Aufsätze

Neues zur Corporate Governance bei Sparkassen - Due Diligence und Organhaftung

Seit dem Wegfall von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung im Sommer 2001 unterliegen Sparkassen am Markt den gleichen Wettbewerbsbedingungen wie private Kreditinstitute. Seitdem sind im Sparkassensektor Entwicklungen zu verzeichnen, die zwar die kommunale öffentliche Eigentümerstellung unberührt lassen, die die Sparkassen jedoch sowohl in ihrem Marktauftritt als auch in ihrer inneren Organisationsstruktur ihren Wettbewerbern annähern.

Neue rechtliche Rahmenbedingungen

Veränderungen unterliegen zunächst die äußeren rechtlichen Rahmenbedingungen, innerhalb derer Sparkassen am Markt agieren. Genannt seien zwei Beispiele: Das Oberlandesgericht Rostock hat mit rechtskräftigem Urteil1) festgestellt, dass Sparkassen keine öffentlichen Auftraggeber sind und daher nicht die Bestimmungen des Vergaberechts zu beachten haben. Denn Sparkassen trügen seit Abschaffung von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung ihr unternehmerisches Risiko ausschließlich selbst. Sparkassen seien uneingeschränkt dem Wettbewerb unterliegende Unternehmen. Die Beziehung zwischen dem öffentlichen Eigentümer und einer Sparkasse unterscheide sich nicht von einer "normalen wirtschaftlichen Eigentümerbeziehung" gemäß marktwirtschaftlichen Grundsätzen.

Zunehmend in Frage gestellt werden auch die sich aus der bislang wie selbstverständlich angenommenen "Amtsträgereigenschaft" von Sparkassenvorständen und

-mitarbeitern ergebenden geschäftlichen Restriktionen. Bekanntlich war Sparkassen nach verbreiteter Rechtsansicht etwa der Verkauf notleidender Kreditforderungen an Dritte verwehrt. Denn die hiermit verbundene Weiterreichung von Kreditnehmerdaten an einen Erwerber hätte für "Amtsträger" den Straftatbestand des "Geheimnisverrats" erfüllt. Nunmehr hat das Oberlandesgericht Schleswig in einem aktuellen Urteil2) klargestellt, dass auch in diesem Zusammenhang für Sparkassen die gleichen Bedingungen gelten wie für private Kreditinstitute.

Annäherung der inneren Organisation an privatwirtschaftliche Strukturen

Der zunehmenden Wettbewerbsausrichtung der äußeren rechtlichen Rahmenbedingungen der Sparkassentätigkeit korrespondiert - stets innerhalb der öffentlichen Rechtsform - eine Annäherung der inneren Organisation an privatwirtschaftliche Strukturen. Auch hierfür seien zwei Beispiele genannt: Das Niedersächsische Sparkassengesetz vom 16. Dezember 2004 führte einerseits zu einer erheblichen Deregulierung des Sparkassengeschäftsrechts. Zahlreiche aufsichtsbehördliche Genehmigungsvorbehalte sowie die Geschäftsbeschränkungen der Niedersächsischen Sparkassenverordnung sind entfallen. Damit sind den niedersächsischen Sparkassen nunmehr alle - unter Umständen auch bankfremden - Geschäfte erlaubt wie ihren privaten Konkurrenten auch. Andererseits wurden die neuen "wettbewerblichen Spielregeln" vom niedersächsischen Gesetzgeber auch auf Funktionen, Pflichten und Verantwortung der Sparkassenorgane bezogen. Vorstände und Verwaltungsräte wurden den gleichen Haftungsregeln unterworfen wie Vorstände und Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften (Einzelheiten siehe unten).

Beispiel Hessen

Das neue Hessische Sparkassengesetz vom 29. März 2007 hat sich bei seinen Neuregelungen zum Verwaltungsrat ausdrücklich an "internationalen Entwicklungen" bei börsennotierten Aktiengesellschaften orientiert. Unter Hinweis auf "international gültige Corporate Governance Standards" hat der hessische Landesgesetzgeber die Rechtsstellung des Verwaltungsrats als Aufsichtsgremium erstmals detailliert geregelt.

Hierzu zählen neben der Richtlinienkompetenz hinsichtlich der Geschäftspolitik des Vorstandes vor allem die Verpflichtung zu uneigennütziger Tätigkeitsausübung, die Weisungsfreiheit sowie die Verschwiegenheitspflicht für Verwaltungsratsmitglieder in Anlehnung an das Aktiengesetz, mithin: gestiegene Sorgfaltsanforderungen und damit ein gestiegenes Haftungsrisiko. Hinzu kommt - nicht zuletzt bankaufsichtsrechtlich motiviert - ein stetiges Ansteigen der Anforderungen an die Sachkunde und damit die Professionalität bei Verwaltungsratsmitgliedern (in allen Bundesländern).

Bis hierhin wird deutlich: Größere Gestaltungsspielräume von Vorstand und Verwaltungsrat einerseits führen zu einer erhöhten Organverantwortlichkeit andererseits. Diese Entwicklung wird sich künftig auch und vor allem auswirken auf Sorgfaltsmaßstäbe und Haftung, etwa im Zusammenhang mit Fusionen beziehungsweise Akquisitionen (zum Beispiel von Stammkapitalanteilen an anderen Sparkassen).

Organpflichten bei Unternehmenstransaktionen

Im Bereich des privaten Gesellschaftsrechts werden Unternehmensakquisitionen, sei es im Wege des Anteilskaufs (Share Deal) oder im Wege des Erwerbs der Vermögensgegenstände des Zielunternehmens (Asset Deal) nur nach Durchführung einer umfassenden Unternehmensanalyse (Due Diligence) und Unternehmensbewertung durchgeführt. "Due Diligence" bedeutet wörtlich übersetzt die "im Verkehr erforderliche Sorgfalt".

Der Ursprung liegt im anglo-amerikanischen Wertpapierrecht und bezog sich zunächst auf den Entlastungsbeweis den einer Sorgfaltsverletzung beschuldigte Organe und Personen führen konnten, indem sie nachwiesen, dass sie im Vorfeld einer Transaktion eine angemessene Untersuchung (Reasonable Investigation) durchgeführt, also die im Verkehr erforderliche Sorgfalt angewandt hatten und deshalb von der Richtigkeit ihrer Angaben ausgehen konnten.4)

Unter Due Diligence wird heute die intensive ganzheitliche Unternehmensanalyse verstanden, die in Deutschland bei Unternehmenstransaktionen seit vielen Jahren Anwendung findet und sich als Standard etabliert hat. Für den Unternehmenskauf umschreibt die Due Diligence die vorbereitende Untersuchung des Kaufobjekts, die zumeist vor oder während der laufenden Vertragsverhandlungen durchgeführt wird. Sie beinhaltet unter anderem die systematische und detaillierte Prüfung, Analyse und Bewertung von quantitativen und qualitativen Informationen und Daten eines Unternehmens mit dem Ziel, ein aussagefähiges Gesamtbild der Zielgesellschaft zu erlangen. Kein Erwerber möchte die sprichwörtliche "Katze im Sack" kaufen oder einen überhöhten Preis dafür zahlen.

Die Durchführung einer Due Diligence ist einerseits mit Aufwand und Kosten verbunden. Die mit ihrer Hilfe abgebaute Informationsasymmetrie zwischen Veräußerer und Erwerber wirkt sich aus Sicht des Letzteren aber regelmäßig positiv aus. Denn sie ist in der Lage, sein Risiko zu minimieren. Vielfach resultieren die Ergebnisse der Due Diligence in einer Anpassung des Angebots- oder Kaufpreises oder führen, falls einzelne Risiken nicht quantifizierbar sind, zu der Aufnahme von Zusicherungen und Garantien im Kaufvertrag. Teilweise wird nach Durchführung einer Due Diligence auch ganz von einer riskanten Transaktion Abstand genommen.

Dem Vorstand einer Aktiengesellschaft steht bei der Entscheidung über eine Unternehmenstransaktion zwar ein unternehmerisches Ermessen zu. Die Befugnis zum Eingehen von Risikogeschäften ist jedoch nicht schrankenlos. In jedem Fall bedarf eine Vorstandsentscheidung zunächst der angemessenen Informationsbeschaffung, um die eigentliche Entscheidung auf der Grundlage möglichst umfassender Sachverhaltskenntnis zu treffen. Die Entscheidungsgrundlage muss so weit wie möglich und angemessen aufbereitet werden.

Aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in seiner "ARAG/Garmenbeck"-Entscheidung von 19975), den Neuregelungen des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts (UMAG) von Ende 2005 und aus den Erkenntnissen der Betriebswirtschaftslehre lässt sich ableiten, dass alle im Rahmen der für die Entscheidungsfindung zur Verfügung stehenden Zeit und mit angemessenem Aufwand zu beschaffenden Informationen auch einzuholen und der Vorstandsentscheidung zugrunde zu legen sind. Im Aktienrecht gilt inzwischen: Unterlässt der Vorstand die Durchführung einer Due Diligence, so handelt er sowohl pflichtwidrig als auch schuldhaft im Rahmen der §§ 76, 93 AktG und ist der Erwerberaktiengesellschaft für einen eintretenden Schaden verantwortlich.6)

Haftung von Sparkassenorganen

Beispiel Niedersachsen: Bei Regelung der Kompetenzen und Verantwortung von Vorstand und Verwaltungsrat mit der Gesetzesnovelle vom 16. Dezember 2004 orientierte sich der niedersächsische Sparkassengesetzgeber an den Leitgedanken des Deutschen Corporate Governance Kodex sowie des Aktiengesetzes. So hat die Novelle in Anlehnung an das Aktienrecht (§ 93 Abs. 1 und 2, § 116 AktG) erstmals interne Haftungsregeln für die Organmitglieder von Sparkassen eingeführt. Vorstands- und Verwaltungsratsmitglieder, die ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung beziehungsweise Überwachung verletzen, sind der Sparkasse zum Ersatz des hieraus entstandenen Schadens als Gesamtschuldner verpflichtet (§ 10 Abs. 1 Satz 3 und 4, § 16 Abs. 6 NSpkG).

Der niedersächsische Gesetzgeber hat hiermit eine bewusste Abkehr von der früher herrschenden Rechtsansicht vollzogen, wonach Vorstandsmitglieder von Sparkassen als Angehörige des öffentlichen Dienstes nur für vorsätzlich oder grob fahrlässig begangene Pflichtverletzungen haften sollten.

Anders als in früheren Zeiten sind Sparkassenvorstände keine Beamten mehr, sondern ausnahmslos durch Privatdienstvertrag angestellt. Sie erhalten eine Vergütung, die sich an den Verhältnissen der Vorstände ihrer (privaten) Konkurrenten orientiert. Der Gesetzgeber hat daraus die haftungsrechtlichen Konsequenzen gezogen und die Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder nach den Grundsätzen des Aktienrechts geregelt.

Gleiche Regeln wie in Aktiengesellschaften

Die Ersatzpflicht tritt ein, wenn ein Organmitglied seine Pflichten vorsätzlich oder fahrlässig verletzt hat. Verschuldensmaßstab ist nunmehr wie im Aktienrecht die Sorgfalt des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters beziehungsweise Kontrolleurs. Dabei genügt jeder Grad der Fahrlässigkeit. Aus dem Aktienrecht mit übernommen wurde die Haftungsprivilegierung des Vorstands bei unternehmerischen Entscheidungen nach § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG (Business Judgement Rule). Danach liegt eine Pflichtverletzung nicht vor, wenn ein Vorstandsmitglied bei einer unternehmerischen Entscheidung ohne grobe Fahrlässigkeit annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Sparkasse zu handeln (§ 10 Abs. 1 Satz 5 NSpkG).

Für den Verwaltungsrat gilt die Privilegierung entsprechend. Die Haftungsprivilegierung setzt fünf Merkmale voraus: Das Vorliegen einer unternehmerischen Entscheidung, Gutgläubigkeit des Handelnden, Handeln ohne Sonderinteressen und sachfremde Einflüsse, Handeln zum Wohle der Sparkasse und Handeln auf der Grundlage angemessener Information. Insgesamt gelten damit für die Mitglieder von Vorstand und Verwaltungsrat einer niedersächsischen Sparkasse die gleichen Haftungsregeln wie seit Inkrafttreten des UMAG für Aktiengesellschaften.

Andere Bundesländer: Außerhalb Niedersachsens ist die Haftung der Vorstands- und Verwaltungsratsmitglieder von Sparkassen nur teilweise ausdrücklich in den Landessparkassengesetzen geregelt. In einigen der neueren Sparkassengesetze finden sich dem § 93 Abs. 2 AktG entsprechende Regelungen, wonach Vorstandsmitglieder, die ihre Pflichten verletzen, der Sparkasse gegenüber zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet sind.7) Regelungen über den Haftungsmaßstab finden sich ebenfalls nur vereinzelt. Gemäß § 25 Abs. 5 SpkG Baden-Württemberg und § 19 Abs. 2 SpkG Brandenburg haben die Mitglieder des Vorstands bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden.

Teilweise noch eine Haftungsprivilegierung

Dies entspricht dem Haftungsmaßstab des § 93 Abs. 1 AktG und des § 43 Abs. 1 GmbHG. Hinsichtlich der Mitglieder von Verwaltungsräten besteht teilweise (noch) eine Haftungsprivilegierung. So ist etwa gemäß § 19 Abs. 6 SpkG Baden-Württemberg i. V. m. dem Landesbeamtengesetz Baden-Württemberg die Haftung der Verwaltungsratsmitglieder gegenüber der Sparkasse auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt. Entsprechende Regelungen bestehen in Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.

Bei Fehlen sparkassenrechtlicher Spezialvorschriften wird unter Hinweis auf verwaltungsrechtliche Grundsätze vertreten, dass die Haftung von Sparkassenorganen auch ohne ausdrückliche Regelung im Sparkassengesetz auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ist.8) Die besseren Gründe sprechen allerdings für eine entsprechende Anwendung aktienrechtlicher Grundsätze.9) Namentlich vor dem Hintergrund des derzeitigen Funktionswandels der Sparkassenorgane wird sich eine Haftungsbegrenzung gegenüber der Sparkasse auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit kaum mehr rechtfertigen lassen.

Due Diligence bei der Zusammenlegung von Sparkassen?

Die Angleichung der Haftungsregeln für Sparkassenorgane an aktienrechtliche Grundsätze hat naturgemäß Auswirkungen auf die Sorgfaltsanforderungen im Rahmen von Unternehmenstransaktionen, das heißt insbesondere der praktisch häufigen Fusion von Sparkassen. Abgesehen von Einzelfällen, in denen etwa besondere Rechts-, Kredit- oder sonstige wesentliche Risiken bei der aufzunehmenden Sparkasse bestanden, war die Durchführung einer umfassenden zum Beispiel Legal, Financial oder Tax Due Diligence im Zusammenhang mit einer Zusammenlegung von Sparkassen bisher eher unüblich. Dies scheint jedenfalls dann kritisch, wenn auch die tatsächlichen Transaktions- und Risikostrukturen vergleichbar sind mit denjenigen des privaten Gesellschaftsrechts.

Beispiel Verschmelzung: Klassischer Fall des Erfordernisses einer Due-Diligence-Untersuchung im Aktienrecht ist zum Beispiel die Verschmelzung durch Aufnahme nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG). Der Vorstand einer aufnehmenden Aktiengesellschaft ist zur umfassenden Prüfung des aufzunehmenden Unternehmens im Wege der Due Diligence verpflichtet. Ansonsten haftet er der eigenen Gesellschaft bei Realisierung unentdeckter Risiken nach § 93 Abs. 2 AktG.

Die Vereinigung von Sparkassen (etwa nach § 2 NSpkG) erfolgt regelmäßig nach demselben rechtlichen Modell wie die Verschmelzung durch Aufnahme nach dem UmwG. Wie bei der umwandlungsrechtlichen Verschmelzung geht das Vermögen der aufzunehmenden Sparkasse im Ganzen durch Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Sparkasse über.

Wie bei der Verschmelzung bedarf es entsprechender Beschlüsse der Unternehmensträger sowie eines entsprechenden Verschmelzungs- beziehungsweise Vereinigungsvertrages. Dabei lassen sich die Risiken für die aufnehmende Sparkasse im Wege der Due Diligence genauso reduzieren wie bei einer aufnehmenden Aktiengesellschaft.

Unterschiede bestehen in zweierlei Hinsicht: Bei Aktiengesellschaften wird der Verschmelzungsvertrag vom Vorstand geschlossen. Anders verhält es sich beim Träger einer Sparkasse. Hier wird der (öffentlich-rechtliche) Vereinigungsvertrag auf der Grundlage eines Beschlusses des Hauptorgans des Trägers regelmäßig vom Hauptverwaltungsbeamten der Trägerkommune geschlossen beziehungsweise bei einer Zweckverbandssparkasse auf der Grundlage eines Beschlusses der Verbandsversammlung durch den Verbandsgeschäftsführer und den Vorsitzenden der Verbandsversammlung.10)

Rechtliche Bewertung der Vorstandsverantwortlichkeit

Dieser Unterschied ergibt sich aus der unterschiedlichen Eigentümerstruktur bei Aktiengesellschaften einerseits und Sparkassen in der Rechtsform der Anstalt öffentlichen Rechts andererseits. Denn die Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft als eigentlich zuständiges Eigentümergremium verfügt als solche nicht über ein Exekutivorgan.

Im Ergebnis folgt aus diesem eher technischen Unterschied allerdings keine grundlegend unterschiedliche rechtliche Bewertung der Vorstandsverantwortlichkeit. Wie der Vorstand einer Aktiengesellschaft ist der Vorstand einer Sparkasse verpflichtet, Schaden von "seinem" Unternehmen abzuwenden. Der Vorstand der aufnehmenden Sparkasse kann die Risiken der Aufnahme einer benachbarten Sparkasse für das eigene Institut am ehesten beurteilen. Ihn trifft daher die Verantwortlichkeit, die aufzunehmende Sparkasse im Benehmen mit Verwaltungsrat und Träger einer sorgfältigen Prüfung zu unterziehen.

Denn eine Sparkasse kann durch eine unsorgfältig vorbereitete Unternehmensakquisition oder Fusion genauso geschädigt werden wie eine Aktiengesellschaft. Verstoßen die Mitglieder des Verwaltungsrats im Zusammenhang mit der Aufnahme einer benachbarten Sparkasse gegen ihre Überwachungspflichten, etwa indem sie sich in gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungen durch den Träger (zum Beispiel nach § 2 Abs. 1 Satz 1 NSpkG) auf unzureichender Informationsgrundlage äußern, können sie sich ebenfalls schadensersatzpflichtig machen (zum Beispiel nach § 16 Abs. 6 i. V.m. § 10 Abs. 1 Satz 4 NSpkG).

Haftungsrechtlich angezeigt und betriebswirtschaftlich sinnvoll

Bei der Zusammenlegung von Sparkassen werden regelmäßig keine Kaufpreis- oder sonstigen Ausgleichszahlungen geleistet. Denn das übergehende Sparkassenvermögen dient als zweckgebundenes Verwaltungsvermögen der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe und folgt dem Übergang der Aufgabe auf einen anderen Träger automatisch nach (Funktionsnachfolge).11)Die Träger haben regelmäßig weder bei Gründung der Sparkasse ein Dotations- noch im weiteren Verlauf ein "Stammkapital" zur Verfügung gestellt, das nach Bewertung zu entschädigen wäre. Eine "Bewertung" der Sparkassen käme allenfalls für Zwecke der Festlegung der "Anteilsverhältnisse" der bisherigen Träger beider Sparkassen an dem zusammengelegten Institut in Frage.

Kaufpreis- und Bewertungsfragen sind jedoch ohnehin nicht allein entscheidend. Denn eine Due Diligence dient bereits der Entscheidungsfindung darüber, ob die Transaktion/Fusion überhaupt vorgenommen werden soll beziehungsweise unter welchen Bedingungen (etwa die Beteiligung Dritter wie zum Beispiel Träger, regionaler Sparkassenverband, Stützungseinrichtung).

Eine Due Diligence kann vermeiden, dass man sich einen Stützungsfall "ins Haus holt" und damit möglicherweise selbst zum Stützungsfall wird. Vor diesem Hintergrund ist die Durchführung einer Due Diligence auch bei einer Fusion von Sparkassen grundsätzlich haftungsrechtlich angezeigt und betriebswirtschaftlich sinnvoll. Maßgeblich ist - je nach Komplexität der Transaktion - eine konkrete Kosten-/Nutzen-Analyse, auch im Hinblick auf den Umfang der Due Diligence.

Bildung und Übertragung von Stammkapital: Eine direkte Vergleichbarkeit einer Unternehmensakquisition im Wege des Share Deal im Bereich des privaten Gesellschaftsrechts mit Akquisitionen im Sparkassenbereich besteht im Übrigen dann, wenn wie in Bremen, Rheinland-Pfalz und Hessen zulässig - Stammkapital bei Sparkassen gebildet und Anteile hieran übertragen, das heißt verkauft werden. Zwar ist von den neuen gesetzlichen Optionen in Bremen und Rheinland-Pfalz noch kein umfangreicher Gebrauch gemacht worden.

Anders wird es sich jedoch möglicherweise in Hessen, insbesondere im Rhein-Main-Gebiet, verhalten. Das Hessische Sparkassengesetz sieht erst seit März 2007 die Option zur Bildung übertragbaren Stammkapitals vor.12) Die Übertragung von Stammkapitalanteilen (zum Beispiel gegen Übertragung von Zweigstellen) könnte ein geeignetes Instrumentarium zur "Bereinigung" der Gemengelage im Rhein-Main-Gebiet bieten, wo sich die Geschäftsgebiete diverser Sparkassen überschneiden. Dass Vorstand beziehungsweise Verwaltungsrat den Erwerb von Stammkapitalanteilen an einer anderen Sparkasse ohne vorhergehende Due Diligence beschließen dürfen, ist kaum vorstellbar.

Orientierung am privaten Gesellschaftsrecht

Geänderte äußere rechtliche Rahmenbedingungen sowie von den Sparkassengesetzgebern teilweise kodifizierte größere Gestaltungsspielräume für Vorstand und Verwaltungsrat führen zu einer höheren Organverantwortlichkeit und damit verbunden strengeren Sorgfalts- und Haftungsmaßstäben, die sich - unter Berücksichtigung öffentlich-rechtlicher Besonderheiten - an dem privaten Gesellschaftsrecht orientieren. Bei Unternehmenstransaktionen außerhalb des Sparkassensektors hat sich die Durchführung von Due-Diligence-Untersuchungen bereits vor Jahren als Standard etabliert.

Auch bei Akquisitionen (zum Beispiel von Stammkapital) durch oder Zusammenlegung von Sparkassen dürfte zukünftig vermehrt auf dieses Instrument zurückgegriffen werden, um angemessen informierte Entscheidungen zu treffen und die aus einem Unterlassen gegebenenfalls resultierenden Haftungsansprüche zu vermeiden.

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