Neue Konzepte für die betriebliche Altersvorsorge

Die Lebensversicherer in Deutschland berichten für das Jahr 2014 über eine "vergleichsweise erfreuliche Entwicklung", wie es Alexander Erdland, Präsident des Branchenverbandes GDV, formuliert. Die Beitragseinnahmen der Lebensversicherer, Pensionskassen und -fonds sind um 3,1 Prozent auf 93,7 Milliarden Euro gestiegen - nicht zuletzt dank eines kräftigen Plus bei den Einmalbeiträgen. Sie wuchsen - dem Trend der Vorjahre folgend - um fast 13 Prozent auf 29 Milliarden Euro. Doch auch die laufenden Beiträge im Neuzugang haben um 3,8 Prozent auf 5,5 Milliarden zugelegt. Dadurch entwickelten sich die laufenden Beiträge insgesamt mit einem nur leichten Rückgang von 0,8 Prozent auf 64,4 Milliarden Euro stabil.

Auch die Riester-Rente hat im Neugeschäft mit einem Plus bei den Verträgen von 2,4 Prozent wieder eine positive Richtung eingeschlagen. Damit konnte der Bestand zum Jahresende mit 10,8 Millionen Verträgen immerhin auf dem Niveau des Vorjahres stabilisiert werden.

Diese Zahlen zeigen: Trotz der intensiven Diskussion gibt es nach wie vor großes Vertrauen in die Lebens- und private Rentenversicherung. Auch die Tatsache, dass die Stornoquote branchenweit mit 3,1 Prozent auf dem niedrigsten Wert seit 1991 liegt, lässt sich in diesem Sinne interpretieren.

Dennoch sieht sich die Branche vor einem "Langstreckenlauf unter erschwerten Witterungsbedingungen". Das betrifft eine stärkere Diversifizierung der Anlagen, etwa mit Infrastrukturinvestitionen oder im Bereich der Energiewende; es betrifft neue Produkte, wie sie beispielsweise die Allianz bereits erfolgreich an den Markt gebracht hat. Es betrifft den Vertrieb, mit den Änderungen des Lebensversicherungsreformgesetzes bei den Provisionen oder auch der Vermittlerrichtlinie IMD II, zu der die Trilog-Gespräche laufen. Und schließlich ist da noch die Politik, die sich bislang noch nicht festgelegt hat, wie es mit der staatlichen Förderung privater und betrieblicher Altersvorsorge weitergehen soll.

Nahles-Rente statt Riester-Rente?

Die Riester-Rente hat derzeit in der Politik wenig Freunde, da trotz immerhin 16 Millionen Verträgen bislang weniger als die Hälfte der Förderberechtigten diese Form der Vorsorge nutzt. Zudem wird immer wieder damit argumentiert, dass insbesondere Geringverdiener zu wenig riestern. Nach der Verbesserung vor allem bei Wohn-Riester Anfang 2014 scheint der Wille der Politik zu weiteren Nachbesserungen erlahmt zu sein. Das gilt insbesondere für die Forderung des GDV, die seit der Einführung 2002 unveränderte Förderung anzupassen, sowohl was die die Beitragsbemessungsgrenze als auch was die Zulagen betrifft.

Stattdessen hat die Bundesregierung eine Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge ins Visier genommen. Einen "intensiven Dialog" dazu will Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles in der zweiten Jahreshälfte 2015 führen. Ziel ist es, eine stärkere Verbreitung der bAV insbesondere bei kleineren Unternehmen zu erreichen. Dazu sollen Arbeitgeber und Gewerkschaften die betriebliche Altersvorsorge in die Tarifverträge aufnehmen und Pensionskassen oder Pensionsfonds einrichten, die den Arbeitnehmern eine Mindestleistung zusagen.

Sind Tariffonds die Lösung?

An diesen Punkten entzündet sich die Kritik. Denn gerade kleine Unternehmen werden von den Tarifverträgen oft nicht erreicht. Man müsste dann schon die Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklären - was auf wenig Begeisterung aufseiten der Unternehmen stößt, die zudem neue Bürokratie befürchten. Würden die Arbeitgeber damit zu Beiträgen zu bAV verpflichtet, würde das die Lohnnebenkosten einmal mehr erhöhen. Bleibt es dabei, dass die Arbeitnehmer allein in die betriebliche Altersversorgung einzahlen, würde das Ziel einer möglichst flächendeckenden Verbreitung wieder infrage gestellt. Schließlich berufen sich schon heute 69 Prozent der Unternehmen ohne bAV auf mangelndes Interesse seitens der Arbeitnehmer.

Der GDV bringt noch ein anderes Argument ins Spiel, wenn er nach dem Sinn eines solchen sechsten Durchführungsweges fragt: Denn warum sollten die Tariffonds von Arbeitgebern und Gewerkschaften gemanagten Tariffonds besser sein als die bereits bestehenden Lösungen in Zusammenarbeit mit der Versicherungswirtschaft?

Nur zum Teil auf die Grundsicherung anrechnen

Die Crux für die immer noch schleppende Verbreitung für die betriebliche wie auch die private Altersvorsorge liegt denn auch vermutlich an anderer Stelle. Primär ist hier das fehlende Vertrauen in die von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen zu nennen. Die Versicherer haben deshalb vermutlich Recht, wenn sie fordern, dass eine private oder betriebliche Altersvorsorge nur zum Teil auf die Grundsicherung angerechnet werden sollte.

Rund 35 Prozent der Haushalte in Deutschland, so der GDV, gehen davon aus, im Alter auf die Grundsicherung angewiesen zu sein - auch wenn die tatsächliche Quote deutlich darunter liegen dürfte. In dieser Selbsteinschätzung liegt jedoch vermutlich ein wesentlicher Grund dafür, dass gerade die Geringverdiener mit der staatlichen Förderung noch zu wenig erreicht werden: Die Menschen haben Angst, dass jeder selbst in die Altersvorsorge investierte Euro ein verlorener sein könnte, wenn die privat getroffenen Maßnahmen letztlich nicht das Altersein kommen erhöhen.

Hier müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, aus denen klar hervorgeht, dass sich Vorsorge über die gesetzliche Rentenversicherung hinaus in jedem Fall lohnt. Solange das nicht gegeben ist, werden vermutlich gerade die Geringverdiener, für die die Gefahr der Altersarmut am größten ist, sowohl für die private als auch die betriebliche Altersvorsorge mit Gehaltsumwandlung nur schwer zu erreichen sein.

Sinkende Rentenbeiträge als Argument für Gehaltsumwandlung

Für alle anderen haben die bAV-Skeptiker ein Argument ins Spiel gebracht, das die Offenheit für die Gehaltsumwandlung vielleicht sogar steigern könnte: Kritisiert wird nämlich, dass eine vermehrte Gehaltsumwandlung für die bAV automatisch zu niedrigen Sozialbeiträgen und damit später auch zu geringeren Rentenansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung führt.

Das ist zweifellos richtig. Angesichts der schwachen Beine, auf denen das umlagefinanzierte System der gesetzlichen Rentenversicherung steht, kann aber genau das zum Vertriebsargument für die bAV werden: Schließlich ermöglicht sie gesetzlich Rentenversicherten auf dem Weg der Gehaltsumwandlung wenigstens zum Teil einen Wechsel vom umlagefinanzierten zum kapitalgedeckten System. Bei der Gehaltsumwandlung spart man für sich selbst, nicht für andere.

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