Verbraucherschutz

Was für ein Menschenbild

Quelle: pixabay.com

Nun ist also der staatlich instrumentalisierte "Verbraucherschutz" für das Wertpapiergeschäft der Kreditinstitute mit Privaten neuerlich ausgebaut worden. Und wenn man die Entwicklungslinie dieses Bemühens durch ein paar Jahrzehnte verfolgt, muss man unbedingt den Eindruck gewinnen, dass Ausbeutung und Betrug von mündigen Staatsbürgern durch Banken in diesem Sektor der Kapitalanlage unentwegt schlimmer geworden sind. Anders wäre einfach nicht zu begreifen, dass kein anderes Bankenretail immer nur zunehmend mit Transparenzpflichten, Beratungsdokumentationen und Überwachungen durch Aufsichtsbehörden eingeschränkt wird. Dabei oder dafür werden auch nicht etwa die wunderfeinen Raffinessen des digitalen Wertpapierhandels zur Begründung von verschärfter Bürokratie zitiert - schon weil die verehrten Aufseher dem Markt hier allemal sanft hinterherwandern. Nein, es scheinen auf ewige Zeiten die Lehman Brothers, die verdeckte Provisionierung in den geliebten Prospekten und vor allem natürlich die langfristigen Investmentsparpläne, die Oma und Opa ihren Urenkeln zur Grabpflege hinterlassen müssen, zu sein, die jede neue Aufsichtsnovelle unerlässlich machen.

Gerade auch die jüngsten Reglementierungen gehen so weit, dass man mindestens zwei Konsequenzen für das Wertpapier-Retail erwarten darf. Zum einen wird die Anlageberatung der Kreditwirtschaft zunehmend unter Auszehrung leiden. Denn welcher erstklassige Banklehrling im Filialgeschäft wird sich noch dafür begeistern oder auch nur erwärmen können, künftig statt Kundengesprächen stundenlang die "Dokumentation" auszufüllen und dabei auch noch die Innenrevision zu belästigen. Auch wird der Inhalt der Anlagegespräche zunehmend von einer gewissen Schlichtheit geprägt sein, weil alle "besseren" Anlagen ja noch intensiver erklärt werden müssen. Dies alles wird es den Banken mitnichten erleichtern, das Provisionsgeschäft so zu forcieren, wie das die Marktstrategen des Gewerbes unablässig propagieren.

Und mehr noch: Der deutsche Anleger respektive Sparer mag Wertpapier, Börse gar Aktien bekanntlich wenig. Er bevorzugt Zinsprodukte. Wie soll denn dieser Vorbehalt, die Abneigung gegenüber "höherwertigen" Kapitalanlagen geändert werden, wenn von Staats wegen das Risiko dieser Engagements als offenbar so undurchschaubar dargestellt wird, dass der Normalbürger davor immer um fassend geschützt werden muss? Außerdem: Die Angst gehobener Kreise vor Börsenpapieren wird nur noch von ihrer Gier nach Steuerminderung übertroffen. Bei "steuersparenden" Anlagen greifen die Regulierungen des gewöhnlichen Geschäfts aller bisherigen Erfahrung nach nur gelegentlich. Folgerichtig wird gerade dieser Teil des Anlagegeschäfts in dem allemal die größten Risiken stecken, nur mäßig behindert. Und dieser Sektor ist zudem ein wesentlicher Inhalt jenes Grauen Marktes an den Banken vorbei. Ist auch dies ein Aufsichtsziel?

Immer aufs Neue muss man auch fragen, welches Menschenbild die gesetzgebenden Verbraucherschützer denn gemeinhin so pflegen. Wenn jede politische Partei ihren Wahlvorschlag für den mündigen Bürger derartig umfangreich, unverständlich und aufwendig zu dokumentieren hätte, wie Banken ihr Kundengeschäft, wie sähe dann wohl das Parlament aus ...

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