Immobilien-Spezialfonds

Real Estate Debt als Alternative zur klassischen Bankfinanzierung

Christoph Wagner

Eine Lanze für Real-Estate-Debt-Fonds bricht der Autor dieses Beitrages. Dieser Markt habe in den vergangenen Jahren ein konstantes Wachstum erfahren. Allerdings stecke das Produkt in Deutschland weiter in der Nische. Als Grund dafür sieht er, dass die Banken, gestützt auf die günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten via Pfandbriefe, hierzulande ihre starke Position am Markt für Immobilienfinanzierungen bisher halten konnten. In Großbritannien dagegen seien Debt-Fonds ein fester Bestandteil der Produktlandschaft. Der britische Markt zeichne sich durch hohe Liquidität und Transparenz sowie durch gläubigerfreundliche rechtliche Rahmenbedingungen aus. Darüber hinaus stellt er Strategien vor, in welcher Ausprägung diese Anlageform gestaltet werden kann. Wer in Immobilienkreditfonds investiere, müsse sich ausführlich über die übliche Beleihungshöhe und die Margen des jeweiligen Anlagelandes informieren. Red.

"Sind das nicht die Produkte, die 2007 die Finanzkrise ausgelöst haben?" Wer den Begriff Real-Estate-Debt-Fonds erwähnt, erhält immer wieder solche oder ähnliche Fragen. Dabei haben Kreditfonds der aktuellen Generation mit den Problempapieren aus jener Zeit kaum etwas gemeinsam. Im Gegenteil, die fortschreitende Diversifizierung im Finanzierungsmarkt hat einen positiven Beitrag zur Stabilisierung des Finanzsystems geleistet. Weiterentwickelt und in einem strengeren regulatorischen Umfeld agierend, sind die Real-Estate-Debt-Fonds angesichts des aktuellen Finanzmarktumfelds eine attraktive Alternative. Das gilt sowohl aus der Sicht von Investoren als auch aus der Perspektive von Kreditnehmern.

Der Markt für Immobilien-Debt-Fonds konnte in den vergangenen Jahren ein konstantes Wachstum verzeichnen. So stieg die Zahl der in Europa neu aufgelegten Kreditfonds im Bereich Real Estate 2011 von zwölf auf 18 im Jahr 2014. Das kumulierte Volumen stieg von rund vier Milliarden Euro 2011 auf 33,6 Milliarden Euro im Jahr 2014. Insbesondere in Deutschland steckt das Produkt trotz des auch hierzulande zu verzeichnenden Wachstums in der Nische. Bei lediglich neun Prozent der zwischen 2007 und Juni 2015 in Europa aufgelegten Immobilienfonds handelte es sich um Kreditfonds. Anders in Großbritannien: Am größten und transparentesten Markt für Immobilieninvestments und -finanzierungen in Europa sind Debt-Fonds ein fester Bestandteil der Produktlandschaft. In UK hat sich auch eine diversifizierte Struktur auf der Anbieterseite entwickelt: Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds und andere Investoren bieten Immobilienkredite direkt an, entweder über eigene Lending-Plattformen, professionelle Vermögensverwalter oder Fonds. Der britische Markt zeichnet sich durch hohe Liquidität und Transparenz aus sowie durch gläubigerfreundliche rechtliche Rahmenbedingungen. Zugang zum Markt bekommen Anleger beispielsweise über in Großbritannien investierende Fonds, die aber für den kompletten europäischen Markt geöffnet sind.

In Deutschland bislang kaum Verbreitung

In Deutschland kam das Instrument bisher deutlich langsamer in Schwung. Einer der wesentlichen Gründe dafür ist, dass die Banken, gestützt durch die günstigen Refinanzierungsmöglichkeiten via Covered Bonds (Pfandbriefe), hierzulande ihre starke Position am Markt für Immobilienfinanzierungen bisher halten konnten. Es spricht aber einiges dafür, dass Immobilienkreditfonds auch in Deutschland innerhalb der kommenden Jahre an Relevanz gewinnen könnten. Insbesondere Vermögensverwalter und Fondsgesellschaften mit hoher Immobilienkompetenz können komplexe Objekte und deren Finanzierung häufig besser analysieren als Kreditinstitute ohne diese Direktanlageerfahrung.

Denn die Vorteile liegen für alle am Kreditprozess Beteiligten auf der Hand: Für Kreditnehmer eröffnen Debt-Fonds eine Alternative zur klassischen Bankfinanzierung. Die ist insbesondere willkommen, da viele Institute angesichts der strengeren Eigenkapitalvorschriften und weiterer Regulierungen die Aktivitäten im großvolumigen Immobilienkreditgeschäft zurückfahren. Für Banken wiederum sind Kreditfonds ein Instrument, das Deleveraging voranzutreiben. Indem sie sie Kredite an Kreditfonds verkaufen, setzen sie Eigenkapital frei und können so ihre Eigenkapitalquote erhöhen beziehungsweise sie gewinnen zusätzliche Spielräume für neue Kreditvergaben. Einen erheblichen Mehrwert birgt ein verstärktes Engagement in Kreditfonds auch aus der Perspektive der Investoren.

Debt-Fonds ähnlich zu Fixed-Income-Anlagen

Anlegern fällt es im aktuellen Niedrigzinsumfeld zunehmend schwer, eine auskömmliche Rendite zu erzielen, um beispielsweise die eigenen Zahlungsverpflichtungen oder -zusagen gegenüber etwa den Pensionsberechtigten einhalten zu können. Die Verzinsung für zehnjährige Bundesanleihen rutschte im Juni erstmals in den negativen Bereich. Und auch erstklassige Corporate Bonds fallen als Renditebringer mehr und mehr aus. Investoren sind daher auf der Suche nach risikoarmen Alternativen zu Staatsund Unternehmensanleihen.

Hier können Immobilien-Kreditfonds für Investoren eine Lösung des Ertragsproblems sein. Denn sie bieten Anlegern attraktive Konditionen und Vorteile gegenüber herkömmlichen Anlageklassen. Debt-Fonds performen ähnlich wie Fixed-Income-Anlagen mit vertraglich abge sicherten, regelmäßigen Zins- und Tilgungszahlungen sowie einer hohen Schlusszahlung am Ende der Laufzeit. Im Vergleich zu Fonds, die direkt in Immobilien investieren, profitieren Kreditfonds von einer defensiven Position in der Kapitalstruktur, mit Vorrang und Besicherung vor dem Eigenkapital. Das heißt konkret: Immobilieneigentümer haften mit ihrem Eigenkapital vor dem Darlehen, das aus einem Debt-Fonds und somit von den Fonds Anlegern zur Verfügung gestellt wurde.

Bei steigender Immobilienbewertung partizipieren die Debt-Fonds-Investoren nicht am Gewinn, allerdings sind sie im Falle von sinkenden Bewertungen abgesichert und Verluste gehen zunächst zulasten der Eigen kapitalinvestoren. Die vertraglich vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen schützen Investoren zudem vor etwaigen Schwankungen der Mieteinnahmen während der gesamten Kreditlaufzeit. Häufig werden Darlehen darüber hinaus so strukturiert, dass ausreichende Liquidität zur Anschluss- und Neuvermietung von frei werdenden Flächen vorgehalten wird. Anleger können ihr Debt-Investment-Exposure ausweiten, indem sie direkt in Kredite investieren - zum Beispiel über extern verwaltete, getrennte Accounts - oder ihr Vermögen indirekt in einem extern verwalteten Immobilien-Kreditfonds anlegen. Mithilfe dieser alternativen Finanzierungsform können institutionelle Anleger die Ertragskraft ihres Portfolios steigern. Denn die Immobilien-Kreditfonds gelten als defensive sowie konservative Investitionen und bieten gleichzeitig einen deutlichen Renditevorteil gegenüber Staatsanleihen und Unternehmensanleihen mit guter Bonität. Regelmäßige Ausschüttungen sorgen für einen kontinuierlichen und kalkulierbaren Cashflow, um beispielsweise im Voraus bekannte Verbindlichkeiten einer Pensionskasse zu bedienen.

Renditevorteil gegenüber Anleihen

Immobilien-Kreditfonds gibt es in vielfältigen Strategien. Die Investitionen können also ganz auf das Risiko-Rendite-Profil des Investors abgestimmt werden. Bei der Wahl der Strategie kommt es auch bei Immobilien-Kreditfonds darauf an, ob eher sicherheitsorientiert oder renditeorientiert investiert werden soll. Risiko und Rendite von Immobilien-Kreditfonds bemessen sich insbesondere danach, in welchen Teil der Kapitalstruktur des jeweiligen Objekts oder Immobilienportfolios der Fonds investiert:

- Senior Loans

Eine Senior-Loan-Strategie ist vor allem für sicherheitsorientierte Anleger interessant. Senior Loans investieren in erstrangige Darlehen bei einem Loan-to-Value (LTV) von 55 bis 65 Prozent. Die erwartete Marge für gute institutionelle Objekte liegt beispielsweise im britischen Markt bei etwa 1,50 bis 2,25 Prozent.

- Whole Loans

Im Vergleich zur Senior-Loan-Strategie können Anleger in Whole Loans höhere Erträge erwarten. Die Whole-Loan-Strategie setzt ebenfalls auf erstrangige Darlehen, allerdings ist der Loan-to-Value (LTV) mit 65 bis 85 Prozent höher als bei Senior Loans. Anleger können bei dieser Strategie eine Marge zwischen 2,50 und acht Prozent einkalkulieren.

- Mezzanine Loans

Bei Mezzanine Loans handelt es sich um nachrangige Darlehen. Sie versorgen den Immobilieneigentümer mit einem höheren Fremdkapitalanteil als Senior Loans. Investoren gehen bei dieser Strategie ein höheres Risiko ein: Sie werden im Falle einer Insolvenz erst nach Senior-Loan-Anlagen entschädigt. Der Beleihungsauslauf liegt hier häufig bei 70 bis 85 Prozent. Bei der Mezzanine-Loan-Strategie erhalten Anleger einen Coupon von sechs bis zehn Prozent.

- Preferred Equity

Unter Preferred Equity fallen beispielsweise Genussscheine und Vorzugsanteile. Bei dieser Strategie ist der Loan-to-Value (LTV) mit Ausläufen von 85 bis 95 Prozent am höchsten angesetzt und es handelt sich um eine Investition, die Eigenkapital sehr nahe kommt. Im Gegenzug wird das vom Anleger eingegangene Risiko mit einem Coupon in Höhe von zwölf bis 15 Prozent ausgeglichen.

Gelockerte Regularien für alternative Finanzierung

Wer in Immobilien-Kreditfonds investiert, muss vor allem bei der Anlage in Krediten aus dem Ausland einige Faktoren berücksichtigen. So variieren die juristischen Randbedingungen, unter anderem zur Fälligstellung von Darlehen und Vollstreckung von Sicherheiten, innerhalb Europas stark. Während dieser Vollstreckungsprozess in Großbritannien nur wenige Tage in Anspruch nimmt und kein Gerichtsbeschluss notwendig ist, kann es in Deutschland schon einige Monate dauern. In Spanien oder Italien sogar zwei bis drei Jahre und in Einzelfällen deutlich länger.

Zudem sollten sich Anleger auch über die Wettbewerbsintensität des jeweiligen Bankenmarktes informieren - also beispielsweise über die übliche Beleihungshöhe und Margen - sowie über die regulatorischen Anforderungen zur Kreditvergabe durch Nichtbanken. Viele europäische Länder haben vor dem Hintergrund der zurückhaltenden Kreditvergabe durch Banken die Regularien für alternative Finanzierungsformen gelockert: Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in Deutschland hat im Mai 2015 ihre Verwaltungspraxis geändert und die Vergabe von Kreditfonds vereinfacht. Die Ausgabe und Restrukturierung von Darlehen durch bestimmte inländische Alternative-Investment-Fonds ohne Banklizenz ist zwischenzeitlich zugelassen worden.

Basel III und Solvency II auch spürbar

Die Auswirkungen von Regulierungsanforderungen in Europa wie Basel III und Solvency II sind auch im Direct-Lending-Sektor zu spüren - mit positiven Folgen. Zwar schränken regulatorische Maßnahmen die Banken in ihrer Kreditvergabe ein. Das bedeutet aber auch, dass alternative Finanzierungsformen wie Immobilien-Kreditfonds davon profitieren und die traditionelle Bankenfinanzierung mittel- bis langfristig teilweise substituieren könnten. Immobilienkredite, insbesondere für Gewerbeimmobilien, eröffnen Anlegern mittel- bis langfristig strategische Investitionschancen und diversifiziert von traditionellen Kapitalanlagen geprägte Portfolios. Die Bankenkreditvergabe an den Immobiliensektor gemessen an Beleihungshöhe und Spektrum der finanzierten Objektarten wird - nicht zuletzt aufgrund verschärfter Regulierung von Banken - in absehbarer Zeit nicht auf das Niveau vor der Finanzkrise 2007 zurückkehren - Immobilien-Kreditfonds sind hier die Antwort sowohl für Kreditnehmer wie auch Investoren.

Der Autor Christoph Wagner Director of Debt Strategies, TH Real Estate, Frankfurt am Main
Noch keine Bewertungen vorhanden


X