INSTITUTIONAL ASSET MANAGEMENT - IMMOBILIEN-SPEZIALFONDS

COMEBACK STORIES: SPANIEN UND DIE NIEDERLANDE SETZEN ZUM ÜBERHOLEN AN

Jochen Schenk Quelle: Real I.S.

Angesichts der vielerorts weit fortgeschrittenen Immobilienmarktzyklen wird es für institutionelle Investoren immer schwieriger, passende Objekte für ihre Portfolios zu finden. Nach Einschätzung des Autors gibt es allerdings sogar in Europa noch einige spannende Perlen, die erhöhte Aufmerksamkeit verdienen. Im folgenden Beitrag untersucht er die Potenziale auf den Büroimmobilienmärkten in Spanien und den Niederlanden. Und diese können sich durchaus sehen lassen: Insbesondere im Bereich der Mieten stehe noch eine längere Phase steigender Preise in den jeweiligen Metropolen bevor. Gepaart mit den robusten konjunkturellen Entwicklungen der Länder sowie einer erhöhten Professionalisierung der Märkte würde es somit nicht verwundern, wenn ausländische Investoren ihre dortigen Aktivitäten weiter ausbauen. Red.

Wo sehen Immobilieninvestoren noch die größten Chancen in Europa? Auf den ersten Blick präsentiert sich in den meisten Ländern des Euroraums ein ähnliches Bild: Die Niedrigzinsphase und der Preisanstieg der vergangenen Jahre haben die Ankaufsrenditen für Core-Immobilien in den Metropolen auf sehr niedrige Niveaus gedrückt. Weiße Flecken sind auf der Europakarte nicht mehr zu finden. Auf den zweiten Blick allerdings sind durchaus Märkte anzutreffen, die einen genaueren Blick wert sind.

Zwei Märkte wecken derzeit besonders das Interesse institutioneller Investoren aus ganz Europa: Spanien und die Niederlande. Beide Märkte erleben nach einer Wirtschaftskrise in den Jahren 2012 und 2013, die sich in beiden Ländern auch auf die Immobilienmärkte ausgewirkt hatte, ein fulminantes Comeback.

Die konjunkturelle Aufholjagd hat in den vergangenen Jahren für ein im Vergleich zur Eurozone überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum gesorgt: In den Niederlanden lag das BIP-Wachstum zuletzt bei knapp unter drei Prozent, in Spanien über viele Quartale hinweg bei deutlich über drei Prozent - wobei sich dort die Dynamik in den vergangenen Quartalen wieder etwas normalisiert hat.

Zyklus mit steigenden Mietpreisen steht bevor

Auch im Immobilienzyklus hinken die großen Investmentmärkte Spaniens und der Niederlande den meisten anderen europäischen Metropolen hinterher. Wirft man einen Blick auf die berühmte "Büro-Immobilienuhr" von Jones Lang Lasalle, gehen die Uhren in Amsterdam, Barcelona und Madrid im ersten Quartal 2018 ungefähr zehn Minuten nach. Ein langer Zyklus mit steigenden Mietpreisen steht den dortigen Büromärkten erst noch bevor. Während die Ankaufsrenditen aktuell nur geringfügig höher sind als bei vergleichbaren Objekten in Berlin, Frankfurt oder Paris, sind es hauptsächlich diese Mietpreispotenziale, die das Interesse internationaler Investoren wecken. Es wird Spanien und den Niederlanden aber nicht gerecht, beide Immobilienmärkte undifferenziert in einem Atemzug zu nennen.

Am dynamischsten hat sich in den vergangenen Jahren Spanien entwickelt. In einer ersten Phase kurz nach der Krise waren dort vor allem opportunistische Investoren unterwegs und haben die stark gesunkenen Einstiegspreise genutzt. Diese erste Phase liegt inzwischen hinter uns. In der zweiten Phase verkaufen die Opportunisten nun zum Teil schon wieder und nehmen Bewertungsgewinne mit.

Keine Verunsicherung durch politische Unruhen

Als Käufer treten nunmehr verstärkt institutionelle Investoren aus dem In- und Ausland auf, die risikoaverser agieren und bereit sind, höhere Preise beziehungsweise niedrigere Einkaufsrenditen zu akzeptieren, die oft nur geringfügig über dem Niveau nördlich der Pyrenäen liegen. Trotzdem haben auch institutionelle Investoren aus Frankreich oder Deutschland Spanien und insbesondere Madrid und Barcelona wieder als Tummelplatz entdeckt. Auch von der Katalonien-Krise und anderen politischen Negativschlagzeilen haben sie sich nicht abschrecken lassen.

Ein entscheidendes Argument gerade für Spanien ist das Potenzial bei den Mietpreisen. Insgesamt hat der spanische Immobilienmarkt die Krise zwar weit hinter sich gelassen. Bei den Mieten ist das Vorkrisenniveau jedoch noch längst nicht wieder erreicht. Im Bürosektor lagen die Spitzenmieten in Madrid bei etwa 40 Euro pro Quadratmeter. Aktuell sind es rund 30 Euro. Ähnlich, wenn auch auf niedrigerem Niveau, ist die Lage in Barcelona.

Das bedeutet, dass die Mieten in Spanien noch rund 30 Prozent aufholen können - und das trotz geringer Leerstände von lediglich fünf Prozent im Spitzensegment. Angesichts der Höhe dieses Potenzials dürfte die Phase steigender Mieten noch eine längere Zeit anhalten. Der Büromarkt gehört dabei zu den aussichtsreichsten in Spanien. Für langfristig orientierte Investoren schlummert hier größeres Potenzial als in Deutschland oder Frankreich.

Professionalisierung des spanischen Immobilienmarktes

Internationale Investoren, die nach der Krise nach Spanien zurückkehren, stoßen auf einen professioneller gewordenen Markt. Zum einen sind die Investoren selbst professioneller geworden. Spezialisierte Immobilieninvestoren haben an Einfluss gewonnen. Zum anderen hat die spanische Regierung den gewerblichen Immobilienmarkt durch zahlreiche Regulierungsmaßnahmen professionalisiert.

Ein Beispiel ist die Einführung der spanischen REITs ("Socimis") vor einigen Jahren. Auch die europäische AIFM-Richtlinie trug ihren Teil dazu bei, Fondsstrukturen für Immobilien-Investments in Spanien deutlich stärker zu verankern. Bei ausländischen Investoren wird der aktuelle, professionellere und besser regulierte spanische Immobilienmarkt als wesentlich krisenresistenter wahrgenommen. Das größere Vertrauen führt darüber hinaus dazu, dass zumindest ein Teil der internationalen Investoren wieder etwas mutiger wird und sich auch an Städte jenseits von Madrid und Barcelona oder an andere Risikoklassen wie Value-Add heranwagt. Das erfordert jedoch ein aktives und engagiertes Asset Management - mit eigenem qualifiziertem Personal vor Ort.

Ohne Präsenz vor Ort geht es in Spanien ohnehin nicht. Zwar können geeignete Immobilien auch aus dem Ausland heraus identifiziert werden, auch wenn eine Vor-Ort-Präsenz mit exakter Marktkenntnis und persönlichem Netzwerk durchaus von Vorteil ist. Dennoch ist spätestens für den Erwerb nach geltender spanischer Gesetzgebung die dauerhafte Präsenz mindestens eines qualifizierten Mitarbeiters im Land notwendig.

Niederlande: Starker Investorenfokus auf Logistik

Das ist in den Niederlanden anders. Hier lassen sich die ersten Objekte auch problemlos von Deutschland aus erwerben. Erst wenn das Portfolio, das gemanagt werden soll, größer wird, ist es auch in dem Nachbarland unverzichtbar, mit eigenem Personal und einem eigenen Standort präsent zu sein. Dann fällt es auch leichter, die attraktivsten Opportunitäten zu identifizieren, gerade wenn es nicht nur Core-Büroobjekte in Amsterdam sein sollen.

Auch die Niederlande steckten 2012 und Anfang 2013 in der Rezession. Die Erholungskurve verlief zwar flacher, aber ähnlich wie in Spanien haben die Niederlande diese Kerbe weitestgehend ausgewetzt: Mit einer Arbeitslosigkeit von nur noch 3,9 Prozent nähert sich die niederländische Wirtschaft ihrer Kapazitätsgrenze.

Gerade deutsche Immobilieninvestoren beschränken ihren Blick auf die Niederlande gerne auf das Thema Logistik. Angesichts der überragenden Bedeutung, die die Logistik für die niederländische Wirtschaft und umgekehrt die Niederlande als Logistik-Hub für Europa spielen, ist das nachvollziehbar. Der spannende Büro- und Einzelhandelsimmobilienmarkt bleibt dabei jedoch unbeachtet.

Die starke wirtschaftliche Entwicklung treibt die Nachfrage nach Büroflächen. Die niederländische Volkswirtschaft zählt zu den wettbewerbsfähigsten der Welt. Das Investitionsumfeld ist derart attraktiv, dass Konzerne die Niederlande und speziell Amsterdam als bevorzugten Standort wählen: US-amerikanische Konzerne als Brückenkopf für ihr Europageschäft und europäische Konzerne, wenn sie im Rahmen von grenzüberschreitenden Fusionen nach einem Standort in einem "neutralen" Drittland suchen.

Unternehmen, Behörden und Start-ups schätzen Amsterdam

Auf Amsterdam fiel auch die Entscheidung für den neuen Sitz der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA, die im Zuge des Brexits ihren bisherigen Standort London verlassen wird. Doch nicht nur etablierte Unternehmen und Behörden schätzen das Umfeld in den Niederlanden. Amsterdam ist ein europäischer Hotspot für Start-ups. Erfolgreiche Internetunternehmen wie Booking.com, WeTransfer oder der Online-Zahlungsdienstleister Adyen stammen aus der niederländischen Hauptstadt.

Zwar haben vor allem in Amsterdam die Preise für Spitzenobjekte deutlich angezogen. Die hohe Nachfrage und infolgedessen ein stark sinkender Leerstand versprechen allerdings vergleichsweise großes Potenzial für weitere Mietsteigerungen, wenn auch nicht im gleichen Umfang wie Madrid.

Größeres Steigerungspotenzial als viele andere Märkte Europas

Der Hotspot für Offices in Amsterdam, die sogenannte Südachse zwischen Altstadt und Flughafen, hat durch gezielte städtebauliche Maßnahmen eine urbane Aufwertung erfahren. Die Folgen sind sinkende Leerstände und steigende Mieten. Die lebhafte Gründerszene wiederum schafft eine wachsende Nachfrage nach Räumen für moderne Bürokonzepte, wie zum Beispiel Coworking-Flächen.

Spanien und die Niederlande haben zwei spannende, wenn auch nicht ganz deckungsgleiche Comeback Stories hinter sich. An den Büromärkten spiegelt sich die wirtschaftliche Genesung deutlich wider. Vor allem aber haben die Immobilienmärkte in den beiden Ländern auch noch eine Wachstumsstory mit steigenden Büromieten vor sich, die einige Zeit lang anhalten wird und dabei größeres Steigerungspotenzial als viele andere Märkte der Eurozone bietet.

DER AUTOR JOCHEN SCHENK, Mitglied des Vorstands, Real I.S. AG, München
Jochen Schenk , Vorsitzender des Vorstands, Real I.S. AG, München
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