DIGITALISIERUNG

"Der Trend zu echten digitalen Krediten ist nachhaltig" Interview mit Raffael Johnen

Raffael Johnen, Foto: Auxmoney

Seit dem Start der Kreditplattform Auxmoney hat sich das Geschäftsmodell verändert. Dass längst institutionelle Investoren neben die Schwarmfinanzierung durch Private getreten sind, erklärt Raffael Johnen mit der gestiegenen Nachfrage. Inzwischen sieht er einen nachhaltigen Trend zu digitalen Krediten. Die Bewährungsprobe durch Corona habe das eigene Scoring der Plattform, das auch solchen Kunden, die bei den Banken "durchfallen", eine Finanzierung ermöglichen soll, gut bestanden. In der Pandemie konnte die Performance für die Investoren konstant gehalten werden - wenn auch zulasten des Wachstums. Red.

Wie ist das Corona-Jahr für Auxmoney gelaufen?

Die Corona-Pandemie hat die Digitalisierung der Finanzindustrie weiter beschleunigt. Online-Kredite sind für immer mehr Menschen zur bevorzugten Alternative geworden. Von diesem Trend profitieren die Technologieführer.

Zugleich haben sich unser Modell und unsere Expertise in der Bonitätsbewertung in der wirtschaftlichen Krise bewährt. Auxmoney Kredite haben sich als robuste und krisenfeste Anlageklasse erwiesen. Diese stabile Performance hat unsere Investoren überzeugt. So konnten wir 2020 eine große Finanzierungsrunde in Höhe von 150 Millionen Euro abschließen. Damit haben wir eine wichtige Weiche gestellt, um unseren technologischen Vorsprung weiter auszubauen.

Bei der Gründung von Auxmoney im Jahr 2007 stand die Idee im Vordergrund, auch Menschen, die in der Bonitätsbewertung der Banken "durchfallen", zu einem Kredit zu verhelfen. Wie unterscheidet sich die Bonitätsprüfung bei Auxmoney von der der Banken?

Banken nutzen häufig pauschale Verfahren, um die Bonität zu beurteilen und schließen so viele Menschen, die bei genauerer Betrachtung kreditwürdig sind, von der Kreditversorgung aus. Wir haben über Jahre eine einzigartige Technologie entwickelt, um Kreditanfragen differenziert und individuell zu bewerten. So ist Auxmoney in der Lage, in vielen Fällen zum Beispiel auch Selbstständigen, Studierenden oder Menschen mit kleineren Finanzierungsvorhaben einen Kreditzugang zu ermöglichen.

Kommen Sie ganz ohne Schufa-Abfrage aus?

Nein, auch wir nutzen die Informationen von Auskunfteien. Wir werten jedoch bei jeder Kreditanfrage Tausende Merkmale aus, um die Bonität präzise zu bewerten. Dazu gehören beispielsweise nach aktiver Einwilligung des Kunden auch die Kontodaten und digitale Daten aus der Interaktion des Users mit der Plattform. Entscheidend ist jedoch, dass wir diese Datenpunkte intelligent miteinander kombinieren. Dies ist unsere Kernexpertise. Dadurch erhalten wir ein differenzierteres Bild des Kreditsuchenden.

Was für Informationen fließen zum Beispiel bei Ihnen zusätzlich in die Bonitätsbewertung ein? Und woher bekommen Sie die Informationen?

Insgesamt fließen über 3 000 Merkmale aus unterschiedlichen Quellen in unser Scoring ein. Wir nutzen für die Bonitätsbewertung dabei eine Kombination aus Online und Offline Daten. Ein Beispiel: Eines von vielen Modulen unseres Scorings ist der digitale Kontoblick, mit dem wir nach aktiver Zustimmung des Kreditsuchenden vollautomatisiert und in Echtzeit die Kontoumsätze des Users klassifizieren und analysieren. Diese Informationen tragen wesentlich zu einer vorhersagestarken und trennscharfen Bewertung von Kreditanfragen bei. Dies ist ein Teil unserer besonderen Expertise in der Bonitätsbewertung, die wir über viele Jahre sehr fokussiert entwickelt haben.

Im Sommer 2018 konnte Auxmoney eine Milliarde Euro an vermittelten Krediten vermelden. Wo steht die Plattform heute - und wie würden Sie ihre Bedeutung für die Kreditversorgung in Deutschland heute bewerten?

Inzwischen haben wir über 2 Milliarden Euro an Krediten ausgezahlt. Auxmoney ermöglicht durch einen verbesserten Zugang zu Krediten finanzielle Teilhabe für mehr Menschen. Durch den Einsatz von Technologie können wir auch Menschen mit Kredit versorgen, die bei Banken pauschal durch das Raster fallen. Ein Beispiel: Selbstständige erhalten durch einen verbesserten Zugang zu Kredit, die Chance in ihre berufliche Zukunft zu investieren und vielleicht sogar neue Arbeitsplätze zu schaffen. Nicht zuletzt in der aktuellen wirtschaftlichen Gesamtlage ist dies von großer Bedeutung.

Seit April 2019 gibt es auf der Plattform auch Unternehmenskredite. Wie sieht heute das Verhältnis von Privat- und Unternehmenskrediten aus?

Kredite an Privatpersonen und Selbstständige sind unser Kerngeschäft. Unser Fokus liegt auf diesem Kundensegment.

Wie hat sich die Corona-Pandemie in diesen beiden Segmenten auf die Geschäftsentwicklung ausgewirkt?

Wir haben im Frühjahr 2020 bereits sehr früh und konsequent die Kriterien für die Risikobewertung proaktiv nachgeschärft. Dies ging zulasten des kurzfristigen Wachstums. Gleichzeitig ist es gelungen, die Kreditperformance in der Pandemie stabil zu halten und die Rendite unserer Investoren zu schützen.

Kurzfristig heißt, inzwischen hat das Wachstum wieder angezogen? Seit wann etwa?

Die wirtschaftliche Erholung steht gerade erst am Anfang. Der Zugang zu schnellen und unkomplizierten Finanzierungen für Privatpersonen und Selbstständige ist daher wichtiger denn je, um Investitionen zu ermöglichen und die Wirtschaft wieder anzukurbeln.

Die Nachfrage nach Auxmoney-Krediten ist hoch und hat in den vergangenen Monaten noch einmal deutlich angezogen. Das zeigt: Der Trend zu echten digitalen Krediten ist nachhaltig und gibt uns zusätzlich Rückenwind für weiteres Wachstum.

Wie hat die Bonitätsprüfung durch Auxmoney die Bewährungsprobe der Corona-Pandemie bestanden?

Das Auxmoney-Scoring hat sich in der Corona-Krise bewährt. Wir verzeichnen keine signifikante Zunahme von Ausfällen und die Kredite haben sich als robuste und krisenfeste Anlageklasse erwiesen. Die jüngsten Finanzierungszusagen internationaler Großbanken zeigen, dass dies das Vertrauen in unsere Plattform und Online-Kredite als Assetklasse weiter gestärkt hat.

Ursprünglich ging es bei Auxmoney um das Prinzip der Schwarmfinanzierung durch private Investoren. Welchen Stellenwert hat das heute noch?

Wir sind 2007 mit Krediten von Privat an Privat gestartet. Dann kamen institutionelle Investoren wie zum Beispiel Versicherer, Banken und Family Offices dazu, die heute den über wiegenden Teil unserer Kredite finanzieren.

Nun investiert Auxmoney seit Kurzem an der Seite seiner Marktplatz-Investoren auch erstmals selbst in Kredite auf der eigenen Plattform. Diese breite Basis an Investoren mit teils unterschiedlichen Risikoprofilen zeichnet die Attraktivität und Stärke des Marktplatzes aus.

Sind Plattformen, die lediglich auf der Schwarmfinanzierung durch Private basieren, nicht mehr tragfähig?

Aus unserer Sicht ist für das Marktplatz-Geschäft ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kreditnachfrage und Anlagekapital entscheidend für den Erfolg. Je höher die Kreditnachfrage, desto schwieriger wird es, diese allein über Privatanleger zu bedienen. Die Hinzunahme institutioneller Investoren schafft eine verlässliche Planbarkeit für das Wachstum der Plattform. Insofern ist es auch kein Zufall, dass viele erfolgreiche Kreditplattformen diesen Weg gegangen sind.

Sehen Sie Auxmoney heute eher als Konkurrent oder als Partner der Banken - oder irgendwo dazwischen?

Wir sehen Banken in erster Linie als potenzielle Kooperationspartner. Immer mehr Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken kooperieren heute schon mit Auxmoney, um ihr eigenes Kreditangebot für ihre Kunden zu verbessern. Die Institute können dadurch beispielsweise auch Menschen, die sie ansonsten ablehnen müssten, einen Kredit ermöglichen. Weniger Ablehnungen bedeuten für die Bank eine höhere Kundenzufriedenheit und mehr Geschäft.

Sehen Sie generell einen Trend zu mehr Kooperationen zwischen Fintechs und Banken?

Ja, eindeutig. Der Digitalisierungsschub durch die Corona-Pandemie hat den Banken die Dringlichkeit für die konsequente digitale Transformation ihres Geschäfts einmal mehr vor Augen geführt. Fintechs sind mit ihren digitalen Produkten häufig Innovationsführer in ihrem Segment. Das macht sie zum idealen Partner für Banken, die ihr digitales Angebot erweitern und verbessern wollen. Letztlich stärkt es auch die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzstandorts Deutschland, wenn digitale und traditionelle Anbieter ihre Kräfte bündeln.

Wen sehen Sie inzwischen als Ihre wichtigsten Mitbewerber?

Es gibt in Deutschland tatsächlich kein Unternehmen, dessen Angebot und Geschäftsmodell direkt mit dem von Auxmoney vergleichbar ist. Denn wir bedienen auch Kundensegmente, die von klassischen Kreditanbietern nur unzureichend mit Krediten versorgt werden. Damit schließen wir eine Lücke in der Kreditversorgung und leisten somit einen wichtigen volkswirtschaftlichen Beitrag.

Im vergangenen Jahr und auch 2021 hat das Unternehmen eine Menge frisches Kapital erhalten. Wofür wird das investiert?

Mit der Wachstumsfinanzierung von 150 Millionen Euro werden wir unseren technologischen Vorsprung und unsere führende Marktposition weiter ausbauen. Eine kürzlich eingegangene Partnerschaft mit BNP Paribas ermöglicht es uns zudem, erstmals in Kredite auf unserem eigenen Marktplatz zu investieren. Dafür stehen 500 Millionen Euro bereit. Im Frühjahr haben wir mit Citigroup und Chenavari Investment Managers weitere starke Partner hinzugewonnen, an deren Seite wir in unsere eigenen Marktplatz-Kredite co-investieren.

Im April dieses Jahres hat sich Auxmoney einen neuen Markenauftritt gegeben. Weshalb war es Zeit dafür?

Wir setzen für unser weiteres Wachstum bewusst auf eine starke Marke. Mit unserem neuen Markenauftritt schaffen wir für die Kunden ein modernes Produkt- und Markenerlebnis und machen die Einzigartigkeit des Auxmoney-Kredits neu erlebbar. Wir stellen die Möglichkeiten, die sich für Menschen durch einen verbesserten Kreditzugang entfalten, konsequent in den Mittelpunkt unseres Auftritts. Damit differenziert sich die Marke Auxmoney deutlich im Markt.

Raffael Johnen, CEO und Mitgründer, Auxmoney GmbH, Düsseldorf
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