Preispolitik

Sonderkonditionen: dem Vertrieb den Rücken stärken

Ertrags- und Vertriebsoffensiven sind in Banken und Sparkassen momentan en vogue. Jedoch setzen diese in der Regel nicht an den wesentlichen Gewinntreibern an: den am Markt durchgesetzten Konditionen und Gebühren. Die Ergebnisse einer neuen Studie des Instituts für Marktorientierte Unternehmensführung (IMU) der Universität Mannheim mit 346 teilnehmenden Unternehmen, darunter auch zahlreiche Finanzdienstleister, zeigen: Die meisten Branchen leiden unter einem hohen Preisdruck und Preiserosion; dennoch gibt es Unternehmen, die über einen längeren Zeitraum hinweg sowohl Preise als auch Geschäftsvolumen überdurchschnittlich steigern, so genannte Pricing-Profis.

Preisunterschiede begründen

Die Erfolgsfaktoren, die einen Pricing-Profi ausmachen, sind unter anderem,

dass sie Preisunterschiede gut begründen können,

sich im Preiswettbewerb keinesfalls passiv verhalten,

bei der Preisfindung quantitative Methoden (zum Beispiel das Conjoint-Measurement) einsetzen und eine "Kultur der Preisverteidigung" etablieren.

Bausteine eines professionellen Preismanagements

Die notwendigen Komponenten, aus denen sich ein systematisches Preismanagement zusammensetzt, lassen sich grob in vier Bausteine unterteilen. Das Management von Sonderkonditionen tangiert hierbei alle Felder, von der Preisstrategie bis hin zum regelmäßigen Preiscontrolling.

Sonderkonditionen im Geldanlage- und Kreditgeschäft werden aus verschiedenen Gründen gewährt: Zum einen, um Preisniveaus flexibel an die gegenwärtige Markt-situation/-entwicklung anzupassen, zum anderen, um Kunden zu halten oder neu zu gewinnen. Besonders zur Kundenbindung können Sonderkonditionen als Investition in die Kundenbeziehung gesehen werden.

Im Hinblick auf die genannten Pricing-Bausteine hat ein striktes Sonderkonditio-nen-Management folgende Auswirkungen:

Preisstrategie: Hier sind generelle Aussagen zur Vergabe von Sonderkonditionen, und zur Berücksichtigung produktspezifischer Besonderheiten zu treffen. So kann beispielsweise in Pricing-Grundsätzen festgelegt werden, unter welchen Konstellationen überhaupt Sonderkonditionen gewährt werden dürfen.

Preisfindung: Im Rahmen der Preisfindung kann zum einen eine Simulation/Sensibilisierung des Ertragshebels erfolgen, wenn Sonderkonditionen reduziert werden. Zum anderen kann ein hoher Anteil an Sonderkonditionen bei bestimmten Produktfeldern auch eine Anpassung des Konditionentableaus (Listenpreise) an Marktgegebenheiten notwendig erscheinen lassen.

Preisdurchsetzung: Im Mittelpunkt der Preisdurchsetzung steht ein Anreizsystem, welches den Verzicht auf Sonderkonditionen belohnt. Darüber hinaus beinhaltet dieser Baustein gezielte Schulungen zur Etablierung einer "Preisverteidigungskultur".

Preiscontrolling: Hierunter fällt die Zusammenführung der Informationsbasis, das heißt die tatsächlichen Zinsen/Gebühren und gültigen Konditionentableaus, um Sonderkonditionen und deren Vergabegründe sauber identifizieren zu können.

Nicht auf Kosten der Profitabilität

Die Gewährung von Sonderkonditionen sollte jedoch nicht per se, das heißt wahllos geschehen. Und es sollten Sonderkonditionen nur dann vergeben werden, wenn mittelfristig dennoch auskömmliche Margen erzielt werden können. Eine Systematisierung muss daher an drei Punkten ansetzen.

Zentrale Voraussetzung ist das Vorliegen von Transaktionsdaten, denen die hierfür notwendigen Zusatzmerkmale ("Listenpreise" gemäß Konditionentableau, Zinssatz bei Vertragsabschluss, Kundenbetreuungsteam, Segmentzuordnung des Kunden) zugeordnet sind - angesichts der oft nur in unterschiedlichen Systemen vorgehaltenen Daten eine nicht zu unterschätzende Aufgabe.

Bei komplexeren Produkten wie beispielsweise Forward- oder Cap-Darlehen ist zudem eine genaue Definition einer gewünschten "Listenpreis"-Kombination notwendig, da die Preiskomponenten Zinsunter- und Zinsobergrenze, Einstiegszins, Zinsaufschlag für Forward-Periode oder Cap-Prämie auch "kompensatorisch" verhandelt werden können.

"Gegenleistungen" für Sonderkonditionen

Darüber hinaus sollten Regeln für Sonderkonditionen und Preisnachlässe eindeutig sowie konsequent an "Gegenleistungen" der Kunden orientiert sein, also beispielsweise höhere Volumina, Nutzung weiterer Produkte, Bonitätsklasse oder Kundenprofitabilität. Dies ist insbesondere für Filialen oder Kundenbetreuungsteams von Interesse, die in bestimmten Produktfeldern unterschiedliche Margen realisieren. Im Ergebnis erfolgt die Vergabe von Sonderkonditionen differenziert gemäß der tatsächlichen Wertigkeit und Attraktivität des Kunden.

Zu guter Letzt ist die Frage zu klären, wie man eigene Vertriebsmitarbeiter oder Vermittler zur Durchsetzung der Listenpreise und hoher Margen motivieren kann und in welcher Form dies belohnt wird. Hierbei sollten die Kompetenzen für Preise und Erstattungen eindeutig geregelt sein und sich die Einhaltung der Konditionentableaus spürbar auf eine höhere variable Vergütung auswirken.

Dem Vertrieb den Rücken stärken

Viele Pricing-Profis betonen hierbei die Notwendigkeit eines Preisspezialisten oder eines Preisgremiums (Preisausschuss), welche die hierfür notwendigen Prozesse koordinieren und die Einhaltung der Preisdisziplin sicherstellen. Als hilfreich in der Praxis hat sich zudem das so genannte Best Practice Sharing (Lernen von den Besten) erwiesen. Hierbei schulen ausgewählte Kundenbetreuer aus Filialen mit der besten Preisdurchsetzung und mit Hilfe externer Unterstützung neue Vertriebsmitarbeiter sowie Mitarbeiter aus schwächeren Filialen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass mit einer Reduktion von Sonderkonditionen Maßnahmen angestoßen werden, die zu 100 Prozent GuV-Relevanz aufweisen. Das Gewinnpotenzial ist hierbei beachtlich. Da Preiserfolge sehr stark mit der Vertriebskultur und der operativen Vertriebssteuerung zusammenhängen, sollte Preisprofessionalisierung mit einer Rückenstärkung für den Vertrieb beginnen. Denn die endgültige Preisentscheidung trifft allein der Vertrieb - jedoch auf der Basis einer hohen Pricing-Kompetenz, eines professionellen Preiscontrollings und in Einklang mit der generellen Preisstrategie des Institutes.

Dr. Peter Klenk , Partner, zeb, München
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