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Privatkundengeschäft - Abschied von Günther Schild

Welch ein passendes Timing: Kaum ist Ende Juni mit dem "einsamen George" das letzte Exemplar der Galapagos-Riesenschildkröte gestorben, da kündigt die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH, Frankfurt am Main, das bevorstehende Ableben eines weiteren ganz besonderen Exemplars an, das freilich erst 2008 das Licht der Welt erblickt hatte: Die Schildkröte Günther Schild, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise zum "Testimonial" der Finanzagentur des Bundes erhoben, wird zum Jahresende sanft beerdigt (siehe auch "Aus der Finanzwerbung"). Denn die ehemalige Bundesschuldenverwaltung wird das mit der Schildkröte sogar im teuren Fernsehen beworbene Privatkundengeschäft mit Bundeswertpapieren zum Jahresende 2012 einstellen. So hat es das Bundesfinanzministerium entschieden.

Im Einzelnen heißt das: Der Bund wird keine neuen Serien von Bundesschatzbriefen und Ausgaben von Finanzierungsschätzen des Bundes mehr auflegen. Gleichzeitig wird der Vertrieb von Bundesobligationen und der Tagesanleihe über die Finanzagentur eingestellt. Schon vor dem Stichtag 1. Januar 2013 wird die Übertragung neu aufgelegter börsennotierter Wertpapiere des Bundes in das Einzelschuldbuchkonto zum 22. August dieses Jahres eingestellt. Sie sind dann nur noch über Banken und Sparkassen erhältlich - selbstredend gebührenpflichtig. Die Eröffnung neuer Einzelschuldbuchkonten wird künftig nicht mehr angeboten, wenngleich bestehende Konten bis zur Fälligkeit der jeweiligen Papiere fortgeführt werden.

Dass das Bundesfinanzministerium sich "unter dem Gebot einer möglichst kostengünstigen Kreditaufnahme" entschieden hat, das Privatkundengeschäft mit Bundeswertpapieren unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht weiter fortzusetzen, ist angesichts der enormen Nachfrage institutioneller Investoren auch zu ungünstigsten Konditionen zweifellos konsequent. Das kleinteilige Geschäft bedeutet da nur unnötigen Aufwand. Eher schon wird man sich da fragen dürfen, weshalb die bereits 2008 angekündigten weiteren Produkte für den privaten Anleger wie etwa ein Fondssparplan für Bundeswertpapiere, nicht einfach sanft ad acta gelegt, sondern im Februar dieses Jahres noch einmal angekündigt wurden. Hier hätte sich das Ministerium mit der Frankfurter Behörde wohl besser abstimmen können.

Banken und Sparkassen, die sich 2008 nach der Einführung der Tagesanleihe und der Ankündigung weiterer Produkte für den privaten Anleger einem unfairen Wettbewerb ausgesetzt sahen, wird der nun angekündigte Schritt vielleicht befriedigen. Nutzen wird er ihnen aber vergleichsweise wenig. Ein neuer Einlagenboom ist davon eher nicht zu erwarten.

Denn auch für viele sicherheitsbewusste Anleger waren die vom Bund gebotenen Konditionen längst nicht mehr attraktiv. 0,18 Prozent für die Tagesanleihe oder 0,0001 Prozent für die ein- oder zweijährigen Finanzierungsschätze des Bundes halten den Angeboten der Kreditwirtschaft - und dabei nicht nur der zweifelhaften Kandidaten - nicht stand. Bereits im Jahr 2010 hatte sich der Absatz bei der Tagesanleihe bei einem Zinssatz von teilweise unter 0,3 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro mehr als halbiert. Ende März dieses Jahres waren es 2,2 Milliarden Euro. Das ist sicher kein Volumen, das der Markt deutlich spüren wird. Red.

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