Gespräch des Tages

Kreditgeschäft II - Neue Aktivitäten in der KfW

Vor neuen Aufgaben schreckt KfW-Chef Ulrich Schröder keinesfalls zurück. Im Gegenteil, nach dem heftigen Reputationsschock für viele seiner langjährig gedienten Mitarbeiter im Zuge der Lehman-Pleite registriert er eine heilsame Bereitschaft im Haus, nach 60 Jahren neue Wege zu beschreiten. Der erste und wichtigste Schritt ins Neuland wurde der Förderbank des Bundes im Herbst vergangenen Jahres im Zuge des Konjunkturpakets II politisch vorgegeben. Anders als früher darf und soll sie nun auch Förderkredite an Unternehmen mit einem Jahresumsatz über 500 Millionen Euro geben. Und dabei muss die KfW Einzelkreditentscheidungen in bisher nicht gekanntem Ausmaß fällen. Beschränkte sich die Kreditvergabe zuvor auf 50 Millionen Euro, dürfen es jetzt auch 300 Millionen Euro und mehr sein. Belief sich die Obergrenze der Haftung bisher auf 5 Millionen Euro, können es jetzt bei bis zu 70 Prozent des ausgereichten Volumens schon im Einzelfall bis zu 210 Millionen Euro werden. Folgte die Kreditvergabe bisher ausschließlich dem sogenannten Durchleitungsprinzip über die Hausbanken, gehört nun auch die direkte Kreditvergabe zum Instrumentarium. Konkret kann sich die Förderbank an Konsortien beteiligen, solange sie in der Minderheit bleibt. Aber rückt sie mit 49 Prozent nicht schon ab einer Dreierkonstellation faktisch in eine Lead-Position?

Die schillerndsten Fälle der neuen Fördervarianten sind mit Porsche und Arcandor mehr oder weniger breit in die Öffentlichkeit getragen worden. Aber auch abseits der allgemeinen Wahrnehmung läuft dieses Geschäft in den letzten Wochen stärker an. Ein Stab von 50 Mitarbeitern für dieses gesamte Aufgabenfeld ist schon aufgebaut, zehn weitere sollen noch hinzukommen.

Dass die Förderbank derzeit auch mit ungewöhnlichen Methoden in die Finanzierung der Wirtschaft eingebunden werden muss, ist nachvollziehbar. Größere langfristige Projekte lassen sich ohne öffentliche Gelder selbst bei vollständiger Absicherung durch Bürgschaften der öffentlichen Hand kaum darstellen. So ist beispielsweise die private Kreditwirtschaft beim Flughafen Berlin nur für rund 400 Millionen Euro des erforderlichen Finanzierungsvolumens von 2,4 Milliarden Euro zu begeistern, der Rest bleibt trotz staatlicher Abschirmung bei Förderinstituten. Aber durch all die zusätzlichen Aufgaben rund um das Konjunkturpaket II ist derzeit die traditionelle Mittelstandsförderung der KfW um einen Bereich ausgeweitet, der deutlich über die Vorstellungen vom klassischen Fördergeschäft hinausgeht. Mit dem neuen Betätigungsfeld erhöhen sich insbesondere die Anforderungen an das Risikomanagement - und zwar ebenfalls auf einem ganz neuen Spielfeld. In seinen jüngsten Äußerungen hat Ulrich Schröder diese Verschiebungen des Tätigkeitsfeldes der staatlichen Förderbank durchaus anklingen lassen. Aus heutiger Sicht hält er zwar das Subsidiaritätsprinzip hoch und deutet an, dass sich die KfW wieder aus den neu zugewachsenen Kreditvergabeprozessen im weitesten Sinne zurückzieht, wenn die Konjunkturkrise überwunden ist und private Institute das wieder (besser) machen können. Aber wenn Strukturen in öffentlichen wie auch in privaten Organisationen erst einmal geschaffen sind, entwickeln sie bekanntlich ein zähes Beharrungsvermögen.

Optimistisch bewertet der KfW-Chef übrigens die Sanierung seines Hauses. Ohne schon Zahlen zu nennen, hat er in der zweiten Juli-Woche Hoffnung auf ein Halbjahresergebnis gemacht, das eher positiv überraschen dürfte. Dank der im Vergleich zur privaten Kreditwirtschaft überaus günstigen Refinanzierungsbedingungen sieht er die Möglichkeit, die klassische Fördertätigkeit aufrechtzuerhalten und dennoch wieder das Polster zu legen, das durch das IKB-Engagement aufgebraucht worden ist.

Einen möglichen Druck der Eigentümer auf die Konditionen- und/oder die Risikopolitik befürchtet er nicht. Und für die Zukunft schwebt ihm ohnehin vor, sein Haus unter Corporate-Governance-Gesichtspunkten näher an das KWG heranzuführen und mit den notwendigen Ausnahmetatbeständen der Aufsicht der BaFin zu unterstellen. Ein stärkerer Bankstatus seines Hauses, so die Botschaft, wäre für den Bund nützlicher. Man kann das freilich auch anders wenden: Bei den derzeitigen Aufgaben der KfW rund um das Konjunkturpaket II mit all ihrem Risikopotenzial, kann es der Öffentlichkeit nur wohl sein, wenn die Förderbank unter die Bankenaufsicht rückt.

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