Entgelte für Bargeldabhebungen bei Sparkassen und Genossenschaftsbanken

Prof. Dr. Dirk Schiereck, Foto: D. Schiereck

Bargeld ist nach wie vor besonders in Deutschland beliebt. Laut einer Umfrage würden es hierzulande 79 Prozent persönlich bedauern, wenn es kein Bargeld mehr gäbe. Um dieser Beliebtheit Rechnung zu tragen, werden fast 100 000 Auszahlungsmöglichkeiten vorgehalten. Doch diese Versorgung ist teuer für die Banken. Neben einer Verringerung der Kosten dafür haben einige Kreditinstitute insbesondere über die Erhebung eines Entgeltes für die Bargeldabhebung versucht, diesen Aufwandsposten in den Griff zu bekommen. Die Autoren haben eine Analyse bei einer Reihe entgelterhebender Institute und einer Vergleichsgruppe durchgeführt, um zu untersuchen, welche ökonomischen Zwänge die Banken zu einem solch unpopulären Schritt bewegen. Schiereck/ Heppding/Teso kommen zu dem Schluss, dass zumindest keine offensichtlichen Erfordernisse zu erkennen sind und entgelterhebende Institute sogar teilweise besser dastehen als die Vergleichsgruppe. (Red.)

Jenseits aller Diskussionen über die weitere Zunahme von digitalen Bezahlvorgängen auch in Deutschland wird der Aufrechterhaltung der Bargeldversorgung eine große positive Emotionalität entgegengebracht. So verwies EZB-Präsidentin Christine Lagarde Ende 2019 auf einen weiterhin steigenden Umlauf von Euro-Bargeld mit gegenwärtig rund 23 Milliarden Banknoten und die Bedeutung dieser Banknoten als Symbol Europas (Schrörs, 2019). Eine im gleichen Zeitraum erhobene repräsentative Umfrage des Bundesverbandes deutscher Banken zeigt passend dazu, dass 79 Prozent der Befragten es persönlich bedauern würden, wenn es kein Bargeld mehr gäbe (Bundesverband deutscher Banken e.V., 2019). Im Einklang damit führte jeder Deutsche im Jahr 2017 durchschnittlich rund 100 Euro als Bargeld mit sich und hat 74 Prozent seiner Bezahlvorgänge mit Bargeld beglichen (Deutsche Bundesbank, 2018).

Auch um dieses Zahlverhalten fortwährend sicherzustellen, werden fast 100 000 Auszahlungsmöglichkeiten in Form von Geldausgabeautomaten, Filialen, Geschäften und so weiter vorgehalten. Die Kosten gerade aus der Bereitstellung von Geldautomaten sind dabei beachtlich mit Anschaffungsausgaben von circa 20 000 Euro und laufenden jährlichen Aufwendungen in Höhe von 24 000 Euro je Einheit (Klotz, 2020). Godenrath (2020) verweist auf Schätzungen, nach denen die Bargeldversorgung im Euroraum insgesamt jährlich Kosten in Höhe von circa 60 Milliarden Euro verursacht. Für das Jahr 2013 - jüngere Zahlen liegen nicht vor - betrug der Aufwand in Deutschland für Handel (5,7 Milliarden Euro) und Banken (2,4 Milliarden Euro) zusammen etwa 8,1 Milliarden Euro.

Wenig überraschend erscheinen da Bemühungen, diese Kosten zu reduzieren, etwa durch das Angebot im Einzelhandel, beim Bezahlen des Einkaufs an der Kasse gleich Bargeld vom Konto abzuheben, oder zuletzt mit der Einschränkung der Versorgung mit sogenanntem "Rotgeld", den 1- und 2-Cent-Münzen. In diesem Zusammenhang erwägt die belgische Nationalbank keine weiteren dieser Münzen mehr herzustellen und in Verkehr zu bringen (o. V. 2019c). Die italienische Regierung plant ein Maßnahmenbündel, um den Einsatz von Bargeld stark zu reduzieren, indem Verbraucher bei bargeldloser Bezahlung ihrer Einkäufe einen "Superbonus" erhalten sollen. Für Läden, die sich weigern, Kredit- oder Geldkarten anzunehmen, sind Sanktionen vorgesehen und die Obergrenze für Barzahlungen soll langfristig auf 1 000 Euro sinken (o. V. 2019b). In Deutschland versuchen Banken und Sparkassen durch den Rückzug aus der Fläche und das Ausdünnen von Filialnetzen Kosten zu sparen, aber gleichzeitig die Bargeldversorgung aufrechtzuerhalten, etwa durch mobile Filialen in Form von Sparkassenbussen oder durch einen Bargeldservice per Post (Kullrich, 2019; Müller, 2020).

Analyse der verschiedenen Bankengruppen

Neben der Reduktion der Kosten aus der Bargeldversorgung haben Kreditinstitute in Deutschland in den letzten Jahren verstärkt versucht, die Kosten explizit auf ihre Kunden zu übertragen, etwa durch die Einführung von Entgeltzahlungen beim Abheben von Bargeld am Schalter oder Geldausgabeautomaten (Schiereck und Maslowski, 2017). Jüngst sorgte auch eine Online-Bank mit der Anpassung ihrer Kontoentgeltregelungen und der Einschränkung der entgeltfreien Abhebungen pro Monat für Schlagzeilen. Der Bundesgerichtshof sah sich vor diesem Hintergrund im letzten Jahr dazu aufgefordert, den Spielraum für solche Entgelte stark einzuschränken (o. V., 2019a). Die Einführung entsprechender Bargeldregelungen sorgte regelmäßig für viel negative Resonanz und wurde ähnlich wie zuletzt die Einführung negativer Einlagenzinsen in der Presse immer wieder als Tabubruch bezeichnet.

Umso mehr stellt sich die Frage nach möglichen ökonomischen Zwängen, die Kreditinstitute zum Implementierung derart unpopulärer Entgelte bewegen mögen. Schiereck und Maslowski (2017) konnten in diesem Kontext vor einigen Jahren zeigen, dass insbesondere Sparkassen mit erhöhten Verwaltungsspannen und damit höheren Betriebskosten bevorzugt Entgelte für Bargeldabhebungen fordern. Die Gesamtrentabilität der Institute wich allerdings nicht von den Werten einer Vergleichsgruppe ab. Die weiteren Analysen folgen der Arbeitshypothese, dass die früheren Erkenntnisse auch heute noch so Bestand haben und auch auf den Bereich der genossenschaftlich organisierten Banken übertragbar sind.

Den Ausgangspunkt für die weiteren Analysen bilden Aufstellungen von Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken aus dem Jahr 2018, die vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) respektive dem Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) herausgegeben werden (BVR, 2019; DSGV, 2019). Die in dieser Liste enthaltenen Institute wurden einzeln darauf untersucht, inwiefern Privatkunden mit Debitkarten bei Bargeldabhebungen an Geldautomaten Entgelte zu entrichten haben.

Da Kreditinstitute gemäß §17 ZKG zur Veröffentlichung von bestimmten Entgeltinformationen verpflichtet sind, wurden diese Pflichtveröffentlichungen auf Entgeltforderungen im Zusammenhang mit einem Bargeldbezug am Geldautomaten mit der Debitkarte als eindeutige Klassifikation gewählt. Bei Unklarheiten erfolgte eine Prüfung des Preis- und Leistungsverzeichnisses des jeweiligen Kreditinstituts, woran sich gegebenenfalls eine telefonische Klärung anschloss.

Für die weitere Auswertung der Entgeltinformationen wurden ausschließlich Kontenmodelle mit einer hohen Reichweite betrachtet, sodass Sonderkonten für bestimmte Kundengruppen (zum Beispiel für Jugendliche) aufgrund ihrer geringeren Aussagekraft nicht berücksichtigt wurden. Schließlich wurden Banken als entgeltnehmend klassifiziert, sofern diese bei mindestens einem Kontomodell Entgelte für Bargeldabhebungen mit der Debitkarte fordern. Außerdem wurden Kreditinstitute als entgelterhebend eingeordnet, falls diese ihren Kunden einzig eine gewisse Anzahl Freiposten für Bargeldabhebungen einräumen oder eine Mindestsumme für solche Transaktionen fordern.

Auf Basis dieser Informationen konnten aus den insgesamt 385 Sparkassen in Deutschland insgesamt 17 Institute identifiziert werden, deren Kontenmodelle im Jahr 2018 den vorgestellten Anforderungen entsprachen. Bei den Volks- und Raiffeisenbanken erfüllten 50 der insgesamt 873 Banken die festgelegten Untersuchungskriterien. Auf eine Betrachtung von Privatbanken wurde in der vorliegenden Studie verzichtet, da diese Gruppe im Gegensatz zu den Sparkassen respektive Volks- und Raiffeisenbanken sehr heterogen ist und keine guten Zuordnungen einer Vergleichsgruppe ermöglicht, was die Interpretation der Ergebnisse erschwert hätte.

Profitabilitätsvergleich der beiden Gruppen

Denn für die identifizierten Banken wurde eine größenkontrollierte Vergleichsgruppe auf Basis der Bilanzsumme zusammengestellt, um so im zweiten Schritt die beiden Gruppen anhand von verschiedenen bankbetriebswirtschaftlichen Kennzahlen zur Profitabilitätsmessung gegenüberzustellen. Für die Zusammenstellung der Vergleichsgruppe wurden erneut die Aufstellungen von Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken herangezogen, die für alle Institute die jeweilige Bilanzsumme gemäß Bilanzstatistik enthalten.

Für einen ersten Eindruck zur Bedeutung der einbezogenen Kreditinstitute fassen die Abbildungen 1 und 2 die prozentualen Veränderungen der kumulierten Bilanzsummen der beiden Gruppen für die Jahre 2013 bis 2018 zusammen. Dabei wird deutlich, dass sich die kumulierten Bilanzsummen der beiden Gruppen im Jahr 2018 - wie durch die Zuordnung intendiert - tatsächlich auf einem sehr ähnlichen Niveau befinden. Im Gesamtbetrachtungszeitraum von 2013 bis 2018 fiel das Wachstum der entgelterhebenden Banken mit rund 19 Prozent zwar kaum geringer aus als das Wachstum der Vergleichsgruppe (21 Prozent), aber in den letzten beiden Jahren zeigten die Banken der Vergleichsgruppe ein dynamischeres Wachstum.

Für alle in die Auswertung einbezogenen Kreditinstitute wurden typische Bankerfolgskennzahlen im Zeitraum von 2013 bis 2018 mit fünf üblichen Rentabilitätsmaßen ermittelt:

- Die Eigenkapitalrentabilität (EKR) nach Steuern setzt die Erfolgsgröße (Gewinn beziehungsweise bereinigter Jahresüberschuss) ins Verhältnis zum bilanziellen Eigenkapital.

- Die Cost Income Ratio (CIR) sagt aus, welchen prozentualen Verwaltungsaufwand ein Kreditinstitut für einen Euro Rohertrag leisten musste (Schierenbeck, 2001).

- Der Verwaltungsaufwand untergliedert sich in Personal- und Sachaufwand. Als Ertrag wird die Summe aus Zins- und Provisionsüberschuss verwendet. Die Verwaltungsaufwandsquote (VAQ) beschreibt das Verhältnis des Verwaltungsaufwandes zum Eigenkapital.

- Die Zinsüberschussquote (ZÜQ) berechnet den Anteil des Zinsüberschusses am Eigenkapital.

- Die Provisionsüberschussquote (PÜQ) beschreibt das Verhältnis zwischen dem Provisionsüberschuss und dem Eigenkapital.

Die Kennzahlenberechnung für die Banken beider Gruppen erfolgt auf Basis der jeweiligen Jahresabschlüsse, die aus dem elektronischen Unternehmensregister abgerufen werden können. Bei Kreditinstituten, die im Beobachtungszeitraum mit anderen Kreditinstituten fusioniert haben, wurden die jeweiligen Jahresabschlussinformationen rückwirkend konsolidiert. Um die Unterschiede in den Rentabilitätsmaßen zwischen entgelterhebenden Banken und der Vergleichsgruppe zu analysieren, wurden Mittelwertvergleiche auf Basis eines Mann-Whitney-U-Tests (auch Wil coxon-Rangsummentest genannt) durchgeführt. Dieser nicht parametrische Test wurde einem t-Test vorgezogen, da aufgrund der kleinen Substichproben keine Normalverteilung der Daten unterstellt werden kann.

Beim Blick auf die Eigenkapitalrendite wird deutlich, dass die Banken mit Entgelten für Bargeldtransaktionen im Mittel über den Betrachtungszeitraum mit 2,33 Prozent eine gewisse Tendenz hin zu einer schwächeren Eigenkapitalrendite gegenüber den Banken der Vergleichsgruppe zeigen. Da dieser Unterschied aber statistisch nicht signifikant ausfällt, ist diese Differenz letztlich nur eine schwache Indikation. Wie Abbildung 3 darüber hinaus illustriert, ist die Eigenkapitalrendite in beiden Gruppen im Beobachtungszeitraum erheblich zurückgegangen und fiel bei den Banken der Vergleichsgruppe zwischen 2013 und 2018 mit rund 39 Prozent eher höher aus als bei den entgelterhebenden Kreditinstituten (37 Prozent).

Keine belastbaren Unterschiede im ersten Schritt

Eine Differenzierung zwischen Volks- und Raiffeisenbanken (VR-Banken) sowie Sparkassen innerhalb beider Gruppen macht ferner deutlich, dass die Genossenschaftsbanken in beiden Gruppen über alle Jahre eine signifikant höhere Eigenkapitalrendite besitzen. Außerdem verdeutlichen die Daten aus Abbildung 4, dass die Rendite in beiden Gruppen bei den Sparkassen weniger stark gesunken ist als bei den VR-Banken. Die relative EK-Rendite der Sparkassen hat sich im Zeitablauf etwas verbessert.

Da die erste Auswertung keine belastbaren Unterschiede zwischen beiden Gruppen auf der Basis des Gesamterfolges zeigt, wurden in weiteren Analyseschritten einzelne Erfolgskomponenten näher betrachtet. Die Betrachtung der Cost Income Ratio in Abbildung 5 offenbart dabei zunächst, dass die Kreditinstitute mit Bargeldentgelten zwar in allen Jahren eine tendenziell geringere Cost Income Ratio aufweisen, diese Unterschiede aber erneut insignifikant ausfallen. Im Mittel liegt die CIR der entgelterhebenden Banken bei 65,75 Prozent. Bei der Betrachtung der zeitlichen Entwicklung der CIR wird die Erhöhung in beiden Gruppen im Zeitverlauf deutlich. Die EK-Rendite sinkt und der Anstieg der CIR trägt dazu bei. Die Daten aus Abbildung 6 unterstreichen dabei, dass sich hier keine signifikanten Unterschiede zwischen Sparkassen und Genossenschaftsbanken feststellen lassen.

Entgelterhebende Banken mit höherer Zinsüberschussquote

Die in den Abbildungen 7 und 8 zusammengefasste Analyse der Erlösseite offenbart nun entgegen vordergründiger Erwartungen, dass vor allem beim Zinsüberschuss die entgelterhebenden Banken in den letzten Jahren höhere Ergebnisbeiträge erzielt haben als ihre Vergleichsgruppe. So können bei der ZÜQ gerade in den letzten Jahren signifikante Unterschiede zwischen beiden Gruppen ausgemacht werden. Im Durchschnitt liegt hierbei die Zinsüberschussquote der entgelterhebenden Banken um rund 1,4 Prozentpunkte über dem Wert der Vergleichsgruppe, wobei allgemein ein Rückgang der ZÜQ im Beobachtungszeitraum festzustellen ist. Das Zinsergebnis liefert also kaum Argumente für die Einführung von Bargeldentgelten.

Innerhalb der beiden Bankengruppen sind zwischen Genossenschaftsbanken und Sparkassen keine signifikanten Unterschiede bei der Zinsüberschussquote erkennbar. Abbildung 9 veranschaulicht allerdings, dass im Bereich der entgelterhebenden Banken die durchschnittliche Zinsüberschussquote von den Volks- und Raiffeisenbanken um fast zwei Prozentpunkte über dem Durchschnittswert der Sparkassen (22,35 Prozent) liegt, während die Unterschiede bei den Provisionsüberschussquoten (Abbildung 10) deutlich geringer ausfallen.

Auch die Analyse der Aufwandsseite in Abbildung 11 bietet bestenfalls indikative Evidenz, dass die entgelterhebenden Banken aus einer besonderen wirtschaftlichen Notwendigkeit heraus Bargeldentgelte eingeführt haben. So finden sich in fast allen Perioden nur statistisch insignifikant höhere Verwaltungsaufwandsquoten. Im Mittel über den Betrachtungszeitraum weisen die Kreditinstitute, die Bargeldentgelte verlangen, mit 20,63 Prozent zwar eine höhere Verwaltungsaufwandsquote als die Banken der Vergleichsgruppe (19,59 Prozent) aus. Der p-Wert von 0,19 deutet hierbei allerdings bestenfalls in Richtung eines statistisch signifikanten Zusammenhangs. Zudem fällt auf, dass sich die Verwaltungsaufwandsquote (VAQ) im Zeitablauf bei beiden Institutsgruppen stark verbessert hat. Insgesamt zeigt die Gruppe der entgelterhebenden Banken von 2013 bis 2018 eine Reduktion der VAQ um 6,57 Prozentpunkte, was auf eine erhebliche Verbesserung der Effizienz innerbetrieblicher Abläufe hindeutet.

Entgelterhebende Banken mit weniger Personal

Der Vergleich zwischen den Verbünden in Abbildung 12 macht deutlich, dass die Genossenschaftsbanken in der Gruppe der entgelterhebenden Banken über keine statistisch signifikant höhere Verwaltungsaufwandsquote im Vergleich zu den Sparkassen verfügen.

Da die Personalaufwendungen den größten Teil des Verwaltungsaufwands ausmachen, wird abschließend die Höhe und zeitliche Entwicklung der Mitarbeiterzahlen untersucht. Dabei wird deutlich, dass die Banken aus der Vergleichsgruppe im Mittel über alle Perioden über eine tendenziell höhere Zahl an Beschäftigten verfügen, wobei die Unterschiede statistisch insignifikant ausfallen. So beschäftigten die Banken der Vergleichsgruppe im Mittel über alle Perioden 251 Mitarbeiter gegenüber den entgelterhebenden Banken mit durchschnittlich 235 Mitarbeitern (6,4 Prozent weniger). Im Zeitablauf haben sich die Mitarbeiterzahlen der beiden Gruppen deutlich angenähert, wobei die entgelterhebenden Banken ihr Personal nahezu konstant gehalten haben.

Erfolgreicher als die Vergleichsgruppe

Zusammenfassend ergibt sich somit ein Bild, wonach sich keine offensichtlichen ökonomischen Zwänge erkennen lassen, nach denen Bargeldentgelte vorrangig von Kreditinstituten erhoben werden, die über Probleme in ihren organisationalen Kostenstrukturen verfügen. Im Gegenteil, gerade im Zinsergebnis sind diese Institute statistisch signifikant erfolgreicher als ihre größenäquivalenten Vergleichsbanken.

Nachdem zahlreiche Volks- und Raiffeisenbanken sowie Sparkassen in den vergangenen Jahren bei einzelnen Kontomodellen Entgelte für Bargeldtransaktionen eingeführt haben, wurde der Vorwurf erhoben, dass diese neuen Entgeltregelungen vor allem der Förderung digitaler Bezahllösungen dienen und Barzahlungen unattraktiver machen sollen. Schiereck und Maslowski (2017) befassten sich in ihrer Studie von 2017 bereits mit dieser Hypothese und kamen dabei für entgelterhebende Sparkassen zu dem Ergebnis, dass nicht die Förderung digitaler Bezahlmodelle als Treiber für Entgelte angesehen werden kann, sondern dass vielmehr kosten- sowie erlösseitige Probleme die Erhebung von Entgelten für Bargeldabhebungen erklären. Um diese Hypothese zeitversetzt erneut zu überprüfen, wurden in dieser Studie neben entgelterhebenden Sparkassen auch entgelterhebende Volks- und Raiffeisenbanken hinsichtlich üblicher Bankerfolgskennzahlen untersucht.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die Aussagen von Schiereck und Maslowski (2017) nicht weiter Unterstützung finden, sondern entgelterhebende Banken im Gegenteil auf der Erlösseite, vor allem im Bereich der Zinsüberschussquote, erfolgreicher sind als die Banken der Vergleichsgruppe und bei der Verwaltungsaufwandsquote nur geringfügig schlechter dastehen. Bei einer detaillierten Analyse der Aufwandsseite wird ferner deutlich, dass die entgelterhebenden Kreditinstitute ihre Mitarbeiterzahlen nahezu konstant gehalten haben, nachdem sie diese vermutlich bereits vor der Betrachtungsperiode reduziert haben, wohingegen die Banken der Vergleichsgruppe durch die Verringerung der Mitarbeiterzahl während des Beobachtungszeitraums Einsparpotenziale realisieren. Diese Beobachtung lässt sich dahingehend interpretieren, dass die entgelterhebenden Kreditinstitute aufwandsseitig frühzeitig Maßnahmen ergriffen hatten, ihre Situation zu stabilisieren und dass Bargeldentgelte als eine Art nächster Schritt erscheinen, die Profitabilität des Geschäfts zu erhalten. Es bleibt allerdings für weite Forschungsvorhaben offen, inwieweit die Einführung solcher Entgelte einen Beitrag zur Verbesserung der Profitabilität leistet und wie die dadurch entstehende, kritische Außenwahrnehmung des betreffenden Instituts gerechtfertigt wird.

Literaturverzeichnis

Bundesverband deutscher Banken e.V. (2019), Bargeld: Ergebnisse einer Online-Umfrage im Auftrag des Bundesverbands deutscher Banken, https://bankenverband.de/newsroom/meinungsumfragen/bargeld-ergebnisse-online-umfrage-auftrag-bundesverbands-deutscher-banken/ (19. März 2020).

BVR (2019), Alle Volksbanken und Raiffeisenbanken per Ende 2018, https://www.bvr.de/p.nsf/0/D3E488D-F22571CECC1257D0A005439B7/$file/Liste_AlleBanken_2018.pdf (2. Dezember 2019).

Deutsche Bundesbank (2018), Zahlungsverhalten in Deutschland 2017. Vierte Studie über die Verwendung von Bargeld und unbaren Zahlungsinstrumenten, Deutsche Bundesbank.

DSGV (2019), Sparkassenrangliste 2018, https://www.dsgv.de/bin/servlets/sparkasse/download?path=%2Fcontent%2Fdam%2Fdsgv-de%2Fsparkassen-finanzgruppe%2Fdownloads%2FSparkassenrangliste_2018.pdf&name= (2. Dezember 2019).

Godenrath, B. (2020), Die Kosten des Bargelds, Börsen-Zeitung, 2020 (18), 6.

Klotz, M. (2020), Bargeldversorgung in Deutschland - eine Übersicht, https://paymentandbanking.com/bargeldversorgung-in-deutschland-eine-uebersicht/ (5. März 2020).

Kullrich, A. (2019), Renaissance des Zasterlasters, Börsen-Zeitung, 2019 (150), 3.

Müller, M. (2020), Kreissparkasse schließt 13 Filialen, https://www.schwarzwaelder-bote.de/inhalt.kreisfreudenstadt-kreissparkasse-schliesst-13-filialen.99af7a9d-9a20-41b4-b48e-7c458869c69f.html (10. März 2020).

Nestler, F. (2020), Wie wir zukünftig an Bargeld kommen, https://www.faz.net/aktuell/finanzen/geldautomaten-wie-wir-zukuenftig-an-bargeld-kommen-16619056.html (9. Februar 2020).

o. V. (2019a), BGH setzt Grenzen für Kosten am Bankschalter, Börsen-Zeitung, 2019 (115), 5.

o. V. (2019b), Italien macht Bargeld unattraktiv, Börsen-Zeitung, 2019 (199), 2.

o. V. (2019c), Rotgeld nervt, Börsen-Zeitung, 2019 (246), 6.

Schiereck, D. und Maslowski, C. (2017), Bargeldentgelte und die Profitabilität von Sparkassen, bank und markt, 46 (12), 31-36.

Schierenbeck, H. (2001), Ertragsorientiertes Bankmanagement. Band 1: Grundlagen, Marktzinsmethode und Rentabilitäts-Controlling, Gabler.

Schrörs, M. (2019), EZB-Präsidentin Lagarde und das liebe Bargeld, Börsen-Zeitung, 2019 (229), 5.

Fußnoten

1) Nestler (2020) gibt für die Automatenpreise eine Spanne von 10 000 bis 25 000 Euro an

2) Eine Aufstellung aller identifizierten Banken kann Tabelle A entnommen werden, die in der Online-Version dieses Beitrags zu finden ist.

3) Die Bilanzstatistik (BISTA) wird auf monatlicher Ebene von der Deutschen Bundesbank erhoben und gibt Aufschluss über den Stand der Aktiva sowie Passiva zum jeweiligen Monatsende. Die Bilanzsumme gemäß BISTA ist dabei von der Bilanzsumme einer handelsrechtlichen Bilanz gemäß HGB zu unterscheiden.

4) Die Auflistung der vergleichbaren Banken kann Tabelle A, die in der Online-Version dieses Beitrags zu finden ist, entnommen werden.

Prof. Dr. Dirk Schiereck Lehrstuhl für Unternehmensfinanzierung, Technische Universität Darmstadt
Laurenz Heppding Studentischer Mitarbeiter, Fachgebiet Unternehmensfinanzierung, Technische Universität Darmstadt
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Jil Estelle Teso Spezialistin für Grundsatzfragen des baren Zahlungsverkehrs, Deutsche Bundesbank, Frankfurt am Main
Prof. Dr. Dirk Schiereck , Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinan­zierung , Technische Universität Darmstadt
Laurenz Heppding , Studentischer Mitarbeiter, Fachgebiet Unternehmensfinanzierung, Technische Universität Darmstadt
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