Schwerpunkt Bewertungsfragen

Transaktionsdatenbank 2.0 - zentrale Kaufpreissammlung statt Stückwerk

Die Anforderungen der Kreditwirtschaft bei der Immobilienfinanzierung wachsen. Das gilt vor allem für die Markt- und Beleihungswertermittlung. Die Zeitabstände des aktuellen Marktdatenabrufs werden immer kürzer, und auch deren Zahl steigt. Durch das Baugesetzbuch hat der Gesetzgeber die Bundesländer dazu verpflichtet, Markttransparenz auf dem Immobilienmarkt sicherzustellen. Dazu werden in den einzelnen Bundesländern Gutachterausschüsse und Obere Gutachterausschüsse gebildet, die jetzt vor der Aufgabe stehen, intelligente Systeme für die gestiegenen Anforderungen zu entwickeln. Das nordrhein-westfälische Innenministerium lässt zu diesem Zweck zum Beispiel eine "Zentrale Kaufpreissammlung" entwickeln, sozusagen eine "Transaktionsdatenbank 2.0", von der auch die Kreditinstitute profitieren.

Herausforderung für die Länder

Die Zahl der Immobilientransaktionen, also der Verkäufe, in Deutschland ist von 817 000 im Jahr 2008 auf fast eine Million in diesem Jahr gestiegen. Da die Zinsen voraussichtlich auf niedrigem Niveau verharren, ist anzunehmen, dass die Zahl der Transaktionen auch im nächsten Jahr gleich bleibt oder steigt. Damit die vom Gesetzgeber geforderte Markttransparenz Realität wird, müssen die Gutachterausschüsse alle Transaktionen erfassen, auswerten und den Akteuren beispielsweise in Form von Grundstücksmarktberichten zur Verfügung stellen. Das geschieht mit Hilfe von Kaufpreissammlungen, also amtlichen Transaktionsdatenbanken.

Allein in Nordrhein-Westfalen beschäftigen sich 77 Gutachterausschüsse und der Obere Gutachterausschuss damit, Kaufverträge zu erfassen und auszuwerten. In den vergangenen Jahren wurden im größten deutschen Bundesland jährlich durchschnittlich rund 140 000 Transaktionen erfasst. Dabei die geforderte Marktransparenz herzustellen ist keine einfache Aufgabe.

Dies umso weniger, wenn man bedenkt, dass im eigentlichen Kaufvertrag in der Regel nicht viel mehr als die Adresse der Immobilie und der nackte Kaufpreis stehen. Außerdem müssen die Gutachterausschüsse folglich viele weitere Informationen zusammentragen, um die Daten so auswerten zu können, dass sie wirklich Licht in den Markt bringen können.

Das geschieht mittels Fragebögen an die Käufer, die um Informationen etwa zu Wohnfläche, Baujahr oder Ausstattung gebeten werden, oder alternativ per Einsicht in die Bauakten. An dieser Stelle ist vor allem das Automatisierte Liegenschaftskataster Informationssystem (Alkis) zu nennen, aus dem wesentliche Daten zum Grundstück stammen. Per Alkis kann eine Schnittstelle zum Geoinformationssytem hergestellt werden, das die Kaufpreise in Kaufpreiskarten visualisiert.

Das Aufgabenspektrum der Gutachterausschüsse wird nicht nur immer breiter, sondern vor allem auf lokaler Ebene immer detaillierter. Das liegt zum einen daran, dass die überregionalen Institute ihre Arbeitsweise immer stärker vereinheitlichen, zum anderen daran, dass gleichzeitig die Anforderungen an die Qualität der benötigten Immobilienmarktdaten ständig wachsen.

Im Bundesvergleich ist Nordrhein-Westfalen gut aufgestellt, aber auch dort arbeiten die Gutachterausschüsse nicht alle nach einheitlichen Methoden. Neben dem mehrheitlich eingesetzten Desktop-System "Sprengnetter-AKuK" als Kaufpreissammlung beziehungsweise Transaktionsdatenbank wird eine Reihe weiterer, kleinerer Eigenanwendungen genutzt, von denen viele inzwischen veraltet sind. Hinzu kommen regionale Besonderheiten des Immobilienmarktes, aus denen unterschiedliche Strukturen und Herangehensweisen bei der Kaufpreiserfassung resultieren.

Nach Aussage des Innenministeriums in Düsseldorf führt der Mangel an Zentralisierung dazu, dass der Arbeitsaufwand der einzelnen Gutachterausschüssen und des Oberen Gutachterausschusses recht hoch ist. Die Umsetzung des gesetzgeberischen Auftrags zur Markttransparenz ist also eine Herausforderung für eines der "Musterländer" in punkto Gutachterausschüsse.

Marktkonformes Handeln

Die teils von Ort zu Ort variierenden Methoden zur Kaufpreiserfassung und -auswertung erschweren den Blick auf das Ganze. Landesweite Auswertungen und das Ableiten von Gesetzmäßigkeiten erfordern eine einheitliche Datenbasis. Je größer eine Transaktionsdatenbank, umso größer der Nutzen für die Akteure des Immobilienmarktes - beispielsweise die Kreditinstitute, die ihre Entscheidungen auf der Grundlage von Bodenrichtwerten, Vergleichswerten, detaillierten Marktübersichten und Zeitreihen fällen. Angaben, die wiederum auf der Basis derjenigen Daten abgeleitet werden, die von den Gutachterausschüsse zuvor erfasst und ausgewertet worden sind.

Eine einheitliche Erfassung und Auswertung der Daten ist im Prinzip bereits heute mit dem "Sprengnetter-AKuK"-System möglich. Doch das Innenministerium in NRW will weiter gehen und die technische Modernisierung noch schneller vorantreiben - zum Nutzen der Gutachterausschüsse, der Bürger aber auch der Kreditwirtschaft. Dazu hatte das Ministerium die Konzeption, Programmierung und Einführung einer zentralen, vollständig webbasierten Kaufpreissammlung europaweit ausgeschrieben. Künftig sollen die jeweiligen Gutachterausschüsse mittels Webbrowser Kaufpreise erfassen, selektieren und statistisch auswerten können. Alle Daten werden dann an einer zentralen Stelle abgelegt.

Höhere Transparenz durch Vereinheitlichung

Durch die Kombination von zentraler Datenhaltung und örtlicher Kompetenz wird die Effizienz in der amtlichen Grundstückswertermittlung erheblich gesteigert; zudem werden der gesetzliche Auftrag, Markttransparenz herzustellen und die gestiegenen Anforderungen der Kreditwirtschaft erfüllt. Man kann also mit Fug und Recht von einer "Transaktionsdatenbank 2.0" sprechen.

Der Vorteil für die Nutzer der Gutachterausschussdaten, allen voran für die Institute, die bundesweit am Immobilienmarkt agieren: Die Vereinheitlichung schafft großräumige Transparenz. Damit besteht die Chance, dass man in Nordrhein-Westfalen in Zukunft über eine zentrale Stelle (noch besser) an vergleichbare Daten kommt. Damit wird das Bundesland zum Vorreiter in Sachen einheitlicher Arbeitsweise sowie technischer und inhaltlicher Kompatibilität der erfassten Daten.

Als Vision könnte gelten, mit der zentralen Kaufpreissammlung auch bundesweit Maßstäbe zu setzen und damit die Immobilienbewertung in Deutschland weiter zu vereinheitlichen. Auch für andere Bundesländer würde diese zentrale Lösung Vorteile bieten.

Das gilt vor allem für diejenigen Länder, die durch eine hohe Anzahl an Gutachterausschüssen zwar auf lokaler Ebene sehr detailliert arbeiten, aber durch eine Vielzahl unterschiedlicher technischer Lösungen und Methoden Probleme mit der Auswertung haben. Und auch über die Landesgrenzen hinaus ist eine zentrale Lösung gerade im Hinblick auf die Interessen der Kreditwirtschaft wünschenswert.

Denn natürlich könnten auch Gutachterausschüsse aus anderen Bundesländern eine solche webbasierte Kaufpreissammlung nutzen und die Daten landesweise oder sogar zentral für ganz Deutschland sammeln und auswerten, wovon wiederum bundesweit tätige Kreditinstitute profitierten.

Das Innenministerium legte bei der Ausschreibung für die webbasierte zentrale Kaufpreissammlung besonderen Wert auf Kompetenz in der Softwareentwicklung sowie langjährige, umfangreiche Erfahrung in der (amtlichen) Wertermittlung und in der Führung von Kaufpreissammlungen.

Diese Erfahrungen mussten von den Anbietern sowohl auf Bundesebene als auch speziell für NRW nachgewiesen werden. Den Zuschlag hat die Sprengnetter Immobilienbewertung erhalten, das zurzeit die am weitesten verbreitete Kaufpreissammlung als Desktop-System anbietet. Über 150 Gutachterausschüsse wenden sie an. Ganz Rheinland-Pfalz, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland sowie viele Gutachterausschüsse in NRW, Schleswig-Holstein, Bayern und Baden-Württemberg nutzen das bereits seit 2001 bestehende und seitdem stetig weiterentwickelte Programm.

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