Liquiditätsmanagement in der Anlagepraxis vor dem Hintergrund internationaler Regulierung

Übersicht: Zeiträume zur Liquidisierung des Portfolios

Rudolf Siebel, Geschäftsführer, und Peggy Steffen, Rechtsanwältin, Abteilungsdirektorin, BVI Bundesverband Investment und Asset Management e. V., Frankfurt am Main - Angefangen von der IOSCO über den Financial Stability Board bis hin zu der Wertpapieraufsicht in den USA und in der Europäischen Union registrieren die Autoren vielerorts Aktivitäten und Überlegungen rund um das Liquiditätsmanagement von Fonds. Aus Sicht der hiesigen Branche verweisen sie auf höchst unterschiedliche Risiken verschiedener Fondsprodukte und plädieren für eine entsprechend unterschiedliche Handhabung. Die hierzulande entwickelten Anforderungen an Wertpapier-KVGs hinsichtlich des Liquiditätsmanagements halten sie für effektiv und wirksam und sehen keinen Anlass für eine grundsätzliche Revision durch die internationalen Regulierungsinstanzen. (Red.)

Als erste globale Regulierungsstelle hat die Weltvereinigung der Wertpapieraufsichtsbehörden IOSCO im Juni 2015 die Regulierungsstrategie für das Asset Managern und Fonds unterstellte systemische Risiko von einem bisher primär größenbasierten Ansatz auf einen primär funktionalen Ansatz umgestellt. ... "a full review of asset management activities and products in the broader global financial context [...] should take precedence over further work on methodologies for the identification of systemically-important asset management entities."1)

Instrumente für die Analyse im Fondsgeschäft

Ein Schwerpunkt ist jetzt die Analyse des Liquiditätsmanagements von Fonds. Die IOSCO hat dazu nach einer Umfrage in 26 Ländern einen Überblick über die in den einzelnen Ländern verwendeten Instrumente für das Liquiditätsmanagement erstellt.2) Im Markt gibt es eine Vielfalt an Instrumenten, jeweils abhängig vom Fondstyp (offen oder geschlossen) beziehungsweise Art des Anlageschwerpunkts. Um wesentliche Rückgabeverlangen der Anleger besser steuern zu können, werden Rücknahmeabschläge, "gates", "side pockets", "redemption in kind" eingesetzt. Die IOSCO plant, weitere Daten zu sammeln und ihre 2013 veröffentlichten Prinzipien zum Liquiditätsmanagement mit Fokus auf Stresstests fortzuentwickeln.3)

Für Geldmarkt- und Immobilienfonds gelten danach besondere Limitsysteme zur Überwachung der Liquiditätsrisiken. Ebenso sollte die Fondsgesellschaft interne Regeln zur Überwachung der Liquidität von Zielfondsanteilen aufstellen. Zuvor hatte die IOSCO bereits für Dachhedgefonds4) und Hedgefonds5) Standards veröffentlicht, die auch auf Besonderheiten des Liquiditätsmanagements dieser Fondstypen eingehen. Daneben hat die IOSCO international gültige Standards für die Verfahren der Aussetzung der Anteilrücknahmen vorgesehen.6)

Der Financial Stability Board (FSB) folgt jetzt ebenfalls einem funktionalen Ansatz, indem er ankündigt, unter anderem das Liquiditätsmanagement von Fonds näher zu beleuchten und gegebenenfalls im ersten Halbjahr 2016 dazu Vorschläge zu unterbreiten: "... the FSB encourages the appropriate use of stress testing by funds to assess their ability individually and collectively to meet redemptions under difficult market liquidity conditions. Also, it reviewed the initial findings from the longer-term work on asset management structural vulnerabilities and identified areas for further analysis, including: i) Mismatch between liquidity of fund investments and redemption terms and conditions for fund units; ..."7)

Im Blick der US- und der EU-Wertpapieraufsicht

Die US-Wertpapieraufsicht SEC hat begonnen, die Regeln zum Liquiditätsmanagement von Fonds nachzuschärfen.8) Danach sollen alle offenen Fonds und ETFs mit Ausnahme von Geldmarktfonds verpflichtet werden, einen dokumentierten Prozess für ein Liquiditätsrisikomanagement zu entwickeln und insbesondere die Fondsvermögenswerte in sechs Liquiditätsklassen einzustufen und laufend zu prüfen. Daneben soll die Fondsgesellschaft regelmäßig das Liquiditätsrisiko des Fonds analysieren und dabei Prognosen zum Nettomittelaufkommen, die Anlagestrategie des Fonds sowie die Liquidität der einzelnen Vermögenswerte berücksichtigen. Zudem soll die Fondsgesellschaft einen Mindestbetrag des Fondsportfolios festlegen, der innerhalb von drei Tagen in Bankguthaben umgewandelt werden kann.

Darüber hinaus will die SEC das sogenannte "swing pricing" erlauben. Die Vorschläge der SEC finden zwar keine Anwendung auf deutsche Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG), dennoch können sie Grundlage für weitere Regulierungsmaßnahmen der internationalen Aufsichtsgremien sein. Die SEC macht sich damit an eine Arbeit, die mit der AIFM-Richtlinienumsetzung in Deutschland bereits 2013 vorgenommen wurde.

Auch die EU-Wertpapieraufsicht ESMA hat in einem Beitrag zur Erfassung der Schattenbanken-Risiken in den EU-Märkten den Fokus auf zur Bankenfinanzierung eingesetzte Vehikel gelegt und einen neuen Indikator zur Messung der Liquiditätsrisiken in Rentenfonds angeregt.9) Der Liquiditätsindikator soll den Teil des Fondsportfolios repräsentieren, der unter Stressbedingungen kurzfristig veräußert werden kann. Zu dessen Ermittlung soll jedes Wertpapier im Fondsportfolio nach seiner Liquidität gewichtet werden, wobei sich die ESMA dabei an den für die Eigenkapitalanforderungen für Banken aufgestellten Regeln zum Kreditrisiko und der entsprechenden Zuordnung der Vermögenswerte in einzelne Bonitätsskalen gemäß der CRR orientieren will. Der Liquiditätsindikator berechnet sich dann aus dem Verhältnis zwischen den so ermittelten gewichteten Fondsvermögenswerten und dem Fondsvermögen.

Dieser Ansatz ist jedoch verfehlt, da Fondsgesellschaften nicht den jeweiligen CRR-Vorschriften unterliegen und damit auch keine Prozesse vorhanden sind, die einzelnen Fondsvermögenswerte in die jeweiligen Bonitätsskalen der CRR zu kategorisieren. Zudem würde die Überwälzung der CRR-Kategorisierung auf die Fondsbranche zu einer gleichförmigen Aufsicht führen und außerdem das systemische Risiko erhöhen. Denn bei einer gleichförmigen Einstufung der Liquiditätsrisiken im Banken- und Fondsbereich würden die Marktteilnehmer lineare Investitions- beziehungsweise Veräußerungsentscheidungen treffen. Ein solcher Indikator ist außerdem im Vergleich zu den bereits im KAGB sowie unter der AIFM-Richtlinie geltenden Risikomanagement- und Meldeanforderungen ein Rückschritt. Diese sehen bereits die Ermittlung der Fondsliquidität auf Portfolioebene vor und die Aufsicht kann hieraus Rückschlüsse auf etwaigen Liquiditätsbedarf bei einzelnen Fonds ableiten.

Unterstützung für einen Bottom-up-Ansatz

Das deutsche Asset Management stimmt jedoch einem Bottom-up-Ansatz, bei dem Produkt für Produkt, Aktivität für Aktivität auf mögliche Risiken geprüft werden, ausdrücklich zu. Denn die Liquiditätsrisiken verschiedener Produkte wie Geldmarktfonds, Immobilienfonds oder Darlehensfonds sind sehr unterschiedlich und entsprechend unterschiedlich müssen die Maßnahmen dagegen sein.10) Vor diesem Hintergrund will der Beitrag die bislang in Deutschland geltenden Liquiditätsmanagementanforderungen an Wertpapier-KVGs darstellen und damit zeigen, dass spätestens mit der AIFM-Umsetzung Mitte 2013 effektive und wirksame Regeln für das Liquiditätsmanagement von Fonds geschaffen wurden, die jedenfalls keiner grundsätzlichen Revision durch die internationalen Regulierungsorganisationen bedürfen.

Anwendungsbereich des Liquiditätsmanagements von Fonds

Ausgangspunkt der Regulierung ist das Liquiditätsrisiko. Dieses entsteht, wenn eine Position im Fondsportfolio nicht innerhalb "hinreichend kurzer Zeit" mit "begrenzten Kosten" veräußert, liquidiert oder geschlossen werden kann und dass dadurch Rückgabeverlangen der Anleger nicht mehr erfüllt werden können oder sonstige Zahlungsverpflichtungen (zum Beispiel aus Derivaten, Wertpapier-Darlehen und Pensionsgeschäften oder aus Kreditaufnahmen) beeinträchtigt werden.11)

In der KVG-Praxis werden seit Langem Lösungen zur Beurteilung der Liquiditätsrisiken von offenen Fonds entwickelt und umgesetzt. Ein vom BVI unterstütztes Basiskonzept beruht auf einem zweistufigen Ansatz, bei dem die Liquiditätsquote des Fonds mit dessen Nettomittelveränderungen verglichen wird. Zunächst wird die Höhe des Anteils an liquiden Vermögensgegenständen im Fonds ermittelt. Hieraus ergibt sich die sogenannte "Liquiditätsquote", die das Verhältnis der ermittelten liquiden Vermögensgegenstände in Relation zum Fondsvermögen darstellt. Auf der zweiten Stufe werden kurzfristige Mittelveränderungen berücksichtigt, die durch Anteilrückgaben von Anlegern ausgelöst werden können. Denn eine ungünstige Einschätzung der kurzfristigen Mittelveränderungen kann im Einzelfall dazu führen, dass ein Fonds trotz eines an sich ausreichenden Anteils liquider Vermögensgegenstände als insgesamt illiquide einzustufen ist.

Aufgrund von statistischen Berechnungen des BVI im Zeitraum 2000 bis 2008 liegt die Quote der Mittelveränderungen bei Aktien-, Renten- sowie Gemischten Publikumsfonds jeweils bei unter 20 Prozent und bei Geldmarktfonds bei unter 40 Prozent. Ist die Liquiditätsquote des Fonds höher als die Nettomittelveränderungen, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, dass genügend Liquidität im Fonds vorhanden ist, um etwaige Anteilrückgabeverlangen von Anlegern zu bedienen, wenn ein illiquider Vermögensgegenstand nicht innerhalb kurzer Zeit veräußert werden kann. Die BVI-Mitglieder erörtern derzeit das Update der Datenbasis bis 2015 für diesen Ansatz.

Ein solcher relativ pauschaler Basisansatz kann bei einfachen Anlagestrategien und nicht komplexen Fondsportfolios genügen. Für komplexere Strukturen können weitere Prüfungen und Analysen notwendig werden, insbesondere Verfahren zur Bestimmung des Markt-Liquiditätsprofils der Fonds. Aber auch die angemessene Abschätzung der maximal erwarteten Nettomittelabflüsse kann verfeinert werden.

Weiterer Schutzmechanismus

Da Anteilrückgabeverlangen von Anlegern die Liquidität des Fonds wesentlich beeinflussen, hat der Gesetzgeber mit der in § 98 KAGB geregelten Aussetzung der Rücknahme der Anteile einen weiteren Schutzmechanismus geschaffen. Unter der AIFM-Richtlinie dürfen AIF-Manager zusätzlich als besonderen Schutzmechanismus bei illiquiden Vermögensgegenständen Instrumente und Regelungen einsetzen, die sie in die Lage versetzen, Rücknahmeforderungen nachzukommen. Hierzu zählen vorbehaltlich nationaler Regelungen beispielsweise Rücknahme beschränkungen (sogenannte gates12)), Teilrücknahmen, temporäre Kreditaufnahmen, Kündigungsfristen und Pools aus liquiden Vermögenswerten.

Derzeit sehen in Deutschland offene Immobilien-Sondervermögen besondere Kündigungs- und Haltefristen für die Anleger vor. Darüber hinaus lässt das EU-Recht besondere Regelungen zu, bei denen nur bestimmte Vermögenswerte des Fonds vergleichbaren Vereinbarungen zwischen AIF und dessen Anleger unterliegen, beispielsweise sogenannte side pockets. Darunter ist die Abspaltung von illiquiden Anlagen eines Investmentfonds in ein eigenständiges Anlagevehikel und gleichzeitiger Aussetzung des Rechts der Anleger auf Rückzahlungen für diesen abgespaltenen, illiquiden Teil des Portfolios zu verstehen. Side pockets werden im internationalen Markt vor allem von Hedgefonds angewandt. Die Ausgabe und Rücknahme von Fondsanteilen als auch die Bewertung des Fonds bezieht sich dann nur noch auf den Fonds ohne das abgespaltene side pocket. Dieses liquiditätssteuernde Instrument sowie auch gates sind in Deutschland bislang nicht zulässig.13)

Neben einem möglichen Einsatz von gates und side pockets diskutieren die BVI-Mitglieder derzeit weitere Elemente zur Liquiditätssteuerung bei wesentlichen Rückgabeverlangen, zum Beispiel swing pricing14), um diese als Vorschläge des Verbandes gegenüber dem Gesetzgeber und/oder der Aufsicht einbringen zu können.

Gesetzliche Anforderungen in der Fondsbranche

Das Kapitalanlagegesetzbuch legt die Anforderungen an das Liquiditätsmanagement von Investmentfonds fest, wobei im Folgenden exemplarisch die Grundform des Investmentfonds, der offene Wertpapierfonds, betrachtet wird, der regelmäßig Rücknahmeverlangen der Anleger aus dem Fondsvermögen zu bedienen hat.15) Durch § 30 KAGB und Art. 46-49 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 231/2013 zur AIFM-Richtlinie gelten für alle KVGs identische Vorgaben für das Management von Liquiditätsrisiken. Zusätzlich hat die BaFin im Rundschreiben 5/2010 (WA) über die Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Investmentgesellschaften bereits im Jahr 2010 weitere Anforderungen an den Liquiditätsrisikomanagementprozess konkretisiert, die bis heute noch Gültigkeit haben. Das KAGB enthält keine Definition des Liquiditätsmanagements. Vielmehr werden die folgenden, sich ergänzenden Komponenten festgelegt, die ein solches ausfüllen sollen:

Liquiditätsmanagementsystem: KVGs sind verpflichtet, in ihren internen Prozessen ein Liquiditätsmanagementsystem zu integrieren. Es umfasst sämtliche Prozesse und Instrumente zur Erkennung, Beurteilung, Steuerung, Kontrolle und Überwachung des Liquiditätsprofils der von einer KVG verwalteten Fonds und der hieraus abzuleitenden Maßnahmen. Im Liquiditätsmanagementsystem sind die einem einzelnen Vermögenswert anhaftenden Liquiditätsrisiken (Einzeltitelebene), das Liquiditätsprofil eines Fonds (Einzelfondsebene), die Liquiditätsrisiken aller von einer externen KVG verwalteten Fonds (Gesamtfondsebene) sowie die jeweiligen Wechselwirkungen zu beurteilen. Es empfiehlt sich außerdem, die Liquiditätsrisiken auf Gesellschaftsebene bei der Anlage des eigenen Vermögens der KVG, die mit weiteren (Neben-)Dienstleistungen einer externen KVG verbundenen Risiken und die jeweiligen Wechselwirkungen zwischen Fondsund Gesellschaftsebene einzubeziehen. Das interne Liquiditätsmanagementsystem muss unter Berücksichtigung des Proportionalitätsansatzes angemessen sein.

Liquiditätsmanagementverfahren: In Ergänzung des Liquiditätsmanagementsystems hat die KVG wirksame Verfahren zur Überwachung und Steuerung von Liquiditätsrisiken im Sinne geregelter Abläufe und Prozesse vorzuhalten (zum Beispiel interne Risikolimits). Die Verfahren dienen der Überwachung von Liquiditätsrisiken und der Gewährleistung, dass sich das Liquiditätsprofil der Anlagen des Fonds mit den zugrunde liegenden Verbindlichkeiten des Fonds deckt.

Angemessene Liquiditätshöhe und Liquiditätsquote: Die KVG muss für jeden Fonds eine angemessene Liquiditätshöhe beibehalten, um die dem Fonds zugrunde liegenden Verbindlichkeiten abdecken zu können. Diese muss nicht in Barmitteln vorgehalten werden. Die Ermittlung der Liquiditätshöhe basiert vielmehr auf einer Bewertung der relativen Liquidität der einzelnen Vermögenswerte des Fonds am Markt. Die Liquiditätshöhe bestimmt innerhalb eines Zeitraums denjenigen Anteil des Fonds, der zu marktgerechten Preisen marktschonend, ohne wesentliche Beeinflussung des Markpreises, innerhalb dieses Zeitraumes veräußert werden kann. Die Liquiditätshöhe lässt sich in den wenigsten Fällen exakt für bestimmte Zeiträume bestimmen, sondern wird geschätzt.

Festlegung einer Liquiditätsquote?

Zur besseren Überwachung der Fondsliquidität kann die KVG auch eine Liquiditätsquote festlegen. Diese bestimmt als Liquiditätslimit die Liquidität oder Illiquidität des Fonds und bildet nicht nur das Verhältnis der liquiden Vermögensgegenstände zu den Verbindlichkeiten des Fonds ab, sondern berücksichtigt außerdem die Rücknahmegrundsätze sowie die für das Liquiditätsrisiko festzulegenden quantitativen und qualitativen Limiten. Ob eine Liquiditätsquote festzulegen ist, hängt von der Art, dem Umfang und der Komplexität der jeweils verwalteten Fonds der KVG ab. Bei offenen Publikums-Investmentvermögen kann es angemessen sein, eine Liquiditätsquote festzulegen, die auch die maximal erwartete Netto-Rückgabequote durch Anteilsrückgaben der Anleger berücksichtigt.

Dagegen können, weil sich institutionelle Investoren und Privatanleger in ihrem Anlageverhalten unterscheiden, bei sogenannten offenen "Ein-Anlegerspezialfonds" geringere Anforderungen an den Liquiditätsmanagementprozess gerechtfertigt sein. In diesem Fall kennt die KVG ihren Anleger und kann einerseits das Risiko des Rückgabeverlangens der von ihm gehaltenen Fondsanteile einschätzen. Legt die KVG eine Liquiditätsquote fest, hat sie deren Einhaltung zu überwachen und Verfahren bei einer Überschreitung oder möglichen Überschreitung sowie die Überprüfung der Beibehaltung der Liquiditätshöhe vorzusehen.

Liquiditätsprofil: Die KVG muss das von den Marktbedingungen und anderen Faktoren abhängige Liquiditätsprofil des Fonds überwachen und berücksichtigt dabei die Anlagen des Fonds und die Anlegerseite. Das Liquiditätsprofil der Anlagen des Fonds ist im Zeitablauf anhand der einzelnen Liquiditätsquoten des Fonds ermittelbar und auch in der AIF-Meldung an die BaFin auszuweisen. Dabei ist der Anteil des Portfolios zu ermitteln, der innerhalb folgender sieben verschiedener Zeiträume liquide gemacht werden kann (Übersicht):

Bei der Ermittlung des Liquiditätsprofils auf Anlegerbasis sind die Art der Anleger beziehungsweise Anlegergruppen, der relative Umfang der von ihnen getätigten Anlagen und die Rücknahmebedingungen, die für deren am Fonds gehaltenen Anteile gelten, zu berücksichtigen. Offene Spezialfonds haben oftmals nur einen oder wenige Anleger, sodass größere Anteilsrückgaben frühzeitig geplant und kommuniziert werden. Bei Publikumsfonds hingegen könnten durch Anleger, die einen erheblichen Anteil von Anteilen halten, größere Rücknahmeforderungen gestellt werden. Das Anlegerliquiditätsprofil ist ebenfalls in der AIF-Meldung gegenüber der BaFin als prozentualer Anteil des Portfolios auszuweisen, der innerhalb der in der vorgenannten Skala genannten Fristen zurückgezahlt werden kann.

Bewertung des Liquiditätsmanagements von allen Fonds

KVGs nutzen dieses System regelmäßig zur Bewertung des Liquiditätsmanagements von allen Fonds (AIF und OGAW und damit auch auf die als OGAW regelmäßig aufgelegten Rentenfonds).

Verfahren und Vorkehrungen zur Liquiditätsmessung: Die KVG setzt angemessene Liquiditätsmessvorkehrungen und -verfahren um, hält diese aufrecht, um die quantitativen und qualitativen Risiken von einzelnen Vermögensgegenständen und beabsichtigten Investitionen, die wesentliche Auswirkungen auf das Liquiditätsprofil der Anlagen des Fonds haben, bewerten und deren Auswirkungen auf das Gesamtliquiditätsprofil adäquat messen zu können. Mit diesen Verfahren soll die KVG sicherstellen können, dass sie über angemessene Kenntnisse und Erfahrungen über die Liquidität der für den Fonds gehaltenen Vermögensgegenstände oder der beabsichtigten Investition (gegebenenfalls auch Kenntnisse und Erfahrungen über das Handelsvolumen und die Preissensitivität, die Spreads einzelner Vermögensgegenstände) unter normalen und außergewöhnlichen Liquiditätsbedingungen verfügt.

Art und Umfang der Verfahren hängt damit wesentlich von dem Liquiditätsprofil der von der KVG verwalteten Fonds ab. Für bestehende oder beabsichtige Vermögensgegenstände, die wesentlich das Liquiditätsprofil des Investmentvermögens beeinflussen können, ist eine Bewertung des Liquiditätsrisikos auf Einzeltitelebene erforderlich, vor allem auf Basis der Handelsund Stammdaten der Einzelpositionen. Stammdatenmerkmale mit unterschiedlicher Liquidität sind zum Beispiel Währungen, Länder, Ratings, Laufzeiten, Assetklassen (Aktien, Renten, komplexe Produkte, Derivate, Sachwerte oder feinstufigere Klassifizierungen). Manche Merkmale haben einen größeren Einfluss auf die Liquidität als andere. Neben quantitativen Ansätzen wie die Auswertung des Handelsvolumens von Aktien und des Bid/Ask Spread von Anleihen im normalen als auch in einem gestressten Marktumfeld können auch qualitative Einschätzungen vorgenommen werden.

Liquiditätssteuerung

Instrumente und Vorkehrungen zur Liquiditätssteuerung: Die KVG hat Instrumente und Vorkehrungen einzusetzen, um die Liquiditätsrisiken der von ihr verwalteten Fonds steuern zu können. Die KVG ermittelt die Umstände unter denen liquiditätssteuernde Instrumente und Vorkehrungen sowohl unter normalen als auch unter außergewöhnlichen Umständen eingesetzt werden können und dabei die faire Behandlung aller Anleger zu berücksichtigen. Grundsätzlich ist es das Ziel, potenzielle Liquiditätsengpässe frühzeitig zu erkennen und vorzubeugen. Geeignete Verfahren können daher darauf ausgerichtet sein, einen sich abzeichnenden erhöhten Liquiditätsbedarf frühzeitig zu erkennen (zum Beispiel Früherkennungsverfahren in Form eines Ampelsystems zu Prüfung der Auslastung der Liquiditätsquote).

Als Instrument geeignet ist auch beispielsweise eine Erhöhung der Liquiditätsquote oder eine Prognose des künftigen Verhaltens der Investoren in bestimmten Szenarien. Die KVG kann sich auch die Frage stellen, welche Quote von Anteilsrückgaben maximal verkraftbar ist, ohne besondere Maßnahmen ergreifen zu müssen.

Keine verbindlichen Vorgaben für Stresstestszenarien

Stresstests: Der FSB ermuntert im "Monitoring Report" zu systemischen Risiken16) Fonds zur angemessenen Nutzung von Stresstests, um individuelle und kollektive Anlegerrückgabeverlangen unter verschiedenen Markteinschätzungen zu beurteilen. Stresstests sind KVGs lange bekannt. Sie führen Stresstests durch, um so die Liquiditätsrisiken der jeweils verwalteten Fonds zu bewerten und zu überwachen. Die Stresstests sollen, sofern angemessen und möglich, quantitativ auf Basis verlässlicher, aktueller Daten erfolgen, mindestens aber mittels qualitativer Einschätzungen. Sofern angemessen, ist die Liquidität der Vermögenswerte des Fonds unter normalen und außergewöhnlichen Liquiditätsbedingungen zu stressen.

Für die Stresstestszenarien existieren keine verbindlichen Vorgaben. Diese sind aber auch nicht notwendig, weil diese in Abhängigkeit der jeweiligen Anlagestrategie und des Liquiditätsprofils festzulegen sind. Dies lässt sich nur anhand des jeweiligen Einzelfalls präzise einschätzen.

Szenarien für die Verschlechterung der Liquidität der Vermögenswerte (Aktivseite des Fonds) können stammdatenbasierte Schätzverfahren (zum Beispiel Assetklasse, Rating, Restlaufzeit et cetera) oder quantitative Verfahren mit Normal- oder Extremwertverteilungsannahmen sein. Hinsichtlich unterschiedlicher Zeithorizonte können beispielsweise die Ausweitung von Bid/Ask Spreads von Anleihen, die Herabstufung der Bonität von Emittenten, ein abnehmendes durchschnittliches Handelsvolumen von Aktien oder die Illiquidität beziehungsweise geringere Handelbarkeit bestimmter Assetklassen beinhalten. In Einzelfällen können Liquiditätsszenarien auch in Kombination mit Szenarien für das Marktrisiko betrachtet werden, beispielsweise die Simulation von Währungskursentwicklungen, die gegebenenfalls zusätzliche Besicherungen bei OTC Derivaten oder Pensionsgeschäften mittels liquider Titel erforderlich machen (Collateral Calls) und sich dadurch auch auf das Liquiditätsprofil auswirken kann.

Ebenso können höhere Variation Margins bei Terminkontrakten anfallen oder die Liquidität durch den Wegfall von benötigten Kreditlinien beeinträchtigt werden. Neben Währungsrisiken können analog auch Änderungen von Aktienkursen, Zinsen, Volatilität und Credit Spreads sich auf die Liquiditätsquote des Investmentvermögens auswirken. So ist durchaus auch die Sensitivität relevant, mit der Marktentwicklungen zu einem Marktwertverlust der Vermögensgegenstände führen, da durch einen solchen Marktwertverlust die Liquidität der einzelnen Positionen und dadurch des Investmentvermögens beeinflusst wird.

Rücknahmeforderungen der Anleger stressen

Die KVG hat auch, soweit angemessen, etwaige Rücknahmeforderungen der Anleger (Passivseite des Fonds) zu stressen. Hierfür eignen sich ebenfalls Schätzverfahren auf Grundlage historischer Beobachtungen, quantitative Verfahren auf die historischen Mittelveränderungen beziehungsweise der Ansatz von BVI-Schwellenwerten und Aktion bei Unterschreitungen. In der Praxis tritt eine zunehmende Illiquidität der Vermögenswerte oftmals gleichzeitig mit einer erhöhten Quote von Anteilsrückgaben auf. Durch Anteilsrückgaben kann es zu Preisabschlägen und damit zu einer negativen Wertentwicklung infolge des Verkaufsdruckes kommen, was wiederum weitere Anteilsrückgaben hervorrufen kann. Bei den Szenarien für die Mittelveränderungen können die jüngsten Trends, künftige Erwartungen, die relative Wertentwicklung des Investmentvermögens im Vergleich zu seiner Peergruppe (insbesondere Fonds mit ähnlichen Anlagestrategien) als auch die Einschätzung der Attraktivität des Marktsegmentes der Peergruppe im gegebenen oder erwarteten Marktumfeld berücksichtigt werden.

Es gibt beispielsweise Extremwertansätze basierend auf der Historie der Mittelbewegungen zur Bestimmung von maximal erwarteten Mittelabflüssen. Bei Fonds mit nur einem oder wenigen (semi-)professionellen Anlegern dürfte aber auch die Annahme von festen Rückgabequoten ausreichend sein, zumal hier oftmals größere Rückgaben von dem Anleger frühzeitig mitgeteilt werden. Problematisch können hingegen Anlegerkonzentrationen in Publikumsfonds sein, da es hier zu größeren Rückgabeforderungen kommen könnte. Ausgehend von bestimmten Rückgabequoten soll dann die benötigte Zeit abgeschätzt werden, wie lange es dauern würde, durch Veräußerung von Vermögensgegenständen zu fairen Marktpreisen oder durch andere Maßnahmen die nötige Liquidität für die Erfüllung der Rücknahmen zu schaffen. Limits zum Beispiel für die Anlegerkonzentration bei Publikumsfonds können Stresstests unterstützen. Sofern Limitüberschreitungen ein höher als erwartetes Liquiditätsrisiko anzeigen, sollte die Situation mit dem Fondsmanagement besprochen und im besten Interesse der Anleger angemessene Maßnahmen ergriffen werden.

AIF melden die Ergebnisse der Liquiditätsstresstests zusammen mit den Ergebnissen der Stresstests für das Marktrisiko an die BaFin. Hinsichtlich der Ergebnisse für Stresstests werden üblicherweise Liquiditätsquoten für Laufzeitklassen ermittelt (etwa x Prozent in drei Tagen, y Prozent in zehn Tagen ) und/oder Zeitangaben für die Liquidierung des gesamten Fonds verwendet.

Liquiditätsstresstests sind regelmäßig, mindestens jedoch jährlich, durchzuführen. Die erforderliche Frequenz hängt ab von Art, Liquiditätsprofil, Anlagestrategie und Rückgabegrundsätze des Fonds sowie vom Investorenprofil. Bei Fonds mit täglicher Rückgabemöglichkeit kann in der Praxis in der Regel eine monatliche Frequenz geboten sein.

Anlagestrategie, Liquiditätsprofil und Rücknahmegrundsätze kohärent?

Weiterhin muss die KVG gewährleisten, dass die Anlagestrategie, das Liquiditätsprofil und die Rücknahmegrundsätze eines jeden von ihr verwalteten Fonds übereinstimmen. Diese Kohärenz liegt vor, wenn die Anleger unter Wahrung des Grundprinzips der fairen Behandlung ihre Anlagen im Einklang mit den vertraglich vereinbarten Rücknahmegrundsätzen unter Berücksichtigung eventueller Einschränkungen in besonderen Umständen und unter Berücksichtigung der Zahlungsverpflichtungen des Fonds zurückgeben können. Aus der Anlagestrategie ergeben sich auch Anforderungen hinsichtlich Kreditaufnahme und benötigter Barmittel zur Umsetzung der Anlagestrategie.

Umgekehrt wirkt aber auch das Liquiditätsprofil auf die Anlagestrategie. Ein hoher Anteil von Barmitteln etwa kann sich mindernd auf die Rendite des Fonds auswirken und dadurch Mittelabflüsse hervorrufen und bestimmt somit maßgeblich das Liquiditätsprofil des Fonds. Durch den Verkauf liquider Assets ändert sich die Zusammensetzung des Fonds (Asset Allocation) und damit auch das Liquiditätsprofil des Portfolios. Es kann auch zu einer Verletzung von Anlagegrenzen kommen. Eine unveränderte Asset Allocation beziehungsweise ein im Wesentlichen unverändertes Liquiditätsrisikoprofil würde einen Prorata-Verkauf entlang der Asset- beziehungsweise Liquiditätsstruktur des Fonds erfordern. Wenn indes nur liquide Assets veräußert werden, erhöht sich der Anteil der illiquiden Assets und das Liquiditätsprofil des Fonds verschlechtert sich.

Dokumentation, Überprüfung, Anpassungspflicht

Die KVG hat Grundsätze für ihr Liquiditätsmanagementsystem und der hierzu getroffenen Verfahren aufzustellen und zu dokumentieren, mindestens jährlich zu überprüfen und gegebenenfalls zu aktualisieren. Ebenso sind Eskalationsverfahren bis hin zur Notfallplanung festzulegen.

Fußnoten

1) IOSCO Media Release "Meeting Challenges of a New Financial World", 17.6.2015, S. 4.

2) OSCO Final Report "Liquidity Management Tools in Collective Investment Schemes (CIS)", 17.12.2015.

3) IOSCO Final Report "Principles of Liquidity Risk Management for Collective Investment Schemes", 4.3.2013.

4) IOSCO Standards on Funds of Hedge Funds.

5) IOSCO Hedge Funds Oversight; IOSCO Report on the second IOSCO hedge funds survey.

6) IOSCO Principles on Suspensions of Redemptions in CIS.

7) Financial Stability Board Press Release "Meeting of the Financial Stability Board in London on 25 September", 25.9.2015, S. 1.

8) SEC Release No. IC-31835 "Open-End Fund Liquidity Risk Management Programs; Swing Pricing; Re-Opening of Comment Period for Investment Company Reporting Modernization Release", 22.9.2015.

9) ESMA "Report on Trends, Risks and Vulnerabilities" No 2/2015, S. 5 und 36ff.

10) Thomas Richter, Was groß ist, muss auch systemrelevant sein?, Börsenzeitung 22. Dezember 2015, S. 5.

11) Vgl. die Legaldefinition in § 5 Abs. 3 Nr. 2 KA-VerOV.

12) Sogenannte Gates können Höchstbeträge für Anteilscheinrücknahmen oder zeitlich gestaffelte Rücknahmen je Anleger festgelegen. Dadurch soll ein kurzfristiger, massiver Mittelabfluss eingedämmt werden.

13) Auch die IOSCO hat side pockets bislang nur als mögliches Instrument im Rahmen des Abwicklungsprozess vorgesehen, wenn der Fonds bereits die Rücknahme der Anteilscheine ausgesetzt hat. IOSCO Principles on Suspensions of Redemptions in CIS.

14) In Luxemburg ist "swing pricing" zugelassen, vgl. ALFI Swing Pricing Guidelines, 3rd Edition, Dezember 2015.

15) Die folgende Darstellung beruht im Wesentlichen auf Steffen/Josseck zu § 30 in Baur/Tappen, Investmentgesetze, Band 1, §§ 1-272 KAGB.

16) Siehe Fußnote 7.

Peggy Steffen , Leiterin Risikomanagement , Bundesverband Investment und Asset Management e.V. (BVI), Frankfurt am Main
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