Aufsätze

Zur Notwendigkeit der Geschäftsführungsprüfung in Kreditgenossenschaften

Bei Genossenschaften sind gemäß § 53 Abs. 1 GenG zwecks Feststellung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung die Einrichtungen, die Vermögenslage sowie die Geschäftsführung der Genossenschaft einschließlich der Führung der Mitgliederliste mindestens in jedem zweiten Geschäftsjahr zu prüfen (materielle Geschäftsführungsprüfung).1) In diesem Rahmen ist darüber hinaus, wenn die Bilanzsumme eine Million Euro und die Umsatzerlöse zwei Millionen Euro übersteigen, der Jahresabschluss unter Einbeziehung der Buchführung und des Lageberichts analog zum Handelsrecht zu prüfen (§ 53 Abs. 2 GenG). Die formelle und materielle Prüfung von Genossenschaften geht damit deutlich über die handelsrechtliche Abschlussprüfung (§§ 316 bis 324 HGB) hinaus und ist bereits für wesentlich kleinere Gesellschaften anzuwenden.2)

Betreuungsprüfung

Im Schrifttum wird die Notwendigkeit einer verhältnismäßig strengen Prüfung von Genossenschaften, die von einem Prüfungsverband durchgeführt wird, in dem die Genossenschaft verpflichtet ist, Mitglied zu sein (§§ 54, 55 GenG), kontrovers diskutiert. Exemplarisch sei in diesem Kontext auf den Disput von Hucke und Spanier aus dem Jahr 2001 zur freien Wahl des Wirtschaftsprüfers für Genossenschaften verwiesen.3)

Dennoch sind gewisse Vor- und Nachteile der Genossenschaftsprüfung, die auch als Betreuungsprüfung bezeichnet wird, zu konstatieren. So hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass Genossenschaften unter anderem aufgrund der "engmaschigen Kontrolle" eine dauerhafte Stabilität des gesamten Wirtschaftssystems und den Schutz der Allgemeinheit gewährleisten.4) In diesem Zusammenhang ist auch die häufig angeführte Insolvenzsicherheit von Genossenschaften zu nennen. Weitere Vor- und Nachteile der Genossenschaftsprüfung im Allgemeinen sollen an dieser Stelle nicht diskutiert werden, wohingegen im Speziellen aus historischer und aufsichtsrechtlicher Sicht sowie vor dem Hintergrund des Lean Audi-ting-Konzepts der Frage nachgegangen wird, ob die Geschäftsführungsprüfung in Kreditgenossenschaften noch zeitgemäß ist.

Die Gründung erster Genossenschaften im deutschsprachigen Raum Mitte des 19. Jahrhunderts geht auf Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze- Delitzsch zurück. In den 1860/70-er Jahren kam es zu Debatten um ideologische Systemstreitigkeiten im deutschen Genossenschaftswesen (zum Beispiel hinsichtlich des Umfangs der solidarischen Haftpflicht der Mitglieder). In der Folge hatten diese Probleme jedoch nur geringe Auswirkungen, weil geschäftliche Veränderungen eine höhere Bedeutung erlangten, sodass sich aus den genossenschaftlichen Gesellschaftsutopien im Laufe der Zeit Mittelstandskonzepte entwickelten.5) Diese Tendenz manifestierte sich in der Kodifizierung der Genossenschaft. Das heutige Genossenschaftsrecht geht zurück auf das GenG vom 1. Mai 1889. Die Entwicklung des deutschen Genossenschaftsrechts sowie des genossenschaftlichen Prüfungswesens steht in engem Zusammenhang zueinander.6)

Obligatorisch

Die Geschäftsführung einer Genossenschaft wurde (und wird auch heute noch) durch Mitglieder übernommen, die jedoch häufig nicht über ausreichende Kenntnisse in rechtlicher, steuerlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht verfügten, sodass sich in den 1870-er Jahren Genossenschaften in Verbänden zusammenschlossen.7) Hierbei entwickelte sich nicht nur der Bedarf nach Beratung und Betreuung, sondern auch die Notwendigkeit der Prüfung. Die obligatorische Prüfung eingetragener Genossenschaften durch Prüfungsverbände geht auf das GenG vom 1. Mai 1889 zurück und ist die älteste gesetzliche Pflichtprüfung.

Bereits 1866 sprach sich Raiffeisen für eine regelmäßige Revision aus. In der Folge wurden Revisionen auf freiwilliger Basis unter anderem durch den Landwirtschaftlichen Verein für Rhein-Preußen durch einen angestellten genossenschaftlichen Wanderlehrer, der auch neue Vereine gründen und Organe belehren sollte, durchgeführt. Nach Feststellung zahlreicher Mängel wurden die Revisionen obligatorisch mit Beschluss vom 4. Juni 1883 eingeführt.

Infolge diverser Genossenschaftszusammenbrüche in den 1870-er Jahren empfahl auch Schulze-Delitzsch 1878 die Bestellung von Bücherrevisoren in Unterverbänden. Zum Zeitpunkt der Einführung der Pflichtprüfung bestanden jedoch noch Lücken, sodass verbandsfreie Genossenschaften durch von einem Registergericht bestellte Revisoren geprüft wurden.

Mit der Novellierung des GenG 1934 wurde unter anderem infolge der Weltwirtschaftskrise die Pflichtmitgliedschaft bei einem Prüfungsverband für jede eingetragene Genossenschaft eingeführt. In diesem Zusammenhang wurden ebenfalls die Befugnisse der Verbände zur effektiveren Durchsetzung der Behebung der festgestellten Mängel erweitert. Seither sind die gesetzlichen Vorschriften zur Prüfung von Genossenschaften im Wesentlichen unverändert.

Lean Auditing

Die Gründe für die Einführung einer materiellen Geschäftsführungsprüfung im 19. Jahrhundert sind im Wesentlichen in den genannten mangelnden Kenntnissen der Geschäftsführer (Vorstände) in rechtlichen, steuerlichen oder wirtschaftlichen Fragen zu sehen. Aus heutiger Sicht gilt dies für Vorstände von Kreditgenossenschaften nicht mehr, da an sie besondere Anforderungen durch die Bankenaufsicht gestellt werden, sodass aus historischer Perspektive die Notwendigkeit einer Geschäftsführungsprüfung von Kreditgenossenschaften nicht mehr notwendig erscheint.

Das Lean-Auditing-Konzept (schlanke Revision) ist aus der Idee der Lean Production, die gemäß einer Studie des Massachusetts Institute of Technology (MIT) die Kraftfahrzeugproduktion in Japan in den 1990-er Jahren charakterisiert (unter anderem Verzicht auf Reservekapazitäten, Just-in-Time-Logistik, Outsourcing zur Konzentration auf Kernkompetenzen), abgeleitet. Zuerst ergaben sich aus der Lean Production Konsequenzen für den betrieblichen Führungsbereich (Lean Management).8) Die Übertragung dieser Prinzipien auf die Revision kann zweifach interpretiert werden. So ist eine Organisation der Internen Revision nach dem Konzept des Lean Managements möglich.9) Fokussiert werden soll der Blick jedoch auf die externe Prüfung. Ziele des Lean Auditing sind eine effektive und effiziente Prüfung.

Kassebohm hat dies am Beispiel der Jahresabschlussprüfung dargelegt, wobei diesbezüglich "Überflüssiges" aus dem gesamten Prüfungsprozess eliminiert werden soll.10) Das Prinzip des Lean Auditing könnte jedoch weiterhin bei der Betrachtung identischer Prüfungsobjekte, die durch verschiedene Institutionen geprüft werden, von Bedeutung sein. Fraglich ist insofern beispielsweise, ob bei genossenschaftlichen Kreditinstituten, die einer umfangreichen externen Prüfung und Aufsicht unterliegen, Redundanzen im Bereich der Geschäftsführungsprüfung auftreten, die gegebenenfalls vermieden werden könnten.

Formelle und materielle Aspekte im Blick

Der Deutsche Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V. (DGRV) hat umfangreiche Richtlinien zur Prüfung der Geschäftsführung11)festgelegt. Bei Genossenschaften sind die wirtschaftlichen Verhältnisse und die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung festzustellen. Aus diesem Grund sind die Einrichtungen (gesamte betriebs-, organisations- und verwaltungstechnische Ausstattung sowie alle Vorkehrungen zur Erreichung des Unternehmenszwecks), die Vermögenslage (wirtschaftliche Verhältnisse und wirtschaftliche Lage im weiteren Sinn) und die Geschäftsführung der Genossenschaft (alle von der Geschäftsleitung getroffenen Maßnahmen zur Erreichung des Unternehmensziels, insbesondere des Förderauftrags) inklusive der Führung der Mitgliederliste zu prüfen.12)

Bei der Geschäftsführungsprüfung handelt es sich um eine formelle und materielle Prüfung der Ordnungsmäßigkeit, das heißt, ob die nach Gesetz, Satzung oder Geschäftsordnung notwendigen Maßnahmen getroffen wurden und ob diese nach Maßgabe des Unternehmensziels aus betriebswirtschaftlicher Sicht sowie insbesondere zur Erreichung des Förderzwecks geeignet sind. Im GenG sind die Einzelheiten der Prüfung nicht geregelt, sodass die Entscheidung über Einzelheiten und Schwerpunkte der Prüfung beziehungsweise Gewichtung der Prüfungsbereiche im Rahmen eines risikoorientierten Ansatzes eigenverantwortlich und aufgrund der Erfahrungen im pflichtgemäßen Ermessen des Prüfers liegt (in der Regel Plausibilitätsprüfungen). Im Einzelnen sind folgende Bereiche zu prüfen:

- Geschäftsführungsorganisation,

- Geschäftspolitik,

- Geschäftsführungsinstrumentarium (zum Beispiel Planung, Organisation, Personalmanagement, Rechnungswesen, Risikomanagementsystem - RMS -, Controlling, Internes Überwachungssystem, Interne Revision und Informationstechnologiesystem),

- Geschäftsführungstätigkeit (zum Beispiel Kreditmanagement, Investitionen in Sach- und Finanzanlagen (Beteiligungen), Verträge von besonderer Bedeutung, Derivategeschäfte und Rechnungslegung/Rechnungslegungspolitik) sowie

- besondere Prüfungsbereiche bei Kreditgenossenschaften nach § 25a KWG.

Allein aus dieser kurzen Auflistung wird der enorme Umfang der Geschäftsführungsprüfung deutlich. Im Folgenden sollen aufgrund ihrer hohen Bedeutung die Beurteilungskriterien zur Geschäftsführungsprüfung und ausgewählte Redundanzen bei den Prüfungsgegenständen hinsichtlich der Anforderungen an Kreditinstitute aus Sicht der Bankenaufsicht sowie der Jahresabschlussprüfung in Bezug auf die Geschäftsführungsprüfung dargestellt werden. Überschneidungen, die darüber hinaus bei Prüfungen der Einlagensicherungseinrichtungen auftreten könnten, werden nicht thematisiert.

Beurteilungskriterien

Bei der Geschäftsführungsprüfung handelt es sich aufgrund des fehlenden Sollkonzeptes um eine sehr komplexe Prüfung, da Werturteile über die Qualität der Geschäftsführung abzugeben sind, die grundsätzlich objektiv sein sollen, jedoch als subjektiv empfunden werden können. Dem Prüfer bleibt insofern ein hohes Maß an Beurteilungsspielräumen. Grundsätzlich sind Entscheidungen der Geschäftsleitung auf Basis der Vorbereitungsmaßnahmen sowie der zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Informationen beziehungsweise der Informationen, die bei ordnungsgemäßer Vorbereitung vorliegen müssten, zu beurteilen. Um Einwendungen gegen die formelle und materielle Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung erheben zu können, müssen gravierende Verstöße vorliegen.

In der Gesamtbeurteilung muss dabei im Zweifel die materielle ein höheres Gewicht als die formelle Prüfung erhalten. Verstöße formeller Natur können jedoch auch Auswirkungen auf die materielle Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung haben. Wenn der Prüfer zum Urteil kommt, dass infolge eines Verstoßes gegen gesetzliche Regelungen Zweifel an der Integrität, dem Risikobewusstsein, der Solidität sowie der fachlichen Eignung des Vorstandes beziehungsweise der Geschäftsleitung begründet sind, liegt eine nicht ordnungsgemäße Geschäftsführung vor.13)

Hinsichtlich der materiellen Anforderungen spiegelt sich eine ordnungsmäßige Geschäftsführung insbesondere in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen der Genossenschaft wider. Der DGRV bezeichnet sie als "strenge Nebenbedingung"14), um der Förderung der Mitglieder gerecht zu werden, da die Messung beziehungsweise Quantifizierung der Förderleistung häufig kaum möglich ist.

Daher kommt der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse, das heißt der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, unter Beachtung des genossenschaftlichen Förderzwecks eine besondere Bedeutung zu. Probleme mit der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung können sich in (wiederholten) Verlustsituationen ergeben. Hier sind die Ursachen zu analysieren und zu bewerten, ob die Verluste infolge vermeidbarer Fehlentscheidungen der Geschäftsführung entstanden sind. Falls der Bestand der Genossenschaft gefährdet ist, muss grundsätzlich von Fehlleistungen des Managements ausgegangen werden.15)

Ausgewählte Redundanzen

Mit der Implementierung der sogenannten Aufsichtsrichtlinie16) wurden die internen Überschneidungen zwischen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und der Deutschen Bundesbank (DBB) weitestgehend eliminiert und die Aufgabenverteilung transparenter gestaltet (Trennung in laufende Überwachung - DBB - und zusammenfassende Beurteilung aller Informationen sowie Auferlegung aufsichtsrechtlicher Maßnahmen - BaFin). Dennoch sind aufgrund der notwendigen Zusammenarbeit und im Verhältnis zum Abschlussprüfer Überschneidungen im Prüfungsprozess, die zeit-, fehler- und kostenträchtig sein können, zu konstatieren. Dabei handelt es sich unter anderem um die Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse und des RMS.

Hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse findet eine Prüfung bereits im Rahmen der Jahresabschlussprüfung statt. Diese wird bei Kreditgenossenschaften vom zuständigen Genossenschaftsverband durchgeführt. Hier müssen aufgrund der erweiterten Prüfungspflichten gemäß § 29 Abs. 1 KWG die wirtschaftlichen Verhältnisse, das heißt die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage geprüft werden. Diese Prüfung ist ebenfalls im Rahmen der Geschäftsführungsprüfung vom identischen Genossenschaftsverband vorzunehmen, sodass die sogenannte "strenge Nebenbedingung" redundant ist.

Im Rahmen der Prüfung des Geschäftsführungsinstrumentariums ist durch den genossenschaftlichen Verbandsprüfer die Einrichtung und Funktionsfähigkeit des RMS im Sinne von § 91 Abs. 2 AktG zu untersuchen.17) Die Prüfung des RMS in allen Genossenschaften erfolgt grundsätzlich analog zu dessen Prüfung bei börsennotierten Aktiengesellschaften gemäß § 317 Abs. 4 HGB im Rahmen der Jahresabschlussprüfung. Darüber hinaus ist bei Genossenschaften jedoch noch zu untersuchen, ob die eingegangenen Risiken akzeptabel sind und ob gegebenenfalls zweckmäßige Maßnahmen zur Bewältigung von Risiken getroffen wurden.

Diesbezüglich ist durch die geplante Novellierung des HGB und AktG im Hinblick auf den Risikomanagementbericht (§§ 289 Abs. 5 und 315 Abs. 2 Nr. 5 HGB-E i. V. m. § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG-E i. d. F. des BilMoG-RegE) eine Annäherung der handelsrechtlichen an die genossenschaftliche Prüfung des RMS anzunehmen. Wenn dies nicht explizit geschieht, dann jedoch faktisch durch die Pflicht zur mündlichen Berichterstattung des Abschlussprüfers an den Aufsichtsrat über Schwächen des RMS hinsichtlich des Rechnungslegungsprozesses. In Kreditinstituten/-genossenschaften prüft der Abschlussprüfer gemäß § 29 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 25a Abs. 1 S. 3 KWG das RMS, welches angemessen und wirksam sein muss.18) Die Bankenaufsicht führt darüber hinaus eine Prüfung des RMS im Rahmen der bankgeschäftlichen Prüfungen gemäß § 44 Abs. 1 i. V. m. § 7 Abs. 1 KWG i. V. m. Artikel 17 Aufsichtsrichtlinie durch. Vor diesem Hintergrund sind auch bezüglich des RMS Redundanzen hinsichtlich der Geschäftsführungsprüfung zu konstatieren.

Lösungsvorschläge

Im Ergebnis ist festzustellen, dass sowohl bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse als auch des RMS im Rahmen der Geschäftsführungsprüfung Redundanzen bestehen, da sie in Kreditinstituten/-genossenschaften entweder bereits bei der Jahresabschlussprüfung oder darüber hinaus noch durch die Bankenaufsicht abgedeckt werden. Beide Faktoren stellen entscheidende Kriterien zur Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung dar. Sämtliche anderen Prüfungsbereiche spielen eine vergleichsweise untergeordnete Rolle im Hinblick auf die Urteilungsfindung, sodass die sehr umfangreiche Geschäftsführungsprüfung in Kreditgenossenschaften vor dem Hintergrund der weiteren zu erwartenden Erkenntnisse über die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, die nicht im Rahmen der Jahresabschlussprüfung oder durch die Bankenaufsicht erzielt werden, nicht vertretbar erscheint. Ein weiteres Argument zur Ablehnung stellt die Entwicklungsgeschichte der Geschäftsführungsprüfung dar.

Kreditgenossenschaften stellen einen Teilbereich des Genossenschaftswesens dar. Für diese Branche ist aus den genannten Gründen eine grundsätzliche Abschaffung der verpflichtenden Geschäftsführungsprüfung zu befürworten. Da die entsprechenden Prüfungsrichtlinien jedoch ebenfalls (nachrangige) Bestandteile enthalten, die nicht zwangsläufig im Rahmen anderer Prüfungen berücksichtigt werden, wäre es denkbar, eine Verpflichtung zur Prüfung unter aufschiebender Bedingung einzuführen. Diese könnte zum Beispiel in Fällen der Redepflicht des Abschlussprüfers (§ 29 Abs. 3 KWG), die über die handelsrechtliche Redepflicht (§ 321 Abs. 1 Satz 3 HGB) hinausgeht, ausgelöst werden. So hat der Prüfer gemäß § 29 Abs. 3 S. 1 KWG unverzüglich der BaFin und der DBB anzuzeigen, wenn ihm bei der Prüfung Tatsachen bekannt werden, welche die Einschränkung oder Versagung des Bestätigungsvermerkes rechtfertigen, die den Bestand des Instituts gefährden oder seine Entwicklung wesentlich beeinträchtigen können. Entsprechendes gilt für einen erheblichen Verstoß gegen die Vorschriften über die Zulassungsvoraussetzungen des Instituts oder für schwerwiegende Verstöße der Geschäftsleiter gegen Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag.

Alternativ könnte auch der Aufsichtsrat der Kreditgenossenschaft, sofern der Abschlussprüfer Mängel im RMS aufgezeigt hat oder falls ein sonstiger gegebener Anlass existiert, eine Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung durch den genossenschaftlichen Prüfungsverband beauftragen.

Beide Konstellationen hätten zur Folge, dass den eigentlichen Gegenständen der Geschäftsführungsprüfung in Kreditgenossenschaften ein größeres Gewicht zukommt, wenn der Bedarf tatsächlich besteht, als es derzeit der Fall sein dürfte.

Der vorliegende Beitrag kann inklusive sämtlicher Verweise auf der Lehrstuhlhomepage (http://www.uni-hamburg.de/fachbereiche-einrichtungen/fb03/iwp/rut/) abgerufen werden.

Literaturverzeichnis

BaFin: Aufsichtsrichtlinie - Richtlinie zur Durchführung und Qualitätssicherung der laufenden Überwachung der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute durch die Deutsche Bundesbank (AufsichtsRL) vom 21. Februar 2008.

Biegert, H.: Die Revision im Spannungsfeld zwischen Lean-Management und Auditierung, in: ZIR 30 (1995), Seiten 289 bis 298.

BVerfG 19. Januar 2001: 1BvR 1759/91 - Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 19. Januar 2001, in: DB 54 (2001), Seiten 2596 bis 2599.

Denter, K.: Die Prüfung der Risikotragfähigkeit und der Strategie, in: Becker, A./Kastner, A. (Hrsg.), Prüfung des Kreditgeschäfts durch die Interne Revision. Systemprüfungen - Internes Kontrollsystem - Kreditrisikosteuerung - Spezielle Geschäftsbereiche, Berlin 2007, Seiten 101 bis 119.

Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V. (DGRV) (Hrsg.): Die Prüfung der Geschäftsführung von Genossenschaften, 3. Auflage, Berlin 2005.

Freidank C.-C.: Prüfung des Jahresabschlusses, in: Federmann, R. (Hrsg.): Handbuch der Bilanzierung, Loseblattsammlung: 138. Ergänzungslieferung Dezember 2006, Freiburg i. B. 2006, Ordner 4, Register 102, Seiten 1 bis 79.

Gschrey, E.: Genossenschaftliche Prüfungsverbände, in: Förschle, G./Peemöller, V. H. (Hrsg.): Wirtschaftsprüfung und Interne Revision, Heidelberg 2004, Seiten 84 bis 103.

Helfer, M.: Prüfung der internen Kontrollverfahren im Kreditgeschäft, in: Becker, A./Kastner, A. (Hrsg.), Prüfung des Kreditgeschäfts durch die Interne Revision. Systemprüfungen - Internes Kontrollsystem - Kreditrisikosteuerung - Spezielle Geschäftsbereiche, Berlin 2007, Seiten 51 bis 67.

Hucke, A.: Freie Wahl des Wirtschaftsprüfers für Genossenschaften? - Zugleich eine Anmerkung zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Januar 2001, in: WPg 54 (2001), Seiten 558 bis 564.

Kassebohm, M.: Lean Auditing, in: BB 49 (1994), Seiten 2171 bis 2176.

Klose, H.: Die Entwicklung des Genossenschaftsrechts von 1867 bis heute, in: Brockmeier, T./Fehl, U. (Hrsg.): Volkswirtschaftliche Theorie der Kooperation in Genossenschaften, Göttingen 2007, Seiten 119 bis 148.

Kluge, A.: Genossenschaften in der Geschichte, in: Brockmeier, T./Fehl, U. (Hrsg.): Volkswirtschaftliche Theorie der Kooperation in Genossenschaften, Göttingen 2007, Seiten 3 bis 38.

Spanier, G.: Freie Wahl des Wirtschaftsprüfers für Genossenschaften? - Anmerkungen zu Hucke, WpG 2001, Seiten 558 ff. -, in: WPg 54 (2001), Seiten 767 bis 771.

Troßmann, E.: Lean Auditing, in: Freidank, C.-Chr./Lachnit, L./Tesch, J.: Vahlens Großes Auditing Lexikon, München 2007, Seiten 892 bis 893.

Weller, H.: Genossenschaften, in: Freidank, C.-Chr./Peemöller, V. H. (Hrsg.): Corporate Governance und Interne Revision. Handbuch für die Neuausrichtung des Internal Auditings, Berlin 2008, Seiten 843 bis 853.

Fußnoten

1) Falls die Bilanzsumme der Genossenschaft zwei Millionen Euro übersteigt, muss die Prüfung in jedem Geschäftsjahr stattfinden. Dieser Schwellenwert dürfte bei Kreditgenossenschaften in (nahezu) allen Fällen überschritten werden, sodass grundsätzlich von einer jährlichen Prüfung auszugehen ist.

2) Vgl. § 316 Abs. 1 i. V. m. § 267 HGB zur Abgrenzung der handelsrechtlichen Prüfungspflicht für mittelgroße und große Kapital- sowie ihnen gesetzlich gleichgestellte Personengesellschaften (§ 264a HGB).

3) Vgl. Hucke 2001, Seiten 558 bis 564; Spanier 2001, Seiten 767 bis 771.

4) Vgl. BVerfG vom 19. Januar 2001, Seite 2597.

5) Vgl. Kluge 2007, Seiten 28 bis 29.

6) Das Genossenschaftsrecht hat sich historisch in mehreren Entwicklungsstufen ausgebildet. Mitte des 19. Jahrhunderts galt ein zersplittertes Gesellschaftsrecht (Allgemeines Preußisches Landrecht von 1794 und Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch von 1861), in dem Genossenschaften in Form "öffentlicher Vereine" korporiert waren. 1867 wurde mit dem Preußischen Genossenschaftsgesetz vom 27. März 1867 erstmalig ein eigenständiges Genossenschaftsrecht eingeführt. Das Genossenschaftsgesetz vom 1. Mai 1889 (Deutsches Reich), mit dem unter anderem die Einführung einer Prüfungspflicht erfolgte, gilt als Vorläufer des heutigen GenG. Weitreichende Novellierungen fanden in den Jahren 1934 (unter anderem Einführung der Prüfungsverbandspflicht), 1973 (unter anderem Änderung der Haftung und Finanzierung) und 2006 (unter anderem Schwellenwerte hinsichtlich der Jahresabschlussprüfung) statt. Vgl. Klose 2007, Seiten 119 bis 148.

7) Vgl. hierzu und im Folgenden Gschrey 2004, Seiten 84 bis 86.

8) Vgl. Troßmann 2008, Seiten 892 bis 893.

9) Vgl. vertiefend Biegert 1995, Seiten 289 bis 298.

10) Vgl. Kassebohm 1994, Seiten 2171 bis 2176. Dies hat Folgen für die Prüfungsplanung und -durchführung der Abschlussprüfung. Des Weiteren ist die Aufbau- und Ablauforganisation der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft betroffen. Vgl. zur Rationalisierung des Prüfungsprozesses auch Freidank 2006, Seiten 45 bis 46.

11)Vgl. DGRV 2005. Diese Regelungen gelten mit Ausnahme der Wohnungsgenossenschaften für alle Genossenschaften, also auch für Kreditgenossenschaften.

12) Vgl. hierzu und im Folgenden DGRV 2005, Seiten 9 bis12. Der Begriff der Geschäftsführung beinhaltet alle Maßnahmen der Geschäftsführung sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis. Sie wird vom Vorstand der Genossenschaft (§ 27 Abs. 1 GenG) wahrgenommen, der diese unter eigener Verantwortung zu leiten hat. Vgl. § 34 Abs. 1 GenG zur Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer Genossenschaft. Vgl. des Weiteren Weller 2008, Seite 850 zum Begriff der Leitung.

13) Vgl. DGRV 2005, Seiten 77 bis 80.

14) DGRV 2005, Seite 80.

15) Vgl. DGRV 2005, Seiten 80 bis 84. 16) Vgl. BaFin 2008.

17) Vgl. hierzu und im Folgenden DGRV 2005, Seiten 31 bis 38.

18) Des Weiteren müssen die normenkonkretisierenden Rundschreiben der Bankenaufsicht zum Beispiel bezüglich der Mindestanforderungen an das RMS (MaRisk) beachtet werden, die einen flexiblen und praxisnahen Rahmen für die Ausgestaltung des RMS geben sollen. Normenkonkretisierend bedeutet, dass es sich lediglich um Innenvorschriften handelt, die aber einen detaillierten Überblick verschaffen, welche Anforderungen die BaFin als aufsichtsrechtliche Institution an die Ausgestaltung des RMS stellt. Vgl. Helfer 2007, Seite 51. Eine Nichteinhaltung würde von der Aufsicht als ein Verstoß gegen § 25a KWG aufgefasst werden. Vgl. Denter 2007, Seite 102.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X