Banktechnik

Frühzeitig Flagge zeigen

Hätten nicht so viele Menschen den rasanten Siegeszug neuer technischer Errungenschaften in den vergangenen Jahrzehnten miterlebt, würden die Erwartungen an neue Entwicklungen sicher nicht so hochgeschraubt. Wer aber im eigenen Umfeld erfahren hat wie schnell sich der PC und der Laptop weltweit verbreitet haben, mit welcher Geschwindigkeit sich die Zahlen und auch die Leistungsfähigkeit der Smartphones erhöht haben, welcher Stellenwert mittlerweile eine flächendeckende Verfügbarkeit des (schnellen) Internets eingeräumt wird und - für die jüngeren Jahrgänge - wie rasend sich Dienste wie Facebook, Twitter, Whatsapp und Spotify verbreitet haben, der sollte auch die längst nicht nur in der Fachwelt geführte Blockchain-Diskussion ernst nehmen (siehe auch Zfgk 22-2016). Stand heute lässt sich jedenfalls zumindest nicht ausschließen, dass diese neue Entwicklung viele Dinge und Abläufe des Wirtschaftslebens wie auch der täglichen Routinen in überraschend schneller Zeit ändern könnte.

Wenn eben diese Distributed-Ledger-Technologie auch nur annähernd die großen Erwartungen erfüllt und Einsatzmöglichkeiten in Aussicht stellt wie sie neben der Wissenschaft längst auch von hochrangigen Spitzenmanagern aus vielen Branchen und den Chefetagen wichtiger Institutionen propagiert werden, dann ist in den kommenden Jahren noch einiges zu erwarten. Denn Letztere werden sich ein Bild von den Möglichkeiten verschaffen und dann darüber entscheiden müssen, welche Investitionsvolumina sie für konkrete Projekte freigeben. Zu dem Spitzenpersonal, das sich höchst persönlich in den öffentlichen Blockchain-Hype eingebracht hat, gehören seit Ende November auch Carl-Ludwig Thiele, als Bundesbankvorstand unter anderem für Zahlungsverkehr und Abwicklung zuständig, und Carsten Kengeter, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse.

Bei der Vorstellung des gemeinsam entwickelten funktionalen Prototyps für die Wertpapierabwicklung auf Basis der Blockchain-Technologie sind beide Partner aber wohltuend realistisch geblieben und haben gegenüber vielen anderen Projekten einen bewussten Akzent gesetzt. Sie bewegen sich ganz ausdrücklich im Rahmen der regulatorischen Vorgaben. Für einen lohnenden Praxiseinsatz könnte sich diese klare Restriktion als nützlich erweisen, auch wenn sie den Fortgang des Projektes vom technologisch Machbaren erst einmal auf das Umsetzbare beschränkt. Auf der Agenda stehen l die "Zug-um-Zug"-Abwicklung von Wertpapieren gegen Zentral ausgegebene digitale Werteinheiten sowie reine Werteinheiten und Wertpapiertransfers". Es war beiden Seiten hörbar wichtig, konkrete Möglichkeiten des Praxiseinsatzes zu demonstrieren. Dabei haben sie klar gemacht, dass das in den vergangenen Monaten auf den Weg gebrachte Forschungsprojekt ihrer Häuser erst im Stadium einer Konzeptstudie angekommen und dementsprechend von der Marktreife noch weit entfernt ist. Mit einem überschaubaren Budget von bisher rund einer halben Million Euro und jeweils 20 Mitarbeitern in beiden Häusern, die das Projekt neben ihrem sonstigen Arbeitsspektrum begleiten, kann jedoch wichtiges Know-how aufgebaut werden.

Auf den enorm wichtigen internationalen Austausch zum Thema Blockchain wollen und müssen die Bundesbank wie auch die Deutsche Börse gleichwohl nicht verzichten. Ebenso wie die Bank of England, die Fed, die Nyse, die Nasdaq, die LSE, viele Kreditinstitute wie die Deutsche Bank, die DZ Bank und die UBS sind sie in andere Initiativen eingebunden. So basiert die Entwicklung des Prototyps ausdrücklich auf einer Blockchain des von Linux initiierten Hyperledger-Projektes, das angesichts der festgelegten Open-Source-Zusammenarbeit den weltweiten Austausch über branchenübergreifende Blockchain-Technologien unter Einbindung der Führungskräfte in wichtigen Branchen wie Finanzen, Banken, IT und Fertigung sicherstellt. Die Deutsche Börse begleitet diese weltweite Initiative als einer der Premium Partner. Auch die Bundesbank ist über die Zusammenarbeit mit der Börse hinaus in dem Thema engagiert. Erst Ende November hat sie mit einem viertägigen Workshop zu "Blockchain Technology - Opportunities and Challenges" unterstrichen, wie wichtig ihr bei diesem Thema der breite internationale Austausch ist.

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