Bankenregulierung I

"Wuselbild" - reif zur Überarbeitung

Vor rund zwei Jahren hat der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold ein Schaubild präsentiert, wie künftig in Europa mit "scheiternden" oder "gescheiterten" Banken umgegangen werden soll. Die aufgezeigten Regelungen waren so vielfältig und komplex, dass er schon damals massive Zweifel äußerte, wie eine Umsetzung in der Praxis funktionieren soll. Ein Online-Portal prägte damals für die Grafik den wunderbaren Begriff "Wuselbild". Wer sich die Darstellung heute ansieht, findet sie mittlerweile wahrscheinlich sogar überschaubar. Denn die gültigen Regeln sind noch viel komplizierter geworden und können sich von Land zu Land unterscheiden. Dies zeigt sich beispielsweise am Thema TLAC und MREL. Durch entsprechende Vorgaben für Banken soll sichergestellt werden, dass im Bedarfsfalle ausreichend verlustabsorbierendes Kapital zur Verfügung steht, ohne die bestehenden Senior-Unsecured-Gläubiger zu stark mit ins Boot holen zu müssen. Gerade am Beispiel TLAC, deren Anforderungen für die global systemrelevanten Banken (in Deutschland derzeit nur die Deutsche Bank) gelten, zeigt sich ein verwunderliches Dilemma.

Der französische Staat hat in den letzten Dezembertagen 2015 die Schaffung von "Nachranganleihen light" beschlossen, die in der Kapitalstruktur zwischen konventionellen Senior Unsecured Bonds und Tier-2-Nachrangtiteln angesiedelt sein werden. Vor allem für die vier global systemrelevanten französischen Banken stellt diese neue Bond variante aus Sicht der Berenberg-Analysten eine interessante Alternative dar. BNP Paribas und die Société Générale veranschlagten im 2014er-Abschluss den Bedarf an zusätzlichen verlustabsorbierenden Passiva mit 34 beziehungsweise 20 Milliarden Euro. Crédit Agricole und Groupe BPCE haben angekündigt, sie wollen ihre TLAC-Anforderungen komplett über Eigenkapital und klassische Nachträge abdecken. In Frankreich gelten damit künftig klare Regeln, die neuen Titel werden teuer sein, aber damit sind die Halter der traditionellen unbesicherten Bankanleihen gut geschützt. Ganz anders in Deutschland: Hier hat der deutsche Gesetzgeber Ende vergangenen Jahres auf einen Schlag alle ausstehenden unbesicherten und unstrukturierten Schuldtitel ab 2017 de facto nachrangig zu sonstigen erstrangigen Verbindlichkeiten wie Einlagen von großen Firmen gestellt.

Damit stehen der Deutschen Bank rund 50 Milliarden an TLAC-fähigen ausstehenden Anleihen zur Verfügung. Sie kann sich zwar die hohen Kosten neuer Titel sparen, aber der Preis dafür, den der deutsche Bankensektor zahlen muss, ist hoch. Man muss damit rechnen, dass viele Investoren nicht mehr bereit sein werden, in normale Bankanleihen zu investieren, weil sie erwarten, im Falle von ernsten Schwierigkeiten der entsprechenden Bank massiv am Bail-in beteiligt zu werden. Bisher konnten sie beim Kauf davon ausgehen, mit den Einlagenkunden gleichgestellt zu sein.

Durch solche unterschiedlichen nationalen Detailregelungen werden einheitliche europäische Marktbedingungen untergraben und den Investoren wird es schwer gemacht, die Risiken zu identifizieren. Dass dies wehtut, zeigen immer mehr Beispiele: Deutsche Banken haben es zunehmend schwerer, sich über traditionelle Bankanleihen Fremdkapital zu beschaffen. Ein Bail-in ist vom Gesetzgeber und den Aufsehern gewünscht. Aber ob es diese nationalen Unterschiede in der Umsetzung geben darf?

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