Gespräch des Tages

Finanzstabilität - Das Dilemma mit den Immobilien

Als die Bundesbank vor gut einem Jahr in ihrem Finanzstabilitätsbericht wie auch bei dessen Präsentation vor der Presse auf mögliche Übertreibungen auf dem Wohnimmobiliensektor in Deutschland hingewiesen hat, wurde das von den Medien dankbar aufgegriffen. In der Berichterstattung verdrängte dieser Aspekt andere Themen wie beispielsweise die neuen Möglichkeiten der makroprudenziellen Überwachung mühelos in den Hintergrund.

Schon damals hatte die Notenbank eine differenzierte Sicht der Dinge angemahnt: Sie verwies seinerzeit unter anderem auf unterschiedliche Entwicklungen in Ballungsräumen und ländlichen Gebieten, auf eine weitgehend normale Entwicklung des Kreditwachstums und vernünftige Standards der Banken bei der Vergabe von Wohnungsbaukrediten. Eine Immobilienblase, so der klare damalige Tenor, sei noch nicht zu beobachten. Aber die Notenbank behalte sich vor, diesen Markt genau zu beobachten und bei absehbarer Gefahr für die Finanzstabilität mit ihrem Instrumentarium zu regieren.

Im Oktober dieses Jahres wurden die Einflussfaktoren und die regionalen Abhängigkeiten der Preissteigerungen bei Wohnimmobilien nun im Monatsbericht der Zentralbank näher analysiert. Insbesondere für die städtischen Immobilienmärkte wurden dabei unter Berücksichtigung der längerfristigen demografischen und ökonomischen Einflussfaktoren gegenwärtig recht konkret Überbewertungen zwischen fünf Prozent und zehn Prozent registriert. In attraktiven Großstädten weist die Bundesbank sogar auf Abweichungen nach oben von bis zu 20 Prozent hin, und auch von einer Ausbreitung der Preissteigerung vom Umland in die Städte ist die Rede. Erhebliche makroökonomische Risiken kann die Notenbank beim derzeitigen Preisgefüge aber ausdrücklich noch nicht erkennen - übrigens ebenso wie der Sachverständigenrat in seinem jüngsten Jahresgutachten.

Dass sich die aktuelle Bundesbank-Analyse vor allem auf Wohnungen bezieht und sie die Preise für Einfamilienhäuser "sowohl in den Städten als auch im ländlichen Raum nicht wahrnehmbar vom fundamental gerechtfertigten Niveau entfernt" sieht spielt in der öffentlichen Wahrnehmung keine Rolle mehr. Einige Medien haben sofort wieder die Immobilienblase ausgerufen. Für Andreas Dombret hingegen war die öffentliche Aufregung im Vorfeld bei der Vorstellung des Finanzstabilitätsberichts 2013 einmal mehr Anlass für eine relativierte Sicht der Dinge. Zwar weiß der zuständige Bundesbankvorstand sehr gut um die Gefahren des Niedrigzins umfeldes hinsichtlich der Vermögenspreisbildung und warnt vor der Möglichkeit plötzlicher Korrekturen. Er will mit Blick auf die Immobilienpreise auch keinesfalls Anreize für Investitionen ausschließen, die bei normalen Zinsen nicht getätigt worden wären. Aber dank einer soliden Schuldentragfähigkeit der privaten Haushalte, konservativen Kreditvergabestandards der Banken und einer moderaten Wachstumsrate der Immobilienkredite von 2,2 Prozent im dritten Quartal 2013 bergen die steigenden Immobilienpreise für ihn und die Bundesbank gegenwärtig keine übermäßigen Risiken für die Finanzstabilität, sondern allenfalls das Risiko von Vermögensverlusten von Immobilienkäufern, vor allem in Großstädten. Im Übrigen erhofft er sich von den laufen Abfragen bei Banken einen weiter vertieften Einblick in die Finanzierung von Wohnimmobilien.

Nicht zuletzt dank der leidvollen Erfahrungen mit Immobilienblasen in Spanien und Irland im Zuge der Finanzkrise und immer wieder geschärftem Blick für das konkrete Umfeld in Ländern wie der Schweiz, den Niederlanden und zuletzt auch Norwegen ist die Sorge um mögliche Immobilienblasen so stark in den Vordergrund gerückt, dass diese Art der Vermögenspreisblase wahrscheinlich nicht die nächste Krise auslösen dürfte.

Aber wer weiß schon welche Wirkungen diesbezüglich von wirklich großen Ländern ausgehen? Welche Neben wirkungen hat es beispielsweise, wenn in China die von vielen befürchtete Immobilienblase platzt. An dieser Stelle bleibt der Bundesbank meist nur der lapidare Appell, dass die Geldpolitik kein Reparaturbetrieb für Versäumnisse der Finanz- und Wirtschaftspolitik sein kann. Und generell wird keiner sagen können, die Bundesbank hätte nicht nachdrücklich vor Vermögenspreisblasen gewarnt.

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