Immobilien-Spezialfonds

Anforderungen und Voraussetzungen für die Migration großer institutioneller Investmentfonds-Portfolios

Holger Sepp

Der Migrationserfolg eines Fondsportfolios wird primär an der Lieferfähigkeit der Verwahrstelle und an der Einhaltung des Zeitrahmens festgemacht - und zwar bei vollständiger Abbildung des Beziehungsnetzwerks bei der neuen Verwahrstelle. Gerade bei Immobilienfonds ist der manuelle Aufwand daher größer als bei Wertpapierfonds: Beispielsweise müssen Mietkonten neu aufgesetzt und mit den Hausverwaltungen abgestimmt werden. Ferner sollte die neue Verwahrstelle unter anderem die jeweiligen juristischen Besonderheiten bezogen auf die Vielzahl der unterschiedlichen Fonds kennen sowie die technischen Anforderungen bewältigen können. Für den Datenaustausch in einer derartigen Größe sind virtuelle Datenräume unerlässlich - vor allem im Hinblick auf die Koordinierung des Zahlungsverkehrs. Ein Fokus sollte beim Wechsel des Verwahrstellenmandats auf der gemeinsamen Projektverantwortung zwischen KVG und Dienstleister und daraus resultierend dem gemeinsamen Festlegen des Prozesses liegen. Die Autoren stellen im Folgenden die wichtigsten Voraussetzungen anhand eines Praxisbeispiels dar. Red.

Bei einem Verwahrstellen-Wechsel werden typischerweise einzelne Investmentfonds oder ganze Investmentfonds-Portfolios von einem Dienstleister zu einem anderen migriert. Es gibt unterschiedliche Gründe für einen solchen Wechsel. So wird das Verwahrstellenmandat meist durch die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) oder auch durch die Investoren regelmäßig überwacht und neu ausgeschrieben. Ein Wechsel kann aber auch aufgrund der Konsolidierung am Verwahrstellen-Markt ausgelöst werden.

Unterschiedliche Gründe für einen Wechsel

Die Herausforderung für die Akteure liegt vor allem bei größeren Portfolios mit mehreren Fonds darin, das Beziehungsnetzwerk des Fonds bei der "neuen" Verwahrstelle vollständig abzubilden. Dabei sind sowohl die obligatorischen Anforderungen des Gesetzgebers als auch die individuellen Anforderungen der KVG zu berücksichtigen.

Die KVG wird den Migrationserfolg eines Fondsportfolios meist an der Lieferfähigkeit der Verwahrstelle sowie an der Verbindlichkeit und der Einhaltung des Zeitrahmens festmachen. Deshalb bestehen die Anforderungen an ein solches Migrationsprojekt vor allem darin, dass die neue Verwahrstelle mit Unterstützung der beauftragenden KVG das Fondsportfolio in einem meist engen Zeitraum vollständig und fehlerfrei migriert, sodass das nachfolgende Tagesgeschäft reibungslos anlaufen kann.

Anforderungen der Kapitalverwaltungsgesellschaft

Dabei ergeben sich eine Reihe inhaltlicher und fachlicher Anforderungen, wie etwa die erstmalige Einrichtung aller zur Verwaltung notwendigen Schnittstellen bei der neuen Verwahrstelle. Konkret müssen Depots, Konten und Unterkonten für die Abwicklung des Zahlungsverkehrs eingerichtet und angebunden werden.

Zudem ist die Integration aller Fonds in die Fondsverwaltungssoftware der Verwahrstelle notwendig, um automatisierte Prozesse, wie etwa die Kontrolle der Anlagegrenzen oder die Berechnung des Nettoinventarwertes, effizient ausführen zu können. Nicht zuletzt muss die Verwahrstelle die Voraussetzungen für die Abwicklung des Anteilscheingeschäfts schaffen.

Gerade bei Immobilien- und Sachwertfonds ergeben sich dabei oft zusätzliche Herausforderungen, da der manuelle Aufwand mitunter größer ist als bei Wertpapierfonds. So müssen bei Immobilien- und Sachwertefonds beispielsweise alle mit den einzelnen Objekten eines Fonds zusammenhängenden Dokumentationen übertragen, Mietkonten neu aufgesetzt und mit den entsprechenden Hausverwaltungen abgestimmt werden.

Herausforderungen für die "neue" Verwahrstelle

Die Migration von Investmentfonds ist für die "neue" Verwahrstelle durchaus arbeitsintensiv und verlangt eine gute Organisation und Routine. Der Umfang steigt spürbar an, wenn es sich um die Migration eines gesamten Investmentfonds-Portfolios handelt.

Um den oben genannten Anforderungen umfassend und systematisch zu begegnen, setzt die Verwahrstelle zur Migration der Fondsportfolios klassischerweise ein Migrationsprojekt auf. Der Projekt-Setup sollte sich bereits mehrfach bewährt haben und idealerweise auf einem langjährigen Know-how mit Fokus auf die jeweilige Assetklasse und einer fundierten Migrationsexpertise basieren.

So kann mit der Formulierung aller notwendigen, obligatorischen Projektschritte ein Rahmen für das Migrationsprojekt geschaffen werden. Dieser lässt der KVG ausreichend Raum für individuelle Anforderungen und Lösungen.

Erfolgsfaktor: organisatorisches Projekt-Setup

Einer der Erfolgsfaktoren für die Migration ist der organisatorische Projekt-Setup. Für das Migrationsprojekt gibt es eine gemeinsame Projektverantwortung. Ein paritätisch besetzter Lenkungsausschuss fungiert als oberste Steuerungs- und Reportinginstanz des Projektes. Die Hauptverantwortung für die operative Steuerung und Koordination des Projektes liegt bei einem erfahrenen Projektmanager der Verwahrstelle, der hauptamtlich für die Migration abgestellt ist und über umfangreiche Erfahrungen in diesem Bereich verfügt.

Die einzelnen - gemeinsam von Verwahrstelle und KVG besetzten - Projektteams konzentrieren sich dann in ihren jeweiligen Teilprojekten auf die Themen der vertraglichen, technischen und operativen Migration der Fonds des Kunden von der alten zur neuen Verwahrstelle.

Checklisten für jedes Sondervermögen unerlässlich

Des Weiteren sollte die Verwahrstelle die Vielzahl unterschiedlicher Fonds mit den jeweiligen juristischen Besonderheiten kennen. Eine eigene Rechtsabteilung der Verwahrstelle mit entsprechenden Experten, die über entsprechendes Know-how in unterschiedlichen Assetklassen verfügen und kurzfristig für alle Fragestellungen zur Verfügung stehen, ist besonders vor und während der Migrationsphase hilfreich.

Letztlich muss die Verwahrstelle auch die technischen Migrationsanforderungen beherrschen. Im Beispiel der IVG Institutional Funds (siehe Kasten) gab es bei 38 Spezialfonds und einem Publikumsfonds mit insgesamt über 300 Objekten und zusätzlich über 100 Beteiligungsgesellschaften viele Daten zu überführen. Checklisten sind für jedes Sondervermögen unerlässlich. Für den Datenaustausch in dieser Größenordnung werden virtuelle Datenräume benötigt. Technisch besonders aufwendig sind beispielsweise die Koordinierung des Zahlungsverkehrs und die entsprechenden Freigaben von Zahlungen an die Vielzahl der Empfänger.

Projekt-Controlling auf allen Ebenen

Die Qualitätssicherung im Projekt wird auf der Ebene aller Tandems in den Teilprojekten wöchentlich oder bei Bedarf ad-hoc durchgeführt. Der gemeinsame Lenkungsausschuss der Verwahrstelle und der KVG überprüft den qualitativen Projektfortschritt anhand des gemeinsam definierten Zeitplans anfänglich auf wöchentlicher Basis, später reicht in der Regel ein zweiwöchentlicher Rhythmus aus.

Die enge und regelmäßige Abstimmung ermöglicht eine zügige und gleichzeitig gute Lösungsfindung. Zusammen können Verwahrstelle und KVG auch bei anspruchsvollen Detailfragen einen ausgewogenen und ergebnisorientierten Kompromiss erarbeiten.

Bei Caceis wurden mit diesem Migrationssetup seit 2012 etwa 30 Migrationsprojekte erfolgreich durchgeführt.

Der Autor

Dr. Holger Sepp Mitglied der Geschäftsführung, CACEIS Bank Deutschland, München

Fallbeispiel IVG

"Die Migration muss schnell, organisiert und lautlos erfolgen"

Der Wechsel der Verwahrstelle ist grundsätzlich keine alltägliche Aktivität einer KVG - insbesondere dann nicht, wenn hinter den Fonds nahezu ausschließlich institutionelle Investoren stehen, die ein einwandfreies Tagesgeschäft fordern. Bei der Entscheidung für einen neuen Verwahrstellenpartner liegt ein besonderes Augenmerk auf der reibungslosen Migration der Investmentfonds, zumal es sich um teilweise komplexe Fondsstrukturen handelt.Migrationsszenarien dargestelltEinige Kapitalverwaltungsgesellschaften sorgen sich bei der Migration großer Fondsvolumina, dass entweder zeitliche Engpässe oder fachliche Probleme auftreten können. Die Caceis Bank Deutschland hatte bereits bei ihrem ersten Aufschlag im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens die Migration des Portfolios proaktiv anhand unterschiedlicher Migrationsszenarien dargestellt und damit die Bedeutung der Migration für die KVG antizipiert.Die Grundvoraussetzung für das Projekt aus IVG-Sicht war die vollständige Migration des gesamten Portfolios mit 39 Fonds in einem knapp bemessenen Zeitraum von gerade mal zwölf Wochen. Wichtig war, dass ein tadelloses Reporting aus einer Hand für die Investoren sichergestellt werden konnte.Schlankes ProjektmanagementNach der Entscheidung für Caceis und im Vorfeld der eigentlichen Migration wurde mit der Verwahrstelle das Projekt-Setup besprochen und gemeinsam der Prozess festgelegt. Das vorgeschlagene, schlanke Projektmanagement mit wenigen Ebenen kam den Vorstellungen der IVG sehr entgegen.So wurde unsererseits jeweils ein zentraler Ansprechpartner mit entsprechender Entscheidungsbefugnis zur Verfügung gestellt. Auch die "alte" Verwahrstelle hat für die operativen Themen während der Migration einen ständigen Ansprechpartner zur Verfügung gestellt.Darüber hinaus wurde der neue Dienstleister gebeten, einige Aufgaben zu über nehmen, die normalerweise bei der KVG gelegen hätten. Dazu gehörte beispielsweise der Austausch der vollständigen Dokumentationsunterlagen mit der "alten" Verwahrstelle. Das hat die Organisation entsprechend entlastet. Daneben war die Formulierung des Service Level Agreement (SLA) für die Zusammenarbeit im Tagesgeschäft eine wichtige und gleichzeitig zeitaufwendige Aufgabe.Formulierung des Service Level Agreement (SLA)Basierend auf einer langjährig gewachsenen Erfahrung im Immobilienfondsbereich war die "neue" Verwahrstelle gut vorbereitet in die SLA-Abstimmung gestartet und die meisten der Bedenken konnten bereits im Vorfeld ausgeräumt werden. Auf der Fachebene konnten so viele individuelle Lösungsansätze im direkten Austausch mit den individuellen Ansprechpartnern umgesetzt werden.Irmgard Linker, Mitglied der Geschäftsführung, IVG Institutional Funds GmbH, Frankfurt am Main

Dr. Holger Sepp , Mitglied des Vorstands, Hauck & Aufhäuser, Frankfurt am Main
Noch keine Bewertungen vorhanden


X