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Hans-Joachim Strüder - Was bringen die Rentenmärkte nach einem ambivalenten Jahr 2006?

Die Rentenmärkte in den USA und der Eurozone zeigten im Jahr 2006 zwei völlig unterschiedliche Gesichter. Während die erste Jahreshälfte durch einen deutlichen Renditeanstieg beiderseits des Atlantiks geprägt wurde, konnten Festverzinsliche vor allem im historisch starken dritten Quartal sehr viel verlorenen Boden zurückerobern.

Erstes Halbjahr 2006 geprägt von steigenden Renditen

Die Sorge vor zunehmender Inflation bewog die US-Notenbank bis zur Jahresmitte den Leitzins in vier weiteren Schritten auf 5,25 Prozent anzuheben. Tatsächlich stieg die häufig als Maßstab herangezogene Kernrate der Verbraucherpreise (ohne Nahrungsmittel und Energie) von knapp über zwei Prozent (im Jahresvergleich) zu Jahresbeginn auf fast drei Prozent im Spätsommer. Damit lag sie deutlich oberhalb des Bereichs, der in den Reihen der Notenbank als "annehmbar" angesehen wird. In diesem Umfeld erreichte die Rendite zehnjähriger US-Treasuries Anfang Juli ihr Jahreshoch bei 5,27 Prozent nach 4,40 Prozent zu Jahresbeginn. Die US-Zinskurve blieb das gesamte Jahr über sehr flach. Nach einer kurzen Phase der Inversion zu Jahresbeginn verharrte die Rendite zweijähriger Treasuries im zweiten Halbjahr fast durchgehend leicht oberhalb jener von zehnjährigen Papieren.

Die Renditen am Euro-Rentenmarkt stiegen - synchron zu ihren US-Pendants - bis zur Jahresmitte ebenfalls an. Fundamental wurde diese Bewegung unterlegt von einer zunehmend besseren konjunkturellen Entwicklung in der Eurozone. Unter den großen Mitgliedstaaten war diese Entwicklung besonders auffällig in Deutschland, das zuvor lange Zeit als "kranker Mann Europas" apostrophiert wurde. Nach den bisher für das Gesamtjahr vorliegenden Daten erreichte Deutschland 2006 mit 2,5 Prozent das höchste Wachstum seit 2000, welches neben weiter starken Exporten von anziehender Investitionstätigkeit getragen wurde. Zehnjährige Bundesanleihen erreichten nach einem Renditeanstieg von rund 80 Basispunkten ihr Renditehoch (wie US-Staatsanleihen) im Juli bei 4,16 Prozent. Am kurzen Ende der Zinskurve stiegen die Renditen im Einklang mit der weiteren Straffung der Geldpolitik durch die EZB, welche die im Dezember 2005 begonnene Serie von Zinserhöhungen zunächst im Dreimonatsrhythmus fortsetzte. Bis zur Jahresmitte führte dies per saldo zu einer Parallelverschiebung auf der Euro-Zinskurve. Somit blieb der Renditespread zwischen zehnjährigen und zweijährigen Restlaufzeiten im Bereich von rund 50 Basispunkten.

Tendenz zur Kurvenabflachung in zweiter Jahreshälfte 2006

Die Kurve flachte im Verlauf des zweiten Halbjahres markant ab. Während die EZB ihren geldpolitischen Straffungskurs sogar beschleunigte, den Leitzins auf aktuell 3,5 Prozent anhob und damit die Renditen am kurzen Ende der Euro-Kurve weiter nach oben zog, war das lange Ende vor allem im Bann des US-Marktes. Ausgehend von schwachen Daten aus dem Immobilienmarkt setzte sich für die USA eine zunehmend pessimistische Einschätzung über die weitere Konjunkturentwicklung durch, die bis hin zu Rezessionsängsten für 2007 ging. Treasuries haussierten in diesem Umfeld, nur unterbrochen von jeweils kurzen Korrekturphasen. Besonders im November, als zum Immobilienmarkt noch weitere schwache Konjunkturdaten und relativ moderate Inflationsdaten hinzukamen, zeigten sich Bonds extrem freundlich. Die Rendite zehnjähriger US-Treasuries fiel zeitweise bis auf den Jahresanfangsstand bei 4,40 Prozent und zog die zehnjährige Bundrendite trotz eines unverändert positiven fundamentalen Umfelds in der Eurozone bis auf 3,65 Prozent mit nach unten. Vorübergehend ergab sich hierdurch sogar zum ersten Mal seit August 2000 wieder eine leicht inverse Euro-Zinskurve zwischen zehn und zwei Jahren Restlaufzeit.

Erst im Schlussmonat setzte eine erneute Gegenbewegung ein. Getragen wurde diese von starken US-Arbeitsmarktdaten und vor allem einer weiter positiven Stimmung unter den US-Konsumenten. Letzteres deutet darauf hin, dass das befürchtete Übergreifen der Immobilienmarktschwäche auf den Konsum zumindest bislang noch nicht stattgefunden hat. Infolgedessen wurden Zinssenkungserwartungen für die USA in 2007, die sich zuvor massiv am Markt etabliert hatten, wieder deutlich zurückgefahren. Der Markt näherte sich damit unserer eigenen Position an, die für die USA in den nächsten Monaten von einer Fortsetzung der seit Sommer andauernden Phase konstanter Leitzinsen bei 5,25 Prozent ausgeht. Zehnjährige US-Staatsanleihen rentierten zum Jahresende bei 4,70 Prozent und damit 30 Basispunkte höher als zu Jahresbeginn.

Die Renditen von Euro-Staatsanleihen stiegen im Dezember ebenfalls beträchtlich. Zehnjährige Bunds rentierten zum Jahresende 2006 bei 3,95 Prozent und trafen mit einem Renditeanstieg von rund 60 Basispunkten im Gesamtjahr unsere Prognose von Mitte Januar 2006, die bei 3,90 Prozent lag, fast exakt. Die Kurvensteilheit in der Eurozone kehrte mit der Marktbewegung im Dezember mit etwa fünf Basispunkten (zehnjährige zu zweijährige öffentliche Anleihen) wieder in den positiven Bereich zurück.

Jahresperformance 2006 am Rentenmarkt zweigeteilt

Gemessen an der Performance des deutschen Rentenindex Rex zählte das vergangene Jahr 2006 zu den fünf schlechtesten Rentenjahren am deutschen Euro-Rentenmarkt seit 1967. Da im Rex ein Kursverlust von 3,43 Prozent aufgrund des im Vergleich zur Vergangenheit weiterhin sehr niedrigen Renditeniveaus nur moderate laufende Einnahmen gegenüberstanden, erzielte der Rex in 2006 nur einen mageren Total Return von 0,27 Prozent. Obgleich die Renditen am kurzen Ende noch stärker stiegen als am langen Ende, versprach eine niedrige Kapitalbindungsdauer im letzten Jahr die eindeutig beste Performance. So erzielte etwa der Rex-Subindex für zweijährige Restlaufzeiten einen Total Return von 1,7 Prozent, während im zehnjährigen Bereich mit minus 0,93 Prozent ein negatives Ergebnis zu verbuchen war (Abbildung).

Perspektive 2007

Angesichts der zuletzt veröffentlichten US-Konjunkturdaten, und hier insbesondere derjenigen zum Immobilienmarkt, haben sich die Befürchtungen eines "hard landing" der US-Konjunktur weitgehend verflüchtigt. Entsprechend kräftig mussten die Finanzmärkte auch ihre Erwartungen hinsichtlich der künftigen US-Geldpolitik korrigieren. Wurde noch im Dezember mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen, dass die US-Notenbank im ersten Quartal 2007 die Zinsen senkt, hat sich diese Einschätzung am Anfang des neuen Jahres nahezu vollständig verflüchtigt. Aktuell wird nur noch eine zirka fünfprozentige Chance für eine Zinssenkung im ersten Halbjahr 2007 gesehen. Im Gleichklang mit dem skizzierten Szenariowechsel sind auch die Kapitalmarktrenditen beiderseits des Atlantiks kräftig gestiegen. So rentieren zehnjährige Bundesanleihen mit gegenwärtig 4,05 Prozent rund 40 Basispunkte über dem Stand von Anfang Dezember 2006.

Aus konjunktureller Perspektive ist die Wahrscheinlichkeit für eine Fortsetzung dieses Trends allerdings in gemäßigterem Tempo aus unserer Sicht hoch. Die Weltwirtschaft dürfte in 2007 das fünfte Jahr in Folge mit etwa fünf Prozent real wachsen. Die US-Wirtschaft steuert auf ein sogenanntes "soft landing" zu und die deutsche Konjunktur ist mit viel Schwung in das Jahr 2007 gestartet, der durch die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent nur temporär gedämpft werden dürfte. Dieses Szenario, das durch weiter steigende Unternehmensgewinne und eine deutliche Belebung am deutschen Arbeitsmarkt gekennzeichnet ist, kontrastiert allerdings mit im historischen Vergleich weiterhin außergewöhnlich niedrigen nominalen und realen Kapitalmarktrenditen.

Eine zentrale Rolle spielt in diesem Zusammenhang die strukturell verstärkte Nachfrage nach langlaufenden Anleihen durch Versicherungen und Pensionskassen im Rahmen des sogenannten Asset-Liability-Matching. Ebenso erhöhte sich die Nachfrage durch den Anlagebedarf aus den kräftig gestiegenen Devisenreserven einiger Zentralbanken (insbesondere Japan, China, Russland). Es erscheint jedoch riskant, davon auszugehen, dass die genannten strukturellen Faktoren die zyklischen Einflussfaktoren auf die Kapitalmarktzinsen dauerhaft überkompensieren. Vielmehr birgt ein Abbau der globalen Ungleichgewichte, wie sie insbesondere in Form des US-Außenhandelsdefizits bestehen, das Risiko, dass es zu einem sprunghaften Anstieg der Risikoprämien und gleichzeitig steigenden Kapitalmarktrenditen kommt.

Vor diesem Hintergrund und angesichts des gebrochenen langfristigen (seit 1995 bestehenden) Aufwärtstrends des Euro-Bund-Futures, der derzeit bei zirka 115,90 Prozent verläuft, rechnen wir mit weiter moderat steigenden Renditen am Euro-Rentenmarkt im Jahresverlauf und einer gleichzeitig steileren Zinskurve.

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