Lasst die Phantasie fliegen!

Technische Innovationen verändern unseren Alltag mit großer Geschwindigkeit. Gerade das Internet hat seit der Jahrtausendwende alle Bereiche unseres Lebens umgekrempelt und etablierte Industrien vor neue Herausforderungen gestellt.

Alle Industrien? Nein, eine Branche widersetzt sich bisher tapfer den Veränderungen und beharrt auf Praktiken, die schon immer galten: die Immobilienbranche. Dabei bietet das Thema Wohnen ein großes Potenzial für Neuerungen. Denn es hat sehr viel mit Emotionen zu tun, die bedient werden möchten.

Wenn für zwei Wochen eine Ferienwohnung im fernen Kalifornien gemietet werden soll, sehen Verbraucher sich diese am heimischen Computer virtuell an, um dann eine Entscheidung zu treffen. Müsste diese Möglichkeit nicht erst recht bestehen, wenn es um eine Wohnung geht, die über einen längeren Zeitraum bewohnt oder gekauft werden soll? Doch professionell gemachte Videotouren und Animationen, die durch Wohnimmobilien führen, sind noch immer Mangelware.

Diese virtuellen Angebote sollten zwei Bedingungen erfüllen: Sie müssten selbstverständlich kostenlos sein. Und sie müssten auch für den Laien auf Anhieb klar und intuitiv verständlich sein und auf einer Browser-Oberfläche funktionieren, ohne dass eigens ein Programm hierfür zu installieren wäre. Jenseits des Ist-Zustands der Immobilie wäre es wünschenswert, wenn der Interessent verschiedene Optionen durchspielen könnte. So könnte er aus Möblierungspaketen auswählen, um zu sehen, wie sich das Aussehen der Wohnung verändert. Oder er hätte die Möglichkeit, mehrere Badezimmereinrichtungen zu vergleichen. Das Einrichten der Traumwohnung würde so zu einem emotionalen Moment gemeinsam mit Familie, Freunden und Kollegen.

Gerade bei Mietverhältnissen für einen begrenzten Zeitraum stellt oft der Aufwand für das Abschließen des Mietverhältnisses eine Hürde dar. Wenn etwa ein Arbeitnehmer für die Betreuung eines auf zwölf Monate angelegten Projekts an einen anderen Arbeitsort entsandt wird, steht er vor der Frage, ob er ein möbliertes Appartement oder ein Hotelzimmer anmieten soll. Finanziell dürfte die Wohnung fast immer attraktiver sein. Bekanntlich können Arbeitgeber den Mitarbeitern, die ihren Erstwohnsitz behalten und für die Dauer eines temporären Projekts einen Zweitwohnsitz in einer anderen Stadt nehmen, steuerfrei tausend Euro zur Verfügung stellen. Dieser Betrag schränkt die Hotelwahl stark ein, ermöglicht aber in vielen Städten durchaus das Wohnen in attraktiven Appartements in zentraler Lage.

Damit die Wohnimmobilie diesen Vorteil ausspielen kann, muss die Anmietung vereinfacht werden. Der Interessent könnte sich über ein Formular im Internet für die Wohnung seiner Wahl bewerben. Der Vermieter lässt die Daten über einen Kautionsversicherer prüfen, der den Mieter akzeptiert oder einem Mietverhältnis nicht zustimmt. Der Aufwand wäre für den Mietinteressenten nicht viel größer als bei der Reservierung eines Hotelzimmers. Allerdings hätte er im Falle des Appartements einen individuellen Rückzugsraum, der ihm für die Zeit seiner Entsendung ein ganz anderes Gefühl von Zuhause vermittelt, als es ein Hotelzimmer könnte.

Und der sich weitaus individueller steuern ließe. Etwa über moderne Touch-Panels, die es ermöglichen, die gesamte Beleuchtung in der Wohnung von einem Ort aus zu kontrollieren. Auch die Temperaturwahl könnte von solch einem mobilen Steuerungsgerät aus eingestellt werden. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. "Lasst sie fliegen", möchte man den Entwicklern zurufen, denn die Welt der Immobilien könnte um so vieles spannender und emotionaler sein.

Markus Selinger, Geschäftsführer, Artists Living Frankfurt SSc GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main

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