Markenführung

Streit um Sparkassen-Rot: BGH hat das letzte Wort

Bereits seit dem Jahr 2008 zieht sich der Rechtsstreit um die Eintragung der Farbe HKS 13 als Marke der Sparkassen hin. Damals hatte die österreichische Oberbank die Lösung der am 11. Juli 2007 eingetragenen Marke beantragt. Nachdem dieser Löschungsantrag vom Deutschen Patent- und Markenamt abgelehnt worden war, stellten Banco Santander und Santander Consumer Bank im Oktober 2009 einen neuen Lösungsantrag, unterlegt mit weiteren Gutachten. Auch dieser Antrag wurde zurückgewiesen, wogegen Santander beim Bundespatentgericht Beschwerde einlegte. Und das Bundespatentgericht wiederum hatte diese Frage dem Europäsichen Gerichtshof vorgelegt, der im vergangenen Jahr freilich nur einige grundsätzliche Fragen geklärt hat (vergleiche bank und markt 7/2014, Seite 20).

Auf Basis dieses Urteils hat nun das Bundespatentgericht am 6. Juli 2015 seine Entscheidung getroffen und die Löschung der für den DSGV eingetragenen Farbmarke "Rot" (HKS 13) dem Antrag angeordnet. Die Voraussetzungen für eine Eintragung wegen Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 des Markengesetzes waren nach Einschätzung des 25. Senats bei der originär für Bankdienstleistungen für Privatkunden nicht unterscheidungskräftigen Farbe nicht nachgewiesen. Weil es sich um einen "Fall von grundlegender Bedeutung" handele, haben die Patentrichter dem DSGV jedoch die Möglichkeit eingeräumt, beim Bundesgerichtshof Rechtsbeschwerde einzulegen. Das letzte Wort ist in dem nun schon jahrelangen Rechtsstreit also noch immer nicht gesprochen.

Etwas überraschend ist der Spruch des Bundespatentgerichts deswegen, weil der Europäische Gerichtshof im Juni 2014 geurteilt hatte, dass Verbraucherbefragungen nicht zwingend einen Zuordnungsgrad zwischen Farbe und Marke von mindestens 70 Prozent ergeben müssen. Dem DSGV-Gutachten zufolge sind es in Deutschland 67,9 Prozent, die die Farbe Rot den Sparkassen zuordnen. Allerdings hatte der EuGH entschieden, dass bereits der Zeitpunkt der Anmeldung der Marke - in diesem Fall das Jahr 2002 - für die Beurteilung relevant sei, nicht erst das Jahr, in dem die Marke tatsächlich eingetragen wurde (2007). An dieser Stelle hat das Gutachten die Patentrichter also offenbar wenig überzeugt.

Zudem haben sie in diesem Zusammenhang ganz grundsätzliche Fragen aufgeworfen. Denn nachdem der EuGH noch der Meinung war, dass der Inhaber einer Marke den Beweis ihrer Unterscheidungskraft vor ihrer Anmeldung zu erbringen habe, hat das Bundespatentgericht Bedenken an dieser bislang üblichen Verfahrensweise geäußert. Denn wenn die Einholung der Gutachten zur Frage der Verkehrsdurchsetzung den Beteiligten überlassen bleibt, könne die inhaltliche Ausgestaltung der Fragen teilweise als suggestiv bewertet werden. Hier werden die Bundesrichter nun beurteilen müssen, ob die von der Sparkassenorganisation vorgebrachten Umfrageergebnisse überhaupt als Basis für eine Beurteilung der Sachlage herangezogen werden können. Sollten sie das verneinen, müsste die ganze Frage womöglich mit neuen, unabhängigen Gutachten noch einmal neu aufgerollt werden.

Ganz ausgeschlossen ist es in jedem Fall auch nach der Niederlage der Sparkassenorganisation vor dem Patentgericht nicht, dass sie sich letztlich doch noch durchsetzen könnte. Aktuell hat der BGH am 9. Juli die vom Bundespatentgericht angeordnete Löschung des Nivea-Blau als Farbmarke wieder aufgehoben. Und im Langenscheidt-Urteil vom September 2014 (Aktenzeichen I ZR 228/12L), mit dem dem Verlag ein Recht auf das Gelb-Blau zugesprochen wurde, beziehen sich die Bundesrichter sogar an mehreren Stellen auf das EuGH-Urteil zum Sparkassen-Rot.

Generell, so heißt es in dem Urteil, wird eine Farbe zwar nicht als Kennzeichnung der Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen verstanden, sondern als Gestaltungselement. Ausnahmen gibt es jedoch, "wenn der Verkehr aufgrund von Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Warengebiet oder Dienstleistungssektor an die Verwendung von Farben als Kennzeichnungsmittel gewöhnt ist (vgl. BGH, GRUR 2010, 637 Rn. 28 Farbe gelb) oder wenn die Farbe im Rahmen aller sonstigen Elemente in einer Weise hervortritt, dass die angesprochenen Verkehrskreise sie als Produktkennzeichen verstehen".

Insbesondere in der Frage des Zeitpunkts, für den die Unterscheidungskraft einer Marke weicht der BGH in dem Langenscheidt-Urteil von dem Standpunkt des EuGH ab. Konkret geht es um Art. 3 Abs. 3 der Markenrechtsrichtlinie. Demnach können nämlich die Mitgliedstaaten festlegen, dass eine Marke auch dann nicht von der Eintragung auszuschließen oder für ungültig zu erklären ist, wenn ihre Unterscheidungskraft erst nach der Anmeldung oder Eintragung erworben wurde. Hier waren die Bundesrichter - abweichend vom EuGH - durchaus der Meinung, dass der deutsche Gesetzgeber von dieser Option Gebrauch gemacht hat. Demnach wäre doch nicht das Jahr 2002, sondern das Jahr 2007 relevant. "Die Bedeutung der Entscheidung Sparkassen-Rot des Gerichtshofs der Europäischen Union für die Feststellungslast bei der Verkehrsdurchsetzung nach deutschem Markenrecht ist danach offen", heißt es in dem Langenscheidt-Urteil des BGH.

Somit scheint der Ausgang des Verfahrens auch weiterhin offen. Und seine Fortdauer und die neuerliche Berichterstattung tragen nur dazu bei, die Wahrnehmung der Verbindung zwischen "HKS 13" und den Sparkassen in der Öffentlichkeit weiter zu verfestigen. Die Bekanntheit der Marke Sparkasse dürfte somit eher gestärkt werden, ganz gleich, wie der Rechtsstreit letztlich ausgeht.

Was aber geschieht, wenn sich Santander und die österreichische Oberbank tatsächlich mit ihrem Löschungsantrag durchsetzen können? Vermutlich gar nicht einmal so viel: Santander wird weiterhin mit der roten Flamme auftreten, die dem Sparkassen-S nicht wirklich ähnlich sieht. Möglicherweise werden auch andere Banken den Vorstoß ins rote Farbspektrum wagen.

Dass der Bankenmarkt aber künftig ganz errötet, sodass der Kunde wirklich den Überblick zu verlieren droht, ist jedoch eher unwahrscheinlich. Und ganz so naiv, dass er nur nach der Farbe schaut, bevor er sich einem Anbieter zuwendet, ist der Durchschnittskunde wohl doch nicht. Wer eine Sparkasse sucht, wird selbst dann imstande sein, sie zu finden, wenn auch Wettbewerber in Rot auftreten. Nur in der Werbung wird man vielleicht stärker als früher an einer unverwechselbaren Bildsprache arbeiten müssen. Auch das sollte jedoch eine lösbare Aufgabe sein. Red.

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