Logistikimmobilien

City-Logistik: Der Online-Handel drängt in die Städte

Andras Fleischer

Der durch E-Commerce getätigte Umsatz dürfte in diesem Jahr für knapp zehn Prozent des Gesamtumsatzes im Einzelhandel verantwortlich zeichnen. Um diese steigende Tendenz aufrecht zu erhalten, müssen Online-Händler Lösungen für gestiegene Kundenansprüche finden. Insbesondere die Schnelligkeit bei der Lieferung der Waren ist in aufstrebenden Segmenten wie dem bislang überwiegend stationären Lebensmittelhandel von essenzieller Bedeutung. Der Weg in die Städte und damit in unmittelbare Nähe zu den großen Kundenstämmen ist also eine wichtige Prämisse für das weitere Gedeihen des Online-Handels. Dieser Weg gestaltet sich jedoch schwierig. Neben der bereits starken Konkurrenz um knappe Flächen sind die Vorbehalte seitens Politik und Anwohner groß. Die Vorstellung von Logistikimmobilien als riesigen Betonklötzen, die zur Verödung des Stadtbilds beitragen, ist weit verbreitet. Doch dieses Bild sollte angesichts moderner Logistikkonzepte eigentlich der Vergangenheit angehören. Kleinteilige und gut durchmischte Gewerbeparks mit flexibler Flächengestaltung dürften laut Autor im Interesse aller Beteiligten sein. Red.

Ein Klick und schon ist der Einkauf erledigt: Immer mehr Menschen bestellen ihre Waren online - egal ob Kleidung, Elektronikgeräte oder Lebensmittel. Dementsprechend stark nimmt auch die wirtschaftliche Bedeutung des E-Commerce zu. Im Jahr 2015 wuchs dieser um zwölf Prozent und lag damit deutlich über dem Wachstum des gesamten Einzelhandels von 3,1 Prozent. Allein im ersten Quartal 2016 wurde ein Umsatz von 12,9 Milliarden Euro im Online-Handel erzielt, ein Plus von 17,7 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr.

Und auch für die kommenden Jahre zeigt die Entwicklungskurve des E-Commerce steil nach oben: Laut einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung, die im vergangenen Jahr veröffentlicht wurde, wird sich der Anteil des Online-Handels bis 2025 wohl verdoppeln.

Der Trend, Einkäufe zu Hause am Computer oder unterwegs am Smartphone zu erledigen, erstreckt sich mittlerweile auf nahezu alle Segmente: Während in der Vergangenheit hauptsächlich Waren aus dem Bereich Technik und Medien sowie Fashion und Lifestyle per Mausklick bestellt wurden, werden neuerdings auch Lebensmittel verstärkt über die bequemen Online-Kanäle eingekauft.

Im Jahr 2014 lag der Anteil des E-Commerce in diesem Segment zwar noch bei lediglich 1,2 Prozent, doch die Umsätze steigen von Jahr zu Jahr rapide an. Wurden im Jahr 2012 noch rund 540 Millionen Euro im Lebensmittel-Online-Handel umgesetzt, waren es 2013 bereits 1,1 Milliarden Euro. 2014 verdoppelte sich der Umsatz erneut auf über 2,6 Milliarden Euro.

Und damit nicht genug: Ein Blick nach Großbritannien zeigt, dass es in der Bundesrepublik noch viel Luft nach oben gibt. Im Vereinten Königreich liegt der Anteil der Online-Lebensmittelverkäufe heute bereits bei sechs Prozent.

Trend zu kürzeren Lieferzeiten

Das durch den Online-Handel veränderte Einkaufsverhalten der letzten Jahre hat nicht nur Auswirkungen auf die Produkte, sondern auch auf den Anspruch an die Lieferzeiten: Die bestellte Ware soll so schnell wie möglich beim Kunden zu Hause eintreffen. Aus der "Same Day Delivery" wird aufgrund des veränderten Konsumentenverhaltens und dem Trend zum Kauf von Lebensmitteln im Internet verstärkt die Forderung nach einer "Same Hour Delivery". Für die Logistikbranche erwachsen daraus neue Herausforderungen. Um dem Wunsch nach kurzen Lieferzeiten Folge leisten zu können, bedarf es eines Neudenkens der logistischen Flächen. Bei Lebensmitteln sind die Ansprüche an entsprechende Immobilien besonders hoch: Die leicht verderblichen Waren müssen zunächst kühl gelagert werden und dann auf möglichst kurzem Weg zum Endkunden gelangen.

Althergebrachte Logistikzentren außerhalb des Stadtzentrums eignen sich hierfür nicht. Stattdessen müssen diese verstärkt im innerstädtischen Bereich angesiedelt werden, denn nur so kann eine zügige Lieferung der Waren gewährleistet werden.

Bei Kommunen und Anwohnern stößt die Idee eines Logistikzentrums mitten in der Stadt jedoch häufig auf wenig Begeisterung. Grund hierfür sind meist überkommene Vorstellungen vom äußeren Erscheinungsbild einer solchen Immobilie. Noch immer wird vielfach davon ausgegangen, dass den Anwohnern riesige graue Klötze vor das Wohnzimmerfenster gesetzt werden - auch wenn dies längst nicht mehr überall der Fall ist.

City-Logistik ist flexibel

Darüber hinaus ist das Flächenangebot in den Ballungszentren häufig sehr knapp. Logistikimmobilien konkurrieren daher stark mit anderen Nutzungsformen, insbesondere dem Wohnungsbau. Ein weiteres Vorurteil ist das erhöhte Verkehrsaufkommen. Auch hier sind innovative Konzepte für die City-Logistik gefragt, die sowohl die Vorbehalte der Kommunen und deren Bürgern entkräften als auch den modernen Marktanforderungen gerecht werden.

Moderne City-Logistikimmobilien müssen allen Beteiligten einen Mehrwert bieten. Ein vielversprechender Lösungsansatz sind kleinteilige Gewerbeparks mit einem durchdachten Design und einer flexiblen Flächengestaltung. Die Objekte dienen in diesem Fall nicht nur als Zustellbasen für die "letzte Meile" der Paketzustellung, sondern bieten verschiedenen Gewerbetreibenden die Möglichkeit, sich mit ihrer Produktion, Logistik und Administration anzusiedeln.

Die Vorteile für die Unternehmerseite liegen dabei klar auf der Hand: Anders als bei großflächigen Logistikzentren lassen sich die Flächen in kleineren Gewerbeparks an die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Firma anpassen und garantieren ihnen eine große Nähe zum Endkunden. Für mittelständische und junge Unternehmen ist der flexible Grundriss eines solchen Parks besonders interessant: Sie können auch kleinere Flächen anmieten und sie bei entsprechendem Bedarf erweitern.

Die Kommunen wiederum profitieren von der Ansiedlung zukunftsträchtiger Branchen im innerstädtischen Bereich. Zum einen lassen sich auf diese Weise höhere Steuereinnahmen erzielen als mit reinen Logistikzentren am Stadtrand, zum anderen steigt dadurch das Potenzial für neue Arbeitsplätze. Und auch Mehrwertdienstleistungen wie beispielsweise Kindergärten oder Kantinen lassen sich in citynahe Gewerbeparks integrieren - ein zusätzlicher Attraktivitätsfaktor für Konzerne, die auf der Suche nach einem passenden Konzept für ihre Regionalvertreter und Niederlassungen sind.

Realisiert werden diese City-Logistikzentren zudem häufig auf zuvor oft brachliegenden Flächen - die oft durch den Charme vergangener Zeiten attraktive Mieter anziehen. Und nach einer gelungenen Revitalisierung auch den Anwohnern wieder einen echten Mehrwert bieten.

Attraktive Hülle mit effizientem Innenleben

Anhand gezielter baulicher Maßnahmen lassen sich City-Gewerbeparks problemlos in das Stadtbild einfügen. Je nach Standort können eventuell bereits vorhandene Bauteile wie beispielsweise historische Außenmauern für den Neubau genutzt werden, aber auch eine minimalistische Formensprache, eine dezente Farbgebung und die Verwendung ausgewählter Materialien wie weißer Sichtbeton, Holz und dunkle Paneele bieten ein breites Spektrum an individuellen und ansprechenden Gestaltungsmöglichkeiten.

Von besonderer Bedeutung bei einem modernen Gewerbepark ist außerdem eine optimale Energieeffizienz des Gebäudes - ein Aspekt, der im Bereich Wohnen mittlerweile selbstverständlich ist, aber beim Gewerbe immer noch zu wenig Berücksichtigung findet. Nach wie vor existiert für Logistikimmobilien kein sogenannter Energieausweis, beim Bau gelten lediglich Mindeststandards.

Dabei wirkt sich die Energieeffizienz des Gebäudes hier genauso stark auf die Höhe der Nebenkosten aus wie bei allen anderen Nutzungsarten auch. Je besser die Energiebilanz der Flächen ist, desto stärker können die monatlichen Betriebskosten gesenkt werden - ein entscheidender Wettbewerbsvorteil auf dem preissensiblen Markt für Logistikimmobilien.

Werden beim Bau entsprechende Maßnahmen getroffen, können die monatlichen Kosten für Mieter deutlich verringert werden. Hierfür ist ein enger Austausch mit dem späteren Kunden entscheidend. Nur so kann das jeweilige Nutzungsverhalten des Mieters in die Wahl der Bauteile und der technischen Ausstattung mit einfließen. Um beispielsweise die Heizkosten zu minimieren, könnte die Abwärme aus Kälteanlagen für die Fußbodenheizung in nicht gekühlten Gebäudeteilen genutzt werden.

Darüber hinaus kann ein dynamisches Simulationsmodell dabei helfen, die jeweilige Immobilie kundengerecht zu optimieren: Sowohl die Gebäudemerkmale als auch die jeweiligen Arbeitsschritte und deren Einfluss auf den Energieverbrauch werden in einem Wert ermittelt, anhand dessen mögliche Einsparpotenziale identifiziert werden. Für den Kunden bedeutet dies eine echte Einsparung bei den Mietkosten.

Kundenbindung durch guten Service

Mit Abschluss des Bauvorhabens sollte der Optimierungsprozess der Immobilie jedoch nicht beendet sein. Erst ein dauerhafter Service schafft eine langfristige Kundenbindung. Wird beispielsweise auch nach Inbetriebnahme das Nutzungsverhalten des Mieters stetig überprüft, können die Abläufe und der damit verbundene Energieverbrauch immer weiter verbessert werden. Nach einer gewissen Zeit ist es auf diese Weise sogar möglich, eine Obergrenze der Nebenkosten zu garantieren.

Weitere Tools wie etwa ein Serviceportal, über das sich verschiedene Endgeräte bequem bedienen lassen und das Facility Management bei Bedarf unkompliziert erreicht werden kann, tragen ebenfalls zu einer erhöhten Kundenzufriedenheit bei - und damit zu einem echten Mehrwert der Immobilie. Innovative Konzepte wie diese sind angesichts des wachsenden Online-Handels unumgänglich. Der Weg der Logistikbranche führt mitten in die Stadt - in moderne, kleinteilige Gewerbeparks, die sowohl den Vorstellungen der Kommunen als auch der Kunden entsprechen.

Der Autor

Andreas Fleischer Business Unit Director Northern Europe, SEGRO Germany GmbH, Düsseldorf

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