Aufsätze

Die Anforderungen des Mittelstands an die Kreditwirtschaft

Die Anforderungen der mittelständischen Unternehmen an die Kreditwirtschaft liegen seit Jahren unverändert transparent auf dem Tisch: Er erwartet von den Banken innovative Produktleistungen, eine verlässliche Kundenbeziehung, gute Erreichbarkeit und günstige Konditionen. Dabei trifft der Mittelstand - das sind 99 von 100 Firmen - in Deutschland auf eine nahezu ideale Situation. Denn alle wichtigen Bankengruppen haben zwischenzeitlich die Wichtigkeit des Mittelstandes erkannt und diese Zielgruppe für sich wiederentdeckt.

Gut gestaffeltes Angebot von Banken

Das in Deutschland vorhandene einzigartig breite Netzwerk der regionalen Verbünde von Sparkassen sowie von Volks- und Raiffeisenbanken stellt neben den privaten Banken einen entscheidenden Vorteil für einen regional verankerten Mittelständler dar. Ein so gut gestaffeltes Angebot von Banken ist in kaum einem anderen EU-Land anzutreffen. Und trotz der aktuellen Probleme im Bankensektor steht diese exzellente Grundversorgung nicht in Frage. Wie die neuesten Daten der Europäischen Zentralbank zeigen, lassen die Nöte und Liquiditätssorgen einzelner Institute hier und da zwar die Bonitätsanforderungen bei der Kreditvergabe steigen, doch mindert dies insgesamt nicht die Fähigkeit zur ausreichenden Finanzierung mittelständischer Unternehmen. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag DIHK hat dies in einer aktuellen Umfrage unter 20 000 mehrheitlich mittelständischen Unternehmen noch einmal bestätigt.

Die Industrie- und Handelskammern im Allgemeinen widmen sich der Schnittstelle zwischen Mittelstand und Finanzindustrie mit besonderer Aufmerksamkeit. So ist ein erfolgreicher Mittelstand Grundlage für eine prosperierende Region. Der IHK Frankfurt kommt eine besondere Bedeutung zu. Frankfurt ist Sitz des deutschen Finanzzentrums und zugleich ein "Labor der Globalisierung", wo heimische und ausländische Unternehmen und Banken, Großbetriebe und Mittelständler eng verzahnt zusammenarbeiten. Nirgends sonst in Deutschland treffen so viele internationale Unternehmen und Banken aufeinander wie in der Region Frankfurt-Rhein-Main. Die wachsende Zahl der Deutschland- und Europa-Zentralen international tätiger Unternehmen in dieser Region und die starke Exportorientierung der hiesigen Mittelständler bringen es mit sich, dass sich die IHK Frankfurt am Main als Diskussionsraum für die damit verbundenen Anliegen entwickelt.

Erfolgsfaktor "Vertrauen"

Die IHK ist sich in der Analyse der Beziehung zwischen Mittelstand und Kreditwirtschaft auch bewusst, dass gerade diese Verbindung wesentlich von Faktoren wie Vertrauen, gegenseitiger Offenheit und Zuverlässigkeit bestimmt wird und bestimmt werden muss. Gerade Mittelständler ohne große Research-Abteilungen sind auf eine Hausbank angewiesen, also einen Partner, der die Märkte kennt und auch einschätzen kann. Denn die mittelständischen Unternehmen brauchen verlässliche Finanzierungspartner, die zu einem gemeinsam ausgearbeiteten Konzept stehen und sich nicht in der ersten Krise zurückziehen. Hierzu zählt auch, dass Banken Forderungen mittelständischer Kunden nicht verkaufen. Denn es zerstört Grundvertrauen, wenn sich Mittelständler unversehens mit einem anonymen Fonds als Gläubiger konfrontiert sehen. Eine funktionierende Hausbankverbindung zeichnet sich vielmehr durch eine Lebenspartnerschaft aus, eine kontinuierliche Begleitung des Kunden vom ersten Tag bis zur vollständigen Tilgung des Darlehens.

Der Mittelstand erwartet von den Banken auch zukunftsfähige Antworten auf die Unternehmensfinanzierung in globalisierten Märkten. Konkret: Neben den Firmenkredit treten zunehmend andere Finanzierungsprodukte, die die Wachstumsschritte der Unternehmen im In- und Ausland unterstützen. Die IHK setzt sich dafür ein und vermittelt auch die Anforderungen des Mittelstands, dass die Kreditwirtschaft solche leistungsfähige Produkte anbietet.

Leistungsfähige Partnerschaft

Viele Mittelständler können sich heute rühmen, dass sie in ihrem Segment zu den nationalen, teilweise sogar internationalen Marktführern zählen. Expertenwissen, Flexibilität, Innovationskraft und Schnelligkeit machen unbestritten den Erfolg des deutschen Mittelstands aus. Gleiches erwarten die Unternehmen von ihren Finanzierungspartnern.

Unternehmen, die finanzwirtschaftlich fit sind, setzen neben dem Betriebsmittel- und Investitionskredit zunehmend andere Finanzprodukte ein. Mezzanines Kapital, privates Beteiligungskapital, Unternehmensanleihen, Verbriefungen von Forderungen, Projektfinanzierung, Factoring und das in mehrfacher Hinsicht attraktive Leasing sind die Instrumente, die vermehrt nachgefragt werden. Vor allem das Leasing hat so stark zugelegt, dass die Leasing-Branche die Bedeutung ihres Produkts in der Unternehmensfinanzierung inzwischen schon gleichauf mit dem Bankkredit sieht. Die positiven Erfahrungen mit Finanzierungsprodukten jenseits des Bankkredits legen die Schlussfolgerung nahe, dass der Mittelstand den Einsatz dieser Instrumente weiter ausbauen wird.

Dank der vorbildlichen und tiefen Struktur des deutschen Kreditwesens mit Förder- und Bürgschaftsbanken, Spezialinstituten, Auslands- und Investmentbanken kann diese differenzierte Nachfrage ohne Lücken im Angebot bedarfsgerecht bedient werden. Der funktionierende Wettbewerb unter den Banken sorgt zudem dafür, dass die Produkte zu marktgerechten Konditionen bereitgestellt werden.

Basel II: gestärkte Position des Mittelstands

Den Mittelstand zeichnet eine schnelle Anpassungsfähigkeit an veränderte Rahmenbedingungen aus, was sich bei der Einführung von Basel II als großer Vorteil erwiesen hat. Denn der Mittelstand hat diese Einführung in der Kreditwirtschaft als Chance begriffen. Viele Unternehmen haben ihre Eigenkapitalbasis gestärkt: Die Eigenkapitalquote der mittelständischen Firmen insgesamt ist seit 1997 von durchschnittlich sechs Prozent auf zuletzt mehr als 15 Prozent gestiegen. Die Erkenntnis der Unternehmen, dass ihre Bonität als Kreditnehmer durch eine höhere Eigenkapitalquote steigt und dass dadurch die Fremdkapitalkosten sinken, dürfte bei vielen das entscheidende Motiv gewesen sein. Immerhin hat sich die Bonitätsverbesserung über das Eigenkapital damit gegen die frühere Finanzierungsstrategie durchgesetzt, die darin bestand, dass eine Fremdfinanzierung auch aufgrund der steuerlichen Vorteile aufgenommen wurde.

Umgekehrt hat Basel II auch auf Seiten der Banken positive Effekte bewirkt. Neben einer noch besseren Erfassung und Beurteilung der Risiken aus dem Kreditgeschäft wurde auch die individuelle Bonität des Kunden zum zentralen Kriterium für die Preiskalkulation.

Finanzaufsicht nach Frankfurt

Die mittelständischen Unternehmen müssen und werden dabei allerdings darauf achten, dass die Vorteile der inländischen Kreditwirtschaft erhalten bleiben: gute regionale Verfügbarkeit bei gleichzeitig hoher Innovationsrate der Produkte und Dienstleistungen. Interessenvertretung ist dabei auch die Industrie- und Handelskammer, denn sie unterstützt diese Zielsetzung nachhaltig. Gerade aus der Erfahrung der IHK Frankfurt am Main sind sowohl die ausgewogene Bereitstellung von Finanzierungsangeboten in der Region als auch die Fortentwicklung innovativer Finanzprodukte von entscheidender Bedeutung.

Um in der fortschreitenden Globalisierung erfolgreich zu sein, braucht der Mittelstand auch weiterhin starke Partner an seiner Seite. Die IHK Frankfurt am Main wird auch in Zukunft ein Augenmerk darauf richten, dass die Finanzwirtschaft in vollem Umfang diesem Bedürfnis Rechnung trägt. Was dem Finanzplatz derzeit noch fehlt, ist die vollständige Ansiedlung der Finanzaufsicht eben dort, wo der Herzmuskel des deutschen Finanzwesens schlägt: in Frankfurt am Main. Dafür zu werben sollte ein gemeinsames Anliegen von Unternehmen, Banken und Industrie- und Handelskammer sein.

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