Aufsätze

Aufsichtsqualität aus Sicht der Banken - empirische Ergebnisse nach der Krise

Vor dem Hintergrund der endgültigen Festlegung der neuen Eigenkapital- und Liquiditätsnormen im Basel-III-Paket ist derzeit viel von "Umbruch" oder "Zäsur" in der Bankenregulierung die Rede. Demgegenüber scheint in der Organisation der deutschen Bankenaufsicht alles beim Alten zu bleiben. Die Bundesregierung bekräftigte noch Ende letzten Jahres, am Parallelmodell von Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und Deutscher Bundesbank (Buba) als Aufsichtsbehörden festhalten zu wollen.

Am 10. Mai 2006 bemerkte der Präsident der BaFin anlässlich der Jahrespressekonferenz seines Hauses: "Wenn Sie mir einen Traum gestatten. Das ist die Aufsicht der Zukunft: Eine partnerschaftlich geprägte Aufsicht, die unseren 'Kunden' Beratungsleistungen höchster Qualität erbringt. Wenn wir sie in ein paar Jahren flächendeckend installiert haben, wird es um die BaFin keine Bürokratiediskussion mehr geben."

Ist der Traum von Jochen Sanio Wirklichkeit geworden? Vier Jahre später, nach der schwersten Finanz-, Wirtschafts- und mittlerweile Staatenkrise seit dem Zweiten Weltkrieg wurde die Vision einer dienstleistungsorientierten und effizienten Bankenaufsicht erneut1) auf den Prüfstand gestellt, indem die Geschäftsleitungen aus Banken aller drei Sektoren der deutschen Kreditwirtschaft nach ihrer Wahrnehmung der Aufsichtsqualität befragt wurden.

Methodische Vorbemerkungen

Nach wie vor sind nur wenige Studien dieser Art bekannt und veröffentlicht. So wurde beispielweise in Norwegen zuletzt im Jahre 2010 eine Studie mit vergleichbaren Ansätzen durchgeführt (Brukernes vurderinger av Finanstilsynet).2) In Kooperation zwischen dem DIW und dem Bochumer Institut für Kredit- und Finanzwirtschaft (ikf) wurde für Deutschland erstmals 2006 im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen auf breiter Basis eine Einschätzung der Kreditwirtschaft über die Qualität der Aufsicht erhoben (Studie 2006)3). Im November/Dezember 2010 wurde diese Untersuchung nun vom ikf fortgeschrieben (Studie 2010).

Dabei sollte der Frage nachgegangen werden, wie sich die Qualitätswahrnehmung der Aufsicht durch die Banken nach der Finanzmarktkrise geändert hat. Mit gleicher Methodik wurden 1807 Banken befragt; die Rücklaufquote betrug gut 21 Prozent, und wie in der "Studie 2006" wurden die Ergebnisse anhand der tatsächlichen Institutszahlen in den Bankengruppen gewichtet, um Repräsentativität und Vergleichbarkeit der Studien herzustellen.

Bei den meisten Fragen wurden den Banken skalierte Aussagen vorgelegt, wobei in der Regel die "1" für "trifft überhaupt nicht zu" und die "5" für "trifft voll und ganz zu" stand. Bei der Frage nach der Gesamtzufriedenheit stand der Wert 5 für eine sehr hohe, der Wert 1 für eine sehr niedrige Zufriedenheit. Jeder dieser Antwortstufen wurde in der Auswertung ein Indexwert zugeordnet; dabei erhielt die 5= 100 Punkte, die 1 = 0 Punkte.

Bankenverbände als wichtige Akteure

Die Studie deckt einen Teilbereich der Bankenaufsicht nicht ab: Bei aufsichtsrechtlichen Fragestellungen wenden sich die Kreditgenossenschaften und die Sparkassen primär an ihre Verbände. Diese stellen für ihre Mitglieder wichtige Informationen bereit und beraten sie. Zugleich sitzen Vertreter der Verbände als Repräsentanten der Branche im Verwaltungsrat der BaFin. Und vor allem verfügen der BVR und der DSGV über eigene Prüfungseinrichtungen, die bankaufsichtliche Aufgaben übernehmen, die zum Kernbereich des aufsichtlichen Instrumentenkastens gehören (zum Beispiel Jahresabschlussprüfungen, Sonderprüfungen). Alles in allem sind also auch die Bankenverbände bedeutende Akteure im Rahmen der Bankenaufsicht.

Bewertungen der Strategie und Vorgaben der Bankenaufsicht

Die folgende Abhandlung konzentriert sich jedoch auf BaFin und Buba, vergleicht deren Bewertung in den Studien von 2006 und 2010 miteinander, fragt nach dem Entwicklungsfortschritt der deutschen Bankenaufsicht und zeigt Verbesserungspotenzial auf.

Die Qualität der Aufsicht zeigt sich zuvorderst in der Qualitativen Aufsicht gemäß der zweiten Baseler Säule, denn hier besitzen die Behörden einen weitaus größeren Handlungs- und Bewertungsspielraum als bei den quantitativen Normen (Säule 1).

Der Kern dieser Qualitativen Aufsicht, das in der Regel jährlich stattfindende Aufsichtsgespräch, wird im Hinblick auf die meisten Kriterien (die der Literatur zu Qualitätsmerkmalen von Wirtschaftsprüfungen entnommen wurden4)) unverändert positiv bewertet (Abbildung 1). Für die klare Strukturierung des Gesprächs, die Möglichkeit der Banken, ihre Ansichten einzubringen, den Gesprächsstil und auch die Sachkenntnis der Aufseher wurden und werden Werte deutlich oberhalb von 70 Punkten verzeichnet. Wie die Forschung zur Qualität von Geschäftsbeziehungen zeigt, handelt es sich hierbei um eine wichtige Schwelle, bei deren Überschreiten die Beziehung als gefestigt eingestuft wird5).

Auch in der einzig verfügbaren norwegischen Vergleichsstudie wurden Punktwerte über 70 als gut gewertet, denn schließlich ist die Beziehung zwischen einer Überwachungsinstitution und den von ihr beaufsichtigten Banken eine sehr spezielle, die ihren Anfangspunkt in hoheitlichem Verwaltungshandeln findet. Zu vermuten ist deshalb, dass Banken ihren "Dienstleister" Bankenaufsicht mit weniger Qualitätspunkten versehen als für einen "normalen" Dienstleister zu erwarten wäre (Abbildung 1).

Makro-prudenzielle Aufsicht unterhalb der Wahrnehmungsschwelle

Deutlich negativer wird dagegen das Verhältnis zwischen dem durch das Gespräch entstehenden Aufwand und seinem Nutzen eingestuft. Damit korrespondiert, dass die Befragten die richtige Schwerpunktsetzung (Gespräch behandelte wichtige Themen) 2010 skeptischer als 2006 sehen.

Die Banken bescheinigen der Aufsicht nach dem Herbst 2008 (der mit dem "Fall" Lehman für den Kulminationspunkt der Krise steht) eine klarere Strategie, die sowohl systemische Fragen als auch die individuellen Belange des jeweiligen Instituts stärker berücksichtigt (Abbildung 2). Allerdings ist die Bewertung bei diesen Aspekten gegenüber der Studie 2006 erkennbar abgesunken. Erheblich kritischer wird die Rolle der deutschen Aufsicht im Kontext des rechtzeitigen Aufzeigens von Problemen zum Schutz des Finanzsystems gesehen. Bekanntermaßen konnte aufsichtsrechtliches Handeln den Ausbruch der Krise auch in Deutschland nicht vermeiden. Im Gegenteil, gerade einige deutsche Banken gehörten mit zu den Instituten, die besonders stark in Schieflage gerieten.

Von der Aufsicht selber ist zu vernehmen, dass es zu ihren "bitteren Erfahrungen der Finanzkrise" gehörte, dass "sich aus der Aufsicht über die einzelnen Institute - also aus der Mikro-Perspektive - kein hinreichender Überblick über eventuelle systemische und sektorübergreifende Risiken ergab"6). Die vor diesem Hintergrund inzwischen installierte makro-prudenzielle Aufsicht, deren Aufgabe es ist, "fortlaufend die Anfälligkeit des Finanzsystems für destabilisierende Effekte jeder Art zu untersuchen und Bedrohungen entgegenzuwirken"7), agiert indes offenbar noch unterhalb der Wahrnehmungsschwelle der befragten Banken.

Besonders kritisch wird die Rolle der deutschen Aufsicht im Kontext der Weiterentwicklung der internationalen Normen gesehen. Die in Basel III angelegte pauschale Erhöhung der Eigenkapitalanforderungen benachteiligt vor allem das deutsche Finanzsystem, denn hier dominiert im Gegensatz zur US-amerikanischen Kapitalmarktorientierung die Finanzierung der mittelständisch geprägten Realwirtschaft über klassische Buchkredite. Und es wird wie schon im Vorfeld der Finanzmarktkrise - zum "Hase-und-Igel-Spiel" zwischen Aufsehern und Beaufsichtigten, zur Regulierungsarbitrage eingeladen, da diejenigen Banken profitieren können, die Kreditrisiken zum Beispiel im Rahmen der Verbriefung durch (gleichartige) Marktrisiken substituieren. Regulierung darf aber nicht an den Krisenursachen vorbeigehen. Zumindest in Deutschland zählten zu geringe Eigenkapitalquoten bei zahlenmäßig sicherlich über 95 Prozent der Institute nicht zu den Treibern der Probleme.

Unterschiedliche "Unternehmertypen" in den Bankvorständen

Damit korrespondierend werden den Einschätzungen, die Vorschriften seien dem Regulierungsbedarf angemessen und auf ein Mindestmaß reduziert, die Regulierungstiefe entspreche dem zu regelnden Sachverhalt, in beiden Studien nur mit etwa einem Viertel bis Drittel der Gesamtpunktzahl zugestimmt (Abbildung 3).

Detailliertere Vorgaben zur Erfüllung der qualitativen Anforderungen werden 2010 gegenüber 2006 in noch geringerem Maße als hilfreich eingestuft. Am ehesten hält man sie noch für zielführend mit Blick auf den Aspekt der Risikotragfähigkeit (Abbildung 4).

Bei den Antworten auf diese Frage war allerdings eine hohe Standardabweichung von etwa einem Viertel der Gesamtpunktzahl zu verzeichnen. Dies deutet entweder auf starke Unterschiede im Vorgehen der Aufsicht (was ordnungspolitisch problematisch wäre) hin oder aber ein grundsätzlich unterschiedliches Erleben durch die Befragten, geprägt durch stark divergierende persönliche Erwartungen und Einstellungen.

Wie schon in der Studie 2006 lassen sich wiederum zwei unterschiedliche "Unternehmertypen" in den Bankvorständen mit Blick auf die sehr allgemein gehaltenen Regeln zur qualitativen Aufsicht mit vielfach unbestimmten Rechtsbegriffen identifizieren. Diese wurden von einem Teil der Befragten als Chance zur unternehmerischen Ausgestaltung der sich dadurch ergebenden Spielräume eingestuft, während andere Befragte im Freiraum eher ein Risiko sahen und daher auf detailliertere Regeln drängten. Interessant ist nun, dass es 2010 fast einen "Gleichstand" zwischen diesen Unternehmertypen und damit wesentlich mehr "Skeptiker" als 2006 gibt. Die Praxis der qualitativen Aufsicht in den letzten Jahren hat die Bedenken gegenüber diesem Kontrolldesign - trotz der positiven Bewertung der Aufsichtsgespräche - also eher verstärkt (Abbildung 5).

Erklärungsproblem bei qualitativer Aufsicht

Dieses Ergebnis ist insoweit bedenklich, als spätestens mit der im Dezember 2010 veröffentlichten Novelle der MaRisk klar ist, dass der Aufsichtszug in den nächsten Jahren unaufhaltsam und noch schneller als zuvor in Richtung qualitative Aufsicht rollt und auch rollen muss. Nachdem 2009 bereits die Anforderungen an Stresstests ausgebaut und Risikokonzentrationen stärker berücksichtigt wurden, gewinnt nun die proaktive, qualitative Kontrolle der Risikotragfähigkeit von Kreditinstituten, bei der eben nicht mit dem Zollstock nachgemessen wird, sondern in viel größerem Maße Fragen der Angemessenheit beantwortet werden müssen, noch stärker an Bedeutung. Kreditinstitute müssen den Aufsehern künftig wesentlich umfangreicher und detaillierter ihre Ziele und Strategien darlegen - die Aufsicht muss sie würdigen.

Dass die Aufsicht hier ein Erklärungsproblem hat, wird bestätigt durch die Einschätzung, inwiefern die Handlungsspielräume durch die Aufsicht bei Geschäftsabläufen und Entscheidungen eingeengt werden (hiernach wurde 2010 erstmals gefragt). Auf einer Skala von 0 ("sehr stark eingeengt") bis 100 ("sehr schwach eingeengt") lässt sich ein Indexwert von 42 Punkten messen, wobei eine Standardabweichung von über 20 Punkten zu verzeichnen ist, was wiederum ein stark subjektives Moment der Wahrnehmung der Aufsichtsvorschriften vermuten lässt.

Insgesamt nehmen die befragten Banken jedenfalls wahr, dass der Einfluss der Aufsicht auf die Geschäftsabläufe und Entscheidungen im Zeitverlauf zugenommen hat. Bezüglich dieser Kontrollfrage antworteten 61 Prozent der befragten Institute mit "ja". Die genauen Ursachen für diese "gefühlte" Einengung bleiben indes vage. Schwerpunkte in diesem Zusammenhang können allenfalls im Hinblick auf die Anforderungen gemäß MaRisk sowie im "allgemeinen Bürokratieaufwand" identifiziert werden (Abbildung 6).

Erfahrungen mit Prüfungen nach § 44 KWG

Mit Blick auf ihre Erfahrungen mit Prüfungen nach § 44 KWG (Sonderprüfungen) geben 62 Prozent der Banken an, dass die BaFin seit Herbst 2008 bei ihnen kein einziges Mal von ihrem Recht Gebrauch gemacht hat, anlassbezogen Auskünfte und Unterlagen einzufordern. 34 Prozent der Befragten sind einmal, lediglich vier Prozent zweimal beziehungsweise noch häufiger geprüft worden. Dabei divergiert die Prüfungsintensität sektorspezifisch. So beträgt der Anteil derjenigen, die mindestens eine Sonderprüfung hatten, bei den Kreditgenossenschaften nur 29 Prozent, während dieser Wert bei den Kreditbanken 60 Prozent erreicht und die Sparkassen mit 42 Prozent diesbezüglich die Mittelposition einnehmen.

Die Einschätzung der Charakterisierung des Prüfungsverlaufs ist dabei, wie zuvor schon die Einschätzung des Aufsichtsgesprächs, von erheblicher Konstanz geprägt; Veränderungen gegenüber der Befragung von 2006 sind marginal. So ist auch in 2010 nach Ansicht der befragten Teilnehmer die Prüfung auf den Prüfungsgegenstand begrenzt, und die Informationsanforderungen sind bekannt. Die Prüfer gelten als fachlich kompetent, jedoch im Vergleich mit den Spezifika und den Besonderheiten der Institute etwas weniger vertraut. Die Kommunikation mit den Prüfern war offen, und das Gros der Sachverhalte wurde vorab mit den Instituten besprochen. Auch wird die Prüfungsdauer überwiegend als zeitlich angemessen eingeschätzt (Abbildung 7).

Bei der Frage nach Gesamtaufwand und Gesamtnutzen des jeweiligen Instituts durch die Prüfung fällt das Urteil wesentlich kritischer aus. So wird der Aufwand als eher groß und der Nutzen als eher gering eingestuft. Auf sehr niedrigem Niveau wird der Nutzen gleichwohl heute höher angesehen als noch 2006. Dennoch, wenn "Beratungsqualität auf höchstem Niveau" (Sanio) heißt, dass ein echter Nutzen durch die Prüfung, dem Kern der Geschäftsbeziehung zwischen Aufseher und Institut, nur von 25 Prozent der Befragten wahrgenommen wird, ist es fraglich, ob die im Jahr 2006 angekündigte Dienstleistungsoffensive der Prüfungsbehörde erfolgreich war.

Erfahrung mit dem Personal der Aufsicht

Auch nach der Krise bleibt es dabei: Die Qualität der Bundesbanker wird höher als die des BaFin-Personals eingestuft (Abbildung 8). Der Vorsprung des Bundesbankpersonals ist von 2006 auf 2010 sogar noch größer geworden. Nach Ansicht der teilnehmenden Banker wechseln ihre Ansprechpartner bei der Bundesbank seltener, sie werden als kompetenter, vertrauter mit dem jeweiligen Haus, pragmatischer und schneller eingestuft. Sie sind leichter zu identifizieren, haben einen fundierteren Praxisbezug und treten angemessener auf.

Im Vergleich zur Studie 2006 wird die Abstimmung zwischen BaFin und Bundesbank trotz der im Februar 2008 verabschiedeten "Aufsichtsrichtlinie" noch kritischer gesehen (Studie 2006: 59 Punkte; Studie 2010 "nach Herbst 2008": 55 Punkte). Auch dies lässt die Ende 2010 getroffene Entscheidung, die Bankenaufsicht nicht zu konzentrieren und die Befugnisse gerade der BaFin auszuweiten, fragwürdig erscheinen.8)

Gerade die qualitative Aufsicht eröffnet ein immer größeres Diskussionsfeld zwischen Aufsehern und Beaufsichtigten. Hier besteht die Herausforderung darin, zu gerichtsfesten Entscheidungen auch dort zu kommen, wo es an Industriestandards oder Best Practices und mitunter auch Handlungsempfehlungen aus der Wissenschaft (noch) mangelt. In dieser "neuen Welt" wäre es von Vorteil, wenn die Aufsichten nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern sich eine starke - so weit wie möglich unabhängige - Institution gegen den Lobbydruck stellen könnte.

Gesamtzufriedenheit

Fasst man die Ergebnisse zusammen (siehe Tabelle), ist es nur konsistent, dass die Gesamtzufriedenheit mit der Qualität der Aufsicht gegenüber 2006 nicht gestiegen ist - im Gegenteil: sie fällt weiter ab (Abbildung 9).

Offensichtlich ist ein aus anderen Zufrie-denheits-Untersuchungen bekannter Unterschied zwischen Nah- und Fernbild einer Institution zu verzeichnen. Häufig zeigt sich, dass zum Beispiel Kunden diejenigen Personen, mit denen sie in ständigem Kontakt stehen, die sie vor Ort erleben (etwa Bankberater) deutlich positiver bewerten als den Anbieter selbst (die Bank) oder gar die Branche (Kreditinstitute insgesamt9)). Ähnlich hier: Die Qualität der Aufsicht insgesamt wird schlechter eingestuft als die der Aufsichtsgespräche und der Mitarbeiter der Aufsicht.

Die Zufriedenheit bei den Kreditgenossenschaften (41 Punkte) ist deutlich niedriger als die der anderen Institutsgruppen (49 bis 56 Punkte). Um zu erhellen, welche der vielen Faktoren das Gesamturteil über die Qualität der Aufsicht besonders stark beeinflussen, wurde wie schon 2006 eine vertiefende ökonometrische Analyse durchgeführt. Diese deckt auf, dass nach wie vor der stärkste Treiber für die Gesamtzufriedenheit die jeweilige Einstellung des Bankmanagements gegenüber der qualitativen Aufsicht ist.

Wie dargestellt, ist diesbezüglich der Anteil der Skeptiker unter den Bankmanagern stark gewachsen. Weitere wesentliche Treiber sind darüber hinaus die Wahrnehmung, inwieweit die Aufsicht ihr Handeln am individuellen Risiko einer Bank orientiert sowie die gefühlte aufsichtliche Einengung bei Geschäftsabläufen und Entscheidungen.

Klarheit über Organisation notwendig

Gerade nach der Finanzmarktkrise muss es besonders nachdenklich stimmen, dass die Qualität der Bankenaufsicht von den deutschen Kreditinstituten schwächer als vor der Krise eingestuft wird. Und auch die (Vor-)Entscheidung der Politik, die Aufsichtskompetenzen gerade der BaFin zu stärken, erscheint fragwürdig. Denn von der Vision Jochen Sanios ist die Behörde trotz der vermeintlichen Qualitätsoffensive offenbar doch noch ein gutes Stück entfernt. Viel Zeit zum Träumen aber bleibt nicht mehr, denn die Vorbereitungen für Basel III haben bereits begonnen und hier ist Klarheit über Organisation und Agieren der Bankenaufsicht dringend notwendig.

Literatur

Alvarez-Plata, P., Engerer, H., Pfeiffer, I., Schrooten, M., Paul, S., Stein, S. (2006): Evaluierungsuntersuchungen zur Bewertung der Aufsicht der Kreditwirtschaft und Erstellung eines Erfahrungsberichts (Erfahrungsbericht Bankenaufsicht): Endbericht; Forschungsprojekt im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen. Berlin (DIW: Politikberatung kompakt 24).

Commerzbank AG (Hrsg., 2010): Unternehmerperspektiven: Der Mittelstand und seine Banken, Frankfurt am Main.

TNS Gallup (2010): Brukernes vurderinger av Finanstilsynet, verfügbar unter: http://evalueringsporta-len.no/evaluering/brukernes-vurderinger-av-finanstilsynet.

Marten, K.-U. (1999): Qualität von Wirtschaftsprüferleistungen - Grundzüge eines Konzeptes zur Messung und Steuerung der Prüfungsqualität sowie empirische Ergebnisse, Düsseldorf.

Paul, S. (2010): Ein unzeitgemäßer Kompromiss. Die Einigung der Koalition bei der Bankenaufsicht vollzieht eine erstaunliche Rolle rückwärts, in: Süddeutsche Zeitung, 22. Dezember 2010, S. 18.

Paul, S./Stein, S. (2003): Auf der Bremsspur: Für den Mittelstand und seine Banken zeigt die Qualitätsampel gelb-rot, in: Finanzbetrieb, 5. Jg., S. 417-431.

Paul, S./Stein, S. (2007): Reformbedarf der Bankenaufsicht? - Qualitätswahrnehmungen der Kreditinstitute und politische Konsequenzen, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, 60. Jg., 5/2007, S. 214-220.

Sanio, J. (2011): Die Zukunftssorgen der Vorwegnehmer, in: Die Bank 04/2011, S. 36-40.

Schmidt, S. (2000): Externe Qualitätskontrollen zur Sicherung der Qualität der Abschlußprüfung, Düsseldorf.

Fußnoten

1)Paul/Stein 2007.

2) Die Evaluation der norwegischen Bank-, Versicherungs- und Börsenaufsicht "Finanstilsynet" wurde bislang dreimal, nämlich in den Jahren 2004, 2006 und 2010 durchgeführt.

3) Alvarez-Plata et al. 2006.

4) Vgl. Marten 1999, Schmidt 2000.

5) Vgl. Paul/Stein 2003, die sogar erst bei einem Schwellenwert >/= 75 Punkte eine Geschäftsbeziehung als "störungsfrei" klassifizieren.

6) Sanio 2011, S. 40.

7) Sanio 2011, S. 40.

8)Vgl. hierzu auch Paul 2010.

9) Vgl. zuletzt Commerzbank 2010.

Prof. Dr. Stephan Paul , Lehrstuhl für Finanzierung und Kreditwirtschaft , Ruhr Universität Bochum
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