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Riester-Rente - für Neukundengewinnung nur noch kleines Potenzial

Die derzeitige Verunsicherung der Anleger schlägt auf den Vertrieb von Ries-ter-Fondssparplänen bei den Volks- und Raiffeisenbanken und somit auf deren Investmentgesellschaft Union Investment spürbar durch: 1,72 Millionen fondsbasierte Riester-Verträge liefen bei der Gesellschaft zum Jahresende 2008, davon wurden 200 000 im Jahresverlauf neu abgeschlossen. Der Marktanteil der Union beträgt in diesem Bereich gut 70 Prozent. Im ersten Halbjahr 2009 sind jedoch lediglich 54 000 neue Verträge dazugekommen, was einem Wachstum von 3,1 Prozent entspricht. Besonders ärgerlich ist ein Abflachen der Zuwachszahlen im Bereich der Ries-ter-Rente, weil diese der Fondsgesellschaft langfristig regelmäßige Zuflüsse beschert. Bei der Union Investment betragen diese für das Jahr 2009 rund eine Milliarde Euro.

Aufgeschlüsselt bis auf Regierungsbezirksebene

Um einen detaillierten Überblick über die Altersvorsorge-Aktivitäten der Bundesbürger zu erhalten, hat Union Investment eine wissenschaftliche Studie bei Prof. Bernd Raffelhüschen vom Forschungszentrum Generationenverträge der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg in Auftrag gegeben, den sogenannten Vorsorge-Atlas. Die Besonderheit daran: Gesetzliche Rentenversicherung und private Vorsorgeanstrengungen der Deutschen werden erfasst und Durchschnittswerte können bis auf regionale Ebenen heruntergebrochen und damit von den Primärbanken vor Ort genutzt werden. Auf Regierungsbezirksebene wird dann nochmals differenziert zwischen Geschlecht, Alter und Einkommensklassen der Einwohner. Inhaltlich bestätigt die Studie erwartbare Fakten: 56 Prozent der erwerbstätigen Deutschen können mit der gesetzlichen Rentenversicherung und einer Zusatzversorgung im Alter ihren Lebensstandard halten. Würden sie sich lediglich auf die gesetzliche Rentenversicherung verlassen, wären es nur rund 25 Prozent. Bei den jüngeren Arbeitnehmern sieht es erwartungsgemäß düsterer aus: Die 20- bis 34-Jährigen von heute können mit der gesetzlichen Rentenversicherung lediglich 39,4 Prozent ihres letzten Bruttoeinkommens ersetzen.

Beim nur flüchtigen Hinsehen provoziert die Untersuchung allerdings auch einige irreführende Aussagen. Das ist bedingt durch zwei methodische Faktoren: Immobilien- und Geldvermögen als die sogenannte "dritte Säule der Altersvorsorge" werden in der Untersuchung ausdrücklich nicht berücksichtigt. Es werden lediglich Schicht 1 (Gesetzliche Rentenversicherung, Beamtenversorgung, Berufsständische Versorgung und Rürup-Rente) sowie Schicht 2 (Riester-Rente, betriebliche Altersversorgung und Zusatzversorgung öffentlicher Dienst) betrachtet.

Zudem wird die Berechnung der Einkommens- und Versorgungssituation auf einer relativen Basis vorgenommen. Dieses Vorgehen beruht auf der Annahme, dass jeder Deutsche eine Ersatzquote von rund 60 Prozent seines letzten Bruttoeinkommens benötigt, um den erreichten Lebensstandard zu halten. Am Beispiel der einkommensstarken Regionen im Südwesten Deutschlands lässt sich die Methodik der Wissenschaftler aufzeigen: Die Zahl der unterversorgten Bürger ist dort, so sagt es die Studie, relativ hoch. Das bedeutet jedoch lediglich, dass die Einkünfte dieser tendenziell eher besser verdienenden Bürger aus den ersten beiden Schichten der Altersvorsorge nur rund ein Drittel des letzten Bruttoeinkommens abdecken. Ihr bisheriger Lebensstandard dürfte sich allein damit nicht aufrechterhalten lassen. Über die absolute Höhe der Versorgung sowie über eventuellen Geld- und Immobilienbesitz wird allein damit freilich keine Aussage getroffen.

In den meisten Regionen Ostdeutschlands hingegen, in denen das absolute Einkommens- sowie das Rentenniveau als eher niedrig gelten dürfen, wird die Versorgungslücke als vergleichsweise gering bezeichnet. In dem Sinne, dass die Bürger dort - gemessen an ihrem letzten Bruttoeinkommen - eine relativ hohe Ersatzquote haben, ist das auch richtig. Wiederum soll damit aber nichts zur absoluten Höhe der Versorgung gesagt werden. Gleiches gilt für die Feststellung, dass die Unterversorgungsquote bei Männern höher ist als bei Frauen.

Argumentationshilfen aller Art

Doch trotz aller formaler Besonderheiten - für die Fondsgesellschaft erfüllt die Studie ihren Zweck zweifellos. Daraus ergeben sich zahlreiche Anlässe zum Gespräch mit ihren Vertriebspartnern, den Volks- und Raiffeisenbanken: So haben beispielsweise manche ostdeutschen Regionen (Leipzig, Dresden, Mecklenburg-Vorpommern) in der unteren Einkommensklasse (Nettogehalt zwischen 900 und 1 500 Euro) eine Riester-Partizipationsrate von weit über 50 Prozent. In Nachbarregionen wie Brandenburg und Dessau wird aber in der gleichen Einkommensklasse deutlich weniger "geriestert" als im ostdeutschen Schnitt. Dort könnte eine Vertriebskampagne durchaus Erfolg verheißen. Ab Herbst dieses Jahres will die Union entsprechende Gespräche aufnehmen, im kommenden Jahr erfolgt eine verstärkte Marktbearbeitung zum Thema Riester. Wie diese genau aussehen soll, bleibt vorerst unklar. In den wenigen Genossenschaftsbanken, die sich mit der Studie bereits vertraut gemacht haben, kann man sich aber durchaus vorstellen, diese als Gesprächsanlass zu nutzen: Selbst wenn dann die Individualbetrachtung in der Beratung jedes einzelnen Kunden im Vordergrund steht, wird ein systematischer Überblick über die Versorgung in der jeweiligen Region dennoch als hilfreich empfunden - zumindest dann, wenn die Informationen aus dem Atlas noch mit Daten zum Geld- und Immobilienvermögen in der Region unterlegt werden können.

Der Ansatz, Riester-Verträge verstärkt in denjenigen Gegenden zu vertreiben, in denen sie unterdurchschnittlich vertreten sind, greift zwar zu kurz. Eines der Unter suchungsergebnisse besagt beispielsweise, dass viele Bürger im Südwesten Deutschlands über eine betriebliche Rente sehr gut versorgt sind. Sie nutzen die Riester-Rente kaum - und brauchen sie wohl auch nicht. Hier hilft aber die Detailanalyse: Die Betrachtung nach Altersklassen zeigt, dass der Rückstand der südlichen Regionen in den alten Bundesländern gerade für die jüngere Generation besteht - und hier dürften die Betriebsrenten gar nicht mehr so üppig ausfallen.

Dass generell eher die jüngeren Riester-Kunden im Fokus der Fondsgesellschaft stehen, ist indes kein Zufall: Sie sorgen für langfristige Mittelzuflüsse. Im Jahr 2009 wurden bei Union Investment etwa 50 Prozent aller Riester-Verträge mit Personen unter 30 Jahren abgeschlossen. Dennoch gilt: Kunden aller Altersgruppen sind derzeit mehr und mehr den Abwer bebemühungen der Anbieter ausgesetzt, denn die Potenziale zur Neukundengewinnung gelten als nahezu ausgeschöpft. Bei Union Investment wird die Zahl der "Riester-Willigen" auf etwa 16 Millionen geschätzt - bei 30 Millionen Förderberechtigten und rund 14 Millionen bereits abgeschlossenen Verträgen. Die Marktforschung der Union werden sich daher sicherlich auch Mitbewerber zunutze machen können. Dass das Unternehmen als Marktführer von Abwerbungen durchaus betroffen ist, bestreitet dort niemand, der Saldo aus An- und Abwerbungen, sei aber positiv.

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