Sparkassen verzeichnen mehr Wertpapieranlagen als Einlagen

Liane Buchholz, Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe

Quelle: Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe

 

 

Unter dem Eindruck von Rekordinflationsraten und der damit verbundenen historisch negativen Realverzinsung von rund -7,5 Prozent haben viele Sparkassen-Privatkunden in Westfalen-Lippe auch im ersten Halbjahr 2022 ihr Geld vermehrt in Vermögenswerten angelegt. Das ergibt sich aus den Halbjahreszahlen des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe. Allerdings verändert sich das Anlageverhalten gerade spürbar: Die Nachfragedynamik bei Wohnimmobilien schwächt sich nach einem starken ersten Quartal ab, Wertpapiere sind stark gefragt und der Einlagenboom der vergangenen Jahre scheint gleichzeitig abzuebben.

Die Geldvermögensbildung der westfälisch-lippischen Sparkassenkunden, gleichzusetzen mit der jährlichen Ersparnis, ging im Halbjahresvergleich um 55 Prozent von 4 Milliarden Euro auf 1,8 Milliarden Euro zurück. Erstmals floss dabei mit 1,3 Milliarden Euro wieder mehr Geld in Wertpapiere als in den Einlagenbereich mit 0,5 Milliarden Euro.

Prof. Dr. Liane Buchholz, Präsidentin des Sparkassenverbandes Westfalen-Lippe macht deutlich: „Die hohen Inflationsraten setzen viele Haushalte finanziell unter Druck.“ Schon nach den bisherigen Hochrechnungen sei es rund 40 Prozent der Haushalte nicht mehr möglich gewesen zu sparen. Angesichts der Rekordinflation und besonders der explodierenden Energiepreise sei damit zu rechnen, dass dieser Wert zum bevorstehenden Jahreswechsel auf bis zu 60 Prozent ansteige – mit noch unvorhersehbaren Folgen für die Vermögensbildung und die Altersvorsorge. Die Sparkassenpräsidentin ergänzt: „Und selbst wenn derzeit noch Geld übrigbleibt: Mit jedem Monat Rekordinflation schmelzen der Sparbetrag oder die eingeplante Rate für die Immobilienfinanzierung weiter zusammen.“ Bei den Kundeneinlagen lag der Bestand zum Halbjahr bei 118 Milliarden Euro. Das waren nur 0,3 Prozent beziehungsweise 335 Millionen Euro mehr als im ersten Halbjahr 2021.

Anders im Kreditgeschäft. Hier bleibt die Nachfrage hoch: Über alle Kundengruppen sagten die westfälisch-lippischen Sparkassen 14 Milliarden Euro neue Kredite zu. Das waren rund 19 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Der Gesamtbestand an Krediten wuchs von 108 Milliarden Euro auf 112 Milliarden Euro. Das Neugeschäft der Sparkassen in Westfalen-Lippe mit Firmenkunden legte um 23 Prozent auf fast 8 Milliarden Euro zu.

Der Wertpapiernettoabsatz über alle Wertpapierarten stieg bei den Sparkassen in Westfalen-Lippe auf Halbjahressicht insgesamt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 16 Prozent auf 1,3 Milliarden Euro, nachdem er im Vorjahr bereits um 25 Prozent gestiegen war. Bei Aktien legte der Nettoabsatz  gegenüber dem Vorjahreshalbjahr um 60 Prozent auf 224 Millionen Euro zu, bei festverzinslichen Wertpapieren lag der Nettoabsatz mit 285 Millionen Euro um 58 Millionen Euro unter dem vergleichbaren Vorjahreswert.

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