Aufsätze

Mehr als die Summe seiner Teile - zum Status der Regulierung von Verbriefungen

Das Thema "Verbriefung" stellt lediglich ein Gewerk auf der Großbaustelle "Regulierung des Finanzsektors" dar, auf welcher seit mehreren Jahren fieberhaft daran gearbeitet wird, die Stabilität des Finanzsystems zu erhöhen und eine Wiederholung der Ereignisse der Jahre 2007 ff. zu vermeiden. Allein die vollständige Umsetzung des bereits heute vorliegenden Regelwerkes wird sich noch bis zum Ende dieser Dekade hinziehen. Umfassende strukturelle Anpassungen von Märkten und Marktteilnehmern, aber auch bei den Aufsichtsbehörden sind die Folge.

Vielfältige Wechselwirkungen

Die Rahmenbedingungen für alle Beteiligten werden zunehmend komplexer, was Durch- und Überblick in gleichem Maße erschwert. Vielfältige Wechselwirkungen zwischen Regulierung und Finanzmärkten, aber auch im Verhältnis von Finanz- und Realwirtschaft sind darüber hinaus zu berücksichtigen. Verbriefung und ihre Regulierung sollte - möglichst unvoreingenommen - in dem so umrissenen Gesamtkontext betrachtet werden, und nicht als isoliertes Phänomen. Nur durch eine sorgfältige Analyse von Wirkungszusammenhängen kann vermieden werden, dass am Ende des Tages zwar die Operation gelungen, der Patient (Verbriefung) jedoch tot ist.

Ganz aktuell finden sich Anzeichen für einen gewissen regulatorischen Paradigmenwechsel. Basierend auf der Erkenntnis, dass die Komplexität der Regulierung vielleicht bereits zu groß geworden ist und hierunter insbesondere die Vergleichbarkeit einzelner Sachverhalte leidet, werden Stimmen laut, die Vereinfachungen fordern.1) Andrew Haldane von der Bank of England legt in seiner bekannten Rede "The dog and the frisbee"2) nicht nur eindrucksvoll dar, warum ein Border Collie trotz Unkenntnis von Newtons Gesetz der Schwerkraft beim Fangen der Frisbee-Scheibe einem promovierten Physiker überlegen ist. Er zieht darüber hinaus eine Analogie zwischen dem Frisbee-Spiel und der Beherrschung einer Krise und kommt zu einer bemerkenswerten Conclusio:

"Modern finance is complex, perhaps too complex. Regulation of modern finance is complex, almost certainly too complex. That configuration spells trouble. As you do not fight fire with fire, you do not fight complexity with complexity. Because complexity generates uncertainty, not risk, it requires a regulatory response grounded in simplicity, not complexity."

"Delivering that would require an aboutturn from the regulatory community from the path followed for the better part of the past 50 years. If a once-in-a-lifetime crisis is not able to deliver that change, it is not clear what will. To ask today's regulators to save us from tomorrow's crisis using yesterday's toolbox is to ask a border collie to catch a Frisbee by first applying Newton's Law of Gravity."

Auswirkungen auf die Finanzierung der Realwirtschaft

Als Ausdruck eines Paradigmenwechsels ist auch die intensiver werdende öffentliche Diskussion um die Auswirkungen von Finanzmarktregulierung auf die Finanzierung der Realwirtschaft zu werten, wie sie im März diesen Jahres von der EU-Kommission angestoßen wurde.3)

"In response to the financial crisis, the EU has been pursuing a comprehensive programme of financial reform. When taking stock of all enacted and planned future changes to prudential regulations addressing the various financial actors (banks, insurers, pension providers etc.) an important question is whether their cumulative impact on long-term macroeconomic capital formation could be greater than the simple sum of effects of each reform taken in isolation. This calls for a close monitoring of any cumulative effects of prudential reforms. International regulatory bodies such as the Financial Stabiltiy Board and the G20 Group of Finance Ministers and Central Banks are already looking into this. The challenge consists in achieving the regulatory goals of greater macro-financial stability and global regulatory convergence in a way that minimises any negative incentives for financing productive long-term investment."

Der vorliegende Beitrag ist "nicht-technisch" und soll den Versuch unternehmen, aus der Vogelperspektive und durchaus holzschnittartig das große Bild zu skizzieren.

Verbriefung im Wandel

Einordnung und Beurteilung der aktuellen Situation lassen sich leichter bewerkstelligen, wenn man sich vergegenwärtigt, in welcher Phase seines "Produktlebenszyklus" sich der Verbriefungsmarkt befindet. Es können grob drei Phasen der Marktentwicklung unterschieden werden:

- Entwicklung bis zum Ausbruch der Krise im Jahr 2007 (Verbriefung 1.0),

- Entwicklung seit dem Ausbruch der Krise bis heute (Verbriefung 2.0),

- Entwicklung nach Umsetzung der aktuellen regulatorischen Projekte (Verbriefung 3.0).

Bis zum Ausbruch der Krise im Jahr 2007 kann die Entwicklung des Verbriefungsmarktes am besten durch das Attribut "dynamisch" charakterisiert werden. Als Kehrseite dieser Dynamik kam es leider in bestimmten Marktsegmenten zu Übertreibungen. Dem unbenommen ist auch aus heutiger Sicht die Performanceentwicklung des Verbriefungsmarktes "Stand Mitte 2007" insgesamt als sehr ordentlich zu bezeichnen. Analysen4) ergeben, dass, bezogen auf das Mitte 2007 in Europa ausstehende Anleihevolumen von 2,8 Billionen Euro, bis zum Jahr 2013 weniger als 1,5 Prozent ausgefallen sind. Damit unterscheidet sich der europäische Markt deutlich von seinem US-amerikanischen Gegenstück, das als einziger großer Verbriefungsmarkt das Phänomen "Subprime" vorzuweisen hat und für den gleichen Zeitraum eine kumulierte Ausfallrate von 17,4 Prozent, bezogen auf alle Marktsegmente 5,8 Billionen Euro ausstehende Anleihen, erreicht. Festzuhalten ist, dass Qualität und Performance bereits der Kategorie Verbriefung 1.0 wesentlich besser ist als ihr Ruf - wenn die Analyse ausreichend differenziert erfolgt.

Bereinigungsprozess

Nach Ausbruch der Krise hat ein Bereinigungsprozess eingesetzt, und bekannte Missstände der Verbriefung 1.0 wurden ausgemerzt, insbesondere sind Produkte wie US-Subprime RMBS, CDOs und Arbitrage-Investment-Vehikel in der Bedeutungslosigkeit versunken. Originate-to-Distribute-Transaktionen werden durch verpflichtenden Risikoeinbehalt und das Erfordernis konsistenter Kreditvergabe für verbriefte und nicht verbriefte Kredite praktisch unterbunden. Verbindliche Vorgaben zu Investor Due Diligence und organisatorischen Vorkehrungen beim Investor verhindern ein leichtfertiges "Trittbrettfahren".

Der weit verbreitete Vorwurf der Intransparenz von Verbriefungen ist spätestens seit Umsetzung des EZB-Loan-Level-Datenerfordernisses und Schaffung des European Data Warehouse nicht mehr haltbar. Zu einem Mehr an Transparenz und einer Etablierung qualitativer Standards haben in erheblichem Maße die Aktivitäten von True Sale International (TSI) und Prime Collateral Securities (PCS) beigetragen. Auch wenn sich der häufig vorgetragene Wunsch nach "Standardisierung" von Verbriefungen als eher theoretisches, praxisfernes Konstrukt nicht materialisiert hat, kann qualitativ der aktuelle Stand der Dinge durchaus bereits als "Verbriefung 2.0" bezeichnet werden.

Gegenwärtig befindet sich der Verbriefungsmarkt vor allem aufgrund der anstehenden regulatorischen Veränderungen in einer Übergangsphase, die nach Umsetzung und Adaption in "Verbriefung 3.0" münden wird. Nicht zuletzt vom Ausgang der regulatorischen Diskussion hängt es ab, ob diese Version noch eine nennenswerte Größe darstellt oder nur noch eine für Emittenten und Investoren relativ uninteressante "quantité négligeable".

Eine Quelle großer Unsicherheit

Nachfolgende Zusammenstellung aktueller regulatorischer Projekte mit wesentlichem Bezug zu Verbriefungen (Tabelle) soll zumindest ein Gefühl dafür vermitteln, mit welcher Frequenz und Intensität sich Aufsicht und Marktteilnehmer seit Ende letzten Jahres den regulatorischen Rahmenbedingungen des Verbriefungsmarktes widmen müssen. Gleichzeitig wird verständlich, dass aufgrund der Vielzahl meist weitreichender Änderungen bis zum Vorliegen endgültiger verbindlicher Ergebnisse eine große Unsicherheit auf dem Markt lastet, in Fällen wie Solvency II sogar über mehrere Jahre hinweg. Die Beispiele "Kreditnehmereinheiten" und "Liquidity Coverage Ratio" illustrieren das spezifische, zusätzliche Verwirrung stiftende Phänomen nahezu gleichzeitiger Verlautbarungen (BCBS und European Banking Authority, EBA) mit unterschiedlicher Bindungswirkung und zum Teil divergierenden Inhalten.

In diesem Abschnitt soll die Essenz der aus Sicht des Verfassers für den Verbriefungsmarkt relevantesten Regulierungsprojekte in aller Kürze zusammengefasst werden. In keinem Fall liegen finale Ergebnisse vor, zum Teil ist der Zeitplan mit Unsicherheiten behaftet. Kurz gesagt, ist alles noch im Fluss und einiger Gestaltungsspielraum bei der abschließenden Formulierung des Regelwerkes vorhanden.

Basel III.5: Die Revision des Verbriefungsrahmenwerkes regelt die künftige Eigenkapitalunterlegung von Verbriefungspositionen durch Banken. Aufgrund der noch in diesem Jahr erwarteten zweiten Konsultationsrunde ist es müßig, Details der ersten "Runde" zu schildern und es wird insoweit auf die entsprechenden Stellungnahmen, unter anderem der TSI und der Global Financial Markets Association (GFMA) verwiesen.5) Nach derzeitigem Stand wären Verbriefungen unter Eigenkapitalaspekten für Bankinvestoren beziehungsweise Emittenten im Vergleich zu Alternativen wie Unternehmens- und Bankanleihen sowie Pfandbriefen und anderen Covered Bonds nicht mehr kompetitiv.

Wie und in welcher Form der BCBS auf die massive, von Banken- und Industrieseite vorgebrachte Kritik an seinen Vorschlägen eingeht, ist offen. Im Rahmen der Konsultationsauswertung haben unter anderem verschiedene Gespräche zwischen dem BCBS und Marktteilnehmern stattgefunden, bei denen nicht nur technische Details und Makroimplikationen diskutiert, sondern auch zwei alternative Verfahren vorgestellt wurden.6) Es ist ebenfalls offen, ob und inwieweit diese Verfahren beziehungsweise einzelne Elemente hieraus in die überarbeiteten BCBS-Vorschläge einfließen werden.

Solvency II: Nachdem die Level-1-Richtlinie "Solvency II", welche unter anderem die künftigen Eigenkapitalvorschriften für Versicherungsunternehmen enthält, bereits im Dezember 2009 veröffentlicht wurde, ist der Level-2-Umsetzungsprozess unter Einbindung der European Insurance and Occupational Pensions Authority (EIOPA) zwischenzeitlich ins Stocken geraten und der voraussichtliche Termin des Inkrafttretens des neuen Regelwerkes mehrfach verschoben worden. Nach den letzten, Ende 2012 von EIOPA veröffentlichten technischen Spezifikationen zu Solvency II würde sich eine prohibitiv hohe Eigenkapitalunterlegung von Verbriefungen ergeben. Sie läge nach dem vermutlich breite Anwendung findenden Standardansatz für AAA-Tranchen bei sieben Prozent pro Jahr Duration. Insgesamt würden Direktinvestments in Verbriefungen unter Eigenkapitalaspekten relativ unattraktiv im Vergleich zu anderen Anleihesektoren, aber auch im Vergleich zu Investments in nicht-verbriefte Kreditportfolios.

Diskussion um die Langfristfinanzierung der Realwirtschaft

Zwischenzeitlich erging durch die Europäische Kommission an EIOPA der Auftrag, vor dem Hintergrund der Diskussion um die Langfristfinanzierung der Realwirtschaft, für das Segment der SME-Verbriefungen eine Rekalibrierung des Standardansatzes zu prüfen. Der Ausgang der Konsultation ist noch unbekannt. Es ist zu hoffen, dass derartige Überlegungen möglichst auf den gesamten Verbriefungsmarkt, soweit er als von ausreichender Qualität anerkannt wird, ausgedehnt werden. Die bedeutende Investorengruppe der Versicherungsunternehmen sollte für Verbriefungen erhalten und weiter erschlossen werden, nicht zuletzt auch um einen Stabilität fördernden sektorübergreifenden Transfer von Risiken zu ermöglichen.

Liquidity Coverage Ratio (LCR): Nachdem die LCR grundsätzlich ein Bestandteil des CRD-IV-Paketes ist und eine erste Empfehlung zu ihrer Ausgestaltung im Januar 2013 vom BCBS veröffentlicht wurde, steht eine detaillierte und verbindliche Abgrenzung ihrer zentralen Komponente Liquiditätspuffer beziehungsweise "High Quality Liquid Assets (HQLA)" im europäischen Aufsichtsrecht jedoch noch aus. Diese Aufgabe wird im Rahmen der CRR auf die EBA delegiert. Das Ergebnis der Konsultation, welche im März 2013 endete, und bei der es vor allem um die Festlegung einer geeigneten Methodik zur Bestimmung liquider Assets ging, steht noch aus.

Nach dem jetzigen Stand der Diskussion beziehungsweise den BCBS-Empfehlungen würden Verbriefungen nur sehr restriktiv, faktisch im Wesentlichen beschränkt auf britische Prime RMBS, zugelassen. Darüber hinaus droht die Determinierung von HQLA durch die EBA zur "self fulfilling prophecy" zu werden, das heißt die Liquidität von nicht für die LCR qualifizierten Assets, wie Auto-ABS oder SME-CLO, wird sich in der Folge reduzieren, da Banken-Treasuries praktisch aus dem Investorenkreis ausscheiden. Entsprechend steigen ceteris paribus durch einzupreisende Illiquiditätsprämien die Finanzierungskosten der Emittenten. Schließlich ist fraglich, ob die bisherigen Emissionsvolumina weiterhin platzierbar sein werden.

Kreditnehmereinheiten: Dem Verbriefungsmarkt droht auch erhebliches Ungemach aus der Änderung einer eher technischen Vorschrift des klassischen Kreditgeschäfts zur Bildung von Kreditnehmereinheiten. Die Praxis orientiert sich derzeit an einer CEBS-Leitlinie aus dem Jahr 2009. BCBS und EBA haben hierzu parallel Konsultationen durchgeführt. Das Grundprinzip besteht darin, im Rahmen eines "Granularitätstests" festzustellen, ob ein Einzelexposure im verbrieften Port folio mehr als einen bestimmten Prozentsatz am gesamten Transaktionsvolumen ausmacht. Falls ja, muss ein sogenanntes "Look-through-Verfahren" angewendet werden.

Durchschauregelung

Hierbei muss durch die Anleihetranche, in die investiert wurde, sowie das zugrunde liegende verbriefte Portfolio durchgeschaut und die Emittenten beziehungsweise Kreditnehmer der einzelnen Assets - und damit letztlich Konzentrationsrisiken - identifiziert werden. Erfolgt keine Identifizierung des vollständigen Portfolios beziehungsweise ist diese nicht möglich, muss die gesamte Transaktion in einer Sammelposition "unknown client" ausgewiesen werden, welche als solche wiederum entsprechend im Rahmen von regulatorischen Großkreditvorgaben zu berücksichtigen ist.

Die nach bisheriger Praxis mögliche partielle Durchschau soll nicht mehr zulässig sein. Wäre demnach von zum Beispiel 100 Einzelexposures eines nicht zu identifizieren, müsste nach den EBA-Vorschlägen die gesamte Transaktion der Position "un known client" zugerechnet werden. Der wesentliche Unterschied zwischen BCBS und EBA besteht darin, dass Letztere vollständig auf einen vorgeschalteten Gra nularitätstest verzichtet und damit die Durchschauverpflichtung allgemeinverbindlich vorschreiben will, während der BCBS "nur" die Schwelle von derzeit fünf Prozent auf ein Prozent absenken möchte. Die gesamte Regelung soll auch für das Handelsbuch einer Bank gelten. Grundsätzlich ist aus der Perspektive des Risikomanagements eines Finanzinstituts die Kosten-Nutzen-Relation einer Durchschau in ein Verbriefungsportfolio mit sehr oft mehreren Tausend Einzelexposures kritisch zu hinterfragen. Restriktionen aufgrund von Datenschutz sind auch nicht berücksichtigt. Insgesamt ergäben sich für den Verbriefungsmarkt wahrscheinlich fatale Konsequenzen aus dem EBA-Vorschlag, da ohne Granularitätstest oft vermutlich die Gesamtheit aller Verbriefungsinvestments einer Bank der Auffangposition "unknown client" zuzuordnen und diese entsprechend aufgebläht wäre. Auch die vom BCBS vorgeschlagene Absenkung der aktuell vorgesehenen Schwelle von fünf Prozent auf ein Prozent erscheint zu weitgehend, da selbst bei hoch granularen Portfolios oft einzelne Exposures über diesem Wert liegen. Schließlich erscheint eine Ausweitung auf das Handelsbuch in der Praxis nur schwer praktikabel und dürfte Market Making und damit Liquidität erheblich beeinträchtigen.

CRA III: Über die skizzierten, bereits bestehenden Transparenzanforderungen hinaus, formuliert nun auch die letzte Novelle der Regulierung für Ratingagenturen (Verordnung (EU) Nr. 462/2013 vom 21. Mai 2013 beziehungsweise CRA III) zusätzliche, umfassende Informationserfordernisse für Emittenten, Originatoren und Sponsoren von Verbriefungen mit Sitz in der Europäischen Union. Gemäß Artikel 8b von CRA III wird die European Securities and Markets Authority (ESMA) damit beauftragt, eine Website einzurichten, auf der folgende Informationen veröffentlicht werden müssen: (1) Kreditqualität und Wertentwicklung der verbrieften Forderungen, (2) Struktur der Verbriefungstransaktion, (3) Cashflows und alle etwaigen Sicherheiten, mit denen eine Verbriefungsposition unterlegt ist, (4) alle Angaben, die benötigt werden, um umfassende und fundierte Stresstests in Bezug auf die Cashflows und Besicherungswerte, die hinter den zugrunde liegenden Forderungen stehen, durchführen zu können.

Zentrale Informationsplattform

Technische Regulierungsstandards zur Spezifizierung der Anforderungen sollen der Europäischen Kommission von ESMA bis zum 21. Juni 2014 vorgelegt werden. Eine zentrale Informationsplattform ist eine gute Idee. Im Ergebnis formuliert Artikel 8b vor allem jedoch auch das Erfordernis zur Bereitstellung von Loan-Level-Daten im Sinne umfassender Detailinformationen auf Ebene der einzelnen verbrieften Forderungen einer Transaktion. Informationen, welche bereits als Voraussetzung für die Anerkennung als EZB-Collateral bereit stehen, würden insoweit lediglich dupliziert.

Der Zugriff auf die vom European Data Warehouse vorgehaltenen Informationen ist für Investoren gegen ein geringes Entgelt von derzeit 500 Euro per annum möglich. Per saldo könnte in puncto Loan-Level-Daten ein erheblicher Mehraufwand für die Datenbereitstellung entstehen, der sich nochmals in dem Maße erhöht, in welchem die künftige Datenspezifizierung durch ESMA von derjenigen in den EZB-Datentemplates abweicht, ohne dass hieraus ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn fü1r Marktteilnehmer oder Aufsichtsbehörden resultiert.

Schattenbanken: In Umsetzung entsprechender G20-Beschlüsse wird die Initiative zur Aufsicht und Regulierung des Schattenbankensystems durch den Financial Stability Board (FSB) vorangetrieben. Das Zielobjekt Schattenbankensystem wird abstrakt und umfassend definiert als "credit intermediation involving entities and activities (fully or partially) outside the regular banking system" beziehungsweise "non-bank credit intermediation". Dem FSB ist dabei bewusst, dass diese Form der Kreditintermediation, zu der auch die Verbriefung zählt, eine "valuable alternative to bank funding that supports real economic activity" darstellt und er betont, dass letztlich ein "resilient system of non-bank credit intermediation would be welcomed".

Im Kern konzentrieren sich die Überlegungen des FSB trotzdem insbesondere auch auf das Thema Verbriefung. Im Rahmen der Herleitung der generellen Motivation des FSB werden zuvorderst die während der Krise aufgetretenen Verwerfungen bei Asset Backed Commercial Paper (ABCPs), Structured Investment Vehikeln (SIVs) und Money Market Funds (MMFs) angeführt. Entsprechend wird die Verbriefung in drei von fünf der vom FSB eingesetzten "workstreams" behandelt, welche den künftigen regulatorischen Rahmen für das Schattenbankensystem erarbeiten sollen, nämlich denjenigen zu Geldmarktfonds, sonstigen Schattenbanken und explizit Verbriefung selbst. Konkrete Ergebnisse dieser Arbeitsgruppen wurden bis zur Fertigstellung dieses Beitrags noch nicht veröffentlicht, sollen jedoch auf dem G20-Treffen Anfang September diskutiert werden. Gleichzeitig wird ein Bericht der Europäischen Kommission zur Schattenbankenregulierung erwartet.

Anlass zur Besorgnis

Die Ausführungen sollten klar gemacht haben, dass - um im einleitend verwendeten Bild zu bleiben - die Großbaustelle "Regulierung des Finanzsektors" bereits bei Fokussierung auf den Verbriefungsmarkt enorme Dimensionen aufweist. Gleichzeitig ist sie noch ein gutes Stück von der Fertigstellung entfernt. Zum Glück, denn die Konstruktionspläne der Bauabschnitte, welche den Verbriefungsmarkt betreffen, sind für dessen Fortbestand und künftige Entwicklung von entscheidender Bedeutung. Soweit sie bislang im Detail eingesehen werden konnten, gab es für den Verbriefungsmarkt durchaus Anlass zur Besorgnis, und ihm schien zumindest keine tragende Rolle zugedacht zu sein. Mittlerweile besteht jedoch Grund zur Hoffnung, dass die Konstruktionspläne auf Basis besserer Erkenntnisse noch verändert werden, insbesondere im Sinne einer besseren Statik des Gesamtsystems.

Fußnoten

1) Vgl. Basel Committee on Banking Supervision (BCBS) "The regulatory framework: balancing risk sensitivity, simplicity and comparability", Juli 2013.

2) Vgl. http://www.bankofengland.co.uk/publications/ Pages/speeches/2012/596.aspx.

3) Vgl. EU-KOM "Green paper on long-term financing of the European economy - Frequently Asked Questions", 25. März 2013.

4) Vgl. S&P "Transition Study: Less than 1.5 per cent of European Structured Finance has defaulted since mid 2007", 11. Juni 2013.

5) Veröffentlichte Stellungnahmen sind zu finden unter http://www.bis.org/publ/bcbs236/comments.htm.

6) Eine Gruppe von Banken hat den sogenannten "Arbitrage Free Approach (AFA)" erarbeitet. Vgl. hierzu Georges Duponcheele, William Perraudin, Daniel Totoum-Tangho "A principles-based approach to regulatory capital for securitisations", 21. April 2013 und von den gleichen Autoren "The simplified Arbitrage Free Approach: Calculating securitisation capital based on risk weights alone", 1. Juli 2013. Beide Aufsätze zu finden auf http://riskcontrollimited.com/ afa_capital.html. Daneben hat der Hedge Fund Gordian Knot als Stellungnahme zur Konsultation einen relative simplen, renditebasierten Vorschlag unterbreitet, vgl. hierzu Gordian Knot "A return-allocated capital-equivalence approach for securitisations", 22. April 2013, veröffentlicht auf http://www.bis. org/publ/bcbs236/comments.htm.

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