Kleinanlegerschutzgesetz

Crowdfunding-Branche behindert?

Ein Jahr nach Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes will das Bundesfinanzministerium dessen Auswirkungen überprüfen lassen. Noch bis Oktober dieses Jahres sollen Christa Hainz vom Ifo-Institut, Lars Hornuf von der Universität Trier und Lars Klöhn von der Humboldt Universität Berlin gemeinsam erforschen, welche Erfahrungen Crowdinvesting-Portale, Emittenten und Investoren mit den im Juli 2015 eingeführten Befreiungsvorschriften des Kleinanlegerschutzgesetzes gemacht haben. Die Studie soll untersuchen, ob Schwarmfinanzierungen mit oder ohne Wertpapierprospekt durchgeführt werden, inwiefern es bereits zu Ausfällen bei den Finanzierungen kam, welche Produktarten genutzt werden, wie die Anlegerstruktur aussieht und wie die Portale auf die neuen Ausnahmetatbestände reagieren. Dabei werden neben der klassischen Schwarmfinanzierung von Unternehmen auch soziale und gemeinnützige Projekte unter die Lupe genommen.

Für den Bundesverband Crowdfunding (BVCF) e.V. ist jetzt schon klar: Für die Weiterentwicklung der Crowdfunding-Branche erweist sich der neu geschaffene Rechtsrahmen in der praktischen Anwendung als zu restriktiv. Ein "Nacharbeiten" fordert der Verband zum einen mit Blick auf die Beschränkung der Crowdfunding-Ausnahme auf partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen und sonstige Vermögensanlagen. Denn viele Plattformen wollen ihren Nutzern auch die Verwendung anderer Mezzanine- und Eigenkapital-Instrumente ermöglichen, ohne dass dadurch hohe Kosten entstehen. Kritikpunkt Nummer zwei ist die Obergrenze von 10 000 Euro für Investitionen in Projekte der Schwarmfinanzierung, die nach Einschätzung des Verbandes nicht im Interesse der Anleger sei. Hier fordert die Branche eine Anhebung auf größere Inves titionssummen, wie sie im Ausland längst üblich sei.

Aus Sicht der Crowdfunding-Anbieter ist das alles zweifellos nachvollziehbar. Nur geht es eben nicht nur darum, den Plattformen als Start-up-Unternehmen das Leben zu erleichtern und den oft jungen Unternehmen, die dort Investoren suchen, nicht unnötig viele Informationspflichten aufzulegen, weil gerade sie häufig Finanzierungsschwierigkeiten haben. Sondern wie es der Name des Gesetzes schon sagt, geht es auch um den Schutz von Kleinanlegern. Und mit Blick auf dieses Ziel haben Beschränkungen, die der Anbieterseite lästig sein mögen, auch ihren Sinn.

Natürlich gibt es Anleger, die sehr wohl eine größere Bandbreite von Produkten überblicken und verstehen und die in der Lage sind zu beurteilen, ob für sie auch höhere Investitionssummen in ein Projekt tragbar sind. Unter den Nutzern von Crowdinvesting-Plattformen sind sie vielleicht im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sogar überrepräsentiert. Aber es gibt eben auch die anderen, die sich von einer hohen versprochenen Rendite blenden lassen und einen höheren Anteil ihres Vermögens in ein Projekt investieren, als es gut für sie wäre. Das hat der Fall Prokon, der für den Gesetzgeber letztlich den Ausschlag etwa für das Werbeverbot gab, in aller Deutlichkeit gezeigt.

Der Gesetzgeber muss immer beide Seiten im Blick behalten. Deshalb ist es gut, erst einmal die Auswirkungen des Gesetzes zu überprüfen. Wenn die Ergebnisse dieser Analyse auf dem Tisch liegen, ist immer noch Zeit genug, über eine mögliche Anpassung des Gesetzes zu diskutieren. Red.

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