Aufsätze

Analyse von Kennzahlen europäischer Banken unter Berücksichtigung des langfristigen Emittentenratings

Die Bankenbranche befindet sich in einem gewaltigen Umbruch. Die im Jahr 2007 begonnene Finanzkrise, die sich in der Folge zu einer Staatsschuldenkrise ausgeweitet hat, hat deutlich gemacht, wie sehr das Wirtschaftssystem auf funktionierende Banken angewiesen ist. Ebenso ist klar geworden, wie sehr die Realwirtschaft, und damit auch die gesamte Gesellschaft, durch die Auswirkungen instabiler Finanzmärkte nachteilig beeinflusst wurde. So mussten letztlich die Staaten und vor allem die Zentralbanken als sogenannter "Lender of the last Resort", sprich Kapitalgeber der letzten Instanz, einspringen, um das Finanzsystem vor einem völligen Zusammenbruch zu bewahren.1) Dies zeigt, wie bedeutsam ein funktionierendes und stabiles Bankensystem für eine Volkswirtschaft ist.2) Mit der Veröffentlichung des künftigen Basel-III-Regelwerkes wurde als Konsequenz ein notwendiger Schritt hin zu mehr Stabilität im Bankensystem getan und damit einhergehend durch die deutlich engere Definition des Eigenkapitals und Vorschriften, die eine erhöhte Liquidität von Banken verlangen, gezielt auf ein stabileres Finanzsystem hingewirkt.

Widersprechende Interessen verschiedener Marktteilnehmer

Ziel dieser Ausarbeitung ist es, neben einer kurzen Darstellung der Eigenkapitalvorgaben des Basler Ausschusses für Bankenregulierung, eine empirische Untersuchung der im Eurostoxx Banks Index gelisteten Banken im Hinblick auf eine Veränderung wichtiger Bilanzkennzahlen, vor dem Hintergrund geänderter Regulierungsvorgaben, vorzunehmen. Darüber hinaus soll mittels Regressionsanalyse untersucht werden, inwieweit sich durch die Einführung von Basel II eine Veränderung des langfristigen Emittentenratings beobachten lässt.

Zur Erzielung einer hohen Stabilität im Finanzsystem ist es grundsätzlich erforderlich, auf die verschiedenen Risikofaktoren mäßigend einzuwirken. Es gilt, die sich zum Teil widersprechenden Interessen verschiedener Marktteilnehmer durch regulatorische Eingriffe in Einklang zu bringen und somit die Systemstabilität zu schützen. Als erster Aspekt sei hier der Schutz der Gläubiger angeführt.3) Im Gegensatz zur Leitung der Bank und zu den Eigenkapitalgebern haben sie ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis, da ihre Einlagen in der Regel nicht am Gewinn der Bank beteiligt, sondern mit einer begrenzten Verzinsung vergütet werden. Dies zieht ein Bedürfnis nach hoher Sicherheit nach sich, da die Einleger keine Vergütung für ein erhöhtes Risiko erwarten können. Die Eigenkapitalgeber der Bank hingegen können von höheren Risiken profitieren, wenn diese höhere Gewinne nach sich ziehen, da sich der Vergütungsanspruch ihrer Einlage am Gewinn orientiert.

Ebenso kann die Leitung der Bank von erhöhten Risiken und daraus resultierenden erhöhten Gewinnen profitieren. So kann sich das Management zum einen als besonders erfolgreich hervortun, zum anderen wird dem Bankmanagement oftmals eine am Gewinn orientierte Vergütung gewährt, die dazu führt, dass die Vergütung des Managements mit einem höheren Unternehmensgewinn ebenfalls höher ausfällt. Dies kann wiederum dazu führen, dass das Bankmanagement höhere Risiken eingeht, als es im Interesse der Eigen- und Fremdkapitalgeber liegt, um eine höhere persönliche Vergütung zu erzielen, wodurch es zu einem klassischen Principal-Agent-Problem kommt.4)

Weiterentwicklungsbedarf bei den regulatorischen Vorschriften

Um dem entgegenzutreten, können verschiedene regulatorische Maßnahmen ergriffen werden. Mit einem Mindestmaß an Eigenmittelunterlegung kann verhindert werden, dass die Verlustabsorbtionsfunktion des Eigenkapitals marginalisiert wird. Da für das Abfedern von Verlusten zunächst das Eigenkapital herangezogen wird, bedeutet ein hoher Anteil an Eigenkapital an den vergebenen Krediten einer Bank einen hohen Grad an Sicherheit, da im Falle von Kreditausfällen dieses zum Ausgleich dienen kann.5) Bei einem geringen Anteil von Eigenkapital an den vergebenen Krediten wird dieses zwar auch zum Ausgleich von Kreditausfällen herangezogen, ist aber bei einer relativ gleichen Kreditausfallquote viel schneller aufgebraucht - somit ist das Verlustrisiko für die Fremdkapitalgeber der Bank höher.

Aus den genannten Punkten ergibt sich ein notwendiger Regelungs- und Regulierungsbedarf. Aufgrund der starken internationalen Vernetzung der Finanzmärkte ist es aber erforderlich, international einheitliche Regulierungskriterien zu schaffen, um möglichst viele Banken nach den gleichen Maßstäben beaufsichtigen zu können.6)

Besonders vor dem Hintergrund der seit 2007 bestehenden Finanzkrise zeigt sich derzeit ein Weiterentwicklungsbedarf bei den regulatorischen Vorschriften. Im Dezember 2010 veröffentlichte der Basler Ausschuss daher eine Neufassung des Regulierungsrahmens unter dem Namen "Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Banksysteme". Ziel ist es, den Bankensektor widerstandsfähiger gegenüber Schocks aus Stresssituationen zu machen und somit ein Übergreifen von Problemen im Finanzsektor auf die Realwirtschaft zu verhindern.7) Die neuen Vorschriften sollen in vollem Umfang zum 1. Januar 2019 in Kraft treten, und in einer Übergangsphase ab dem 1. Januar 2013 werden die Regeln nach und nach in Kraft gesetzt und verschärft.8)

Die Vorgaben über die Höhe des von Banken vorzuhaltenden Eigenkapitals stellen einen Kernpunkt von herausgehobener Bedeutung aller Regulierungsrichtlinien dar.9) So verhält es sich auch im Basel-III-Regelwerk, dessen Ziel eine Verbesserung der Qualität und Quantität des Eigenkapitals der Banken sowie dessen transparente und einheitliche Ermittlung ist. Durch die veränderten Vorgaben soll eine Eigenkapitalstärkung erfolgen, ohne hierdurch die Kreditvergabemöglichkeiten der Banken zu gefährden.10) In der letzten Finanzkrise hat sich gezeigt, dass Eigenkapital für Banken ein ernst zu nehmender Wettbewerbsfaktor ist.11) Nur durch eine ausreichende Eigenkapitalausstattung kann eine Bank unerwartete Verluste abfedern. Eine starke Eigenkapitalausstattung schafft auch Vertrauen bei den Einlegern, da hierdurch für sie das Risiko sinkt, dass die Bank aufgrund einer Schieflage ihre Einlage nicht zurückzahlen kann.

Betrachtung der Eurostoxx Banks

Nachdem die Vorgaben des Basler Ausschusses für Bankenregulierung näher betrachtet wurden, soll nun anhand von empirischen Daten untersucht werden, inwiefern die Veränderungen der Regulierungsvorgaben einen Einfluss auf ausgesuchte Kennzahlen von Banken haben. Zunächst wurde eine Auswahl getroffen, welche Banken in die Untersuchung einfließen sollen. Da sich der Basler Ausschuss in seinen Vorgaben vorwiegend auf börsennotierte Banken in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft bezieht, liegt es nahe, für die Untersuchung eben genau solche Banken auszuwählen, die eine möglichst große Homogenität in Bezug auf ihre Größe aufweisen. Ein weiteres wichtiges Kriterium für die Auswahl ist eine notwendige Vergleichbarkeit hinsichtlich der Bilanzkennzahlen sowie des Marktumfeldes. Die Wahl fiel auf die Banken, die im Index Eurostoxx Banks gelistet werden.

Alle diese Banken kennzeichnet, dass sie die Rechtsform einer Aktiengesellschaft aufweisen. Sie alle haben ihren Sitz in einem Euro-Mitgliedsland12) und die EZB als höchste Zentralbankinstanz. Durch die Mitgliedschaft im Index ist also die Vergleichbarkeit der untersuchten Banken gewährleistet. Zudem spiegeln sie die derzeit wichtigsten Banken im Euroraum wider.

Der Datensatz wurde mithilfe des Finanzinformationsdienstleisters Bloomberg erhoben. Für die Jahre 2001 bis 2011 wurden jeweils zum Geschäftsjahresende folgende Positionen eruiert: Bilanzsumme, Jahresüberschuss beziehungsweise Jahresfehlbetrag, Zinsüberschuss, Provisionsüberschuss, Tier-1-Kernkapitalquote, Forderungen aus dem Kreditgeschäft, Kundeneinlagen, Cost Income Ratio, Standard & Poor's langfristiges Emittentenrating. Um bei dem Beobachtungswert "Standard & Poor's langfristiges Emittentenrating" eine rechnerische Auswertung zu ermöglichen, wurde die Ratingskala, die sich in Buchstaben, gegebenenfalls ergänzt um ein Plus- oder Minuszeichen darstellt, in eine zahlenbasierte Ordinalskala übersetzt.13)

Untersuchung der Bilanzkennzahlen

Die Untersuchung der Bilanzkennzahlen (Tabelle 1) im Zeitraum 2001 bis 2011 ergab, dass die Bilanzsumme der untersuchten Banken im Mittel ein Wachstum von 156,01 Prozent aufweist.14) Der größte beobachtete Wert beträgt hier 360,27 Prozent, der kleinste Wert 25,30 Prozent. Die Untersuchung des Jahresüberschusses zeigte im Beobachtungszeitraum im Mittel eine Entwicklung von minus 173,67 Prozent.15) Der größte beobachtete Wert beträgt plus 2 374,25 Prozent, der kleinste Wert minus 2651,37 Prozent.

Der Zinsüberschuss steigerte sich im Mittel um 163,21 Prozent, wobei 24 Banken Berücksichtigung fanden. Der größte Wert beträgt hier 885,00 Prozent, der kleinste minus 2,79 Prozent. Bei der Auswertung des Provisionsüberschusses fanden ebenfalls 24 Banken Berücksichtigung. Im Mittel ist hier eine Steigerung um 94,63 Prozent festzustellen. Größter beobachteter Wert ist 267,51 Prozent, kleinster Wert minus 42,32 Prozent. Die Tier-1-Kernkapitalquote konnte im Mittel der 23 berücksichtigten Banken um 42,02 Prozent gesteigert werden, wobei der Maximalwert 96,77 Prozent und der Minimalwert minus 27,25 Prozent betrug. Im Jahr 2001 betrug der Mittelwert der Tier-1-Kernkapitalquote von 23 untersuchten Banken 7,67 Prozent, mit einer Bandbreite zwischen 5,77 Prozent und 10,80 Prozent. Im Jahr 2011 betrug der Mittelwert ebendieser 23 untersuchten Banken 10,57 Prozent, mit einer Bandbreite zwischen 7,77 und 14,40 Prozent.

Die Forderungen aus dem Kreditgeschäft stiegen bei den hier berücksichtigten 25 Banken im Mittel um 178,25 Prozent. Der Minimalwert beträgt 37,83 Prozent, der Maximalwert 423,78 Prozent. Der Anteil, den die Kreditforderungen an der Bilanzsumme ausmachen, wuchs im Beobachtungszeitraum im Mittel um 10,83 Prozent, wobei die Wachstumsausprägungen bei den 24 untersuchten Banken zwischen minus 38,35 Prozent und 93,08 Prozent schwanken. 2001 betrug der Anteil der Kreditforderungen an der Bilanzsumme im Mittel 50,28 Prozent, wobei die Werte der 24 untersuchten Banken zwischen 15,40 Prozent und 73,19 Prozent schwanken. 2011 betrug dieser Anteil bei den gleichen 24 Banken im Mittel 54,99 Prozent, mit einem Minimalwert von 19,06 Prozent und einem Maximalwert von 80,83 Prozent.

Das Volumen der Kundeneinlagen steigerte sich im beobachteten Zeitraum im Mittel um 148,79 Prozent. Hierbei wurden 24 Banken in die Auswertung mit einbezogen. Der Minimalwert beträgt 28,64 Prozent, der Maximalwert 480,95 Prozent. Im gleichen Zeitraum sank der Anteil der Kundeneinlagen an der Bilanzsumme im Mittel um 2,92 Prozent, wobei die Werte der einzelnen Banken hier zwischen minus 32,61 Prozent und 66,18 Prozent schwanken. Im Jahr 2001 betrug der Anteil der Kundeneinlagen an der Bilanzsumme im Mittel 43,05 Prozent, wobei dieser Wert bei den einzelnen Banken zwischen 6,94 Prozent und 72,33 Prozent schwankt. Im Jahr 2011 betrug dieser Anteil im Mittel 40,04 Prozent, mit einer Schwankung zwischen 8,76 Prozent und 63,67 Prozent.

Abkopplung von der Realwirtschaft

Die Cost Income Ratio verringerte sich im Beobachtungszeitraum um 0,64 Prozentpunkte im Mittel. Der Minimalwert der 24 untersuchten Banken beträgt minus 23,99 Prozentpunkte, der Maximalwert 42,78 Prozentpunkte. Im Jahr 2001 betrug der Mittelwert der Cost Income Ratio 67,28 Prozent, wobei die einzelnen Werte zwischen 43,01 Prozent und 87,70 Prozent schwanken. Im Jahr 2011 betrug dieser Wert im Mittel 66,64 Prozent, mit einer Schwankung zwischen 46,40 Prozent und 103,59 Prozent. Das langfristige Standard & Poor's Emittentenrating verringerte sich im Beobachtungszeitraum im Mittel um drei Stufen. Die geringste Veränderung der 23 untersuchten Banken betrug null Stufen, die maximale Veränderung minus 10 Stufen. Im Jahr 2001 betrug das Rating im Mittel 21,39, wobei der Minimalwert 19 und der Maximalwert 24 betrug.16) Im Jahr 2011 lag der Mittelwert der Ratings bei 19,22, der Minimalwert bei 9 und der Maximalwert bei 23.17)

Bei der Betrachtung der Untersuchungsergebnisse fällt zunächst auf, dass das Wachstum der Bilanzsummen der untersuchten Banken mit 156,01 Prozent im Mittel besonders stark erscheint. Jedoch fehlt eine Vergleichsgröße, anhand derer eine Bewertung und Einordnung vorgenommen werden kann. Hierzu wird an dieser Stelle die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes der Eurozone in den Jahren 2001 bis 2011 herangezogen. Diese Größe, die die volkswirtschaftliche Gesamtleistung aller produzierten Waren und Dienstleistungen eines Jahres abbildet, stieg in der Eurozone im gleichen Zeitraum um 11,55 Prozent.18) Dies bedeutet, dass die Bilanzsummen der untersuchten Banken im Mittel um etwa das 13,5-fache stärker wuchsen als das Bruttoinlandsprodukt der Eurozone im gleichen Zeitraum. Dieses Ergebnis überrascht zunächst und deutet darauf hin, dass die Entwicklung der Bankbilanzen eine Abkopplung von der Entwicklung der Realwirtschaft erlebte. Abbildung 1 verdeutlicht den Abstand der Wachstumswerte über den Zeitraum.

Die Entwicklung des Jahresüberschusses wirkt zunächst irritierend, da hier beim Vergleich der Mittelwerte von 2001 und 2011 ein negativer Wert auftritt. Dieser ist allerdings den hohen Verlusten geschuldet, die die untersuchten Banken im Krisenjahr 2011 erlitten. Legt man den Zeitraum 2001 bis 2010 zugrunde, ändert sich das Ergebnis deutlich und es zeigt sich ein Wachstum des Mittelwertes des Jahresüberschusses von 105,35 Prozent. Anzumerken ist hier auch, dass das Jahr 2011 das einzige im Untersuchungszeitraum war, in dem ein negativer Mittelwert des Jahresüberschusses ermittelt wurde. Dies verdeutlicht die angespannte wirtschaftliche Situation, in der sich die Banken befanden.

Die Entwicklung des Zins- und des Provisionsüberschusses erscheinen vor dem Hintergrund des starken Bilanzsummenwachstums erklärbar. Es wird jedoch deutlich, dass der Mittelwert des Zinsüberschusses im untersuchten Zeitraum um etwa das 1,7-fache des Mittelwertes des Provisionsüberschusses steigt. Einhergehend hiermit ist das Wachstum der Kreditforderungen, welche im Mittelwert um 178,25 Prozent zulegten. Gleichzeitig steigerte sich der Mittelwert des Wachstums der Kundeneinlagen um 148,79 Prozent. Beide Wachstumsraten können als Erklärung insbesondere für das starke Wachstum des Zinsüberschusses herangezogen werden: Sofern die Banken sowohl im Kredit- als auch im Einlagengeschäft eine positive Marge erzielen, wovon auszugehen ist, und beide Bereiche wachsen, führt dies automatisch zu einem höheren Zinsüberschuss.

Die Steigerung der Tier-1-Kernkapitalquote im Beobachtungszeitraum um 42,02 Prozent im Mittel erscheint deutlich, bedeutet dies doch eine Steigerung des Mittelwertes der Quote von 7,67 Prozent im Jahr 2001 auf 10,57 Prozent im Jahr 2011. Dies kann als Indiz dafür betrachtet werden, dass die untersuchten Banken bereits vor der zwingenden gesetzlichen Einführung des künftigen Basel-III-Regulierungsrahmens Maßnahmen ergriffen haben, um die Quote zu steigern. Interessant erscheint an dieser Stelle, dass der Mittelwert von 10,57 Prozent im Jahr 2011 bereits die Basel-III-Kriterien erfüllt, deren verbindliche Vor gabe für das Jahr 2019 vorgesehen ist. Zu bedenken bleibt allerdings, dass die hier untersuchten Tier-1-Kernkapitalquoten noch nach dem derzeit gültigen Basel-II-Standard ermittelt wurden und durch die enger gegriffene Definition im Basel-III-Regelwerk geringer ausfallen können.

Keine bedeutenden Veränderungen der Cost Income Ratio

Beim Vergleich der Anteile der Kreditforderungen und Einlagen an der Bilanzsumme fällt auf, dass die Kreditforderungen mit einer Steigerung des Anteils von 50,28 Prozent in 2001 auf 54,99 Prozent in 2011 an Bedeutung gewinnen, während die Einlagen einen Bedeutungsverlust erfahren: Ihr Anteil an der Bilanzsumme fiel im Mittel von 43,05 Prozent in 2001 auf 40,04 Prozent in 2011. Hieraus lässt sich ableiten, dass die Bedeutung von Einlagen für die Refinanzierung des Kreditgeschäftes in diesem Zeitraum gesunken sein muss, da gleichzeitig ein starkes Wachstum der Kreditforderungen zu beobachten ist. Insbesondere den Bedeutungsverlust von Einlagen für die Bankenrefinanzierung in den zehn Jahren vor Beginn der Finanzkrise stellt auch die Studie von Zähres fest.19) Denkbare Refinanzierungsalternativen zur Hereinnahme von Einlagen sind ein höheres Eigenkapital sowie eine stärkere Finanzierung am Kapitalmarkt einerseits und über die Zentralbank andererseits.20)

Bei der Analyse der Entwicklung der Cost Income Ratio kann zunächst festgestellt werden, dass die Entwicklung des Mittelwertes hier keine bedeutenden Veränderungen in der Aufwands-/Ertragseffizienz der untersuchten Banken belegen kann. Die Veränderung beträgt lediglich minus 0,64 Prozentpunkte, von 67,28 Prozent im Jahr 2001 auf 66,64 Prozent im Jahr 2011. Interessanter erscheinen hier die beobachteten Minimal- und Maximalwerte: Sie betrugen im Jahr 2001 43,01 Prozent (Minimalwert: Banco Popular Espanol) und 87,78 Prozent (Maximalwert: Deutsche Bank) sowie im Jahr 2011 46,40 Prozent (Minimalwert: Banco Popular Espanol) und 103,59 Prozent (Maximalwert: Unicredit).

Dies zeigt, dass es bezüglich der Aufwands-/Ertragseffizienz bereits 2001 bedeutende Unterschiede bei den untersuchten Banken gab und sich diese im Jahr 2011 sogar noch verstärkt haben. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass der Bankenmarkt der Euro-Zone eine hohe Heterogenität aufweist. Der Mittelwert der Cost Income Ratio unterliegt im untersuchten Zeitraum einer gewissen Schwankung (Abbildung 2).

Über den Beobachtungszeitraum hinweg lässt sich eine Verschlechterung des Mittelwertes des langfristigen Standard & Poor's Emittentenratings feststellen. Diese beträgt drei Ratingstufen. Auffallend ist die Tatsache, dass keine der untersuchten Banken über diesen Zeitraum eine Ratingverbesserung aufweisen kann (Maximalwert 0), die höchste beobachtete Verschlechterung jedoch zehn Ratingstufen umfasst (Minimalwert minus 10).21) Es handelt sich hierbei um die National Bank of Greece, welche durch die gesamtstaatliche Situation in Griechenland in Mitleidenschaft gezogen wurde. Als Erklärungsansatz für die generelle Ratingverschlechterung dient die seit 2007 anhaltende Finanzkrise, die viele Banken in ihren Grundfesten erschütterte und in deren Folge auch die Ratings von Banken zum Teil massiv heruntergestuft wurden. Bei der Analyse des Mittelwertes zeigt sich, dass diese Herabstufung insbesondere 2011 stattfand (Abbildung 3).

Signifikante Verschlechterung der Ratings

Um zu untersuchen, inwiefern die damalige Einführung des Basel-II-Regelwerkes eine Verschlechterung der Ratings der im Eurostoxx Banks gelisteten Banken zur Folge hatte, wurde zunächst mittels eines t-Tests untersucht, ob sich für diese These Evidenz in den empirischen Daten findet lässt. Dazu wurde ein t-Test bei gepaarter Stichprobe durchgeführt, wobei das Rating im Jahr 2004 sowie das Rating im Jahr 2007 jeweils miteinander verglichen wurden.22)

Der Mittelwert des quantifizierten Ratings ist im Jahr 2007 um 0,65 niedriger als im Jahr 2004, also um mehr als eine halbe Ratingstufe. Die Hypothese, dass diese Abweichung dem Zufall geschuldet ist, kann mithilfe des t-Tests auf einem Signifikanzniveau von einem Prozent abgelehnt werden (Tabelle 2).

Nachdem mithilfe des t-Tests dargelegt wurde, dass von 2004 bis 2007 eine signifikante Verschlechterung der Ratings eingetreten ist, wurde des Weiteren mittels einer OLS-Regression geprüft, welche Faktoren diese Ratingverschlechterung verursacht haben. Weil auch andere Erklärungen für ein schlechteres Rating im Jahr 2007 verantwortlich sein können - insbesondere die beginnende Finanzmarktkrise - wird dies im Folgenden zusätzlich für einen unternehmerischen Erfolgsfaktor und makroökonomische Einflüsse kontrolliert. 2005 und 2006 werden ausgeschlossen, weil unklar ist, ob die Banken in diesen Jahren Basel II bereits eingeführt haben. Die Regression umfasst somit 2004 bis 2007 und weist 267 Beobachtungen von 31 verschiedenen Banken auf. Zur Analyse wurde die Ratingnote als eine Funktion aus einer Konstanten, des Basel-II-Effektes, des Jahresüberschusses sowie des Herkunftslandes dargestellt: siehe Formel.

Dabei ist Beta0 eine Konstante, Basel2 eine binäre Variable, die bis 2004 den Wert 0 hat und ab 2007 den Wert 1. Ist die Variable Basel2 also kleiner als 0, hat die Tatsache, dass die Bank sich der Basel-II-Regulierung unterwerfen muss, einen negativen Einfluss auf ihr Rating. Net Income ist der Jahresüberschuss nach Abzug aller Ausgaben in Milliarden Euro. Mit dieser Variablen wird der mögliche Effekt kontrolliert, dass eine geänderte finanzielle Situation einer Bank ihr Rating beeinflusst hat. Da davon ausgegangen werden kann, dass eine Bank ein besseres Rating erhält, wenn sie einen höheren Jahresüberschuss erwirtschaftet, wird hier ein positiver Zusammenhang erwartet. Mithilfe dieser Variable wird ebenfalls ein möglicher Effekt bezüglich der Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf das Rating der Bank kontrolliert, da sich die Finanzmarktkrise in den Jahresabschlüssen der Banken niedergeschlagen hat. Landi ist eine Indikatorvariable, die den Wert 1 hat, wenn eine Bank ihren Sitz in Landi hat. Sokann der Effekt kontrolliert werden, dass die Ratingagenturen einer Bank die Ratingnote aufgrund der makroökonomischen Situation im jeweiligen Land anpassen. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Euro-Schuldenkrise denkbar. Die Tabelle 3 gibt sowohl den detaillierten Aufbau der Regression als auch die Ergebnisse wieder.

Bedeutung des Herkunftslandes

Der Koeffizient der Konstanten beträgt 21,52 und ist statistisch hochsignifikant von 0 verschieden. Auf der Standard & Poor's Ratingskala entspricht dies einem Rating zwischen A und A+. Der Koeffizient der Variable Basel2 beträgt minus 0,27 und ist auf einem 10 Prozent Signifikanzniveau von 0 verschieden. Dies ist Evidenz dafür, dass auch unter Berücksichtigung von Unternehmenserfolg und makroökonomischer Umgebung unter Basel II ein schlechteres Rating zu erwarten ist, als es ohne die Einführung dieser Regulierungvorgabe wäre. Die Variable Jahresüberschuss weist einen Koeffizienten von 0,33 auf, der auf einem 1-Prozent-Niveau signifikant ist. Ein signifikant positives Ergebnis bedeutet, dass Banken mit höherem Verdienst ein besseres Rating aufweisen.

Die Länderkoeffizienten spiegeln den Unterschied im Rating wider, der durch das Herkunftsland der Bank bedingt ist. Der Koeffizient kann dabei als Vergleich zu Deutschland interpretiert werden.23) Die hier gewonnenen Erkenntnisse zeigen, dass das Herkunftsland einer Bank von besonderer Bedeutung für ihr Rating ist. Der Koeffizient für die Variable Belgien beträgt minus 0,92 und ist auf einem 10-Prozent-Niveau signifikant. Belgische Banken erhalten demnach - unabhängig von ihrem unternehmerischen Erfolg gemessen am Net Income - ein Rating, das nahezu eine Stufe schlechter ist als das eines deutschen Finanzinstituts.

Die Variable Finnland weist einen Koeffizienten von 1,22 auf, der auf einem 1-Prozent-Niveau signifikant ist; das Rating finnischer Banken ist also bedeutend besser als das deutscher, selbst unter Berücksichtigung des Unternehmenserfolgs. Für die Variable Frankreich beträgt der Koeffizient 0,67 und ist auf einem 10-Prozent-Niveau signifikant. Die Variable Griechenland weist auf einem 1-Prozent-Niveau einen signifikanten Koeffizienten von minus 3,5 auf. Dies bedeutet, dass eine griechische Bank, unabhängig von ihrem wirtschaftlichen Erfolg, alleine aufgrund ihres Sitzes in Griechenland um dreieinhalb Ratingstufen schlechter beurteilt wird als eine Bank mit Sitz in Deutschland.24) Übersetzt in die Standard & Poor's Ratingskala hieße dies, dass eine griechische Bank ein BBB oder gar ein BBB- erhielte, während die vergleichbare deutsche Bank mit A bewertet würde.

Der Koeffizient der Variable Italien beträgt minus 0,79 und ist auf einem 1-Prozent-Niveau signifikant. Banken aus Italien werden somit um 0,7 Stufen schlechter geratet als Banken aus Deutschland. Der Koeffizient der Variablen Portugal beträgt minus 1,59 und ist ebenfalls signifikant auf einem 1-Prozent-Niveau. Banken aus Portugal werden also losgelöst von ihrem wirtschaftlichen Erfolg um mehr als eineinhalb Ratingstufen schlechter bewertet als deutsche Banken. Für die Variablen Irland, Österreich und Spanien ist das Ergebnis nicht signifikant. Das R² der Regressionsanalyse beträgt 54 Prozent, womit mehr als die Hälfte der Varianz durch die ausgewählten Faktoren erklärt werden können.

Ein signifikant negativer Zusammenhang

Die vorliegende Ausarbeitung hat deutlich gemacht, dass die Kennzahlen europäischer Banken im Untersuchungszeitraum 2001 bis 2011 starken Veränderungen unterliegen. Insbesondere Kennzahlen, wie das Bilanzsummenwachstum (13,5-fach stärker als das BIP-Wachstum), die Tier-1-Kernkapitalquote sowie das langfristige Emittentenrating (Rückgang von drei Stufen) lassen sich hier einerseits positiv sowie andererseits negativ hervorheben. Unter Anwendung eines t-Tests sowie einer Regressionsanalyse wurde des Weiteren festgestellt, dass von 2004 bis 2007 ein signifikant negativer Zusammenhang zwischen der Einführung von Basel II und dem Rating der untersuchten Banken existiert. Zu berücksichtigen ist allerdings die möglicherweise eingeschränkte Aussagekraft der erzielten Untersuchungsergebnisse, da mit 31 untersuchten Banken der empirische Datensatz gering ist. Durch die weitere Aufgliederung in Herkunftsländer verringert sich die Datenbasis weiter. So wird die Variable Griechenland lediglich von einer einzigen Bank, nämlich der National Bank of Greece, bestückt. Inwiefern diese tatsächlich repräsentativ für Banken in Griechenland ist, kann an dieser Stelle zwar nicht abschließend beurteilt, aber infrage gestellt werden. Eine erweiterte Untersuchung auf Basis einer größeren Zahl untersuchter Banken, könnte hier zu fundierteren Aussagen führen. Auch gilt es zu berücksichtigen, dass alle abgefragten Bilanzdaten sich auf das jeweilige Geschäftsjahresende beziehen. Durch bilanzpolitische Maßnahmen wie das sogenannte Window Dressing, bei dem Positionen zum Bilanzstichtag möglichst positiv dargestellt werden, könnte es hier zu Verzerrungen kommen.

Abschließend lässt sich feststellen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Rating der untersuchten Banken und dem Basel-II-Effekt gegeben ist, und dass dieser Effekt sich negativ auf das Rating ausgewirkt hat. Die Regressionsanalyse zeigt allerdings, dass womöglich noch andere Erklärungsvariablen von relevanter Bedeutung für die Ratingentwicklung der untersuchten Banken sind. Inwieweit sich die im Rahmen der damaligen Basel-II-Einführung in dieser Ausarbeitung analysierten Veränderungen in Bezug auf ausgewählte Kennzahlen der Banken auch im Zuge der künftigen Basel-III-Einführung beobachten lassen, bleibt abzuwarten.

Literaturverzeichnis:

Bänziger, H./von Zur Mühlen, A. (2010): Eigenkapital als Wettbewerbsinstrument, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 1, Seiten 29 bis 31. Basel Committee on Banking Supervision (2010): Basel III: Ein globaler Regulierungsrahmen für widerstandsfähigere Banken und Bankensysteme. Becker, H./Peppmeier, A. (2011): Bankbetriebslehre, 8. Auflage, Herne.

Burghardt, M. et al. (2010): Aktuelle Regulierungsbestrebungen - ausreichend oder Optimierungsbedarf?, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 13, Seite 669.

Büschgen, H./Börner, C. (2003): Bankbetriebslehre, 4. Auflage, Stuttgart.

Deutsche Bundesbank (2011): Basel III - Leitfaden zu den neuen Eigenkapital- und Liquiditätsregeln für Banken, Frankfurt am Main.

Deutsche Bundesbank (2012): Deutsche Bundesbank Zeitreihe Bruttoinlandsprodukt Eurozone, URL: www.bundesbank.de/Navigation/DE/Statistiken/ Zeitreihen_Datenbanken.

Fest, A. (2008): Zwecke, Ansätze und Effizienz der Regulierung von Banken, Dissertation, Berlin. Freixas, X./Rochet, J. (2008): Microeconomics of banking, 2. Auflage, Cambridge.

Hartmann-Wendels, T. et al. (2010): Bankbetriebslehre, 5. Auflage, Berlin/Heidelberg. Paul, S./Faruggio, C. (2011): Banken und Druck: Gibt es Auswege aus der neuen Bankenkrise?, ifo Schnelldienst, 64. Jahrgang, 22, Seiten 3 bis 18. Stark, J. (2011): Konsequenzen der Finanzkrise für die Finanzmarktintegration im Euroraum, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 23, Seiten 1238. Thießen, F./Zeranski, S. (2011): Damoklesschwert der Staatsverschuldung und die Folgen für die Bankensteuerung, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 3, Seiten 120 bis 126.

Zähres, M. (2012): Kapitalmarktbasierte Bankenrefinanzierung, (Nicht so) schöne neue Welt ..., DB Research: Aktuelle Themen, Globale Finanzmärkte, Seiten 1 bis 19.

Fußnoten

1) Vgl. Paul/Faruggio (2011), S. 3.

2) Vgl. Thießen/Zeranski (2011), S. 120.

3) Vgl. Fest (2008), S. 69ff.

4) Vgl. Hartmann-Wendels et al. (2010), S. 394f.

5) Vgl. Bänziger,/von Zur Mühlen (2010), S. 29.

6) Vgl. Stark (2011), S. 1238.

7) Vgl. Basel Committee on Banking Supervision (2010), S. 1ff.

8) Vgl. Basel Committee on Banking Supervision (2010), S. 68.

9) Vgl. Burghardt et al. (2010), S. 669.

10) Vgl. Deutsche Bundesbank (2011), S. 7.

11) Vgl. Bänziger/von Zur Mühlen (2010), S. 30f.

12) Somit ist für alle betrachteten Banken der Euro die Bilanzwährung.

13) Die Ratingskalen wurden umgewandelt in Punktzahlen; zum Beispiel AAA= 27, AAA-= 26, AA+=25, AA= 24, AA-= 23, A+= 22, A= 21, A-=20, BBB+=19, ..., C+=4, C=3, C+=2, D=1.

14) Von den 31 im Index vertretenen Banken wurden 24 für diese Untersuchung berücksichtigt. Für die sieben nicht berücksichtigten Banken lagen entweder für 2001 oder für 2011 keine Daten bezüglich der Bilanzsumme vor.

15) Berücksichtigt wurden hier 25 von 31 Banken.

16) Gemäß der Skalierungstabelle s. FN 13 entspricht dies einem Ratingmittelwert der Stufe A bis A+, einem Minimalwert der Stufe BBB+ und einem Maximalwert der Stufe AA.

17) Gemäß der Skalierungstabelle s. FN 13 entspricht dies einem Ratingmittelwert der Stufe BBB+ bis A-, einem Minimalwert der Stufe CCC und einem Maximalwert der Stufe AA-.

18) Vgl. Deutsche Bundesbank (2012), S. 1.

19) Vgl. Zähres (2010), S. 1ff.

20) Ein höherer Eigenkapitalanteil lässt sich durch die höhere Tier-1-Kernkapitalquote belegen. Da die Kapitalmarkt- und Zentralbankrefinanzierung der Banken nicht Untersuchungsgegenstand sind, kann hierzu keine belegbare Aussage getroffen werden.

21) Dies entspräche etwa einer Herabstufung von der Bestnote AAA auf die Note BBB-, die als letzte Stufe des sogenannten Investmentgrade gilt.

22) 2004 wurde gewählt, weil in diesem Jahr das überarbeitete Basel-II-Regelwerk veröffentlicht wurde, 2007, da in diesem Jahr das Regelwerk erstmals verbindlich umgesetzt werden musste.

23) Deutschland hat keine eigene Binärvariable und fungiert somit als Basis.

24) Zu berücksichtigen: Im Eurostoxx Banks Index ist nur eine griechische Bank enthalten.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X