IMMOBILIE ALS ASSET

ETFS, DERIVATE & CO. - AUF DEM WEG IN EINE NEUE PRODUKTWELT?

Thomas Beyerle Quelle: Catella AB

Die Luft an den Immobilieninvestmentmärkten wird zunehmend dünn. Um im mittlerweile neunten Jahr der Hausse noch auskömmliche Renditen zu erwirtschaften, geraten bislang eher exotische Produkttypen fast zwangsläufig in den Fokus institutioneller Anleger. Der Autor des folgenden Beitrags klärt über die wichtigsten aufstrebenden Immobilienvehikel auf. Welche sich davon tatsächlich nachhaltig etablieren werden, bleibt freilich abzuwarten. Die vorgestellte Umfrage unter 100 deutschen Asset Managern zeigt jedoch, dass insbesondere Real-Estate-Secondaries und Real-Estate-Multi-Manager-Fonds eine künftige Anlagealternative bieten könnten. Auch erwartet die Mehrheit der Befragten in den kommenden zwei bis fünf Jahren ein verstärktes Auftreten von Real-Estate-ETFs auf dem deutschen Markt. Red.

Wettbewerb belebt das Geschäft - zweifelsfrei. Und Konkurrenz entsteht immer dann, wenn das bisherige Produkt nicht mehr attraktiv erscheint und sich eine vermeintlich bessere Alternative bietet. Auch ein Blick auf den Gesamtmarkt zeigt eine hohe Wettbewerbsintensität, gerade wenn der Zyklus weit fortgeschritten ist. Neue Anbieter treten auf. Ob das immer gleich als disruptiv zu bezeichnen ist, sei dahin gestellt. Fakt ist aber, dass die Landschaft der indirekten Immobilienanlage sich zunehmend ändert. Eine strukturelle Veränderung geht dabei zumeist aus Änderungen der Gesetzgebung einher, wie im Falle der REITs im Jahr 2007, oder sind das Resultat der Immobilienfondskrise 2010. "Liquidierbarkeit versus Rise of the German Specialfonds" - wie es eine englische Wirtschaftszeitung kürzlich titulierte. Profaner ist dabei der Blick auf die Rendite: die Draghi-Doktrin der Nullzins-Welt und die Hausse an den Immobilienmärkten stellen offensichtlich immer mehr Fondsmanager vor die Aufgabe, die traditionelle 5-Prozent-Fondsrendite zu erwirtschaften. Ob die neuen Wilden um ETFs & Co. hier besser performen, wird sich zeigen.

Keine Frage: Die Vorzeichen an den deutschen Immobilienmärkten könnten für 2018 kaum besser sein. Volkswirtschaftlich läuft das Land auf Hochtouren, mit zuletzt nach oben korrigierten 2,2 Prozent BIP-Wachstum bis 2019 scheint der Boom weiter an Dynamik zu gewinnen. Erste Kapazitätsengpässe im Produktions- und Dienstleistungsgewerbe werden - nicht zuletzt auch aus der Bau- und Ausstattungsbranche - gemeldet.

Markthausse erweitert Produktspektrum

Die zu erwartenden Lohnabschlüsse in den kommenden Quartalen lassen zumindest die Erwartung wachsen, dass die Konsumrate in Deutschland auch im siebten Jahr in Folge weiter auf sehr hohem Niveau liegen wird. Die quantifizierbaren Risiken sind dabei eingepreist: keine signifikante Zinserhöhung absehbar, aber auch ein zunehmend wettbewerbsintensiver Markt bei welchem die Qualität der Objekte in der Summe eher abnimmt. Die Hausse an den nationalen und internationalen Immobilienmärkten hat im wahrsten Sinne des Wortes aber ihren Preis. Dabei ist es weniger die oftmals diskutierte geringe Produktverfügbarkeit, welche die Preise steigen ließ, sondern das - rational vernünftige - Investieren in A-Standorten, in Core-Objekte oder Projektentwicklungen. Leichtes Nachschärfen dieser traditionellen Investorendoktrin erleben wir seit 2016 mit der Ausweitung in Coreplus-/Value-add-Objekte, in einen Zielfokus vermeintlich ehemaliger Nischenimmobilien wie Student Housing beziehungsweise Wohnen "in der Gänze" oder aber die Renaissance sogenannter B-Standorten.

Mit dem Aufkommen von Portfoliotransaktionen gerade in den vergangenen zwölf Monaten zeigt sich gleichwohl auch, dass exotischere Objekt-/Standort-Kombinationen in den Deal-Listen von uns registriert werden. Ein Signal am Ende des aktuellen Zyklus, der nunmehr seit neun Jahren andauert? Aus Sicht von Multi-Asset-Investoren scheint die positive Haltung "pro Immobilie" zwar grundsätzlich zuzunehmen, schenkt man zumindest den Ankündigungen nach "Erhöhung der Allokationsquote in Real Estate" Glauben. Allerdings wird die Yield Compression zunehmend zur Belastung. Genau vor dieser Gemengelage hat Catella Research die Top-100-Asset-Manager in Deutschland befragt, welchen strategischen Weg sie in den kommenden Quartalen beschreiten werden in der Immobilienhausse. Die Ergebnisse erscheinen überraschend, sofern man die Sicht weg vom underlying, also der Immobilien, einnimmt. Sie verdeutlichen aber auch, dass durch die Definition von neuen Beteiligungsformen und Hebelwirkungen sich offensichtlich mehr als fünf Prozent erwirtschaften lassen. Bereits hier sei angemerkt, dass der Spread zwischen zehnjähriger Staatsanleihe und der Immobilienrendite von aktuell 375 Basispunkten sich offensichtlich erweitern lässt.

Strategie oder Stimmungsbild?

Gerade in dieser Gemengelage stellen sich viele Multi-Asset-Investoren die Frage, welche künftigen immobilienbasierten Anlageprodukte noch eine angemessene Rendite generieren können. Im Rahmen der Investitionen in Immobilien oder Immobilienprodukte besteht schon seit jeher ein Grundsatz: eine risikoadjustierte Rendite erzielen - also eine auskömmliche Rendite generieren, in welchem sich das Markt- und Objektrisiko widerspiegelt. Geschuldet der aktuellen Situation in der Zinslandschaft, wird es immer schwieriger den traditionellen "Renditekorridor" zu beschreiten.

Zwar sind die Investitionen in strukturell sichere Standorte beziehungsweise Lagen Ausdruck einer höchst rationalen Anlagepolitik, allein die "untere" Renditeschwelle scheint erreicht. Der Weg einen ersten Eindruck zu den Wegen aus der Unzufriedenheit zu erhalten, geht traditionell über ein Stimmungsbild - gerade wenn man in den Zeiten der Planung im November bei den meisten Investmenthäusern vorstellig wird. Die Ergebnisse werden im Folgenden kurz dargestellt:

- Bei der Frage nach der aktuellen Asset Allokation zeigt sich, dass über die Hälfte der befragten Top-100-Asset-Manager in Deutschland aktuell bereits mehr als 30 Prozent in direkten Immobilieninvestments engagiert sind.

- Bei knapp einem Drittel liegt der Anteil an indirektem Investment über 30 Prozent. Beteiligungen und ETFs in Immobilien nehmen derzeit in den Allokationen der Investoren eine eher geringe Rolle ein. ETFs sind bei 85,7 Prozent der Befragten maximal bis zu 10 Prozent enthalten.

Exotische Produkttypen geraten in den Fokus

Obwohl der Großteil der Anleger sich noch von neuen Anlageformen wie Immobilien-Swapgeschäfte, Forwards auf Immobilienindizes oder Immobilienindexzertifikate fern hält, geraten insbesondere Real-Estate-Secondaries und Real-Estate-Multi-Manager-Fonds in den Fokus der Überlegung. Folgende Produkttypen beziehungsweise Anlageklassen wurden aus einem Bündel als grundsätzliche Investitionsmöglichkeiten beziehungsweise Vehikel identifiziert:

- Multi-Manager-Fonds bieten Anlegern die Möglichkeit, die komplette Wertschöpfungskette des Anlageprozesses wie Asset Allokation, Managerselektion, Risikomanagement und Administration über ein einziges Produkt abzudecken. Hierbei erhalten sie ein breit gestreutes Portfolio, welches mit einem sehr guten Risiko-Rendite-Profil zu charakterisieren ist.

- Real-Estate-Secondaries bezeichnen unter anderem Fonds, die auf dem Zweitmarkt Anteile an ausschließlich institutionellen Immobilienprodukten investieren.

- Immobilienderivate sind Finanzinstrumente oder Verträge, deren eigener Wert sich stark an künftigen Kursen oder Preisen anderer Handelsgüter und Investments orientiert.

- Private Equity ist eine Form des Beteiligungskapitals. Kapitalgeber sind oftmals Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die für einen begrenzten Zeitraum Unternehmensanteil erwerben, um daraus eine finanzielle Rendite erwirtschaften.

- Immobilien-Exchange-Traded-Funds (ETF) grenzen sich von klassischen Fonds ab. Sie bilden passiv die Entwicklung eines bestimmten Index nach und werden nicht aktiv durch einen Fondsmanager gesteuert. Dieser zugrunde liegende Index besteht dabei aus Immobilienunternehmensaktien, somit werden nicht direkt Immobilien, sondern nur ausgewählte Unternehmensanteile gehalten.

Im Ergebnis zeigt sich, dass insbesondere Real-Estate-Secondaries und Real-Estate-Multi-Manager Fonds eine künftige Anlagealternative darzustellen scheinen. 20 Prozent der Befragten würden rund 4 bis 6 Prozent in Real-Estate-Secondaries investieren, 7,7 Prozent ebenfalls in Real-Estate-Multi-Manager-Fonds. Immobilien-ETFs verzeichnen ebenfalls einen Aufwärtstrend: 23,1 Prozent der Befragten würden bis zu 6 Prozent ihres Kapitals in diese Anlageprodukte investieren.

EZB kommt Schlüsselrolle zu

In der aktuellen Asset Allokation sind 85,7 Prozent der Befragten bis zu 20 Prozent in internationale ETFs investiert. Außerdem erwarten 56,7 Prozent der Befragten in den kommenden zwei bis fünf Jahren ein verstärktes Auftreten von Real-Estate-ETFs auf dem deutschen Markt. Eine weitere Rolle in Hinblick auf künftige Anlageentscheidungen spielt die Finanzmarktpolitik der europäischen Zentralbank. Das Quantitave-Easing-Programm wird im Jahr 2018 zwar weitergeführt, aber von 60 Milliarden Ankaufsvolumen auf 30 Milliarden reduziert. Durch diese Reduktion wird zwar ein minimaler Zinsanstieg erwartet, allerdings sehen die wenigsten der Befragten einen Rückgang der Investitionen im Immobiliensektor. Im Gegenteil, 66,7 Prozent rechnen weiterhin mit einem Anstieg der Direktinvestments in Immobilien aller Art in den kommenden Quartalen. Des Weiteren rechnen 43,3 Prozent der Befragten mit einem Anstieg der Investitionen in alternative liquide Immobilien-Anlagevehikel.

Der durch die Reduktion des Quantitave-Easing-Programms erwartete Leitzinsanstieg wird sich ebenfalls auf die Asset Allokation von Investoren auswirken und einige Veränderungen mit sich bringen. Im Zuge der Erhöhung des Leitzinses zeigt unser Stimmungsbild, dass insbesondere offene Immobilienspezialfonds eine große Anpassung erfahren werden (siehe Abbildung). Hierbei liegt die Anpassung der Allokation bei 12,5 Prozent mit einer durchschnittlich erwarteten Rendite von 3,1 Prozent. Auch die Anlageform Private Equity würde im Falle eines Leitzinsanstiegs von einer Anpassung profitieren. Hierbei liegt die Renditeerwartung jenseits der zehn Prozent. ETFs widerfahren eine Anpassung von fünf Prozent in den Asset Allokationen und performen mit einer durchschnittlichen Rendite von drei Prozent.

Der Wettbewerb ist eröffnet

In dem vorliegenden Stimmungsbild kommen zwar immer wieder taktische Aspekte zum Ausdruck, allein die Ausweitung der Immobilienvehikel auf ETFs, Secondaries, Multi-Asset-Fonds oder Private Equitiy in den nächsten 20 Monaten scheint Fakt - ein Angriff auf die Spezialfonds scheint sich hier gleichwohl nicht unmittelbar abzuleiten, denn die Nachfrage nach AIF-Vehikeln ist weiter ungebrochen. Kritiker mögen anmerken, dass allein die skizzierten vier in direkten Vehikel völlig unterschiedliche Produkte in sich sind, von den rechtlichen Verankerung in den Anlagerichtlinien ganz zu schwiegen.

Dies ist zweifelsfrei der Fall und nährt den Verdacht, dass es sich doch mehr um "was grundsätzlich möglich wäre" denn um "was wirklich machbar ist" handelt. Allerdings sehen wir eine zunehmende Akzeptanz von immobilienbasierten Finanzmarktprodukten durch Multi-Asset-Manager mit Renditenerwarten deutlich "jenseits der 5". Dieser Druck wird weiterhin auf den traditionellen Immobilienfondsanbietern in 2018 lasten. Der Wett bewerb, so scheint es, ist damit eröffnet.

DER AUTOR Dr. Thomas Beyerle, Managing Director, Catella Property Valuation GmbH, Frankfurt am Main

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