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Öffentlichkeitsarbeit: Tiefschlag für AWD

Im Januar 2008 hatte es bei AWD noch ganz selbstbewusst geheißen, auch nach der Übernahme von Swiss Life bleibe der Marktauftritt als unabhängiger Finanzberater erhalten. Dem hat das Landgericht Hannover nun einen Riegel vorgeschoben und damit dem DVAG-Gründer Reinhard Pohl recht gegeben, der gegen die Werbung des Wettbewerbers geklagt hatte. Wo Swiss Life drin ist, darf nicht mehr "unabhängig" draufstehen, so das nicht eben überraschende Urteil. Denn das ist eine Irreführung der Verbraucher, unabhängig davon, wie sich der Gesellschafterwechsel auf den konkreten Beratungsfall auswirkt. Mit dreimonatiger Frist hat der beanstandete Begriff deshalb auf ganzer Front aus dem Außenauftritt des Finanzvertriebs getilgt zu werden.

Für AWD ist dies zweifellos ein schwerer Schlag. Zum einen bedeutet die Änderung sämtlicher Materialien im Corporate Design einen erheblichen Aufwand. Viel schwerer wiegt aber die Aufgabe des bewährten Slogans, an dessen Botschaft letzten Endes das Image des Unternehmens und ein guter Teil des Erfolgs bei Neukunden hing. Zweifellos hat die Betonung der Unabhängigkeit im Zuge der Übernahme durch den Versicherer Glaubwürdigkeit verloren. Doch durfte man davon ausgehen, dass die neue Konzernabhängigkeit bei unverändertem Marktauftritt mit der Zeit ein wenig in Vergessenheit geraten würde, so dass der Slogan wieder besser greifen könnte. Damit ist es aber nun wohl vorbei.

Zwar haben die Hannoveraner bereits Berufung eingelegt. Doch scheint wenig dafür zu sprechen, dass das Urteil in nächster Instanz anders ausfallen könnte. Aber selbst wenn das der Fall sein sollte: Allein durch das Faktum der gerichtlichen Auseinandersetzung mit der entsprechenden Berichterstattung in den Medien sind all jene Zweifel an der Neutralität der Beratung, die sich zwischenzeitlich vielleicht gelegt haben, wieder neu belebt worden. Selbst bei einem abschließenden Sieg vor Gericht käme AWD deshalb um eine Neuausrichtung des Marktauftritts wohl kaum herum.

Dass man im Gegenzug auch mit einer Gegenklage gegen die DVAG Erfolg hatte, ist vor diesem Hintergrund gewiss nur ein schwacher Trost - zumal das Urteil für den Wettbewerber von weitaus weniger weitreichender Bedeutung ist. Denn wenn die DVAG sich nun nicht mehr als "weltweit größter" eigenständiger Finanzvertrieb bezeichnen darf, geht es dabei nur um die rein größenmäßige Angabe zur Marktposition und nicht um die grundsätzliche strategische Positionierung.

Und ob in einem anderen Land ein größerer Finanzvertrieb agiert, ist dem Kunden vermutlich weitaus weniger wichtig als die Frage, ob er wohl eine wirklich unabhängige Beratung erwarten darf. Für die DVAG ist das Hannoveraner Urteil also trotz eines kleinen Wermutstopfens gewiss alles andere als ein Pyrrhus-Sieg. sb

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