Konjunktur

Zurückgehender Optimismus

Traditionell ist die Zeit des (nahenden) Jahreswechsels eine Phase des Rückblicks auf die vergangenen Monate und des Vorausblicks auf die kommenden. Bei der herbstlichen und winterlichen Vorstellung der Konjunkturdaten für die bevorstehenden Perioden wird aber stets deutlich, wie stark die wirtschaftliche Entwicklung auch hierzulande von einer Vielzahl an globalen Faktoren abhängig ist, die ihrerseits oftmals Wechselwirkungen haben können. Ein stark fallender Ölpreis wie in den vergangenen Wochen beispielsweise dürfte in den wenigsten Modellrechnungen für 2014 als Annahme vorgekommen sein. Nicht nur bei Fluggesellschaften, Reedereien und Logistikunternehmen wirkt er sich aber deutlich positiv aus, indem die freiwerdenden Mittel an anderer Stelle genutzt werden können oder die Kosten allgemein sinken lassen.

Der Tendenz nach wurden die Prognosen für 2014 von den Ökonomen bereits mehrfach nach unten korrigiert. Und während zum Jahresende 2013 ein verhaltener Optimismus durchaus greifbar war, hat sich in der Zwischenzeit Ernüchterung breit gemacht. Das ifo Institut hat seine Konjunkturprognose Anfang November angepasst. Gegenüber der Herbstprognose, in der ein BIP-Wachstum von 1,3 Prozent für das Jahr 2014 veranschlagt wurde, wurde nun eine weitere Abschwächung vorhergesagt. Der neueste Mittelwert der Prognose für Deutschland liegt demnach bei vorläufiger Schätzung in der Gegend von etwa einem Prozent. Beim Sachverständigenrat war Mitte November eine

ähnliche Richtung erkennbar: Insgesamt wird für das Jahr 2014 noch eine Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts von 1,2 Prozent erwartet. Und im Vorausblick für das Jahr 2015 rechnet das Gremium mit einer Zuwachsrate des Bruttoinlandsprodukts von 1,0 Prozent.

KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner (siehe auch Beitrag auf Seite 1240) geht aktuell ebenfalls davon aus, dass die deutsche Wirtschaft im kommenden Jahr deutlich schwächer wächst als bisher angenommen. KfW Research revidierte die Erwartung für das zu Ende gehende Jahr 2014 nochmals leicht nach unten von 1,5 Prozent auf 1,4 Prozent und halbierte die Konjunkturprognose für 2015 von 1,6 Prozent auf 0,8 Prozent (kalenderbereinigt). Diese Einschätzung stimmt mit den Daten der nahezu zeitgleich veröffentlichten Bundesbank-Prognose überein.

Das Gesamtwachstum 2014 resultiert nach Analyse der Volkswirte vor allem aus dem sehr starken Jahresauftakt und dem nachwirkenden Schwung aus 2013. Seit der "Vollbremsung im Frühjahr" betrachtet Zeuner die konjunkturelle Dynamik in Deutschland als "zum Erliegen gekommen". Gründe für die ausgeprägte Schwächephase sieht er in den zahlreichen geopolitischen Risiken, vor allem aber in immer wieder aufs Neue enttäuschten Hoffnungen auf einen Aufschwung in Europa. Das beschränkt aus seiner Sicht nicht nur die deutschen Exportzuwächse, sondern lässt auch die zunehmend verunsicherten Firmen mit Investitionen zögern. Als Stützen der deutschen Konjunktur hingegen werden der Arbeitsmarkt, privater Konsum und Wohnungsbau bezeichnet. Im Sommer des ablaufenden Jahres haben die privaten Haushalte ihre Ausgaben spürbar ausgeweitet, der Arbeitsmarkt hat sich solide entwickelt, und die Nominallohnsteigerungen sind relativ kräftig ausgefallen.

Aussicht auf Besserung der Konjunktur wird für den Jahresverlauf 2015 durchaus gesehen. Doch hier lauten die Einschränkungen: sofern sich das Verhältnis zu Russland stabilisiert und es auch in Europa ein wenig aufwärts geht. Wegen eines voraussichtlich schwachen Winterhalbjahrs und des dadurch gedrückten Jahresstarts im Gesamtjahr 2015 prognostiziert Zeuner dennoch für Deutschland nur ein Realwachstum von 0,8 Prozent. Aus der Eurozone als wichtigstes Ausfuhrziel der deutschen Wirtschaft sieht er in diesem wie im nächsten Jahr nur schwache Impulse kommen: KfW Research erwartet 2015 in der Eurozone ein Wachstum von 1,0 Prozent nach 0,7 Prozent in diesem Jahr. Das sind keine besonders positiven Aussichten, sowohl für Unternehmen als auch für die Kreditwirtschaft. Ein wirklicher konjunktureller Aufschwung bleibt offensichtlich ein unerfüllter (Weihnachts-)Wunsch.

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