FACILITY UND PROPERTY MANAGEMENT

LOGISTIKFONDS AUF DEM WEG ZUM "GREEN STAR" UND ZU MEHR ESG: ERKENNTNISSE AUS DEM GRESB-RATING

Katrin Poos, Foto: RLI

Deutschlands Klimaschutzziele für 2050 sind äußerst ambitioniert: Ein nahezu CO2-neutraler Gebäudebestand wird bis dahin angestrebt. Die Zeit, entsprechende Instrumente und Lösungen zu finden, drängt also. Die Autorin des vorliegenden Beitrags erörtert, worauf es bei der Verankerung von ESG-Kriterien in der Immobilienbranche ankommt. Insbesondere geht sie dabei auch auf die Potenziale des GRESB-Ratings, der globalen Benchmark zur Messung der Nachhaltigkeitsperformance von Immobilienunternehmen und Immobilienfonds ein. Nur wer im Rahmen dieser Analyse ein überzeugendes Ergebnis vor legen kann, darf sich beziehungsweise seine Fonds guten Gewissens als "Green Star" bezeichnen. Red.

Eine der Schlüsselindustrien beim Klimaschutz ist der Immobiliensektor. Immobilien sind weltweit für 36 Prozent des Energieverbrauchs und 39 Prozent der Kohlenstoffemissionen verantwortlich. Vor diesem Hintergrund hat die deutsche Bundesregierung für das Jahr 2050 das Ziel eines nahezu klimaneutralen Immobilienbestands ausgegeben.

Um die Wirtschaft nachhaltiger zu machen, will die EU die Finanzmärkte nutzen. Das betrifft auch die Immobilienbranche, bei der Nachhaltigkeit mittlerweile auf der immobilienwirtschaftlichen Agenda ganz oben steht. Nachhaltige Prozesse - sowohl auf der Finanzierungs- als auch Investmentseite und auf der Bewirtschaftungsebene - werden somit immer mehr zum Standard. Ziel ist es, nachhaltige Produkte im Neu- und Altbestand zu entwickeln beziehungsweise aus dem EU-Aktionsplan resultierende regulatorische Anforderungen umzusetzen.

EU-Taxonomie: Wie grün ist ein Immobilienportfolio?

Herzstück der EU Strategy Sustainable Finance ist eine sogenannte Taxonomie, also ein Bewertungsschema, in dem die EU-Kommission technisch detailliert und verbindlich festlegen will, welche Aktionen als nachhaltig gelten dürfen. Mit der EU-Taxonomie sollen folgende sechs Umweltziele erreicht werden: Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel, nachhaltige Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen, Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme.

Für die Immobilienbranche lässt sich also zukünftig mittels der EU-Taxonomie berechnen, wie grün (oder braun) ein Immobilienportfolio ist und welche Ziele zukünftig verfolgt werden müssen. Im Immobiliensektor findet die Taxonomie Anwendung in diesen vier wirtschaftlichen Bereichen: bei der Projektentwicklung, dem Ankaufsprozess, der Renovierung von Bestandsimmobilien und natürlich bei weiteren individuellen Maßnahmen.

Bei der Planung und dem Bau neuer Gebäude muss ein bestimmter Netto-Primärenergiebedarf sichergestellt sein. Hinsichtlich des Ankaufs von Immobilien gelten folgende Regeln: Vor dem 31. Dezember 2020 erbaute Gebäude gelten als nachhaltig, wenn sie zu den Top-15-Prozent innerhalb ihrer Vergleichsgruppe in Bezug auf den Primärenergieverbrauch gehören. Zum Nachweis können Energieverbrauchsausweise genutzt werden (Energieeffizienzklasse A reicht aus). Nach dem 31. Dezember 2020 erbaute Gebäude gelten als nachhaltig, wenn sie die Kriterien für Neubau (siehe oben) erfüllen, die zum Zeitpunkt des Ankaufs gelten.

Renovierung von herausragender Bedeutung

Auch der Renovierung oder Anpassung (zum Beispiel LED-Beleuchtung, Wärmedämmung, Heizungsart, Auswahl der Materialien) von Bestandsimmobilien kommt eine herausragende Rolle zu. Es soll entweder sichergestellt werden, dass die zur Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinien festgelegten nationalen energetischen Anforderungen und Pflichten für Renovierungen im Gebäudebestand erfüllt werden oder dass eine relative Verbesserung des Primärenergieverbrauchs von 30 Prozent gegenüber dem vorherigen Niveau erreicht wird.

Das kann eine deutliche Erhöhung der Sanierungsquote bestehender Gebäude nach sich ziehen. Man sollte dabei aber nicht verkennen, dass auch die Kosten für die Errichtung von Neubauten erheblich steigen werden, wenn man den Anforderungen gleich zu Beginn nachkommen möchte. Und nicht jeder Bestand (gerade bei Logistikimmobilien) hat unendlich viele unterschiedliche Anpassungsmöglichkeiten, sei es aufgrund der bisherigen Grundstücksauslastung, der baurechtlichen Vorgaben oder auch der baulich sinnvollen Maßnahmen.

Zudem hat die technische Expertengruppe der EU für nachhaltige Finanzwirtschaft (TEG), die die Europäische Kommission bei der Umsetzung des Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums berät, einen Katalog von individuellen Maßnahmen erarbeitet.

Viel mehr als eine moralische Verpflichtung

Alle Maßnahmen sollen dem Bestreben dienen, die Erderwärmung in Übereinstimmung mit dem Pariser Klimaabkommen auf deutlich unter zwei Grad gegenüber vorindustrieller Zeit zu begrenzen. Bis 2030 haben sich die EU und ihre Mitgliedstaaten verpflichtet, mindestens 55 Prozent ihres Treibhausgasausstoßes im Vergleich zu 1990 zu senken. Dies ist notwendig, um die Vereinbarungen des Pariser Klimaabkommens zu erfüllen und das Langfristziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.

Damit kommt der Immobilienbranche eine gesellschaftliche Verantwortung für nachfolgende Generationen zu. Da das Thema Nachhaltigkeit und Messbarkeit bei Investoren, aber auch bei Mitarbeitern und Stakeholdern stark an Bedeutung gewonnen hat, geht es heute längst nicht mehr nur um die moralische Verpflichtung. Im Mittelpunkt steht vielmehr eine langfristig ausgerichtete Anlagestrategie. Für nachhaltig geführte Unternehmen können sich somit Wettbewerbsvorteile ergeben, die sich positiv auf die Gewinnung von Mitarbeitern, Kunden und Geschäftspartnern auswirken. Zudem können strukturelle Veränderungen und Innovationen in Gang gesetzt werden.

Abbildung 1: Anteile einzelner Sektoren am weltweiten Kohlenstoffausstoß (in Prozent) Quelle: ES EnviroSustain GmbH

Integration von ESG-Kriterien: aufwendig, aber lohnend

Die Integration von Nachhaltigkeitskomponenten in die Unternehmensanalyse ist aufwendig, aber lohnenswert. Schon allein deswegen, weil sich dadurch die Portfolioqualität verbessert, Risiken reduziert werden und sich Wettbewerbsvorteile ergeben können. Die drei Buchstaben ESG - aus dem angelsächsischen übersetzt stehen sie für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung - sind also mehr als nur eine "leere Worthülse".

In der Immobilienbranche angekommen, werden jetzt Maßnahmen gezielter umgesetzt. Ähnlich der Logistik - die zunächst als Nischenprodukt Immobilienportfolios beigemischt wurde und sich heute zum Rising Star aufgrund ihrer Robustheit und der Systemrelevanz der Branche Logistik entwickelt hat - braucht auch die Umsetzung von ESG in den Immobilienunternehmen Zeit. Ein Engagement, das sich durch Aktivität und Glaubhaftigkeit auszeichnet, verlangt ein präzise aufgesetztes ESG-Controlling und Reporting.

Um den ESG-Prozess also nachhaltig im Unternehmen zu verankern, braucht es eine proaktive und intrinsische Herangehensweise und ein konsequentes Ausrichten der (Denk-)Prozesse gefolgt von einer gezielten Umsetzung.

Abbildung 2: Die ESG-Kriterien im Detail Quelle: ES EnviroSustain GmbH

Voraussetzungen, um ein "Green Star" zu werden

Im ersten Schritt werden ESG-Ziele definiert beziehungsweise festgelegt, was das eigene Unternehmen im Rahmen seines Geschäftsmodells und bei seiner Unternehmensgröße inklusive der Assets under Management (AuM) umsetzen kann. Dabei gibt es keine "one-fits-for-all" Lösung. Was für RLI, einem Investment- und Assetmanager für Logistikimmobilien in Deutschland mit über eine Milliarde Euro AuM und 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, passt, ist noch lange nicht das Richtige für vergleichbare spezialisierte Branchenteilnehmer und erst recht nicht für große Generalisten.

Im zweiten Schritt stellt das Unternehmen die bisherige Nachhaltigkeitsperformance und die Auswahl des für das Unternehmen passenden Bewertungssystems fest. Insbesondere bezogen auf Property Manager und Facility Manager empfiehlt es sich, bei der Auswahl der Partner auf (Logistik)-Immobilienspezifisches Knowhow zu achten, den Track Record zu überprüfen, die regionale Expertise abzufragen und sich das Bewusstsein über den Stellenwert sowie die Erfahrungen bezüglich einer vorhandenen (ESG)-Nachhaltigkeitsstrategie des Dienstleisters aufzeigen zu lassen.

Ist-Zustand: ECORE zur Messung der Nachhaltigkeitsperformance

Um die Nachhaltigkeit in der Bewirtschaftung jetzt und zukünftig zu sichern, müssen das Property Management und das Asset Management intensiv zusammenarbeiten und die Interessen des Eigentümers vertreten. Was auf den ersten Blick selbstverständlich erscheint - in der Praxis aber aufgrund unterschiedlicher Interessenslagen und Ressourcen nicht überall selbstverständlich ist - ist essenziell bei nachhaltigen Investments. Schließlich geht es um eine gemeinsame Entwicklung, Planung, Budgetierung und Umsetzung von Energiesparmaßnahmen mit dem Ziel der CO2-Reduzierung, wie beispielsweise durch LED-Beleuchtung, Photovoltaik, Grünanlagen und Fassaden. Das ist nur durch eine auf beiden Seiten garantierte Datensicherheit und Transparenz erreichbar.

Um den eigenen Prozess zielorientiert und effizient aufzusetzen, empfiehlt sich eine Orientierung und Beteiligung an Initiativen und Arbeitsgruppen wie beispielsweise dem ESG-Circle of Real Estate (ECORE). Die Initiative ECORE ist ein gemeinschaftlicher Ansatz von 33 Immobilieninvestoren und wurde von Bell Management Consultants gegründet, um einen Branchenstandard zur Messung der Nachhaltigkeitsperformance von Immobilien und Portfolios zu entwickeln.

ECORE hat sich zum Ziel gesetzt, ein Steuerungstool zu entwickeln, das Mietern und Anlegern aufzeigt, wo sich das Objekt oder das Portfolio auf dem Pfad zur CO2-Neutralität und zur ESG-Konformität befindet. Das Werkzeug ist Basis für ein Benchmarking in der Branche und gilt als Ansatzpunkt für Optimierung, Best Practice und Risikomessung beziehungsweise Risikoeinschätzung des Portfolios im Rahmen der Klimapfadmessung.

Leitplanken-Entwicklung: GRESB-Score

Um auf der Basis des Ist-Zustandes Leitplanken für die eigene Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln, können zudem globale Standards wie GRESB (Global Real Estate Sustainability Benchmark) unterstützen. GRESB ist das führende Bewertungssystem zur Messung der Nachhaltigkeitsperformance von Immobilienunternehmen und Immobilienfonds. In der Gewichtung von sieben unterschiedlichen Aspekten entsteht der sogenannte GRESB-Score, der wesentlich zur Transparenz der Immobilienwirtschaft in Nachhaltigkeitsfragen beiträgt.

Ziel unserer Teilnahme am GRESB-Rating war es, uns viele Erkenntnisse darüber zu verschaffen, wie gut unser Immobilienportfolio performt, und wie wir unter anderem mit einer nachhaltigen Verwaltung baldmöglichst ein sogenannter "Green Star" unter den Immobilienunternehmen werden können. Dafür müssen die bewerteten Immobilien und Fonds ein überzeugendes Gesamtergebnis erzielen und zwecks Ermittlung in einer Peergroup in Vergleich gesetzt werden.

Abbildung 3: Funktionsweise eines Environmental-Management-Systems Quelle: ES EnviroSustain GmbH

Sehr komplex und umfangreich

Um das Verfahren bestmöglich durchzuführen, empfiehlt sich das Hinzuziehen eines externen Partners, da GRESB sehr komplex ist und der Fragenkatalog das Portfolio und das Unternehmen betreffend sehr umfangreich ist. Die Feststellung des Ist-Zustandes auf Portfolio- und Unternehmensebene sorgt für eine gute Transparenz und im Weiteren für eine Strukturierung der ESG-Argumente. Eine Erkenntnis aus der Teilnahme am GRESB-Rating kann sein - so wie es bei RLI der Fall war - dass in einem Fonds bereits diverse Kriterien erfüllt sind, ohne sich dessen bewusst zu sein.

Nach Auswertung der Ergebnisse wird ein Maßnahmenkatalog für die Umsetzung zur Förderung der Kriterienkonformität entwickelt sowie zusammen mit dem Fazit aus dem GRESB-Rating für Fonds und Unternehmen ein Aktionsleitfaden erstellt. Im Falle von RLI werden wir auf den unterschiedlichen Ebenen unter anderem die beiden folgenden Aktivitäten ins Leben rufen:

Sicherung der Nachhaltigkeit von Logistikimmobilien-Fonds: Dies umfasst (1) die Umsetzung der überarbeiteten und erweiterten Nachhaltigkeitsstrategie entlang der gesetzten Ziele; (2) die Einführung von "Green Lease"-Mietverträgen bei zukünftigen Vermietungen; (3) die intensive Berücksichtigung von ESG-Kriterien bei Ankaufsprüfungen bei Alt- wie Neubestand oder bereits in der Entwicklung; (4) die Einführung eines ESG-Reportings vor dem gesetzlichen Pflichtstichtag beim Bestand nach Abschluss eines Ratings; (5) die Implementierung eines Scoring Modells bei anstehenden Mieterbefragungen zur Analyse der Mieterzufriedenheit/des Mieterwohlbefindens und Ableitung von Maßnahmen sowie (6) die Durchführung des gleichen Verfahrens bei unseren Dienstleistern (Property Managern, Facility Managern et cetera).

Fortlaufend angepasste ESG-Ansätze auf Unternehmensebene: Dies erfordert (1) die Implementierung einer ESG-unterlegten Zufriedenheitsbefragung auf Mitarbeiterebene begleitet durch ein professionelles Unternehmen und Ableitung von Maßnahmen; (2) die Einführung von ESG-Zielen bei Mitarbeitern, um die Wahrnehmung zu schärfen, verknüpft mit entsprechenden Incentivierungen; (3) die Erweiterung des sozialen Engagements (aktuell Impact Days); (4) die Verbesserung und Manifestierung von klaren und verständlichen Strukturen und administrativen/organisatorischen Abläufen, die an ESG-Faktoren ausgerichtet sind sowie (5) die Intensivierung von Health-and-Safety-Maßnahmen (wöchentlicher Obstkorb, Ernährungsberatung, Prüfung der Anschaffung von Firmenrädern et cetera).

Corona-Krise darf keine Ausrede sein

Als Fazit kann festgehalten werden: Um den Weg zum "Green Star" im Immobiliensektor anzutreten, ist immer der richtige Zeitpunkt - unabhängig von der Größe eines Unternehmens, losgelöst von der Anzahl an Assets under Management und egal welche Immobilienassetklasse. Und es gilt wohlgemerkt auch unabhängig von der Corona-Krise.

Immobilienunternehmen, die sich in hohem Maße an Nachhaltigkeitskriterien orientieren und ESG großschreiben, weisen in der Regel eine gut strukturierte, transparente und langfristig orientierte Unternehmensstrategie auf und haben zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Eine klare Strategie sichert nicht nur die Wertentwicklung des Immobilienportfolios, sondern auch die Stabilität und den Wertzuwachs der Anteilsscheine im Depot A seiner Anleger.

DIE AUTORIN KATRIN POOS Geschäftsführerin, RLI Investors GmbH, München
Katrin Poos , Geschäftsführerin, RLI Investors GmbH, München

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X