Wertpapiergeschäft

Anlageberatung - Kreuze und Häkchen mit großem Gewicht

Von Oliver Popp - Für viele Bankberater ist es längst stressiger Alltag, und auch (aufmerksame) Filialchefs und sogar die Kunden selbst merken: Die Beratung zu und der Verkauf von Anlagen ist deutlich aufwendiger als noch vor zwei oder drei Jahren. Dies zeigt auch der Blick in die Deutsche Bank.

Mehr Arbeit, aber nicht mehr Sicherheit

Gab der Kundenberater vor einigen Jahren oft noch Beratung nach Erfahrung und Vertrauen in eigener Regie, so sind heute die Vorschriften viel enger gezogen. "Wir haben heute viel mehr Dokumentationspflichten. Das heißt viele Kreuze und Häkchen auf den Gesprächsprotokollen sauber einzutragen. Also viel mehr Zeit in jeden Kunden zu investieren, besonders die Vor- und Nachbereitung die keiner so recht sieht und wertschätzt", betont ein langjähriger Berater der Deutschen Bank. Eine Kollegin ergänzt: "Ich arbeite hier nun seit 1976, aber das sind mit Abstand die härtesten Zeiten, trotz aller Routine." Routine können aber selbst Top-Vertriebler nicht vorweisen, schließlich gelten die gesetzlich höheren Anforderungen an die Bankberatung zum Teil erst seit wenigen Monaten.

Berater müssen sich mehr absichern, was ja im Grunde nicht verkehrt ist. Aber es bringt letztlich nicht mehr Sicherheit, sondern nur mehr Arbeit, so die Klagen. So lassen sich zwar die Reihenfolge und die Themen der Beratung stärker regeln, nicht aber die Qualität. Da ist nach wie vor jeder Banker selbst gefragt, den für sich besten Weg der Kundenansprache zu finden.

Doch genau dabei baut die strengere Dokumentation nun Hürden auf. Viele Berater würden nur noch ungern Beratung per Telefon oder per Hausbesuch machen, auch wenn es für einige Kunden bequemer ist. Denn wie sollen in diesen Fällen alle Aussagen schnell und beweiskräftig festgehalten werden?

Onlinebanking als Ausweg?

Trotz der Finanzkrise lassen sich die meisten Kunden ihre Anlagen nicht viel ausführlicher als zuvor erklären. Nach wie vor dominieren oft Mandatsgeschäfte, das heißt die Privatanleger delegieren immer noch viele Entscheidungen an die Bank. In vielen Verlustfällen machen die Kunden dann aber dennoch ihren Berater voll verantwortlich, verlieren das Vertrauen und legen kein neues Geld mehr an. Dies vor dem Hintergrund gleichbleibender Vertriebsziele.

Technische Hilfsmittel helfen nur begrenzt Nicht selten wird das Onlinebanking als Ausweg angepriesen - der Anleger holt sich selbst die Informationen über Risiken und Bedingungen aus der Homepage der

Bank und trifft die Entscheidung, der Berater muss "nur noch" kontrollieren und ausführen. Anlageberater haben daran jedoch ihre Zweifel, ob die Kunden dies wirlich verstehen.

Bei der Beratung in der Bank helfen auch die anschwellenden technischen Hilfsmittel nur begrenzt. Online-Tools helfen nur dem Berater, der auch schon vorher eine Struktur im Kopf hat, was für ein Kunde ihm gegenüber sitzt, was der will und wo es grob hingehen soll. Schließlich müssen ja auch gezielte Nachfragen gut beantwortet werden können. Der Anlageberater, der etwa eine Rürup-Rente auch mit schwierigen Eckdaten in wenigen Minuten auf einem Zettel erklären kann, kann auch das Vertrauen des Kunden (zurück)gewinnen und neues Geschäft anziehen. Viele Berater hoffen darauf, dass sich ihr Erfahrungsschatz neben Maschinen und Zahlen in der Beratung behaupten kann. Schließlich ist er die Grundlage für den Erfolg ihrer Bank.

Oliver Popp, Deutscher Bankangestellten- Verband (DBV), Düsseldorf

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