Regulierung

Vermittlerrichtlinie, VVG und MiFID: alle profitieren

Wohl keine andere Branche macht derzeit einen so tief greifenden Wandel durch wie die Finanzdienstleistungsbranche in Deutschland. Vermittlerrichtlinie, VVG und MiFID setzen neue Maßstäbe bei Beratung, Info-r mation, Dokumentation und Haftung. Davon profitiert nicht nur der Kunde. Auch Unternehmen und Finanzberater wollen die Chance nutzen, sich neu zu positionieren.

Kleinere Vermittlereinheiten bangen um ihre Existenz

In der Finanzdienstleistungsbranche geht es derzeit Schlag auf Schlag. Seit Mai 2007 ist das Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts (VersVermR-NeurG) in Kraft. Seit dem 1. November 2007 gilt die Richt linie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) und mit Jahresbeginn 2008 folgte das neue Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Der Gesetzgeber verfolgt mit diesen Maßnahmen ein klares Ziel: mehr Qualität und Verbraucherschutz in der Finanz beratung. Die Meinung in der Branche dazu ist geteilt: Auf der einen Seite sorgen zusätzliche Aufwendungen zugunsten einer zeit- und kostenintensiven Bürokratie für Unmut. Kleinere Vermittlereinheiten befürchten dadurch gar die Gefährdung ihrer Existenz.

Auf der anderen Seite mehren sich aber auch die Stimmen derer, die sich der neuen Herausforderung annehmen. Sie begreifen den Wandel in der Branche als ihre Chance, sich in einem attraktiven Markt als kompetenter Produktanbieter und Partner des Kunden zu profilieren. Ihrer Meinung nach wird sich nach Umsetzung der Maßnahmen die "Spreu vom Weizen" trennen. Davon profitieren nicht nur Kunden sondern auch Finanzberater. Denn nur wenn das Vertrauen der Kunden in Produkte und Beratung gestärkt werden kann, gelingt es der Branche, das viel zitierte "Schmuddelimage" abzuschütteln.

Ein Blick auf die einzelnen Punkte der neuen Vorschriften offenbart, welche Vorteile sich daraus ergeben können. So ist beispielsweise die statusbezogene Information des Kunden ein wichtiger Bestandteil der neuen Vermittlerrichtlinie. Schon beim ersten Kundenkontakt muss der Berater zukünftig seinen Vermittlerstatus offenlegen. Der Kunde erhält so eine wichtige Information über Art und Umfang der Beratungsleistung. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem unabhängigen Berater, der den gesamten Markt an Versicherungsprodukten berücksichtigt, und dem Ausschließlichkeitsvertreter, der nur die Produkte eines bestimmten Unternehmens in die Beratung einbezieht.

Positionierung als "unabhängiger Finanzberater"

Von dieser Regelung profitieren zukünftig Finanzberater, die als echte Makler arbeiten. Ausschließlich im Auftrag des Kunden tätig, erfolgen ihre Produktempfehlungen frei von Präferenzen für einen Anbieter auf Grundlage des gesamten Marktes. Im Zuge der neuen Vorschriften gewinnt der in der Vergangenheit oft missbräuchlich angewendete Begriff des "unabhängigen Finanzberaters" wieder an Wert. Denn nur Makler können diesem Anspruch an eine transparente Beratungsleistung gerecht werden. Für den Makler ist die Information des Kunden nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung sondern auch die Chance, sich über seinen Vermittlerstatus zu profilieren.

Auswahlverfahren stellen Rechtssicherheit

Die Anzahl an Anbietern und Produkten auf dem deutschen Versicherungsmarkt nimmt stetig zu - kaum möglich, hier den Überblick zu behalten. Doch was für den Kunden eine nahezu unlösbare Aufgabe ist, dazu ist der Makler per Gesetz verpflichtet. Denn die Vorschrift verlangt von ihm eine ausgewogene Marktbeobachtung. Eine Aufgabe, die nur mit Hilfe eines nach fachlichen und wissenschaftlichen Gesichtspunkten entwickelten Auswahlverfahrens und mit Unterstützung durch ein kompetentes Backoffice zu erfüllen ist.

So haben sich beispielsweise die Professoren Philipp Janetzke, Fachhochschule Weihenstephan, und Hermann Weinmann, Fachhochschule Ludwigshafen, dieser Aufgabe angenommen. In Kooperation mit dem Finanzdienstleister American Express Finanzmanagement GmbH haben sie einen Auswahlprozess entwickelt, der Versicherungsunternehmen und Produkte aus der Gesamtheit aller Anbieter auswählt. Dabei fließen neben der wirtschaftlichen Leistungsstärke der Unternehmen auch weiche Faktoren wie Kundenzufriedenheit, und Transparenz in die Bewertung mit ein. In einem weiteren Schritt werden dann die Produkte der ausgewählten Anbieter auf ihre Qualität hin überprüft.

Kunden und Berater profitieren von der Funktionsweise solcher Auswahlverfahren gleichermaßen. Denn mit einer Auswahl hochwertiger und geprüfter Produkte kann der Berater dem Versicherungswunsch des Kunden, je nach Lebensphase und Risikokontrolltyp, gezielt nachkommen. Für den Berater schafft das Auswahlverfahren darüber hinaus die notwendige Rechtssicherheit für den Beratungsvorgang und die Produktempfehlung. Gerade an den neuen Informations- und Dokumentationspflichten aus VVG und Vermittlerrichtlinie scheiden sich die Geis ter. Kritiker befürchten durch den erhöhten zeitlichen Aufwand für die ausführliche Dokumentation des Beratungsgespräches Einkommenseinbußen. Denn für den erfolgreichen Abschluss dürfte zukünftig womöglich mehr als nur ein Kundentermin notwendig sein.

Fürsprecher sehen dagegen in dieser Vorschrift einen echten Mehrwert für Kunden und Berater. Schließlich gibt die fachliche und detaillierte Begründung für ein bestimmtes Unternehmen und dessen Produkt sowie die Analyse des Kundenbedarfs dem Berater die Möglichkeit, seine fachliche Kompetenz herauszustellen.

Professionalisierung bringt Vorteile

Darüber hinaus bieten sich dem Berater unter Einsatz entsprechender Kundenmanagementsysteme ausgezeichnete Ansatzpunkte für ein effizientes Cross-Selling in den Bereichen Liquiditäts-, Vorsorge- und Vermögensmanagement. Der Kunde hält mit der Dokumentation ein Ergebnis seiner Finanzplanung in Händen, das für beide Seiten Verbindlichkeit herstellt. Bei späteren Unstimmigkeiten lassen sich Beratungsgespräch und Produktempfehlung so lückenlos nachvollziehen. Berater, die sich den neuen Herausforderungen stellen und die geforderte Qualifikation nachweisen können, werden vom Wandel in der Branche profitieren.

Denn bestehende und neue Vertriebsorganisationen werden mit schlüssigen Gesamtkonzepten um erfolgreiche Berater werben. Für den Berater sind solche Unternehmen interessant, die mit vernetzten Systemen aus Analyse-, Beratungs- und Produktauswahltools aufwarten können. Nur so erhält der Berater den notwendigen Raum, um seine Kunden persönlich und individuell zu beraten.

Hinzu kommt die kontinuierliche Aus- und Weiterbildung. Zu Produkten, aber auch zu den immer wichtigeren "Soft-Skills". So können Berater ihre Menschenkenntnis durch gezielte Schulung verfeinern. Sie sind dadurch in der Lage, Wünsche und Bedürfnisse des Kunden besser zu erkennen und kann den Kunden gezielter darauf hin beraten. Eine Fähigkeit, von der auch der Kunde profitiert, und die angesichts zunehmend ähnlicher Produkte, aber auch immer individueller werdender Kundenwünsche und -bedürfnisse an Bedeutung gewinnt. Die Umsetzung der geltenden und kommenden Vorschriften aus Vermittlerrichtlinie, MiFID und VVG bedeutet für die Finanzdienstleistungsbranche einen wichtigen Schritt hin zur Professionalisierung, von der letztendlich Kunden und Berater gleichermaßen profitieren werden.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X