Im Blickfeld

Wiederentdeckung Amerikas

Insbesondere bei Family Offices, aber auch bei anderen privaten und institutionellen Investoren, ist ein verstärktes Interesse für Immobilien in Amerika festzustellen. Die Zeiten, da Anleger wegen der "Hauspreiskrise" in den Vereinigten Staaten Investitionen dort gemieden haben, sind endgültig vorbei. Obwohl die wirtschaftliche Erholung in Nordamerika im Vergleich zu früheren Jahren eher moderat ausfällt und die Arbeitslosigkeit für amerikanische Verhältnisse nach wie vor hoch ist, zeigt eine Reihe von Fundamentaldaten in eine positive Richtung. Das gilt insbesondere für die Verschuldung privater Haushalte, eines der gravierendsten Probleme in den Vereinigten Staaten. Die Zahlungsverpflichtungen im Vergleich zum verfügbaren Einkommen haben sich inzwischen deutlich verringert und den niedrigsten Stand seit 18 Jahren erreicht. Auch die Hauspreiskrise hat ihren Höhepunkt längst überschritten, und die Preise ziehen inzwischen wieder leicht an.

Neben diesen Zeichen wirtschaftlicher Erholung sind es jedoch vor allem grundsätzliche Überlegungen, die bei vielen Investoren für wachsendes Interesse an amerikanischen Immobilien sorgen. Anders als in Europa, wo die Bevölkerungszahl in allen Ländern rückläufig ist, gibt es in Amerika ein starkes Bevölkerungswachstum. In den Jahren 2010 bis 2050 wird die Bevölkerung dort von 310 auf 440 Millionen Menschen anwachsen. Diese positive demografische Entwicklung ist der entscheidende Werttreiber für Immobilieninvestitionen.

Die Belastungen durch den demografischen Wandel werden Anlegern in Deutschland und Europa zunehmend bewusst. Gerade Immobilieninvestitionen werden oft mit einem sehr langfristigen Horizont getätigt, und die Frage nach der langfristigen Bevölkerungsentwicklung einer Region oder eines Landes wird immer mehr zur Schlüsselfrage für Anleger. Dabei geht es nicht nur um die Zahl der Menschen, sondern auch um den Beitrag, den Einwanderer für die Volkswirtschaft eines Landes leisten. Hier gibt es bekanntlich ebenfalls erhebliche Unterschiede zwischen Amerika und Europa. In Amerika herrscht traditionell eine "Willkommenskultur" für Talente aus anderen Kontinenten. Wirtschaftlich leistungsfähige und ambitionierte Fachkräfte kommen gern nach Amerika, natürlich auch wegen der Sprache.

Die Gründe für die Renaissance amerikanischer Immobilienanlagen liegen jedoch nicht nur in dem wachsenden Vertrauen in die Wirtschaft der Vereinigten Staaten, sondern auch in Zweifeln über die Zukunft des Euroraums. Man muss kein Euroskeptiker sein, um die erheblichen Belastungen Europas durch die Verschuldung der südeuropäischen Krisenstaaten zu erkennen. Zwar gilt Deutschland Anlegern noch als sicherer Hafen, doch zunehmend werden Zweifel laut, ob sich Deutschland langfristig den Belastungen durch die Eurokrise entziehen kann.

Die hohe Staatsverschuldung ist zwar kein auf Europa beschränktes Problem, und auch in den USA ist die öffentliche Verschuldung mit mittlerweile 16 Billionen US-Dollar höher als das Bruttoinlandsprodukt. Doch auch hier zeigen sich die Vorteile des starken Bevölkerungswachstums, denn anders als in Europa werden die öffentlichen Schulden in den USA auf deutlich mehr Schultern verteilt werden, sodass die Pro-Kopf-Verschuldung kommender Generationen bei sonst gleichen Bedingungen zurückgeht, während sie im Euro-Raum steigt.

Vor diesem Hintergrund wollen immer mehr Investoren ihre Anlagen auch unter Währungsgesichtspunkten diversifizieren. Investitionen im Dollarraum gelten vielen Anlegern als "Versicherung" gegen eine Schwäche oder gar einen Zerfall des Euro. Dabei geht es nicht um kurzfristige Erwartungen: In den vergangenen Jahren war immer wieder zu beobachten, dass zeitweise der Euro und zeitweise der Dollar unter Druck geriet oder eine neue, unerwartete Stärke zeigte. Währungsprognosen sind stets mit erheblicher Unsicherheit behaftet.

Aber genau aus diesem Grund setzt sich bei vielen Anlegern wieder die Ansicht durch, dass es klug ist, einen Teil seines Vermögens im Dollarraum anzulegen. Da jedoch zugleich viele Anleger auch die Befürchtung haben, dass sich wegen der expansiven Geldpolitik sowohl der europäischen als auch der amerikanischen Zentralbank die Inflation erhöhen könnte, gilt das Interesse bei Dollar-Investments vor allem den Immobilienanlagen.

Dr. Jürgen Gerber, Geschäftsführer, Jamestown US-Immobilien GmbH, Köln

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