Unternehmen und Märkte

"Nicht die Art der erworbenen Objekte hat sich geändert, aber der Zugang"

Jens Nietner Geschäftsführer, HIH Real Estate GmbH/ HIH Projektentwicklung GmbH, Hamburg Mirco Himmel Abteilungsdirektor institutionelle Kunden, M. M. Warburg & Co., Hamburg

Alles in allem war das Jahr 2016 erfolgreich für die deutsche Immobilienwirtschaft. Doch die Marktsituation wird immer enger. Während sich das Angebot weiter verknappt, bleibt die Nachfrage hoch. Wie stellen sich die Immobilienmanager dem Wettbewerb? Wohin gehen die aktuellen Trends? Über die zunehmende Bedeutung von Projektentwicklungen und Forward Deals sprach Immobilien & Finanzierung mit Jens Nietner, Geschäftsführer der HIH Real Estate, und Mirco Himmel, Direktor und stellvertretender Leiter Institutionelle Kunden bei der Hamburger M.M. Warburg & CO. Red.

I&F Herr Himmel, die M. M. Warburg & CO ist eine renommierte deutsche Privatbank. Welche Rolle spielt die Immobilienfinanzierung für das Unternehmen?

Himmel: Die Immobilienfinanzierung spielt eine bedeutende Rolle im gesamten Konzept der Warburg Bankengruppe. So haben wir die Immobilienfinanzierung sowohl in der M. M. Warburg & CO selbst als auch in der Tochterbank M. M. Warburg & CO Hypothekenbank angesiedelt. Wir konzentrieren uns dabei auf die Finanzierung von Gewerbe- und Wohnimmobilien in Metropolregionen für institutionelle Investoren. Das Neugeschäft ist in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen.

I&F Betätigt sich die M. M. Warburg & CO im Wohnimmobiliengeschäft?

Himmel: Der uns über unsere Gesellschafter nahestehende Immobilienmanager Industria Wohnen ist im deutschen Wohnimmobiliengeschäft tätig und verwaltet inzwischen 1,6 Milliarden Euro allein in Wohnimmobilien. Der Bereich hat also durchaus eine große Bedeutung für unser Haus. Anfangs führte der Weg hauptsächlich über Bestandsimmobilien, die wir vor einigen Jahren noch zu so günstigen Konditionen einkaufen konnten, dass sich die etwaigen Mehrkosten für Instandhaltungen gut einkalkulieren ließen. Das hat sich inzwischen jedoch geändert, sodass wir uns im Bereich Wohnimmobilien auf Neubauten konzentrieren. Über die nächsten zwei Jahre werden zehn neue Objekte mit einem Volumen von 400 Millionen Euro erstellt, die wir gemeinsam mit einem zuverlässigen und erfahrenen Partner entwickeln und für institutionelle Investoren über die Industria Wohnen in Fonds bündeln.

I&F Herr Nietner, die HIH Real Estate Gruppe bündelt die immobilienbezogenen Investment- und Dienstleistungsaktivitäten für die Warburg Gruppe. Wie lief das Jahr 2016 für Sie?

Nietner: Das vergangene Jahr war eines der erfolgreichsten für die HIH. Wir haben inzwischen mehr als 13 Milliarden Euro Assets under Management in verschiedenen Bereichen. Auch im Transaktionsbereich haben wir 2016 bei einem Gesamtvolumen von rund 1,7 Milliarden Euro sehr erfolgreich agiert.

I&F Apropos Transaktionen: Überwogen 2016 die Käufe oder die Verkäufe?

Nietner: Nachdem 2015 durch einige größere Transaktionen noch die Verkäufe überwogen, lagen 2016 die Käufe mit deutlichem Abstand vorne. Die HIH agiert auch für ausländische, im Schwerpunkt jedoch für deutsche institutionelle Investoren und die haben einfach einen dringenden Anlagebedarf. Da gilt es dann, die richtigen Immobilien für diese Kunden zu finden.

I&F Aber wo finden sich diese Immobilien denn noch? Das Angebot im Bereich Core und Core Plus wird schließlich immer knapper und teurer.

Nietner: Wir finden in Deutschland schon noch passende Objekte, vor allem weil wir einen sehr guten Marktzugang haben und durch unsere jahrzehntelange Tätigkeit gut vernetzt sind. Aber wir suchen auch im europäischen Ausland nach Objekten. 2016 betrug unser Transaktionsvolumen im Ausland etwa 580 Millionen Euro.

I&F In welchen Märkten in Europa investieren Sie?

Nietner: Gekauft haben wir im vergangenen Jahr insbesondere in Polen, Österreich und den Niederlanden. In Großbritannien haben wir verkauft und sind dort etwas zurückhaltend, weil die Auswirkungen des bevorstehenden Brexit auf den Immobilienmarkt nur schwer abzusehen sind. Auch in Frankreich halten wir uns derzeit etwas zurück, weil wir die aktuelle Preisentwicklung dort nicht ganz nachvollziehen können.

I&F Ist der Wettbewerbsdruck auf dem deutschen Immobilienmarkt größer geworden - auch durch den zunehmenden Eintritt ausländischer Investoren?

Nietner: Natürlich, bei einer Verknappung des Angebots und gleichbleibendem oder sogar steigendem Kapitalzufluss wird der Wettbewerb größer und schärfer. Das merken wir schon, auch ausländische Investoren spielen dabei eine Rolle.

I&F Wie stellen Sie sich diesem Wettbewerb?

Nietner: Wir versuchen, teure beziehungsweise inzwischen oft übermäßig teure Bieterverfahren zu vermeiden und stattdessen Immobilien und Projektentwicklungen bereits frühzeitig an uns zu binden.

I&F Durch Forward Deals?

Nietner: Ja, die spielen inzwischen eine relativ große Rolle. Im vergangenen Jahr haben wir Projektentwicklungen für rund 540 Millionen Euro an uns gebunden. Weil wir dadurch relativ günstige Einstandskonditionen für unsere Investoren bekommen, ist der Kauf von Projektentwicklungen natürlich interessant. Die HIH Gruppe ist im gesamten Dienstleistungsbereich sehr breit aufgestellt: in der Projektentwicklung, im Asset Management, im Property Management. Und hat dadurch das nötige Know-how, um die Risiken möglichst zu minimieren. Etwaige Fertigstellungsrisiken können wir so abfedern, zumal wir auch auf eigene Rechnung Projektentwicklungen durchführen. Wenn einmal trotz sehr guter Projektanalyse im Vorfeld etwas schiefgehen sollte, dann sind wir in der Lage, den Kunden in schwierigen Situationen zu helfen.

I&F Zeigt die Zunahme sogenannter Forward Fundings, bei denen der Endinvestor Projektentwicklungen bereits vor Baubeginn kauft und finanziert, eine höhere Risikoaffinität der institutionellen Investoren an?

Nietner: Von einer erhöhten Risikoaffinität würde ich nicht sprechen. Investoren sind zwar vermehrt bereit, durch ein Forward Funding schon relativ früh in eine Projektentwicklung einzusteigen. Früher hat man meist nur Forward Deals gemacht, der Investor hat also den Kaufvertrag frühzeitig unterschrieben, die Finanzierung hat der Projektentwickler aber selbst übernommen. Das übernehmen nun die institutionellen Investoren, um ihr Kapital frühzeitig anlegen und allokieren zu können - und damit nicht drei, vier oder fünf Jahre warten zu müssen, die eine Projektentwicklung nun einmal dauert.

Es wird aber nach wie vor sehr genau geschaut, in was man investiert. Wir achten auch genau darauf, unsere Kunden nicht in Investments zu bringen, von denen wir selbst nicht überzeugt sind.

Himmel: Über den Weg des Forward Fundings sichern sich die Investoren gemeinsam mit uns den Zugang zu Objekten, die auch in der Vergangenheit in ihrem Fokus lagen - in der gleichen, niedrigen Risikoklasse. Nicht die Art der erworbenen Objekte hat sich geändert, sondern der Zugang dazu.

Nietner: Das Problem der Investoren ist, dass sie ihre Immobilienquote anheben wollen, weil sie kaum vernünftige alternative Investments in der sicheren Risikoklasse finden, die vermietete Immobilien darstellen. Das Angebot an solchen Objekten ist aber begrenzt. Und Projektentwicklungen, bei denen man einen guten Projektentwickler, ein gesichertes Baurecht und bereits Mieter hat, gehören eben zu solchen sicheren Investments, die die Investoren suchen.

I&F Lohnen sich Investitionen in B-Städten?

Nietner: Es gibt in Deutschland durchaus interessante Städte, die nicht zu den Top 7 gehören. Städte wie Münster, Tübingen oder Heidelberg, die eine hohe Wirtschaftskraft vorweisen, eine hohe Kaufkraft und gute Unternehmen. Trotzdem sollte man in B-Städten schon sehr genau hinschauen, welche Immobilien man kauft.

I&F 2016 stand bei der HIH Real Estate die Vier vor dem Komma bei der Ausschüttungsrendite. Möchten Sie schon eine Prognose für 2017 wagen?

Nietner: Das ist sehr schwer, bereits jetzt eine seriöse Zahl zu nennen. Vor fünf Jahren wurde gesagt, eine Vier vor dem Komma kaufe ich nicht - jetzt bekommt man kaum noch Objekte mit einer Vier vor dem Komma. Es geht letztlich darum, langfristig stabile Immobilien für langfristig denkende Investoren zu kaufen.

I&F Das Thema Digitalisierung ist und bleibt wichtig für die Immobilienbranche. Wie geht die HIH Gruppe damit um?

Nietner: Gerade das Thema Datenmanagement, insbesondere dessen Vereinheitlichung, stellt eine große Herausforderung dar und treibt uns entsprechend um. Schon eine einzelne Immobilie produziert eine Vielzahl an technischen und kaufmännischen Daten, die alle verarbeitet werden müssen. Verkauft man eine Immobilie, müssen diese Daten über einen Datenraum an den Käufer übertragen werden. Wir sind gemeinsam mit mehreren großen Asset Managern und Bestandshaltern in Deutschland dabei, dieses Thema stärker zu professionalisieren und zu standardisieren, um solche Prozesse künftig zu vereinfachen.

I&F Am 1. und 2. Februar findet in Hamburg der inzwischen 8. Immobilientag statt, der auch von der M.M. Warburg & CO veranstaltet wird. Womit ist dort zu rechnen?

Himmel: Eines der zentralen Themen wird die Projektentwicklung sein. Allerdings werden die vielen Experten sowie über hundert institutionelle Investoren aus der DACH-Region, die sich angekündigt haben, an den zwei Tagen auch andere wichtige Aspekte beleuchten und diskutieren. Zum Beispiel sprechen wir über das Thema Einzelhandel aus Sicht der Praxis und der Manager sowie die Ziele institutioneller Investoren. Auch wird die frühere Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Viviane Reding, einen Vortrag halten. Wir sind zwar deutsche Immobilienmanager, agieren aber in ganz Europa. Daher sind wir auf diesen Programmpunkt sehr gespannt.

Zur Person Jens Nietner Geschäftsführer, HIH Real Estate GmbH/ HIH Projektentwicklung GmbH, HamburgMirco Himmel Abteilungsdirektor institutionelle Kunden, M. M. Warburg & Co., Hamburg

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