Gespräch des Tages

Zahlungsverkehr - Vergleich statt Regulierung

In Deutschland sind die Händler nicht immer glücklich mit den Akzeptanzbedingungen für Kreditkarten. Notfalls haben sie aber immer noch die Option, beispielsweise allein Debit- und keine Kreditkarten zu akzeptieren. Das ist in den USA zweifellos schwieriger, wird doch die Kreditkartenakzeptanz vom Kunden als weitaus selbstverständlicher vorausgesetzt.

Deshalb (und weil die Prozesskultur in den USA ohnehin eine andere ist) befinden US-Händler sich schon lange im Rechtsstreit mit den Kartengesellschaften und Banken um verschiedene Aspekte des Kartengeschäfts. Und die Kartenorganisationen neigen dazu, sich in diesen oft jahrelangen Auseinandersetzungen letztlich mit den Klägern zu vergleichen. Im Zweifelsfall scheint dies vorteilhafter zu sein als ein Urteil, das womöglich im Sinne der Kläger ausfallen könnte. Genau dies ist auch jetzt wieder geschehen. Seit Juni 2005 währte ein Rechtsstreit um die Interchange zwischen Mastercard, Visa und einigen nationalen und regionalen Kreditinstituten (darunter Bank of America, J. P. Morgan, Bank One und Wells Fargo) mit Händlergruppen als Sammelklägern sowie einer Reihe von Einzelklägern. Am 13. Juli 2012 haben sich nun Kläger und Beklagte einmal mehr verglichen. Die Kartenorganisationen und die beklagten Banken zahlen rund 6,6 Milliarden US-Dollar an die Händler. Der größte Batzen davon, nämlich 4,4 Milliarden Dollar entfällt auf Visa. Die Banken zahlen 1,4 Milliarden, Mastercard 790 Millionen Dollar. Zudem wird acht Monate lang die vom Händler zu tragende Interchange, mit der der Aufwand der Kartenemittenten für das Vorhalten der Karteninfrastruktur vergütet wird, um zehn Basispunkte gesenkt.

Trotz dieser Zahlung darf sich die Kartenbranche als der eigentliche Gewinner fühlen. Denn sofern das Gericht dem Vergleich zustimmt, wären damit alle anhängigen US-Rechtsstreitigkeiten um Interchange und Akzeptanzregeln erledigt - es sei denn, einzelne Einzelkläger würden weiterhin das Beschreiten des Rechtsweges vorziehen. Abschließende Rechtssicherheit wäre damit zwar noch nicht gegeben, doch wären ähnliche Verfahren für die Zukunft unwahrscheinlich. Denn die Vereinbarung umfasst auch den Verzicht der Kläger, künftige Verfahren um die gleiche Thematik anzustrengen. Es müssten denn schon neue Kläger in Erscheinung treten. Zunächst einmal, so hat es den Anschein, ist die Interchange in den USA jetzt rechtlich unumstritten. Und solange das so ist, besteht auch kein Handlungsdruck für die Regulatoren, die das Thema ohnehin lange nicht so intensiv verfolgen, wie es in Europa üblich ist.

Für die Händler ist die Vereinbarung deshalb eine Art Pyrrhus-Sieg. Sie müssen weiterhin die von ihnen im Grunde als wettbewerbswidrig empfundenen Interchange-Sätze zahlen. Vereinbart ist zwar auch eine Änderung der Regularien, wonach es Händlern - voraussichtlich ab dem Frühjahr 2013 - erlaubt sein soll, die Kosten für die Kartenzahlung als Aufpreis (sogenanntes Surcharging) an ihre Kunden weiterzugeben, was freilich nicht in allen Bundesstaaten gestattet ist. Den Emittenten tut das sicher nicht weh. Denn in einem Kartenland wie den USA wäre die Nutzung der Karten dadurch wohl kaum bedroht. Die Wettbewerbsfähigkeit kleinerer Händler, die das Surcharging wagen, könnte dadurch aber gefährdet sein. Ein Großteil der Kartenakzeptanten dürfte also auch weiterhin auf den Kosten sitzen bleiben.

Ein bisschen Bewegung kommt aber doch in den Markt: Große Händler beziehungsweise Branchenverbände sollen künftig die Möglichkeit erhalten, kollektiv die Interchange-Sätze bilateral mit Visa und Mastercard auszuhandeln. Und das heißt: Auch bei den internationalen Kartenorganisationen geht der Trend in die gleiche Richtung, wie es die deutsche Kreditwirtschaft unter dem Arbeitstitel "eccash 2.0" bei der Girocard in die Wege geleitet hat.

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