Blickpunkte

Oskar Betsch zum 60. Geburtstag

Er ist immer noch eine Ausnahme. In den Briefköpfen des arrivierten deutschen Finanzgewerbes scheint es zwar heute zum Erstrebenswerten zu gehören, "die enge Verbundenheit zwischen Praxis und Wissenschaft" mit dem Kürzel "Prof." vor dem Vorstandsnamen ausdrücken zu können. Aber das ist für Vollakademiker natürlich nichts wirklich Ebenbürtiges. Sondern eben nur Ehrenwertes. Oskar Betsch dagegen, der dieser Tage seinen 60. Geburtstag feiert, hat es stets ganz ordentlich gewollt: Erst Bank gelernt, dann Bank geführt, dann über Bank habilitiert, dann für Bank ordiniert.

Kürzer: Dieser ordentliche Professor für Finanzierung und Bankbetriebslehre der Technischen Universität Darmstadt weiß furchtbar genau, was Bankvorstände noch besser machen könnten - sollten. Er ist selbst zehn Jahre lang Vorstand einer großen Volksbank gewesen, bevor er dem Ruf der höchsten Lehranstalten erlag.

Der Bankprofessor Oskar Betsch ist nicht jede Woche im Fernsehen, kommentiert nicht jeden Börsengang, analysiert nicht jede Fastfusion. Erstens, weil er die Sache mit der öffentlichen Be-Show nicht sonderlich schätzt. Zweitens, weil ihn eine ausgeprägt schwäbische Art der Kritikführung ziert. Er liebt es, Unsinnigkeiten eindrucksvoll zu beknorzen.

Es sind deshalb nicht die Beraterverträge, die in seiner Bibliothek Regale füllen, sondern die eigenen Bücher. Das entsprechende Publikationsverzeichnis umfasst von den "Branchebanken" des Jahres 1975 bis zu den "REITs in Deutschland" im vergangenen Jahr 16 Fachtitel. Und was Betsch an Aufsätzen und Reden vorgelegt, vorgetragen hat, sind Schrankmeter: Er ist geradezu furchtbar fleißig.

Oskar Betsch gehört zu den Hahn-Schülern. Das sagt heute nicht mehr jedem Bankbetriebswirt etwas, solange er nicht die Basisliteratur zur Entwicklung des bundesdeutschen Kreditwesens braucht. Denn der Professor Oswald Hahn in Erlangen-Nürnberg hat über höchst fruchtbare Jahrzehnte hinweg weniger "Theories of modern Banking" oder ähnlich Gewaltiges aufgestellt. Sondern er hat aufgeschrieben und aufschreiben lassen, vorzüglich detailliert, wie Kreditwirtschaft wirklich funktioniert (oder auch nicht). Hahn-Schüler, und es gibt davon eine fest gefügte Gruppe, folgen darin dem Meister bis heute gerne.

Oskar Betsch, als langjähriger Hahn-Assistent, als Doktorand und Habilitant von Hahn, verkörpert die besondere Erlanger Schule durchaus auch persönlich. Wieweit das auch für ein paar Hahn'sche Skurrilitäten gilt, vermag der Chronist nicht zu überblicken.

Oskar Betsch hat schon als Student in "bank und markt" seine eigene Kolumne gehabt. Wenn der Verlag dieser Zeitschrift einen Autor für ein Handbuch oder eine Fachstudie suchte und dafür Betsch gewinnen konnte, wusste er, dass es allemal ein guter Titel werden würde. Betsch hat für "bank und markt" und die übrigen Kreditwe-sen-Zeitschriften auf allen Konferenzen und Foren gesprochen und moderiert. Sich bei ihm für soviel Miteinander zu bedanken und ihm zum 60. aufs Herzlichste zu gratulieren, das fällt uns ganz, ganz leicht.

Klaus-Friedrich Otto

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