Gespräch des Tages

Wettbewerb - Konkurrenz mit Ansage

Mit dem Finanzministerium legt sich die Kreditwirtschaft nicht gerne an. Denn sie braucht es allzu oft als Partner bei der konstruktiven Umsetzung vieler relevanter Gesetze. Und sie baut bekanntlich in vielfacher Weise auf den zuständigen Minister und seine Mannschaft bei der Vertretung von Finanzplatzinteressen in Brüssel und auf internationaler Ebene. Vielleicht mag es mit diesen speziellen Berührungspunkten zusammenhängen, dass die Branche zunächst nicht lauter aufgeschrieen hat, als die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur Ende Mai dieses Jahres angekündigt hat, ihr Angebot an festverzinslichen Wertpapieren um ein "neues, speziell für Privatanleger konzipiertes Anlageprodukt" zu erweitern. Die sogenannte Tagesanleihe wird vom Anbieter offensiv als Neuerung präsentiert, die die wesentlichen Eigenschaften eines Tagesgeldkontos mit den Vorteilen eines Bundeswertpapiers verbindet.

Völlig überraschend ist dieses Angebot des zentralen Dienstleisters für das Schuldenmanagement des Bundes indes nicht gekommen - zumindest für die näheren Beobachter nicht. Denn schon bei der Einführung des neuen Geschäftsführers Carl Heinz Daube durch Finanzstaatssekretär Thomas Mirow Mitte Februar dieses Jahres, gab es von beiden Seiten die klare Ansage, das seit knapp zwei Jahren angebotene Privatkundengeschäft nachhaltig ausbauen zu wollen. Damals wurde von wesentlichen Innovationen im Privatkundengeschäft gesprochen, um eine weiteren Optimierung der Kosten-Risiko-Struktur der Kreditaufnahme voranzutreiben, und versprochen, mit dem Raumschiff Finanzagentur die nächste Stufe zu zünden. Rückblickend hätte die Finanzbranche also wissen sollen, was aus Frankfurt droht.

Am schnellsten öffentlich interveniert hat der Genossenschaftssektor mit dem aufsichtserprobten Gerhard Hofmann sowie dem dieser Tage ausscheidenden BVR-Präsidenten Christopher Pleister. Bis deren Einwände in einen gemeinsamen Brief der Präsidenten von BdB, BVR und DSGV an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück mündete, vergingen dann noch aber gut drei Wochen. Nun aber haben die drei großen ZKA-Verbände mit volumenstarkem Einlagen- und Tagesgeldgeschäft (VÖB und vdp waren nicht beteiligt) aber klar gemacht, dass sie die Produktinnovation der Finanzagentur eindeutig als Konkurrenzprodukt in einem ihrer Kerngeschäftsfelder betrachten. Moniert werden insbesondere die Kostenvorteile des staatlichen Schuldenverwalters aufgrund fehlender aufsichtsrechtlicher Regeln und der steuerlichen Behandlung.

Dass die ordnungspolitischen Bedenken der Kreditwirtschaft zu Recht vorgetragen und auch öffentlich diskutiert werden, belegen die Formulierungen der Finanzagentur zum Start am 1. Juli. Die Hinweise auf das wachsende Interesse der Bestandskunden am neuen Produkt, die offensive Betonung des einfachen und kostengünstigen Erwerbs über das Internet und nicht zuletzt die fiktive Renditeberechnung von 3,85 Prozent bei einer Begebung des Produktes bereits am 1. Januar 2008 erinnern doch stark an den Instrumentenkasten der Marketingabteilungen der Banken. Wie sehr die Tagesanleihe der Finanzagentur in der Praxis wirklich als direkte Konkurrenz zum Tagesgeld gesehen werden muss, dürfte auf mittlere und längere Sicht der Blick auf die Verbrauchermedien zeigen. Wenn diese in ihren Rankings und Bewertungen das neue Angebot der Finanzagentur verstärkt mit den Konditionen von Tagesgeld messen, ist dies ein untrügliches Zeichen für die Wettbewerbslage. Allem Eindruck nach birgt das neue Angebot auf Jahre hinaus Konfliktpotenzial. Ähnlich wie bei der Ipex Bank mischt sich letztlich der Staat der lukrativen Ertragsaussichten wegen in ureigene Geschäftsfelder der Banken ein.

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