Argumente für ein Prüfsiegel im Börsenhandel

Abbildung: Primärmarktsegmente für Unternehmensanleihen

Dirk Elberskirch, Vorsitzender des Vorstands, Börse Düsseldorf AG, Düsseldorf Mit der Handelsplattform Quotrix zielt die Börse Düsseldorf nach den Ausführungen des Autors auf Anleger ab, die bei der Orderausführung keinen Börsenplatz vorgeben und somit nach der Best Execution Policy ihrer Bank weitergeleitet werden. Eine Reihe von Kreditinstituten hat das System jedoch technisch nicht angeschlossen, es findet daher in deren Auswertungen keine Berücksichtigung. In einem Wettbewerbsumfeld, das geprägt ist von einer abnehmenden Zahl an Kunden und einer zunehmenden Zahl an Wettbewerbern plädiert die Börse Düsseldorf für ein Gütesiegel, das Kleinanlegern Orientierung geben soll bei der Auswahl des Handelsplatzes. (Red.)

Zur leichteren Orientierung bei Bio- beziehungsweise Ökoprodukten gibt es seit 2001 für Lebensmittel aus ökologischer Landwirtschaft das staatliche Biosiegel. Es soll Verbrauchern bei der Auswahl von Produkten helfen. Zum Beispiel die zu finden, die nicht bestrahlt wurden, keine gentechnisch veränderten Organismen be sitzen oder bei denen die Fütterung mit ökologisch produzierten Futtermitteln ohne Zusatz von Antibiotika und Leistungsförderern vereinbart ist. Gemeinhin wird das Biosiegel als Qualitätsauszeichnung wahrgenommen.

Angebote schwer vergleichbar

Ein solches Siegel würde sich auch für deutsche Börsen gut eignen. Denn auch hier sind die Angebote und Leistungen höchst unterschiedlich, teils intransparent und für Kunden nur schwer vergleichbar. Hinzu kommt, dass Anleger oftmals gar nicht wirklich wahrnehmen, dass sie bei der Vergabe ihrer Order aus einer Vielzahl von Handelsplätzen wählen können. Hier hat sogar schon der Gesetzgeber vor über sechs Jahren zum Schutze des Anlegers agiert und im Rahmen von MiFID (Markets in Financial Instruments Directive) Best Execution eingeführt. Demnach sollen Banken die Orders von Kunden, die nicht explizit einen Ausführungsplatz für ihre Orders genannt haben, an den Platz mit der besten Ausführungsqualität weiterleiten.

Die Börse Düsseldorf erfüllt verbindlich alle Anforderungen, die die Finanzmarkt-Richtlinie und die Umsetzung im Wertpapierhandelsgesetz aufstellt, und hat diese als erste Börse in Deutschland fest in ihrem Regelwerk verankert. In diesem Regelwerk sind übersichtlich und leicht verständlich die Leistungsgarantien zusammengefasst. Dies vermittelt allen Partnern der Börse Düsseldorf nachhaltig Sicherheit - sowohl den Instituten bei der Aufstellung ihrer Execution Policy, aber auch dem Anleger, der sich auf eine ordnungsgemäße Abwicklung seiner Order verlassen kann. Das betrifft beispielsweise Preisgarantien oder Zusagen zur Ausführungswahrscheinlichkeit.

Best Execution sehr unterschiedlich umgesetzt

Branchenweit problematisch ist allerdings, dass es keine Vorgaben zur Ermittlung des jeweils besten Ausführungsplatzes gibt und die Kreditinstitute die gesetzlichen Vorgaben zu Best Execution sehr unterschiedlich umsetzen. So werden von manchen Instituten reine Preisvergleiche gemacht, ohne qualitative Faktoren zu berücksichtigen und die Leistungen verhältnismäßig zu betrachten, andere Institute wählen Profihandelssysteme mit vergleichsweise kurzen Handelszeiten, die einer Voreinstellung zugrunde liegenden Prozesse und Entscheidungsparameter sind meist nicht bekannt.

Die Börsen haben gehandelt und ihre Marktmodelle auch auf Best Execution ausgerichtet. In Düsseldorf begann das bereits 1999 mit der Ausrichtung als serviceorientierte Privatanlegerbörse. Unter dem Stichwort "Quality Trading" wurde ein Versprechen verankert, welches unter anderem folgende Leistungen garantiert: verbindliche Quotes und unverzügliche Orderausführung, umfangreiche Preis- und Ausführungsgarantien mit Referenzmarktgarantie, Vollausführung innerhalb der angezeigten Größen (Volumen/Stückzahl), courtage freier Handel von Dax-Aktienorders bis 10 000 Euro, permanente Überwachung.

Mehr Qualität für Verbraucher

Das Ziel dieser Garantien war und ist es, mehr Qualität für Verbraucher zu liefern und auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden stärker einzugehen. So wie die Lebensmittelbranche mit Bioartikeln stärker auf die Bedürfnisse gesundheitsbewusster Kunden eingegangen ist. Der einzige Unterschied ist jedoch, dass Quality Trading im Vergleich zu Bioprodukten nicht teurer ist als das bisherige Angebot, sondern günstiger. Immerhin kann die Börse Düsseldorf als einziger Handelsplatz in Deutschland mit einem Gütesiegel aufwarten. Seit 2006 überprüft der TÜV Rheinland die Einhaltung der Leistungsversprechen. Und Jahr für Jahr wird die Börse Düsseldorf aufs Neue ausgezeichnet. Seit 2009 wird auch die Servicequalität überprüft. Gegenstand der weitergehenden Prüfung unter dem Stichwort "Servicequalität Finance" sind die Geschäftsprozesse, die im direkten Kontakt mit den Anlegern und Banken ablaufen. Auch in diesem Bereich hat die Börse Düsseldorf seither in jedem Jahr das Siegel erhalten.

Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit hat die Börse Düsseldorf bereits im Jahr 2001 das elektronische System Quotrix eingeführt und ist damit neben der Frankfurter Börse der einzige deutsche Handelsplatz, der sowohl den Skontrohandel wie auch ein elektronisches System parallel anbietet. Der wesentliche Vorteil von Quotrix ist der Verzicht auf Börsenentgelt und Courtage.

Nach der Definition von Best Execution, insbesondere aufgrund der Kostenersparnis, müsste Quotrix im Fokus aller Banken stehen. So weit ist es leider - noch - nicht! Zwar belegt das System in einigen Kategorien von Best-Execution-Auswertungen erste Plätze, jedoch noch nicht in aller Breite. Das liegt auch daran, dass eine Reihe von Kreditinstituten technisch noch keinen Zugang zu Quotrix für sich und ihre Kunden geschaffen haben und das System deswegen nicht in ihren Auswertungen berücksichtigen.

Nach dem S-Broker haben die Sparkassen deren Attraktivität als erste erkannt und das Börsensystem in ihren Auswahlprozess aufgenommen. Im Ergebnis wurde Quotrix schon mehrfach zum besten Ausführungsplatz gewählt, und das in unterschiedlichen Kategorien. Die Sparkassen sowie ihre Kunden bekommen nicht nur oftmals den besten Preis zu günstigsten Konditionen, sondern viele Services, die andere Handelsplätze nicht bieten, etwa eine verbindliche Xetra-Referenzierung und den Handel bis 23 Uhr. Neben dem Direkthandel bietet Quotrix auch die Möglichkeit des Orderhandels mit allen modernen Ordertypen und Limitfunktionalitäten. Aktuell können mehr als 5 000 Aktien, Anleihen, ETFs und Fonds über Quotrix gehandelt werden.

Zunehmender Wettbewerb, weniger Kunden

Auch andere Handelsplätze haben inzwischen den Leistungsanspruch von Best Execution im Blick und richten ihre Angebote daran aus. Kürzlich verkündete beispielsweise die Börse München, mit einem elektronischen System in den Wettbewerb eintreten zu wollen. Wirkliche Innovationen gab es nicht, dafür ebenso wie bei Quotrix keine Kosten mehr für Anleger. Im Detail betrachtet erkennt man in dem System Quotrix wieder, denn viele Vorteile davon haben auch die Bayern aufgegriffen. Wie man aus Branchenkreisen vernehmen kann, soll es noch einen weiteren Platz geben, der kostenlosen Börsenhandel anbieten möchte. Ob dieses Angebot noch 2015 auf dem Markt kommen wird, ist fraglich.

Der Trend bei Börsen ist jedoch eindeutig: Kosten reduzieren, Services verbessern und im Wettbewerb mit anderen Plätzen die besseren Leistungen bieten. Und die Strategie geht auf. Selbst die Frankfurter Wertpapierbörse, die in den vergangenen Jahren sehr starke Rückschläge im Geschäft mit Privatkunden hinnehmen musste, hat reagiert und ihre Leistungen optimiert. Im November 2013 startete der Frankfurter Spezialistenhandel eine Qualitätsoffensive. Im Garantievolumen bleibt Frankfurt mit 7 500 Euro je Preisfeststellung allerdings weit hinter den in Düsseldorf verbindlichen 50 000 Euro je Order bei Dax-Titeln zurück. Ein weiterer Vorteil Düsseldorfs bleibt unberührt, seit Anfang 2008 werden die Dax-30-Werte immer in der Mitte der aktuellen Xetra-Spanne - also ohne Spread - gehandelt. Das gab es früher nur für Händler im Börsensaal, denen der Kursmakler sogenannte "Aussuchenpreise" stellen konnte - der Händler konnte dann aussuchen, ob er zu diesem Preis kaufen oder verkaufen wollte. In Düsseldorf kann das heute jeder Privatkunde!

Börsen betrachten Listingthemen differenziert

Zum Kerngeschäft der Börsen zählt bekanntlich auch das Listing. Im Segment der Unternehmensanleihen war dieses Thema in der Vergangenheit sehr umstritten. Während sich die Börse Stuttgart aus dem Segment mit dem Hinweis zurückzog, der Markt sei tot, hat die Börse Düsseldorf diesem Bereich eine neue Plattform und damit auch eine neue Chance gegeben. Der Primärmarkt ist ein Listingsegment im Freiverkehr der Börse Düsseldorf, in dem sowohl Aktien, Anleihen als auch weitere Produkte notieren. Emittenten im Primärmarkt haben sich durch das Regelwerk der Börse dazu verpflichtet, besondere Publizitätsstandards einzuhalten und den Anleger fortlaufend mit allen wichtigen Informationen rund um das Unternehmen zu versorgen. Das ist das passende Umfeld für Anleihen kleinerer und mittlerer Unternehmen.

Um die Wahrnehmung von Risiken, insbesondere für Privatanleger zu verbessern, wurden im Primärmarkt für das Listing von Unternehmensanleihen drei Subsegmente geschaffen. In welches Subsegment eine Anleihe eingeordnet wird, hängt vom Abstand der Emissionsrendite zum risikolosen Referenzzins, dem Durchschnittszinssatz der 3- bis 5-jährigen Bundesanleihen, ab. Die Subsegmente tragen die Buchstaben A, B und C und sind wie folgt definiert: In den Primärmarkt A können Anleihen aufgenommen werden, deren Emissionsrendite maximal bis zu 2 Prozent über dem risikolosen Zins liegt, in Primärmarkt B die Anleihen, deren Emissionsrendite zwischen 2 und 4 Prozent beträgt und in Primärmarkt C alle Papiere, deren Emissionsrendite einen Abstand von mehr als 4 Prozent zum risikolosen Zins aufweist. Die Börse Düsseldorf bietet damit als einzige Börse in Deutschland eine Unterteilung der Anleihen, die ein Listing auch für bonitätsstarke Unternehmen in einem eigenen Niedrigzinsbereich ermöglicht. Niedrige Kosten verstehen sich dabei fast von selbst, denn über die Laufzeit gesehen spart ein Listing ohne Rating in Düsseldorf den Emittenten etwa einen sechsstelligen Betrag gegenüber der noch im Geschäft mit KMU-Anleihen befindlichen Börse Frankfurt. Dort werden An leihen ohne jede Sortierung oder Eingruppierung angeboten.

Ungebremster Rückzug von Anlegern

Dem zunehmenden Wettbewerb unter den Börsen stehen sinkende Zahlen von Aktionären und Fondssparern gegenüber. Nach einer Studie des Deutschen Aktieninstituts ging die Zahl der Menschen mit Aktieninvestments in Deutschland 2013 um 600 000 zurück. Zahlen für 2014 gibt es noch nicht, eine Trendumkehr ist allerdings trotz positiver Entwicklungen am Aktienmarkt nicht zu erwarten. Direktbanken, bei denen Aktieninvestments einen Großteil ihres Geschäfts ausmachen, wollen nun mit einer gemeinsamen Initiative gegensteuern und bereiten einen Tag der Aktie am 16. März vor. Ob das die Anleger bewegen wird, mehr Geld in Aktien zu investieren, wird sich zeigen.

Seit der Finanzkrise ist das Engagement von Privatanlegern insbesondere am Aktienmarkt eher gesunken. Aufgrund der strengen Regulierung und der Kosten für Beratungsleistungen gehen zudem immer mehr Banken dazu über, ihren Kunden nur noch vermeintlich sichere und leicht verständliche Produkte zu empfehlen. Eine Anlageberatung in Aktien - vielfach gilt dies bedauerlicherweise auch für die interessanten Rentenwerte - wird aufgrund der Dokumentationspflichten, der Beraterhaftung und zeitintensiver Gespräche am Bankschalter immer mehr zur Ausnahme. Sparer, die in einer Niedrigzinsphase aber noch über der Inflationsrate liegende Erträge aus ihrem Kapital erzielen möchten, kommen um den Aktienmarkt jedoch nicht herum.

Abgesehen von derivativen Finanzprodukten oder mit anderen mit hohen Risiken behafteten Anlagen sind nur am Aktienmarkt Renditen über dem Inflationsniveau erzielbar. Der Anleger ist zunehmend auf sich selbst gestellt und die Frage ist berechtigt, ob die weitreichende staatliche Regulierung hier nicht kontraproduktiv wirkt.

Unabhängige Information ist wichtige Serviceleistung

Die Börse Düsseldorf hat die Anlegeraufklärung fest in ihr Kommunikationsprogramm integriert und wird diese ausbauen. Ziel ist es, die bestehende Beratungslücke bei den Kunden mit Informationsangeboten und Hilfestellungen zu füllen, um private Kunden an die Börse und ihre Produkte heranzuführen. Wohlgemerkt: Es geht nicht um die konkrete Beratung, sondern um die Vermittlung von Wissen und Informationen, die die Kunden in die Lage versetzen, selbstständig an der Börse aktiv zu werden.

Zahlreiche Veranstaltungen im eigenen Haus, bei externen Partnern wie auch in Kooperation mit Medienunternehmen oder Anlegervereinigungen sowie Messeauftritte gehören ebenso dazu wie der Düsseldorfer Börsentag, den die Rheinländer jährlich initiieren. Die Besucherzahlen dieser Veranstaltungen zeigen, dass das Interesse an der Börse und der Anlage in Aktien und Renten bei Anlegern durchaus vorhanden ist. Aktiven Anlegern bietet die Börse Düsseldorf mit dem eigenen Quality Trader Club kostenlose Echtzeitkurse und stets aktuelle Informationen über Newsletter der Börse. Der Club wächst stetig und zählt mittlerweile mehr als 9 300 Mitglieder.

Börsen sollten zielgruppengerecht vorgehen

Die Börsenvielfalt in Deutschland sollte auf jeden Fall erhalten bleiben, denn sie bedeutet auch Wettbewerb, von dem letztendlich der Kunde profitiert. Zudem stehen kleinere Börsen für Innovationen. So wurden beispielsweise die Möglichkeit kleiner Aktienmengen, die langen Handelszeiten oder der Handel von Investmentfonds an kleineren Börsen entwickelt. Auch den kostenlosen Handel gibt es derzeit nicht in Frankfurt oder Stuttgart. Im Blickfeld der Börse Düsseldorf steht bei Innovationen immer der Kunde. Zielgruppengerecht müssen Veränderungen entwickelt und auch nachhaltig integriert werden. Quasi mehr Bio im Börsenhandel. Das wäre wünschenswert. Vielleicht gibt es dann auch irgendwann ein bundesweites Prüfsiegel bei allen Börsen.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X