Aufsätze

Versicherungen: neue Anforderungen an Rechnungslegung und Aufsicht

Die Ursachen, die zur aktuellen Finanzmarktkrise geführt haben, sind vielfältig. Unmittelbarer Auslöser war sicherlich der zusammenbrechende Hypothekenmarkt in den USA. In großem Umfang waren Kredite an Schuldner vergeben worden, die einer ernsthaften Kreditwürdigkeitsprüfung nicht standgehalten hätten. Dass sich diese Marktverwerfungen jedoch zu einer der schwersten globalen Finanzmarktkrisen entwickelten, ist auch auf rechtliche Rahmenbedingungen zurückzuführen. Hierzu gehören insbesondere auch die aktuellen Bilanzierungsstandards, die sich zwar in funktionierenden Märkten bewährt haben, jedoch aufgrund ihrer prozyklischen Effekte die Finanzmarktkrise verschärften.

Mangelndes Bewusstsein für die eingegangenen Risiken

Hinzu kommt, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen das Strukturieren komplexer Produkte zur Weitergabe von Risiken ohne Selbstbehalt erlauben. Diese Konstrukte unterliegen unter bestimmten Voraussetzungen auch nicht der Finanzaufsicht, wodurch das vorhandene Kontrollsystem ausgehebelt wurde. Die Intransparenz der Finanzinstrumente, insbesondere hinsichtlich der enthaltenen Risiken, erleichterte die globale Verbreitung, ohne dass auf Käuferseite ein Bewusstsein für die eingegangenen Risiken vorhanden war.

Aufgrund der schweren Verwerfungen an den Kapitalmärkten wurden die Bilanzierungsregeln in einer bislang ungekannten Geschwindigkeit geändert. Die SEC hatte am 16. September 2008 angekündigt, dass zusätzliche Regeln zur Bestimmung des Fair Values in der gegenwärtigen Finanzkrise notwendig sind und gleichzeitig verlautbart, dass unternehmensinterne Daten und Annahmen (zum Beispiel erwartete zukünftige Cash-Flows) bei der Bestimmung des Fair Values in inaktiven Märkten zulässig sind.1) Jedoch gingen die zusätzlichen Richtlinien in dem veröffentlichten FASB Staff Paper nicht über die bestehenden Regeln in den US GAAP zur Fair-Val-ue-Bewertung hinaus.2)

Auf politischen Druck der EU hin war auch der IASB gezwungen, kurzfristig Änderungen der Bilanzierungsregeln für Finanzinstrumente vorzunehmen. Am 13. Oktober 2008 beschloss der IASB Änderungen zu IAS 39, die es Unternehmen erlauben, bestimmte Finanzinstrumente umzuklassifizieren. Die Europäische Union übernahm drei Tage später die Änderungen zu IAS 39.3) Gleichzeitig kündigte die Europäische Kommission an, dass sie im Lichte der Finanzmarktkrise weitere Änderungen zu IAS 39 verlangen werde, die über die vom IASB verabschiedeten Änderungen hinausgehen.4)

Notwendige Änderungen zu IAS 39

Inzwischen haben IASB und FASB weitere Schritte angekündigt, um gemeinsam Konsequenzen für die Bilanzierung, insbesondere hinsichtlich der Bewertung von Finanzinstrumenten, zu ziehen. Dazu wird eine international besetzte Beratergruppe eingerichtet, die dazu beitragen soll, Bilanzierungssachverhalte, die sich aus der weltweiten Finanzkrise ergeben, in einer international abgestimmten Vorgehensweise zu behandeln.5)

Der IASB hat am 13. Oktober 2008 Änderungen zu IAS 39 Reclassification of Financial Assets6) beschlossen, die es Unternehmen nunmehr erlauben, bestimmte zum Fair Value bewertete Finanzinstrumente in andere Kategorien umzuklassifizieren, bei denen die Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten nebst Wertminderungstest erfolgt. Diese Änderung tritt rückwirkend zum 1. Juli 2008 in Kraft, gilt also bereits für das dritte Quartal 2008. Die Änderungen sollen angesichts der aktuellen Marktsituation dazu dienen, kurzfristig Erleichterungen zu verschaffen und Unterschiede zu den US GAAP (Reclassification under Rare Circumstances) zu beseitigen. Dies war seitens der Europäischen Politik gefordert worden, die potenzielle Wettbewerbsvorteile US-amerikanischer Banken sah. Mit Genehmigung der Trustees hatte der IASB eigens seinen Due Process ausgesetzt, wodurch die Änderungen zu IAS 39 unmittelbare Gültigkeit erlangten.

Im Einzelnen hat der IASB Änderungen des geltenden IAS 39.50 sowie des IFRS 7.12 und 7.12A beschlossen. Durch diese Änderungen wird den Unternehmen die Möglichkeit gegeben, einige nicht-derivative Finanzinstrumente aus der Kategorie "Held for Trading" (zu Handelszwecken gehalten) und aus der Kategorie "Available for Sale" (zur Veräußerung verfügbare finanzielle Vermögenswerte) in die Kategorie "Loans and Receivables" (Kredite und Forderungen) umzuklassifizieren (IAS 39.50 D und E). Dies betrifft insbesondere solche Finanzinstrumente, die bei fehlender Handelsabsicht beziehungsweise bei fehlender Designation als "Available for Sale" zum Zeitpunkt der Umklassifizierung die Definition von "Loans and Receivables" erfüllen.

Darüber hinaus wird den Unternehmen die Möglichkeit gegeben, nicht-derivative Finanzinstrumente aus der Kategorie "Held for Trading" in "seltenen" Fällen in andere Kategorien umzuklassifizieren, wenn diese zum Zeitpunkt der Umklassifizierung die Definition dieser Kategorie erfüllen (IAS 39.50B). In der Presseerklärung zu den Änderungen zu IAS 39 bezeichnet der IASB ausdrücklich die gegenwärtige Finanzmarktkrise als einen solchen "seltenen" Fall.7)

Umklassifizierung aus der "Fair-Value-Option"?

Die Umklassifizierung erfolgt zum Fair Value. Neben den Änderungen zu IAS 39 wurden vom IASB auch Änderungen zu IFRS 7 und korrespondierenden umfangreichen Angabevorschriften beschlossen. Unter anderem sind gemäß IFRS 7.12A in jeder Folgeperiode die Fair-Value-Gewinne und Verluste auszuweisen, die in der Ge-winn-und-Verlust-Rechnung oder im Other Comprehensive Income erfasst worden wären, wenn das Finanzinstrument nicht umklassifiziert worden wäre.

Die Möglichkeit der Umklassifizierung aus der Kategorie "Held for Trading", sofern sich die Halteabsicht wegen Marktveränderungen gewandelt hat, ist sehr zu begrüßen. Sie sollte aber auch auf die Fair-Value-Option ausgedehnt werden. Es ist nicht konsistent, dass der IASB ausdrücklich Finanzinstrumente, die ursprünglich durch Ausübung der "Fair-Value-Option" (Möglichkeit zum Ansatz des beizulegenden Zeitwertes) dieser Kategorie zugeordnet wurden, von der Umklassifizierung ausgeschlossen hat.

Eine Umklassifizierung aus der "Fair-Value-Option" sollte zugelassen werden, wenn die Voraussetzungen für die ursprüngliche Designation in diese Kategorie nicht mehr vorliegen. Diese Voraussetzungen sind gemäß IAS 39.9 eine Eliminierung beziehungsweise Reduktion eines Accounting Mismatches oder das Vorliegen eines Risikomanagements auf Basis des Fair Values von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten.

Gleichstellung von verbrieften und nicht-verbrieften Forderungen

Bei Designation in die "Fair-Value-Option" ging man davon aus, dass die finanziellen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten einen natürlichen Hedge bilden. Diese Grundannahme gilt aber nicht mehr in gestörten Märkten. Die Klassifizierung muss den geänderten Marktbedingungen und der deswegen geänderten Halteabsicht Rechnung tragen. Dies ist auch deshalb notwendig, um ein Level Playing Field zwischen Banken und Versicherern herzustellen. Schließlich sind erstere in der Lage, die Änderungen zu IAS 39 zu nutzen, da sie umfangreiche Handelsbestände haben und weniger finanzielle Vermögenswerte in der "Fair-Value-Option" halten.

Beispielsweise nutzen die Versicherungsunternehmen die Fair-Value-Option auf der Aktivseite zur Abbildung der fondsgebundenen Lebensversicherung oder bei Versicherungsprodukten mit eingebetteten Derivaten wie Variable oder Fixed Annuities. Um die Zinssensitivitäten der separat zum Fair Value zu bilanzierenden Derivate in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung zu hedgen, werden entsprechende Schuldverschreibungen auf der Aktivseite in die "Fair-Value-Option" designiert.

Falls zu einem späteren Zeitpunkt die Zinssensitivität des Versicherungsproduktes auf der Passivseite geringer wird, zum Beispiel durch eine Zurückführung des Derivateanteils, müssen die ursprünglich designierten Schuldverschreibungen gemäß IAS 39 nach wie vor in der "Fair-Value-Option" klassifiziert bleiben. Dies führt zu einem Accounting Mismatch und einer Volatilität in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung. Da die ursprünglichen Gründe für die Designation gemäß IAS 39.9 entfallen sind, sollte eine Umklassifizierung aus der "Fair-Value-Option" der Instrumente, die nicht mehr einem Hedge dienen, möglich sein. Natürlich sind die Umklassifizierungen ausführlich im Anhang zu beschreiben.

Darüber hinaus sollte eine Umklassifizierung aus "Available for Sale" in "Loans and Receivables" bei veränderten Halteabsichten möglich sein, um verbriefte und nicht verbriefte Forderungen bilanziell gleichzustellen und eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten zuzulassen. Dazu sollte die Definition der "Loans and Receiv-ables"-Kategorie angepasst werden.

Soweit eine Fair-Value-Bewertung bei illiquiden Märkten zur Anwendung kommt, sollte sie auf einer Mark-to-Model-Basis erfolgen. Grundsätzlich erfordert das Bewertungskonzept des Fair Values eine Transaktion zwischen vertragswilligen Partnern. Gestörte Märkte und erzwungene Verkäufe beziehungsweise Liquidation sind keine Grundlage für einen nach ökonomischen Maßstäben bewerteten Fair Value. Daher sind Mark-to-Market Fair Values für illiquide Märkte nicht geeignet. Stattdessen sollten Mark-to-Model Fair Values - unternehmensinterne Bewertungen mit adäquaten Risikoaufschlägen - zur Anwendung kommen. Die entsprechenden Regeln bedürfen einer Klarstellung durch IASB und FASB.

Rückschlüsse auf das Insurance-Contracts-Projekt des IASB

Was heißt das für den zukünftigen Bilanzierungsstandard IFRS für Versicherungsverträge? Die über zehn Jahre andauernde Debatte ist in vielen Punkten immer noch nicht vorangeschritten und der jetzige Diskussionsstand lässt noch viele Fragen offen. Es ist höchste Zeit, die Kritik zum Diskussionspapier des IASB "Preliminary Views on Insurance Contracts"8) zu berücksichtigen und umzusetzen.

Die Finanzmarktkrise hat gezeigt, dass eine Fair-Value-Bewertung dann zu willkürlichen Ergebnissen führt, wenn kein aktiver Handel mit den zu bewertenden Finanzinstrumenten stattfindet. Auch mit Versicherungsverträgen findet ein derartiger Handel in der Regel nicht statt, dennoch soll nach dem Entwurf die Bewertung von Versicherungsverträgen auf der Basis von Marktpreisen erfolgen. Dies ist im Kern das Ergebnis der vorgesehenen Exit-Value-Bewertung. Der Exit Value wird vom IASB als Preis definiert, zu dem ein anderes Versicherungsunternehmen eine Verbindlichkeit übernehmen würde. Es ist also ein hypothetischer Marktwert. Der Exit Value entspricht nicht dem Geschäftsmodell der Versicherung. Er widerspricht dem ökonomischen Verhalten des Versicherungsunternehmens, die Verbindlichkeit mit dem Versicherungsnehmer bis zum Ablauf selbst abzuwickeln.

Nach den Vorschlägen des IASB sollen alle Bewertungsannahmen zu Marktwerten in die Versicherungsverbindlichkeit einfließen. Unternehmenseigene Daten dürfen explizit nicht einbezogen werden. Diese hypothetische Marktwertbewertung hätte zur Folge, dass ein Unternehmen anstelle von unternehmensindividuellen Kosten durchschnittliche Marktkosten ansetzen muss. Im Extremfall würde ein effizientes (ineffizientes) Unternehmen eine höhere (niedrigere) Marktwertverbindlichkeit ansetzen müssen. Hier sollte die unternehmensindividuelle Kostensituation schon aufgrund der Transparenz für Analysten berücksichtigt werden.

Versicherungsverbindlichkeiten: Kategorisierung auf der Passivseite

Gleichzeitig begrüßen Versicherungsunternehmen explizit das Ziel der Phase II, das bestehende Accounting Mismatch in den Bilanzen der Versicherungsunternehmen zu mildern, das sich aus der überwiegenden Bewertung von Versicherungsverträgen zu fortgeführten Anschaffungskosten ergibt, während die Finanzaktiva der Versicherer gemäß IAS 39 überwiegend zum Fair Value bewertet werden. Soweit beobachtbare Marktdaten, wie zum Beispiel Zinsen, vorliegen, sollten diese in die Bewertung eingehen. Trotzdem wird ein Mismatch aufgrund der Langfristigkeit einiger Versicherungsverträge bestehen bleiben. So hat die deutsche Lebensversicherung in vielen Fällen eine deutlich längere Duration auf der Passivseite als dem finanzielle Vermögenswerte auf der Aktivseite gegenüberstehen.

Insbesondere Lebensversicherungsverträge sind sehr langfristig und enthalten in der Regel Optionen und Garantien. Auch für diese eingebetteten Derivate gibt es keine Märkte, von denen Preise direkt abgeleitet werden können. Stattdessen ist eine Mark-to-Model-Bewertung erforderlich. Die Einzelheiten hierzu bedürfen noch einer Detailanalyse. Vom IASB gibt es hierzu aktuell noch keine konkreten Bewertungsvorschriften.

Auch für Versicherungsverträge sollte über die Kategorisierung von Versicherungsverbindlichkeiten auf der Passivseite analog zu den Finanzinstrumenten auf der Aktivseite nachgedacht werden. Nach den jetzigen Diskussionsvorschlägen des IASB könnten die Versicherungsunternehmen auch die "Available-for-Sale"-Kategorie nicht mehr nutzen, sondern müssten die "Fair-Value-Option" für die Finanzaktiva nutzen, um einen Accounting Mismatch zu vermeiden. Die Ursache hierfür ist, dass alle Fair-Value-Änderungen aus den Versicherungsverbindlichkeiten in der Ge-winn-und-Verlust-Rechnung erfasst werden. Vor dem Hintergrund der Finanzkrise und den Rückwirkungen der Volatilität auf das Eigenkapital und die Gewinn-und-Ver-lust-Rechnung muss hier ganz neu nachgedacht werden.

Anforderungen an die Finanzmarktaufsicht

Die Finanzmarktkrise hat Schwachstellen aufgedeckt, die unter normalen Rahmenbedingungen unerkannt geblieben wären. Wichtig ist nun, die Lehren aus den Erfahrungen der letzten Monate zu ziehen. Dazu gehört die Weiterentwicklung der Finanzmarktaufsicht in folgenden Punkten:

Die Aufsicht muss auf das "Schattenbankensystem" (nicht der Regulierung unterliegende bankähnliche Geschäfte) ausgeweitet werden. Dieses konnte sich in der Vergangenheit außerhalb der regulierten Finanzwelt entwickeln und hat komplexe Risikostrukturen hervorgebracht, die keinem aufsichtsrechtlichen Regulativ unterliegen. Wichtig ist, für die Zukunft ein Aufsichtssystem zu etablieren, das alle Finanzinstrumente und -institutionen erfasst.

Ferner müssen die gleichen Eigenkapitalanforderungen, die derzeit schon für Banken und Versicherungen existieren, auch auf die bislang unregulierten Investmentvehikel übertragen werden. Dies gilt vor allem dann, wenn diese Risiken beinhalten, welche bei einer Realisierung systemgefährdende Folgen haben können. Hierunter fallen zum Beispiel die sogenannten Special Investment Vehicle (SIV), die derzeit bankähnliche Geschäfte betreiben können, ohne den entsprechenden aufsichtrechtlichen Anforderungen zu unterliegen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Internationalisierung der Finanzmarktaufsicht. Lokale Aufsichtsbehörden mit unterschiedlichen Anforderungen und Schwerpunkten führen bei internationalen Märkten zwangsläufig zu Aufsichtsarbitrage. Diese hebelt das aufsichsrechtliche Regulativ aus und erhöht damit die Marktrisiken. Ferner gehen mit globalen Märkten auch globale Risiken einher, die durch nationale Aufsichtssysteme nicht erfasst werden können. Ziel muss es sein, eine international verzahnte Finanzmarktaufsicht zu schaffen, die globale Risiken überwacht und Aufsichtsarbitrage zukünftig vermeidet. Dazu ist eine weitreichende Richtlinienkompetenz mit bindender Wirkung für die nationalen Aufsichtsbehörden notwendig. Eine weitere wichtige Aufgabe einer international verzahnten Finanzmarktaufsicht besteht darin, ein Frühwarnsystem zu implementieren, das Marktverwerfungen schon in ihrer Entstehung erkennt und somit den Marktteilnehmern die Chance gibt, rechtzeitig gegenzusteuern.

Stärkere Koordination der Aufsichtsbehörden

Ein wichtiger Schritt in Richtung einer Internationalisierung der Finanzmarktaufsicht ist die Umsetzung der europäischen Solvency-II-Initiative. Sie beinhaltet nicht nur eine Weiterentwicklung der risikobasierten Unternehmenssteuerung, sondern sieht im Gegensatz zu den bestehenden Solvency-I-Regelungen ein Gruppenaufsichtskonzept vor, das einen verantwortlichen Gruppenaufseher bestimmt und diesen mit den entsprechenden Koordinierungs- und Entscheidungsbefugnissen in Bezug auf eine Versicherungsgruppe in ihrer Gesamtheit ausstattet. Die Finanzmarktkrise hat deutlich gezeigt, wie wichtig es ist, eine stärkere Koordination der Aufsichtsbehörden anzustreben, um einen globalen Überblick und eine Einschätzung der Gesamtrisikolage zu erreichen.

Ein weitreichendes Gruppenaufsichtskonzept ohne Beschränkungen wird von einigen involvierten Parteien abgelehnt, da diese Kompetenz- und Hoheitsverluste befürchten. Diese Bedenken sind jedoch nicht gerechtfertigt, da sowohl die Versicherungswirtschaft als auch die Aufseher von dem neuen Konzept der Gruppenaufsicht profitieren werden.

Eine Kompromissmöglichkeit wäre, die Höhe des Group Support (Garantiezusagen innerhalb der Gruppe, die Eigenmittelcharakter haben) vorübergehend zu limitieren beziehungsweise klar festzulegen, wann der Solo-Aufseher ein Capital Add-on (Kapitalzuschläge) fordern kann. Unabhängig davon, wie der Kompromiss letztendlich aussehen wird, ist darauf zu achten, dass die Grundzüge des Gruppenaufsichtskonzepts bestehen bleiben und der Gruppenaufseher handlungs- und entscheidungsfähig bleibt.

Rahmenbedingungen verändern

Des Weiteren soll es Versicherungsgruppen möglich sein, durch die Etablierung eines Gruppenaufsehers, der zentraler Ansprechpartner für die Gruppe ist, Doppelarbeiten zu vermeiden. Im Moment stehen Versicherungsgruppen unterschiedlichen Reportinganforderungen und Maßnahmen durch die verschiedenen europäischen Aufseher gegenüber. Mit Solvency II wird eine Harmonisierung der Reportingverpflichtungen und der Aufsichtspraktiken angestrebt, was einen erheblichen Fortschritt bedeutet. Der Vorteil liegt jedoch nicht nur auf der Versicherungsseite, auch für die Aufseher ergibt sich hiermit eine deutliche Verbesserung im Vergleich zur aktuellen Situation, da diese nun durch den Gruppenaufseher und die verpflich tende Zusammenarbeit aller anderen lokalen Aufseher einen Überblick über die Gesamtrisikolage der Gruppe bekommen.

Der Grundgedanke, Kreditrisiken transferierbar zu machen, ist richtig. Der Finanzierungsbedarf der Weltwirtschaft wächst und immer mehr Kapital sucht nach Anlagemöglichkeiten. Jedoch hat die Produktkomplexität zu Risikointransparenz geführt und die globalen Finanzmärkte bewirken eine weltweite Ansteckungsgefahr durch weltweite Streuung der Risiken. Nun geht es darum, aus der Krise zu lernen und die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass derartige Fehlentwicklungen in Zukunft ausgeschlossen werden können.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X