Deutsche Bank II

Auf der Suche nach Gründen für die Stagnation

Prof. Dr. Friedrich Thießen, Professur für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre, Technische Universität Chemnitz.

Das Schicksal der Deutschen Bank betrübt die ganze Finanzcommunity. Viele haben Mitleid mit diesem Unternehmen, das als Aushängeschild der Deutschen Wirtschaft gelten konnte. Jahrzehntelang gingen die besten Banker zur Deutschen Bank. Und man muss davon ausgehen, dass viele immer noch dort sind und neue hinzukommen. Warum aber kommt das Haus trotzdem nicht auf die Beine? Das regt dazu an, einfach einmal nachzudenken und vielleicht auch ein wenig zu spekulieren. Wo sonst als in dieser Rubrik könnte man sich über die Gründe der anhaltenden Malaise austauschen?

Den Meldungen diverser Zeitungen nach verdienen 705 Personen in der Deutschen Bank über 1 Million Euro per annum, 50 Personen über 3,4 Millionen Euro per annum. Seit dem Jahr 2000 könnten den verschiedenen Quellen nach mehr als 90 Milliarden Euro Boni ausbezahlt worden sein. Wer die mäßigen Leistungen der Bank in den letzten Jahren mit derartigen Gehältern vergleicht, muss erstaunt sein. Eine ziemlich große Gruppe von Personen erhält Millionengehälter, obwohl ihre Leistungen eher Mittelmaß oder höchstens gut, nicht aber sehr gut sind.

Es stellt sich jetzt die Frage, wie man mit "zu" hohen Gehältern "Stagnation" erklären kann? Dazu lässt sich folgende Hypothese ableiten: Die Deutsche Bank ist gekapert von einer Gruppe von Führungspersonen in der Stärke von vielleicht 80 bis 200 Personen, die über Verträge verfügen, die hohe Gehälter und Boni an leicht erreichbare Ziele knüpfen. Die Personen müssen sich nicht besonders anstrengen, um die Millionen auf ihren Konten zu wissen. Sie erhalten viel Geld, ohne dass die Leistungen adäquat sind. Das wissen diese Personen. Sie werden nie wieder solch hohe Gehälter erhalten. An einer Änderung des Systems haben sie deshalb kein Interesse. Jede Neuerung in der Bank birgt die Gefahr in sich, dass die alten bequemen Zielvorgaben durch strengere ersetzt werden. Jede Person ist zwar daran interessiert, dass die Deutsche Bank als Ganzes nicht untergeht und deshalb durchaus auch innovativ sein muss, aber im eigenen Bereich soll sich möglichst wenig ändern, damit die bequemen Zielvorgaben nicht in Gefahr geraten.

Die Konsequenz: Die Bank ist lahmgelegt, wenn genügend viele Führungskräfte aus einer genügenden Anzahl von Bereichen involviert sind. Die hohe Zahl von Millionen-Gehaltsempfängern zeigt, dass genau das der Fall sein könnte. Die eine oder andere neue "App" wird tatsächlich eingeführt. Man zeigt, dass man etwas tut. Anhaltende strategische Debatten im Führungskreis signalisieren ebenfalls Aktivität. "Leider" kommt man aufgrund der schwierigen Materie nicht wirklich weiter. Mithilfe einer Aufdeckung stiller Reserven lässt sich das bequeme Leben auch noch etwas verlängern.

Prof. Dr. Friedrich Thießen, Technische Universität Chemnitz

Professur für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre

Prof. Dr. Friedrich Thießen , Professur für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre, Technische Universität Chemnitz
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