Aufsätze

Brauchen Kommunen ein externes Rating?

In den letzten Jahren hat die kommunale Verschuldung in Deutschland stark zugenommen. Besonders die sogenannten Kassenkredite wurden mit immer höheren Volumina seitens der Kommunen in die Haushalte eingestellt. Zahlreiche Banken sind in der kommunalen Kreditvergabe aktiv. Neben den Pfandbriefbanken sind das vor allem der Sparkassensektor, aber auch vermehrt andere Institute. Dennoch existiert aktuell kein externes Rating für eine Kommune in Deutschland bei einer der drei großen Agenturen.

Enge Verflechtung der kommunalen Ebene mit den Bundesländern

Die Erfordernisse im Rahmen der Basel-II-Regulierung haben auch noch keine Nachfrage bei der externen Ratingvergabe für deutsche Kommunen erzeugt. Dies liegt zum einen daran, dass die Kommunen in Deutschland bei vielen Marktteilnehmern noch als "AAA"-Ratings gesehen werden. Auch die Kommunen selbst beziehungsweise kommunale Verbände wie der Deutsche Städtebund erklären dies nach wie vor aktiv. Dies verwundert vor dem Hintergund, dass derzeit einzig Fitch Ratings die Unterstützung der einzelnen Länder durch den Bund und eines Bundeslands durch die verbleibenden Länder so stark interpretiert, dass es die Bonität der Bundesländer an die von Deutschland gekoppelt hat. Auf kommunaler Ebene wird das aber grundsätzlich ausgeschlossen.

Es wird aber eine enge Verflechtung der kommunalen Ebene mit dem jeweiligen Bundesland von Fitch Ratings registriert und kommt beim Ratingkriterium "Institutionelle Rahmenbedingungen" positiv zum Ausdruck. Diese Unterstützung ist jedoch nicht so weitreichend, dass automatisch von einem "AAA"-Rating ausgegangen werden kann. Ein weiterer Punkt, der die Ratingvergabe an Kommunen erschwert, ist die Art der ausstehenden Verschuldung und die Volumina.

Ein Rating wird besonders dann nachgefragt, wenn ein Emittent den Kapitalmarkt nutzen möchte, um Wertpapiere zu platzieren. Aufgrund der internationalen Anerkennung der Ratings und ihrer Uniformität sind sie ein unerlässlicher Bestandteil bei der Vergabe von Wertpapieren. Das gilt besonders im internationalen Geschäft, wenn ein neuer oder vergleichsweise kleiner Emittent auf den Markt kommt.

Kommunen konnten jedoch in der Vergangenheit ihre Finanzierungsbedürfnisse fast ausschließlich bei inländischen Anlegern befriedigen. Sie haben sich die zusätzlichen Kosten, die im Rahmen einer Wertpapiervergabe entstehen, erspart und sich weitgehend über Schuldscheindarlehen finanziert. Diese sind zwar deutlich illiquider als Anleihen, aber das scheint bei der angesprochenen Investorengruppe kein Ausschlussfaktor zu sein. Ferner haben sehr oft die benötigten Volumina eine Anleiheemission nicht gerechtfertigt.

Aspekte der Ratingvergabe umfassend untersuchen

Die Städte Hannover und Essen haben Anleihen vergeben; diese wurden jedoch ohne Rating erfolgreich platziert. Dies mag an der Einzigartigkeit der Emissionen gelegen haben, sicher auch vor allem daran, dass sie in erster Linie auf dem heimischen Markt platziert wurden. Es spricht also vieles dafür, dass die Kommunen in Deutschland kein Rating benötigen. Um dies abschließend als zutreffend zu bezeichnen, sollten alle Aspekte der Ratingvergabe und deren Nutzen untersucht werden. Welche anderen Gründe sprechen ebenfalls für ein Rating? Warum sind diese entweder bislang nicht erkannt worden oder warum haben sie Kosten und Arbeitsaufwand, der mit dieser Vergabe verbunden ist, noch nicht gerechtfertigt?

Zunächst einmal sollte man die Gruppe der Kommunen, die tatsächlich ein Rating gebrauchen können, eingrenzen. In Deutschland gibt es weit über 11000 Kommunen, wobei die wenigsten von ihnen mehr als 50000 Einwohner haben. Eine bestimmte Einwohnergröße und damit verbunden eine entsprechende Haushaltsgröße sollte aber erreicht werden, damit sich ein Rating unter kommerziellen Gesichtspunkten rechnet. Dies ist leicht nachzuvollziehen, wenn man die ausstehende Verschuldung der kleineren Kommunen berücksichtigt und eine potenzielle Zinsersparnis auf Basis dieser Verschuldung errechnet, die sich über ein Rating begründen ließe.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass Kommunen, die eine bestimmte Haushaltsgröße beziehungsweise eine bestimmte Verschuldung erreichen, sehr wohl von der Emission einer Anleihe - begleitet von einem Rating - profitieren können. Gerade in diesem Bereich ist viel Potenzial vorhanden, gibt es doch viele Kommunen, die einen jährlichen (Re-)Finanzierungsbedarf im zweistelligen Millionenbereich und mehr, haben.

Genauso wäre es möglich, dass Kommunen ihre Bedürfnisse bündeln und über eine gemeinsame Anleihe nachdenken, ähnlich wie das verschiedene Bundesländer tun, die gemeinsame Länderanleihen vergeben, die im konkreten Beispiel auch ein Rating von Fitch haben. Bei der Bündelung von Finanzierungserfordernissen liegt der Vorteil in größeren Volumina, die auf selbstständiger Basis nicht erreicht würden. Dadurch wird die emittierte Anleihe liquider und die Kosten des Bonds verteilen sich auf mehrere Teilnehmer.

Positive Wirkungen auf die Haushaltsdisziplin

Bei der Ratingvergabe spielen aber auch andere Aspekte eine Rolle, die einen solchen Prozess rechtfertigen können. Banken überprüfen die Bonität ihrer Kontrahenten, bevor sie eine Kreditvergabe bewilligen. Kommunen, die über die Einschätzung einer anerkannten und internationalen Ratingagentur verfügen, können durchaus bei einem Kreditinstitut einen Wettbewerbsvorteil gegenüber einer Kommune einnehmen, die über kein Rating verfügt. Eine Kommune mit Rating hat sich einer sehr umfangreichen Bonitätsanalyse unterzogen und weist eine hohe Transparenz aus. Es ist auch davon auszugehen, dass die Erstvergabe eines Ratings bei einer Kommune in Deutschland auf sehr großes Interesse stoßen und positiv honoriert wird, auch wenn kein "AAA" vergeben würde. Nicht zuletzt sollte dies auch zu einer Ausweitung der möglichen Investorenbasis führen.

Hinzu kommt, dass durch eine solche Analyse die Kommune selber auch wertvolle Informationen erhält, wie sie extern betrachtet wird. Sie kann dies sowohl unter Marketinggesichtspunkten nutzen als auch zum eigenen Benchmarking. Auf Basis einer solchen Einschätzung können die jeweiligen Entscheidungsträger ganz gezielt auf Missstände hinweisen. Diese kann beispielsweise Aufschluss darüber geben, welchen Einfluss eine Investitionsentscheidung für den Haushalt der Kommune beziehungsweise letztlich auf das Rating der Kommune hat. So kann die Kommune auch den eigenen Haushalt unter diesen Gesichtspunkten steuern.

Fitch Ratings hat ferner die Erfahrung gemacht, dass die Vergabe eines Ratings bei dem betreffenden Emittenten zu einer Erhöhung der Haushaltsdisziplin geführt hat. Zumindest möchte die Kommune ihre erste Ratingeinschätzung halten beziehungsweise besteht im Idealfall sogar der Ansporn nach einer Verbesserung.

Abschließend wird noch darauf verwiesen, dass besonders die letztgenannten Aspekte auch bei der Vergabe eines privaten Ratings greifen. Es steht einer Kommune frei, sich zunächst auf vertraulicher Basis analysieren zu lassen, um eine Einschätzung der eigenen Bonität zu erhalten. Diese wird der Öffentlichkeit nicht mitgeteilt.

Davon ausgehend kann die Kommune autonom entscheiden, ob sie das Ergebnis für interne Zwecke zur Erhöhung der Haushaltsdisziplin oder einem Benchmarking benutzt. Natürlich kann sie sich auch entscheiden, das Analyseergebnis letztlich doch zu veröffentlichen.

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