Asset-Pooling für Infrastrukturinvestments als attraktive Gestaltungsvariante für institutionelle Investoren

Abbildung 1: Schlüsselfaktor - Partnerschaftliche Zusammenarbeit Quelle: Alceda Real Asset Trust GmbH

Reinhard Liebing, Geschäftsführer, Alceda Real Asset Trust (ARAT) GmbH, Aquila Gruppe Hinsichtlich der Notwendigkeit der Bereitstellung privaten Kapitals zur Finanzierung von Infrastrukturprojekten registriert der Autor inzwischen einen breiten Konsens. Allein der Ausgang des Ringens von Regulatoren, politischen Entscheidungsträgern und Kapitalsammelstellen über die

Ausgestaltung der Rahmenbedingungen wird seiner Einschätzung nach maßgeblich über dessen Höhe und die Schnelligkeit der Engagements entscheiden. Als Grundvoraussetzung für eine stärkere Einbeziehung institutioneller Investoren in künftige Finanzierungskonzepte sieht er einen stabilen ordnungspolitischen Rahmen und aufsichtsrechtliche Stabilität verbunden mit sachgerechten Vorgaben, die der Assetklasse Infrastruktur gerecht werden. Als wichtigen Schritt, um institutionelle Investoren für Investments zu gewinnen, nennt er Pooling-Vehikel wie regulierte Fonds, die gegebenenfalls mit Co-Investmentmöglichkeiten kombiniert werden könnten. (Red.)

Die Summen sind gewaltig. Etwa 120 Milliarden Euro müssen nach einer Studie1) des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in den kommenden zehn Jahren in Erhalt und Ausbau der Infrastruktur in Deutschland fließen. Dies ist jedoch kein deutsches Phänomen, sondern eine weltweite Entwicklung. Laut einer Studie2) von McKinsey werden bis zum Jahr 2030 weltweit rund 57 Billionen Dollar benötigt, um die Infrastruktur so auszubauen, dass sie mit dem Wirtschaftswachstum Schritt halten kann. Alleine in Europa liegt der Investitionsbedarf für Infrastrukturnetze in den Bereichen Verkehr, Energie und Telekommunikation nach Schätzungen der Europäischen Kommission bis 2020 bei einer Billion Euro.

Treiber der Entwicklung

Die Treiber dieser Entwicklung sind vielfältig. Das Bevölkerungswachstum bei gleichzeitigem Wirtschaftswachstum ist hier ebenso zu nennen, wie die begrenzte finanzielle Wirkungsmöglichkeit vieler Staaten, ihre Infrastruktur zu erhalten oder gar auszubauen. In Deutschland wird die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse voraussichtlich dazu führen, dass ein Großteil der Infrastrukturinvestitionen zukünftig durch private Investoren finanziert werden muss, oder es werden keine erfolgen können.

Hinzu kommt, dass durch die Auswirkungen von Basel III - die Einführung neuer und schärferer Eigenkapitalregeln - Banken sich zunehmend aus der langfristigen Finanzierung von Real Assets, wie Infrastruktur und erneuerbare Energien, zurückziehen. Hatten Banken 2007 noch kurz- und langfristige Kredite von 95 Milliarden Euro an private und öffentliche Investoren für Infrastrukturprojekte vergeben, waren es laut einer Studie des Bearing Point Institute3) 2012 gerade einmal 34 Milliarden Euro. Viele Städte, Kommunen, Länder bis hin zu einzelnen Staaten in Europa sind aufgrund der bestehenden Schuldenkrise nicht mehr in der Lage, weitere Infrastrukturinvestitionen eigenständig zu finanzieren. Betrugen die Infrastrukturinvestitionen nach einer Studie des Bearing Point Institute in der EU 2007 noch 127 Milliarden Euro, waren es 2012 nur 49 Milliarden Euro. Ein Rückgang von über 60 Prozent.

In einer Phase der lang anhaltenden niedrigen Zinsen bis hin zur Negativverzinsung von Bankeinlagen sind Investitionen für institutionelle Investoren attraktiv, die ein Substitut zu dem bisherigen Anlageschwerpunkt Anleihen sein können. Und das sind Infrastrukturinvestitionen. Insgesamt weisen nicht börsennotierte Investments in Infrastruktur und erneuerbare Energien mit langfristigen und damit gut prognostizierbaren Zahlungsströmen einen anleiheartigen Charakter auf.4) Aus den genannten Gründen spricht also vieles dafür, dass die Anlageklasse Infrastruktur auf dem besten Wege ist, sich in der Asset Allokation deutscher institutioneller Investoren zu etablieren.

Regulatorische Hürden

Eigentlich klingt alles ganz simpel: Der Staat hat nicht genug Geld, um die Infrastruktur adäquat in Schuss zu halten oder gar auszubauen. Auf der anderen Seite suchen Kapitalsammelstellen wie Versicherer im Niedrigzinsumfeld dringend nach Anlagen mit anleiheähnlichem Charakter und sind bereit, hierfür größere Teile des ihnen anvertrauten Geldes zu investieren. Alleine durch die durch Regulierer aufgestellten Spielregeln ist es potenziellen Investoren bislang nicht möglich oder zumindest nicht attraktiv genug, in die Anlageklasse Infrastruktur zu investieren.

Bislang haben die Versicherer hierzulande von ihren rund 1 395 Milliarden Euro Kapitalanlagen nur ein Prozent in Infrastruktur investiert.5) Bereits zum zweiten Mal in relativ kurzer Zeit hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) daher ein Positionspapier "Zur Verbesserung der Bedingungen für Investitionen in Infrastruktur" veröffentlicht. Dies unterstreicht den Wunsch der Investoren, in diese Assetklasse zu investieren. Von den knapp 1,4 Billionen Euro Kapital anlagen könnte ein erheblich höherer Betrag in den Ausbau der Infrastruktur fließen, wenn nach Ansicht des GDV eine Reihe von Bedingungen verbessert oder erfüllt würden.

Unter ihnen befindet sich die Forderung, Investitionen in Infrastruktur oder erneuerbare Energien in einer separaten Risikoklasse tätigen zu dürfen.6) Diese sollte eine niedrigere Eigenkapitalunterlegung aufweisen (20 Prozent) als dies bislang der Fall ist. Mit der Umsetzung und Einführung von Solvency II zu Beginn 2016 werden die aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Versicherungswirtschaft neu gestaltet. Nach Ansicht des GDV unterliegt dann die Beteiligung an nachhaltigen Energie- und Infrastrukturprojekten einer unverhältnismäßig hohen Kapitalunterlegung. So sollen Eigenkapitalinvestitionen in Infrastruktur und erneuerbare Energien unter "sonstige Aktienrisiken" erfasst und zur Quote für nicht notierte Beteiligungen hinzugerechnet werden. Damit werden anleiheähnliche Infrastrukturinvestments insoweit mit Private Equity und Hedgefonds gleichgestellt. Im Ergebnis, so der GDV, müssen nach dem Standardansatz Solvency II weitgehend risikolose Investitionen mit 49 Prozent Eigenkapital unterlegt werden.

Bislang stießen die Forderungen nach einer Verbesserung der aufsichtsrechtlichen Vorgaben auf taube Ohren. Im Gegenteil: Erst jüngst hat die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA unter ihrem Vorsitzenden Gabriel Bernardino klar gemacht, dass sie keine "unangemessenen Anreize" für Infrastrukturinvestments schaffen wolle, da die Grenzrendite solcher Investments, zumindest relativ gesehen, "ziemlich attraktiv" sei.7)

Investieren in verschiedenen Phasen

Wie immer auch hier letztendlich entschieden werden wird, es macht für Investoren Sinn, sich bereits jetzt mit der Materie zu beschäftigen. Für viele institutionelle Investoren ist die Anlage in nicht börsengelistete Sachwerte neu. Damit geht auch die Chance-Risiko-Bewertung einher, die anders als im vom Kapitalmarkt determinierten Umfeld vorgenommen werden muss. Um ein stärkeres Engagement von Versicherungen und Pensionsfonds zu erreichen, muss daher auch über neue Formen der Finanzierung nachgedacht werden, welche der hohen Komplexität und dem besonderen Risikoprofil der Assetklasse Rechnung tragen.

Zunächst ist es sinnvoll, sich den "Lebenszyklus" eines Infrastrukturprojektes als Investitionsprojekt genauer anzuschauen. Typische Infrastrukturprojekte durchlaufen verschiedene Phasen. Jede dieser Phasen zeigt ein individuelles Risiko-/Ertragsprofil und erfordert differenzierte Rollen von den Beteiligten und vom Kapitalmarkt.

Um diesen einzelnen Phasen gerecht zu werden, müssen spezifische finanzielle Instrumente eingesetzt werden, die für unterschiedliche Investorengruppen in Betracht kommen. Zu diesen Phasen zählen: Planung, Konstruktion und Betrieb. Diesen Phasen sind in der Tabelle jeweils "wirtschaftliche und vertragliche Aspekte" und "finanzwirtschaftliche Aspekte" zugeordnet. Jeder Phase steht eine bestimmte Investorengruppe gegenüber, die hierfür besonders in Betracht kommt.

Wie in anderen Real-Assetklassen eröffnen sich Investoren unterschiedliche Zugangswege über gelistete und nicht börsennotierte Vehikel, wobei in der Regel jeweils Eigen- oder Fremdkapitalbeteiligungen offeriert werden. Aus bestimmten regulatorischen Gründen werden in Einzelfällen auch hybride Instrumente wie Genussscheine genutzt, um regulatorische beziehungsweise steuerrechtliche Optimierungsmöglichkeiten zu nutzen.

Projektfinanzierung durch Bündelung von Investorenkapital

Bislang dominieren im deutschen Markt ungelistete Eigenkapital-Beteiligungsmöglichkeiten (Fonds) das Investmentuniversum für die Investoren. Infrastrukturkreditfonds nehmen demgegenüber noch eine Nischenrolle ein, zumal auch die rechtliche Strukturierung solcher Investmentvehikel komplex ist. Bei der Strukturierung ist zudem ein besonderes Augenmerk auf die laufenden Kosten zu legen, da aus Sicht der Inves toren in diesem Niedrigzinsumfeld "jeder Basispunkt zählt".

Die bisher bevorzugten Zugangswege für institutionelle Investoren sind Fonds, Direkt-Investments und Co-Investments. Mangelnde Erfahrung und Fachwissen sowie geringe Investitionsvolumina machen Direkt-Investments für viele Investoren unattraktiv. Kleinteilige Direkt-Investments scheiden für die meisten institutionellen Investoren aus. Attraktive Engagements erfordern in der Regel einen zweistelligen Eigenkapitalbetrag, um auch nach Kosten eine attraktive Rendite erzielen zu können. In Einzelfällen kommen bereits im Vorfeld einer Investition schnell einige hunderttausend Euro Due-Diligence-Kosten zusammen. Hierbei ist insbesondere an externe Prüfungskosten wie die rechtliche und steuerrechtliche Due Diligence zu denken. Auch interne Kosten dürfen hierbei nicht vernachlässigt werden. Investoren streben in der Regel diversifizierte Portfolios an. Mit einem Einzel-Investment ist dies nicht zu erreichen.

Eine spezielle Form des Direkt-Investments stellen Co-Investments dar, bei denen sich mehrere Investoren zu einem Konsortium zusammenfinden, um gemeinsam zu investieren. Diese Co-Investmentstrukturen werden zunehmend von Lead-Investoren aus dem jeweiligen Infrastruktursegment, beispielsweise der Energiewirtschaft geprägt. Wird hierbei auch berücksichtigt, dass die Fremdfinanzierung der Projekte durch institutionelle Investoren erfolgen soll, zeigt sich, dass eine Zusammenarbeit mit "Lead-Investoren" auch auf Seiten der Banken sachgerecht sein kann. Eine schematische Übersicht verdeutlicht die Vorteile einer solchen Zusammenarbeit (Abbildung 1).

Pooling von Kapital

Für die Bündelung, das heißt das Pooling von Investorenkapital, kommen gerade für regulierte Investoren regulierte Investmentvehikel in Betracht, wenn diese kosteneffizient aufgesetzt und betrieben werden können. In diesem Fall fungiert eine Kapitalverwaltungsgesellschaft als "Treuhänder" der Investoren, die das Pooling-Vehikel verwaltet und hierfür ein entsprechendes Risikomanagement nutzt. Zudem bietet sie ein entsprechendes Reporting an. Ein Beispiel für eine solche Lead-Investorenstruktur ist in Abbildung 2 dargestellt.

Solche Strukturen haben viele Vorteile. So kann der Lead-Investor Berater des Investmentvehikels werden, der Investment Manager ist allerdings reguliert und unabhängig vom Berater. Der Investor kann sich zudem auf eine unabhängige Bewertung der Vermögenswerte und auf ein unabhängiges Reporting stützen. Um vermeidbare Kosten auszuschließen, ist auf jeder Ebene der Strukturen zu klären, ob sie tatsächlich notwendig ist beziehungsweise durch kostengünstigere Lösungen ersetzt werden kann.

Abnehmende Bedeutung von Banken

Jüngste Entwicklungen im Bereich der Infrastruktur-Kreditfinanzierungen zeigen, dass institutionelle Investoren auch mit Banken als "Lead-Investoren" enger zusammen arbeiten. Die belgische Versicherungsgesellschaft Ageas hat zum Beispiel im letzten Jahr bekannt gegeben, dass sie mit der französischen Bank Natixis ein Infrastrukturportfolio in einer Größenordnung von zirka zwei Milliarden Euro aufbauen will.

Allerdings sind in der Praxis auch Transaktionen zu sehen, bei denen der institutionelle Investor unmittelbar Infrastrukturprojekte finanziert, ohne dass Banken involviert werden. Eine holistische Gesamtbetrachtungsweise bei der Lösung von Infrastrukturfinanzierungen kann insoweit einen deutlichen Mehrwert für die Parteien bieten, wenn sowohl Zugang zu institutionellem Beteiligungs- als auch Fremdkapital besteht. Gerade für mittelgroße institutionelle Investoren kann die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Investmentberater sinnvoll sein, der die komplexen Zusammenhänge managen kann.

Ein stabiler ordnungspolitischer Rahmen und aufsichtsrechtliche Stabilität verbunden mit sachgerechten Vorgaben, die der Assetklasse Infrastruktur gerecht werden, sind entscheidend für die Einbeziehung institutioneller Investoren in künftige Finanzierungskonzepte.

Die Finanzierung von Infrastrukturprojekten erfordert erhebliche Erfahrungen und Kompetenzen. Ohne eine vorhersehbare Pipeline von investierbaren Projekten sind die Fixkosten für den Aufbau der internen Ressourcen für viele institutionelle Investoren zu hoch, um direkt in Projekte zu investieren. Pooling-Vehikel wie Infrastrukturfonds haben vor diesem Hintergrund eine wertvolle Aufgabe und insoweit ein erhebliches Potenzial, um institutionelle Mittel zu bündeln. Hilfreich hierfür sind kosteneffiziente und transparente Strukturen. Pooling-Vehikel wie regulierte Fonds, die gegebenenfalls mit Co-Investmentmöglichkeiten kombiniert werden, könnten somit ein wichtiger Schritt sein, um institutionelle Investoren für Investments zu gewinnen. Durch eine Kombination von Infrastruktur-, Eigen- und Fremdkapital kann zudem das individuelle Risikoprofil der Assetklasse auf Anleger ebene optimiert werden.

Eine risikoorientierte Bewertung von Infrastrukturinvestments ist ein maßgeblicher Erfolgsfaktor für die Assetklasse. Die Finanzierung von Infrastrukturprojekten sollte gesamthaft betrachtet werden, um sowohl die Eigen- als auch die Fremdkapitalseite durch institutionelle Investoren darzustellen zu können. Transparente Anleihestrukturen, die die jeweiligen Anlage-, Portfolio- und Eigenkapitalrestriktionen der Investoren erfüllen, liegen nahe. Zudem sind Partnerschaftsmodelle auf dem Vormarsch, bei denen Lead-Investoren wie Energieversorger und Banken ihre finanzwirtschaftliche, rechtliche, technische sowie regulatorische Expertise einbringen, um gemeinsam mit institutionellen Co-Investoren Projekte zu finanzieren.

Insoweit sollte eine engere Zusammenarbeit zwischen regulierten Kapitalverwaltungsgesellschaften und regulierten Investoren als eine Brücke zu der Assetklasse Infrastruktur betrachtet werden. Der Regulator beziehungsweise auch die Aufsichtsbehörde könnte gerade diese Zusammenarbeit nicht nur regulieren, sondern auch aktiv fördern.

Fußnoten

1) Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Infrastruktur zwischen Standortvorteil und Investitionsbedarf, Köln, Februar 2014.

2) McKinsey Global Institute, Infrastructure productivity: How to Save $ 1 trillion a year.

3) Bearing Point. Institute - Are insurers the new banks for infrastructure investment?

4) Vgl. Moody's Investor Service "Default and Recovery Rates for Project Finance Bank Loans", 1983-2011, February 4, 2013.

5) GDV Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V., Positionspapier - Zur Verbesserung der Bedingungen für Investitionen in Infrastruktur, August 2014.

6) Vgl. hierzu auch Reinhard Liebing, Joachim Kayser, Schulen sind attraktiv, Börsen-Zeitung, 25. Mai 2013, S. 2.

7) Börsen-Zeitung vom 20. November 2014, S. 1: "Versicherer blitzen bei Aufsehern ab".

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