Verbraucherschutz

"Die Kommunikationsweis e von Transparenzmuss dem Empfängergerecht werden"

Wenn Sie das Bankgeschäft von heute mit dem von vor zehn Jahren vergleichen - welche gro ßen Entwicklungslinien erkennen Sie? Was hat sich verändert?

Die Bewusstseinsfrage spielt heute eine andere Rolle als noch vor zehn Jahren. Es wurde in der vergangenen Zeit immer stärker differenziert, welches Verhältnis der Kunde zu seiner Bank hat, wie sich die Kunden gegenüber dem Kreditinstitut positionieren und welche Bedürfnisse der Verbraucher hat. Damit wächst die Kundenemanzipation. Dies äußert sich jedoch nicht nur in der Richtung, dass Verbraucher sensibler auf Preise reagieren, sondern mündet auch in der Frage, was mit ihrem Geld in den Händen der Bank geschehen soll. Das sind verschiedene Ausprägungen dieser Entwicklung.

Besteht hierin nicht ein Widerspruch? Die Kunden werden gleichzeitig ständig preisbewusster, möchten aber andererseits über die Mittelverwendung stärker mitbestimmen?

Nein, denn das sind natürlich wechselnde Situationen. Es gibt große Kundengruppen, die nach finanzieller Ertragsmaximierung streben. Andererseits existiert jedoch auch ein immer stärker werdender Kreis von Bankkunden, bei dem qualitative Kriterien wie die Geldverwendung an Relevanz gewinnen.

Wie sehen Sie Ihr eigenes Haus im Retailmarkt positioniert?

Die GLS Bank ist kein Retailinstitut im klassischen Sinne, bei dem der Verkauf von Finanzprodukten den Geschäftszweck darstellt. Wir sehen uns vielmehr als Finanzintermediär, indem wir den Austausch von Mitteln zwischen Menschen oder Firmen, die Kredit benötigen und solchen, die Geld anlegen möchten, organisieren. In der Sicherstellung dieses Interessenausgleichs unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten sehen wir unsere Daseinsberechtigung. Viele Banken haben sich jedoch von diesem ursprünglichen Konzept wegbewegt und sehen die Finanzprodukte als Selbstzweck.

Gehen Bankgeschäft und Verbraucherschutz Ihrer Meinung nach zusammen?

Das Verbraucherschutzthema ist ja kein spezielles Bankthema. Aufklärung und Transparenz machen den Verbraucherschutz in allen Branchen stark. Auf der Umsetzungsebene gibt es jedoch sehr spezifische Schwierigkeiten im Bankgeschäft. Wenn selbst erfahrene Banker lange Vertragstexte zum Beispiel zu diversen Sonderbedingungen im Wertpapiergeschäft nicht mehr in allen Einzelteilen verstehen können, dann ist das keine zielführende Form der Transparenz, die der Aufklärung des Kunden dient. Welche Konsequenzen sind Ihrer Meinung nach daraus zu ziehen? Müssen zukünftig Finanzprodukte mit grün, gelb und rot - wie es für Lebensmittel in der Diskussion ist - gekennzeichnet werden, um die Komplexität zu reduzieren?

Nein, diese Lösung ist zu schlicht. Das Finanzprodukt, das für den einen Kunden sinnvoll ist, kann für einen anderen unnütz sein.

Ein Mitarbeiter beispielsweise, der Aktien seines Unternehmens kauft, wird dies in jedem Fall tun - unabhängig davon, ob er über die Risiken der Aktienanlage in einer Broschüre aufgeklärt wurde oder nicht. Das Kunststück ist es, die Transparenz in einer Kommunikationsweise zu schaffen, die dem Empfänger gerecht wird. Wir definieren den Anspruch an Transparenz zu oft aus unserem eigenen fachlichen und technokratischen Formulierungsverständnis heraus und das ist wenig hilfreich.

Dieses Beispiel ist doch recht speziell. Der ganz normale Kunde kauft seine Aktien vielleicht tatsächlich auf Anraten des Bankberaters. Was ist dann die Alternative dazu, diesem Verbraucher in einer Broschüre alle Informationen anzubieten?

Es gibt dazu keine Alternative, sondern Ergänzungen oder Abstufungen. Entscheidend ist doch, dass der Verbraucher sich seiner Handlungsmöglichkeiten und ihrer Auswirkungen bewusst wird. Hierfür ist es viel wichtiger, dass in einem persönlichen Gespräch festgestellt werden kann, ob ein Anlageprodukt zur Risikostrategie passt. Das könnte zum Beispiel bei einem Kunden der Fall sein, der mit einem kleineren Teil seines Vermögens einmal ein riskanteres Geschäft ausprobieren möchte.

Dieser Teil von Verbraucherschutz existiert natürlich bereits im Bankgeschäft. Doch wenn eben jenem Kunden nach einem stimmigen Beratungsgespräch eine Broschüre mit einer Vielzahl von Problemschilderungen zu seiner gewählten Anlageform - die in seiner Entscheidung überhaupt keine Rolle spielen - zugesendet wird, dann ist das intransparent. Die Diskussion um das kundengerechte Umsetzen von Transparenz ist derzeit absolut virulent. Wie setzen Sie in Ihrem Hause Transparenz um?

Die Tatsache, dass in unserer hauseigenen Publikation, dem Bankspiegel, regelmäßig die Geldverwendung in Kreditprojekten dokumentiert wird, ist für uns die wichtigste Form der Transparenz. Das gilt auch für Wertpapieranleger, wo wir ein eigens geprüftes Anlageuniversum nach Nachhaltigkeitskriterien anbieten.

Wir haben jedoch beispielsweise auch bei den Anforderungen aus der jüngsten Gesetzgebung die spezielle Zielrichtung der Geldanlage gegenüber banküblichen Mustertexten geändert. Während in den üblichen Texten des genossenschaftlichen Verbundes gleich zu Beginn zu lesen ist, dass ein Kunde beispielsweise grundsätzlich als Renditemaximierer unterwegs ist und unter dieser Blickrichtung in bestimmte Risikokategorien fällt, ist bei unseren Kunden die Verwendung des Geldes das Hauptmotiv. Erst in einem zweiten Schritt werden die Art der Geldanlage und die Renditeerwartungen geklärt.

Wie legen Sie in der GLS Bank Vertriebsziele fest?

Die Vertriebsziele in unserer Bank sind dadurch geprägt, dass wir noch viel mehr Menschen mit Interesse an nachhaltigem Bankgeschäft erreichen möchten. Das ist vor allem eine Frage des Vertriebsweges und der Thematisierung bestimmter Fragen. Als große Vertriebslinie gilt uns das Ziel, noch mehr Menschen als bisher mit unseren Angeboten vertraut zu machen.

Als zweites folgt dann die Frage, mit welchen Bedürfnissen der Menschen wir rechnen. Auf der operativen Ebene ist eindeutig der Trend in Richtung Wertpapiergeschäft erkennbar. Rein technisch bieten wir daher Wertpapierdepots an, aber natürlich für Depots, die ganz bestimmte Nachhaltigkeitskriterien ermöglichen.

Im Kreditgeschäft möchten wir unseren Marktanteil im Bereich Schulen, Leben im Alter, Regenerative Energien und Biohandel kontinuierlich erhöhen.

Wie organisieren Sie Ihren Vertrieb?

Im Vergleich zu anderen Banken haben wir deutlich unterschiedliche Wege im Vertrieb von Kredit- und Anlagegeschäft. Im Kreditgeschäft haben wir unsere großen Branchen: Bildung, Wohnen und regenerative Energien. Dort profitieren wir in hohem Maße von Empfehlungen und sind bekannt

- hier übersteigt unsere Bekanntheit die Marktreichweite deutlich. An der Marktreichweite in diesen Sparten müssen wir daher besonders arbeiten. Auf der Anlageseite funktioniert das Geschäft stärker über die Menge der Kontakte. Wir haben einen weitergehenden Internetauftritt als viele Volks- und Raiffeisenbanken oder Sparkassen. Im Laufe dieses Frühjahrs wird dieser Auftritt auch überarbeitet und mit neuen Möglichkeiten ausgestattet sein. Die Kunden, die sich im Internet über eine nachhaltige Geldanlage informieren, werden dann direkt die Möglichkeit haben, online eine Anlageentscheidung zu realisieren.

Verzichten Sie vollständig auf Cross-Selling?

Auch hier ist unser Antritt ein völlig anderer als der übliche. Wir gehen nicht davon aus, dass die Kunden zu uns kommen, weil Ihnen irgendein Finanzprodukt fehlt. Die Verbraucher haben Girokonten, Depots und Kreditkarten et cetera. Es muss also ein Zusatzmotiv für unser Haus geben, das über das übliche Banking hinausgeht. Wenn jemand möchte, dass sein Geld in einer nachhaltigen Weise verwendet wird, kommt er zu uns. Und dieser Kunde kann dann mit uns als Hausbank zusammenarbeiten, was auch im Haus der GLS Bank "Die Kunden schließlich Cross Selling bekommen nicht deutet. Es ist aber nicht das weil ihnen

Motiv unserer Kundengewin-Finanzprodukt nung, sondern die Folge.

Womit verdient ihre Bank dann ihr Geld? Nur über neue Kunden?

Dass wir Zinsergebnis und Provisionen erzielen, weil der Kunde Geld nach Nachhaltigkeitskriterien bei uns anlegt.

Sie konzentrieren sich also hauptsächlich auf eine stärkere Durchdringung der Zielgruppe. Diese Gruppe ist jedoch sicherlich endlich - wie groß schätzen Sie sie ein?

Man geht davon aus, dass mindestens fünf Prozent der deutschen Bevölkerung konkretes Interesse an einer nachhaltigen Geldanlage haben. Hierin sehen wir unser Potenzial.

Wie viel Geld investieren Sie in Marketingmaßnahmen?

Die Größenordnung für unsere Investitionen in Marketing und Öffentlichkeitsarbeit liegt bei etwa einer Million Euro.

Die Verbesserung unserer Kunden Kommunikation ist darin eine wichtige Säule, die odukt fehlt." n irgendein nicht zu uns, Verbesserung unserer Geschäftsabschlussmöglichkeiten im Internet bildet eine zweite Säule.

Inwiefern unterscheidet sich die GLS Bank zu anderen Genossenschaftsbanken, bei denen Sie auch tätig waren?

Die konkrete Arbeit in der Bank unterscheidet sich weniger, als von außen angenommen. Die Kunden haben einen bestimmten Anspruch an Angebote, Service und Freundlichkeit, den jede Bank erfüllen muss - unabhängig von ihrem Alleinstellungsmerkmal. Der Unterschied liegt in der Motivlage. In den Genossenschaftsbanken beispielsweise ist das Verhältnis zwischen Kunden und Kreditinstitut stark regional geprägt: Die Verbraucher gehen zu ihrer Lieblingsbank in der Region. Dieser Faktor spielt bei uns keine Rolle. Bei der GLS ergibt sich aus dem Geldverwendungsmotiv die Basis der Zusammenarbeit.

Wie schätzen Sie den Einfluss von flexiblen Vergütungsmodellen in der Bankenbranche ein?

Ich beobachte, dass hier relativ viel Aufwand betrieben wird - mit wenig Output. Das Bedürfnis nach Flexibilität ist zwar gegeben, doch wir sind offensichtlich in einer lang anhaltenden Probierphase dieser Entwicklung.

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