Commerzbank

Auf Halbzeitkurs

Wer mit der Realisierung seiner Vorhaben im Plan liegt, tut sich leichter, auf frühere Zielsetzungen zurückzukommen. In diesem Sinne durfte sich die Commerzbank in ihrer Bilanzberichterstattung 2014 wesentlich selbstbewusster zeigen als die Deutsche Bank. Während letztere zwei Wochen zuvor - auch ohne es so dezidiert anzusprechen - gleich mehrere der ursprünglich für das laufende Jahr angepeilten Ziele mangels absehbarer Erfolgsaussichten faktisch hatte einkassieren müssen (ZfgK 4-2015), konnte Martin Blessing an vielen Stellen den Soll-Ist-Vergleich noch vergleichsweise offensiv ziehen.

So ist die Tier-1-Quote seines Hauses bei vollständiger Anwendung der Basel-III-Regeln im Berichtsjahr trotz gestiegener Anforderungen auf über 9,5 (9,0) Prozent gesteigert worden. Die Bank hat damit in der Halbzeitbilanz der strategischen Agenda 2016 bei dieser Kennzahl ebenso den natürlichen Zwischenstand hin zu den angestrebten über 10 Prozent erreicht wie bei der auf 3,7 (3,3) Prozent angestiegenen Leverage Ratio. Diese hat sich -ebenfalls in voller Anwendung - ihrem angepeilten Zielwert von 4,0 Prozent angenähert. Deutlicher als geplant ist die Bank auch mit dem Abbau ihrer Non Core Assets vorangekommen. Per Ende 2014 werden diese noch mit 84 (116) Milliarden Euro beziffert und soweit sie die mittleren und höheren Risikoklassen sowie die Non-Performing Loans betreffen ausschließlich den Bereichen Commercial Real Estate und Deutsche Schiffsbank zugeordnet.

Noch längst nicht auf dem angestrebten Niveau bewegt sich allerdings mit 76,2 (73,3) Prozent die Cost Income Ratio im operativen Geschäft, die der Zielsetzung nach binnen zwei Jahren in der Kernbank bei rund 60 Prozent landen soll. Das klingt aus heutiger Sicht sehr ambitioniert, wobei der Blick auf die bisherige Bilanzsaison zeigt, dass sich nahezu alle hiesigen Banken derzeit schwertun, ihre Sollgrößen dieser Kennziffer zu erreichen.

Dass ein Anstieg der CIR längst nicht nur ein Indiz für die Effizienz der Prozesse sowie den zunehmenden Wettbewerbsdruck ist, sondern auch die Investitionsbereitschaft und damit die Zukunftsfähigkeit widerspiegelt, war eine der zentralen Botschaften von Privatkundenvorstand Martin Zielke.

Nach eher zähen Jahren der Vorarbeit durch Investitionen in den Auf- und Ausbau der Digitalisierung, so dessen sportliche Ansage an die Wettbewerber, registriert er inzwischen erste Erfolge. Die gute Basis dieser expansiven Grundausrichtung sieht er dabei in einem deutlichen Wachstum der reinen Transaktionszahlen über die digitalen Kanäle schon gelegt. Das Plus von 12 Prozent bei den Log-ins im Onlineportal sowie mehr als eine Million Downloads der Banking-App allein im Berichtsjahr will er jedenfalls als gute Startposition verstanden wissen. Selbstbewusst will er den Erfolg seiner Strategie daran messen lassen, inwieweit es seinem Haus im Verdrängungswettbewerb gelingt, seinen Marktanteil im Privatkundengeschäft um mindestens zwei Prozentpunkte auf deutlich über zehn Prozent ansteigen zu lassen.

Auch der kleine Seitenhieb auf die hiesigen Wettbewerber darf nicht fehlen. Allein schon der zentralen Entscheidungsprozesse einer Großbank wegen vermutet Martin Blessing bei der notwendigen Entwicklungsgeschwindigkeit von digitalen Inhalten wohl nicht zu Unrecht einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den großen Verbundgruppen mit ihren dezentralen Strukturen. Auf eine bewusste Vernachlässigung der Filialen seitens der Commerzbank sollten die Sparkassen und Volksbanken gleichwohl nicht hoffen. Denn die Optimierung der Vertriebswege einer leistungsfähigen Multikanalbank und eines klug abgestimmten Filialnetzes gehört zumindest zu dem erklärten Zielkatalog der Großbank. Und so kann die angekündigte Ausrichtung des Filialnetzes auf differenzierte Formate durchaus die Ausweitung der Möglichkeiten zu einem persönlichen Kundenkontakt bedeuten. Die Anzahl der Standorte für eine gezielte Wealth-Management-Beratung beispielsweise soll in einem ersten Schritt um über 50 Prozent auf 65 erhöht werden.

All das sind freilich erst einmal Pläne und Zwischenergebnisse Stand Frühjahr 2015. Welche Auswirkungen die angespannte geopolitische Lage sowie die greifbaren Belastungen der Niedrigzinspolitik der Notenbanken auf alle Geschäftsmodelle der Kreditwirtschaft haben werden, bleibt selbst über ein Zeitfenster von zwei Jahren ungewiss. In diesem Sinne ist noch nicht klar, ob man die eine oder andere Einschränkung des Vorstandsvorsitzenden hinsichtlich der äußeren Rahmenbedingungen und der weiteren Aussichten seines Hauses bei der Umsetzung der Restagenda als gleichermaßen obligatorische wie kluge Vorbeugemaßnahme werten muss oder als ernsthafte Sorge um die Erreichbarkeit seiner Zielsetzungen hinsichtlich der finalen Erfolgsmessung der Strategie 2016 im Niedrigzinsumfeld.

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