen in den untersuchten westdeutschen Regionalzentren auf einen Quadratmeter Flächenumsatz zwischen den Jahren 2000 und 2012 durchschnittlich 1,17 Quadratme-ter Leerstand. In den "Top-7" waren es ganze 2,5 Quadratmeter.

Einzelhandels- und Logistikobjekte spielen schon lange eine Hauptrolle im Umsatz mit Gewerbeimmobilien außerhalb der großen Zentren. Dass sich der Handel mit Wohnungsportfolios im vergangenen Jahr mit über elf Milliarden Euro gegenüber 2011 fast verdoppelt hat, geht auf große Transaktionen mit sehr breit gestreuten Beständen zurück.

So verteilen sich beispielsweise die von einem Konsortium unter der Federführung der Patrizia AG erworbenen LBBW-Wohnungen neben Stuttgart auf Mannheim, Karlsruhe, Ulm, Freiburg, Friedrichshafen und viele andere B-Städte. Die von TAG übernommene TLG Wohnen hält ihre größten Bestände in Dresden, Rostock und Merseburg.

Wie bei allen Investments gilt es auch bei jenen in B-Städten, Risiken und Chancen abzuwägen. Zu den spezifischen Risiken dieser Immobilienmärkte gehört in erster Linie die geringe Marktgröße und Marktdynamik. Sie sind weniger liquide als jene in den Metropolen. Zudem ist die Datenverfügbarkeit schlechter und große Investitionsobjekte lassen sich seltener finden.

Zum Problem werden kann auch die kleinere Zahl potenzieller Mieter, wenn etwa eine Neuvermietung ansteht. Asset Manager sollten daher Standorte mit klarer Wachstumsperspektive bevorzugen und ein vorausschauendes Vermietungsmanagement betreiben. Außerdem ist der Transaktionsmarkt mittelgroßer Städte vergleichsweise intransparent. Das stellt vor allem für unerfahrene Marktakteure ein Risiko dar. Wer sich jedoch in einem Markt gut auskennt, kann davon durchaus profitieren und sich bietende Chancen nutzen.

Für Investments in B-Städte sprechen in erster Linie die stabileren Mietniveaus und Umsatzzahlen, was vor allem für Cash-Flow-orientierte Investoren ein wesentlicher Beweggrund ist, sich dort zu engagieren. So laufen Mietverträge hier tendenziell länger als in den Core-Lagen der Metropolen. Auch ist die Mieterstreuung in der Regel höher. Damit sind diese Standorte weniger von Konjunkturschwankungen betroffen und in geringerem Maße krisenanfällig, was sie zu einem sinnvollen Bestandteil in einem gut diversifizierten Portfolio macht.

Hier haben viele Investoren allerdings noch einiges aufzuholen - selbst Großanleger. In der Vergangenheit haben sie ihre Portfolios häufig entweder primär räumlich gestreut oder über verschiedene Anlageklassen diversifiziert. Beides zusammen ist selten berücksichtigt worden. So haben sich beispielsweise viele europäisch ausgerichtete Investoren allein auf den Bürosektor konzentriert - und somit zwar räumlich gestreut aber nicht in der Nutzungsart.

B-Städte können sowohl zur räumlichen Diversifikation eines Portfolios als auch hinsichtlich der Nutzungsarten beitragen. Neben Einzelhandels- und Büroimmobilien können auch abseits der Metropolen Wohninvestments attraktiv sein.

Beispiel Mainz

Bei der Auswahl eines Investmentstandorts lohnt sich der Blick auf demografische Gewinnerregionen, die derzeit gemeinhin noch nicht als solche wahrgenommen werden. Ein Beispiel dafür ist Mainz. Die Haupt- und mit rund 195 000 Einwohnern auch größte Stadt von Rheinland-Pfalz beherbergt als Medienstandort Europas größtes Sendezentrum (ZDF) und den Süddeutschen Rundfunk sowie namhafte Unternehmen wie Siemens, Schott Glas oder Nestlé.

Für die aufstrebende Regionalmetropole sprechen zudem ein Bevölkerungswachstum von acht Prozent in den letzten zehn Jahren und ein konstanter Anstieg der Bürobeschäftigten. Deren Zahl wuchs alleine zwischen 2008 und 2012 um etwa 7,3 Prozent und somit stärker als beispielsweise im als Top-Standort bekannten Frankfurt am Main (6,1 Prozent).

Die Arbeitslosenquote liegt mit 5,9 Prozent deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt von 7,4 Prozent. Auch der Kaufpreisindex steht mit 109,7 überdurchschnittlich dar. Kein Wunder also, dass der Immobilienmarkt auf dem bundesweiten Städte-Ranking der Deka Bank seit Jahren vordere Plätze belegt.

Tiefe Marktkenntnis wichtigster Erfolgsfaktor

Die Leerstandquote bei Büros bewegt sich seit 2002 zwischen vier und sechs Prozent (2012: 5,5 Prozent) und liegt damit konstant unter dem Mittelwert der vom Statistischen Bundesamt er fassten zwölf regionalen Oberzentren Augsburg, Darmstadt, Dresden, Essen, Hannover, Karlsruhe, Leipzig, Mainz, Mannheim, Münster und Nürnberg. Die Spitzenmiete ist seit 2006 um etwa 14 Prozent gestiegen. Zudem erschwert eine vergleichsweise geringe Fläche pro Bürobeschäftigten eine weitere Flächenverdichtung bei konjunkturellen Schwächephasen.

Mit dieser Wachstumsdynamik steht Mainz für jene Kategorie von B-Städten, meist Universitätsstädte, die künftig noch mehr im Fokus von institutionellen und privaten Investoren stehen werden. Entscheidende Voraussetzung, um die Standortpotenziale gewinnbringend zu heben, ist und bleibt jedoch die tiefe Kenntnis des lokalen Immobilienmarktes und ein hochprofessionelles, weil vorausschauendes Asset und Property Management.

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