Bargeld

Barzahlungsverkehr - vom Kostenblock zum Ertragsbringer

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Nach der Einführung der "Normcontainer" für Münzgeld seitens der Deutschen Bundesbank hat die Taunus Sparkasse aus der Not eine Tugend gemacht. Über einen Münzgeldpool und einen Münzmarktplatz stellt sie mit Hilfe eines Softwarepartners "überflüssiges" Münzgeld Handelsunternehmen zur Verfügung, und das nicht nur in ihrer Region, sondern überregional. So konnte nicht nur die Kostenexplosion im Bargeldgeschäft bewältigt, sondern sogar eine neue Ertragsquelle erschlossen werden. Red.

Das Jahr 2011 bedeutete für den Barzahlungsverkehr ein Paradigmenwechsel. Denn die Einführung neuer Normen der Deutschen Bundesbank zum Umgang mit Münzgeld machten die Barzahlungsbearbeitung für viele Kreditinstitute und Banken zu einem wirtschaftlichen Dilemma. Die Regularien bedeuten zusätzlichen Aufwand in einem Maße, welches die Wirtschaftlichkeit und Effizienz des Bargeldkreislaufs infrage stellen. Die Taunus Sparkasse hat aus dieser Not eine Tugend gemacht und mithilfe eines Münzgeldpools den Barzahlungsverkehr für alle Akteure auch in Zukunft regional und überregional rentabel gemacht.

Die Sparkasse betreibt 48 personenbesetzte und 23 Service-Geschäftsstellen und nimmt für einen qualitativen und effizienten Barzahlungsverkehr täglich hohen Bearbeitungs- und Abstimmungsaufwand auf sich. Die Bargeldversorgung und -entsorgung der 71 Geschäftsstellen bedeutet dabei sowohl für die Fachleute des Instituts als auch für den Wertdienstleister eine enorme logistische Herausforderung. Doch seit Kreditinstitute Münzgeld ausschließlich in Normcontainern annehmen und abgeben dürfen, hat sich enormer zusätzlicher Aufwand ergeben, der sich bei Nichtbeachtung durch zusätzliche Kosten weiter potenziert.

Das Alltagsgeschäft verdeutlichte schnell, dass das hohe Münzgeldaufkommen in den Sparkassen-Geschäftsstellen für eine wirtschaftliche Nutzung der Normcontainer nicht genügt. Dabei sind nicht nur Kreditinstitute und Banken betroffen, sondern auch Werttransporteure, die den Preisdruck ebenfalls durch sinkende Margen zu spüren bekommen.

Um auch unter Beachtung der neuen Regularien der Bundesbank wirtschaftlich arbeiten zu können, setzte die Taunus Sparkasse auf eine umfassende Restrukturierung des Barzahlungsgeschäfts. Dazu zählte neben dem Erwerb der vorgeschriebenen Normcontainer für Münzgeld auch die Vermarktung von Münzgeld an Fremdkunden im Handelsbereich (Handelskunden des Wertdienstleisters). Vor allem aber wurden die vorhandenen Prozesse unter den neuen Marktbedingungen kritisch analysiert und die Bargeldstrategie komplett neu ausgerichtet.

Zukunftsmodell für effizienten Bargeldhandel

Der Weg aus dem offensichtlichen Dilemma führte die Sparkasse unter strikter Beachtung aller sicherheitsrelevanten Aspekte über einen Münzgeldpool, den sie einerseits dazu nutzt, ihren Bedarf kostengünstig zu decken und andererseits gleichzeitig die Abgabekosten signifikant zu reduzieren. Diese Lösung ist möglich, da ein anderer Player im Münzgeldkreislauf eben dieses bei Finanzinstituten "überflüssige" Münzgeld ganz dringend benötigt: die Handelsseite. Unter diesen Voraussetzungen ist ein neues, innovatives Geschäftsfeld gereift.

Nicht nur die Sparkasse und die Händler profitieren von dem neuen Modell, sondern auch die Wertdienstleister. Denn diese erfüllen mit ihrer technischen Ausrüstung alle Anforderungen zur benötigten Versorgung der Handelskunden mit Wechselgeld. Die Lösung lag auf der Hand: Das Münzgeld wird durch den Wertdienstleister von den Kreditinstituten direkt zu den Handelsunternehmen gebracht. Unter Beachtung der Anforderungen an ausgelagerte Prozesse gemäß § 25 a KWG konnten durch dieses Verfahren nicht nur Kosten im Münzgeldbereich reduziert werden, sondern ein neues Ertragsfeld entstehen.

Die Alvara Interactive Cash Control (ICC) Plattform zur Steuerung von Bargeld und Wertdienstleistern wird zusätzlich als Revisions- und Steuerungs-Software eingesetzt. Dies ermöglicht unter anderem die revisions- und versicherungskonforme Darstellung aller Bargeldprozesse sowie das Erschließen neuer Potenziale durch eine umfassende Prozessautomatisierung. Auch die intuitive, benutzerfreundliche Bedienbarkeit und die prozessorientierte Arbeitsweise der Lösung spielen eine wichtige Rolle.

Die Web-basierte und OPDV-zertifizierte Plattform unterstützt Prozesse von der Direkteinzahlung bei der Deutschen Bundesbank durch Filialen mit Hauptkasse bis hin zur Verarbeitung von Filialerlösen und Automatengeldern durch einen Wertdienstleister. Anwender profitieren vor allem von der großen Flexibilität, die durch den modularen Aufbau möglich ist sowie von einer schnellen, sicheren und automatisierten Bearbeitung. Die weitere Inbetriebnahme gelang sogar bald selbstständig anhand von Schulungsunterlagen, da die ersten Sparkassenmitarbeiter sich sehr schnell mit der Arbeitsweise des Systems vertraut machten.

Münzgeldpool als rentabler Geschäftsbereich

Seit der Inbetriebnahme der Software in zunächst fünf Geschäftsstellen hat die Sparkasse den Grundstein gelegt, um den Barzahlungsverkehr ertragreich zu gestalten. Nicht nur die damit in Verbindung stehende, deutliche frühere Erfüllung der Aufgabe "CashEDI" ist ein großer. Aufgrund der positiven Erfahrungen im ersten Projektabschnitt wurde entschieden, alle übrigen Geschäftsstellen zu integrieren, sowie weitere Lösungen des Dienstleisters (zum Beispiel Bargeld-Kundenservice für das Safebagverfahren) umzusetzen und damit weitere Effizienzpotenziale zu heben.

Der Münzgeldpool ist heute zu einem erfolgreichen Geschäftskonzept herangereift, dem sich umliegende Sparkassen und Handelskunden des Wertdienstleisters angeschlossen haben. Heute verarbeitet die Taunus Sparkasse neben ihren eigenen Münzen auch das Kleingeld anderer Institute und erwirtschaftet damit sogar Erträge im Bargeldverkehr. Dabei hat sie täglichen Einblick in alle Münzgeldbestellungen und prüft vor der Freigabe und somit Auftragsübergabe an den Wertdienstleister, ob der Gegenwert auf ihrem Konto bereitgestellt wurde. Der Wertdienstleister packt die gewünschten Mengen zusammen und liefert die Gelder an die Kunden aus.

Überregionaler Münzmarktplatz

In regelmäßigen Zusammenkünften aller Beteiligten werden die geforderten Qualitätsstandards überprüft. Zudem gewährleisten die Integration von Neuerungen und die Abstimmung neuer Ideen und Anforderungen, dass System und Prozesse jederzeit allen rechtlichen Vorgaben sowie einem hohen Maß an Effizienz gerecht werden. Dazu gehört auch die automatische Bereitstellung aller Funktionserweiterungen mit Hilfe von Softwareupdates.

Der regionale Erfolg und die gesammelten Erfahrungen der Poolbank überzeugte die die Sparkasse schnell, aus dem regionalen Geschäft einen überregionalen Business Case werden zu lassen. War der Bargeldhandel bislang auf die Regionalität des Wertdienstleisters beschränkt, eröffnete sich mit dem Alvara Münzmarktplatz die Möglichkeit, auch überregional tätig zu werden. Das Prinzip ist simpel:

- Hauptkassen oder Cash-Center bieten Münzgeld für den Einzelhandel an.

- Handelsunternehmen bestellen hingegen einfach, sicher und schnell Münzgeld nach ihrem aktuellen Bedarf.

Der zum Teil noch immer vorhandene Münzgeldüberschuss auf der einen und Münzgeldbedarf auf der anderen Seite kann auf diese Weise genutzt werden, um deutschlandweit Kunden zu bedienen und weitere Erträge zu erwirtschaften.

Erste Gespräche mit dem Wertdienstleister, der sich auch in diesem Modell für das praktische Kommissionieren und Verpacken verantwortlich zeichnet, verliefen sehr positiv. Denn für den Wertdienstleister bedeutet das ebenfalls lediglich eine regionale Ausweitung seines Tagesgeschäfts und damit eine zusätzliche Ertragsmöglichkeit.

Durch das automatisierte System wird der fehleranfällige, manuelle Aufwand auf allen Seiten auf ein Minimum reduziert. Prozesse, welche die Münzgeldausgabe betreffen, werden weiter verschlankt, sodass Dienstleistungen in diesem Umfeld auch in Zukunft zu wirtschaftlich vernünftigen Konditionen angeboten werden können.

Die Münzgeldbearbeitung nach dem Rückzug der Bundesbank kostenbewusst neu auszurichten, ist bei der Taunus Sparkasse somit keinesfalls in eine Abschaffung des Geschäftsfelds gemündet. Der Bargeldhandel mithilfe des Münzgeldpools und des Münzmarktplatzes verdeutlicht stattdessen, dass mit innovativen Geschäftsideen eine effiziente Gestaltung des Bargeldkreislaufs trotz verschärfter Rahmenbedingungen für alle Akteure des Bargeldgeschäfts möglich ist.

Mit diesem Ansatz hat die Sparkasse nicht nur die Kosten für den Barzahlungsverkehr verringert, sondern ein zusätzliches Geschäftsfeld entworfen, das zum wirtschaftlichen Erfolg und der Zukunftsfähigkeit der Sparkasse beiträgt, ohne dabei die Geschäftspartner aus dem Logistikbereich und aus dem Handel aus dem Blick zu verlieren.

Zum Autor

Sükrü Dikmenoglu, Cashmanager und stellvertretender Teamleiter, MSO-Bargeldmanagement und Service, Taunus Sparkasse, Bad Homburg v.d.H.

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