Ausland

"Es gelingt uns, mit unseren Innovationen Trends zu setzen" Interview mit Ertan Piskin

Ertan Piskin
Quelle: Erste Bank

Die Erste Bank und die Sparkassen in Österreich sehen sich als Innovationstreiber in Sachen Payment. Seit 2016 gibt es Bezahlarmbänder, kontaktlose Geldautomaten und die Bankcard mobil, seit einem Jahr mobile Kreditkartenzahlungen auf HCE-Basis. Dass die Innovationen gut angenommen werden, erklärte Ertan Piskin mit der Orientierung am Kundenbedarf. Außerdem sagt er: Jede Innovation, die sich nicht in maximal einer Minute erklären lässt, wird sich nicht durchsetzen. Red.

Karten

Wie kommt es, dass die Österreicher Österreich in Sachen Payment-Innovationen im Mittelfeld sehen? In Österreich ist ja vieles schon etabliert, was in Deutschland gerade erst an den Markt geht.

Hier gibt es zwei unterschiedliche Sichtweisen: den österreichischen Markt und die Erste Bank und die Sparkassen. Auf den österreichischen Markt trifft die Einschätzung zu, auf uns trifft sie nicht zu. Wir sind klar Innovationsführer und bringen auch Dinge auf den Markt, die europäische Innovationsführerschaft bedeuten. Wir haben zum Beispiel vor zwei Jahren den NFC-Sticker und die kleinste Bankomatkarte der Welt eingeführt und das in Kombination mit unserer App, über die wir eine umfassende Kartensteuerung ermöglichen. Dazu gehören zum Beispiel Limiterhöhungen, verschiedene Sperren für PoS oder Geldautomat. Damit haben wir eine Innovation auf den Markt gebracht, die zu diesem Zeitpunkt weltweit noch niemand hatte. Wir versuchen, immer vorne mit am Ball zu sein, auch gemeinsam mit der spanischen Caixa Bank, die weltweit zu den innovativsten Banken zählt. Die Caixa Bank ist ja ein Shareholder der Erste Group. Deshalb haben wir gemeinsame Interessen, aus denen sich Synergien ergeben.

Erfreulicherweise gelingt es uns, mit Innovationen Trends zu setzen. Bei der Umsetzung bestimmter Themen wie dem kontaktlosen Bezahlen sieht man: Der Markt zieht nach. Wir waren die Ersten in Österreich, die alle Karteninhaber mit kontaktlosen Karten ausgestattet haben. Hier sehen wir jetzt die Erfolge und verzeichnen eine extrem hohe Nutzung. Deshalb ist davon auszugehen, dass auch die nächsten Innovationsschritte sehr viel leichter fallen werden. Denn für die Innovationsgeschwindigkeit ist vor allem das Verhalten des Kunden entscheidend. Wie schnell nimmt der Kunde eine Innovation an und wie schnell kann man die nächste darauf aufsetzen? Sind die Schrittgeschwindigkeiten der Kunden sehr unterschiedlich, dann tut man sich mit dem nächsten Schritt schwer. Beim kontaktlosen Zahlen ist es uns gelungen, zusammen mit den Sparkassen Innovation flächendeckend umzusetzen, sodass wir darauf wieder neue Innovationen aufsetzen können.

Karten

Lassen sich mit Payment-Innovationen Neukunden gewinnen?

Natürlich. Vor allem bei den jungen Leuten ist es ein Trend, bei der Erste Bank oder einer Sparkasse zu sein. Es gilt als cool und bringt uns Marktanteile. Unter Studenten sind wir derzeit Marktführer. Wir sind derzeit eine der wenigen Bankengruppen Österreichs, die Marktanteile gewinnen.

Karten

Wie ist bisher die Akzeptanz der Bezahlarmbänder? Bei welchen Zielgruppen punkten Sie hier? Sind das nur die jungen Leute oder zum Beispiel auch Senioren?

Es ist gut, dass Sie das ansprechen. Das war eine der Überraschungen, dass der Seniorenverband Österreich ein Schreiben an seine Mitglieder in Österreich verschickt und die Nutzung des kontaktlosen Bezahlens empfohlen hat.

Das liegt natürlich auch an der Vorgehensweise bei der Einführung von Innovationen: Wir starten nicht bei der Technik, sondern stellen uns die Frage, in welcher Situation der Kunde was braucht. An diesen Stellen versuchen wir, Lösungen zu finden. Das Bezahlarmband ist so eine Lösung für das Bezahlen im Schwimmbad oder beim Sport, wo man typischerweise weder Geldbeutel noch Mobiltelefon bei sich trägt. Hier wird eine Lösung gebraucht, die genauso funktioniert wie eine normale Kartenzahlung. Viele haben es hier mit Prepaid-Karten versucht, aber das funktioniert nicht. Es geht also nicht um die Technik, sondern darum, dass der Kunde eine intuitive Lösung braucht, die genauso funktioniert wie die gewohnte Bankomatkarten-Zahlung und bei der der Kunde nicht umdenken muss.

Karten

Ist das auch der Grund für die Aufgabe der elektronischen Geldbörse Quick?

Der Fehler bei Quick bestand genau darin, dass man sich damals die Customer Journey nicht überlegt hat. Hintergrund von Quick war die Ersparnis von Transaktionskosten. Der Ablauf für den Kunden (Beladung vor dem Zahlen, Abfrage des Guthabens) war aber wenig nutzerfreundlich.

Als Banken müssen wir uns entscheiden, wie wir mit unseren Kunden arbeiten wollen. Wir können keinen Bauchladen von 20 bis 30 verschiedenen Zahlmethoden haben, sondern müssen uns für einige wenige entscheiden. Aber diese müssen wir dann so gestalten, dass sie für den Kunden optimal sind. Und wir müssen sie dem Kunden vollständig erklären. Das ist das A und O. Ein Zahlungsmittel, das sich nicht in einer halben Minute erklären lässt, wird sich am Markt nicht durchsetzen. Quick war nicht in einer Minute erklärbar. Entsprechend waren die Transaktionszahlen und Umsätze minimal. Daran verdient hat niemand etwas. Mit der kontaktlosen Bezahlung war Quick dann ohnehin Geschichte.

Man darf auch die Zuwachsraten nicht vergessen: Wenn man sich für eine Bezahlmethode entscheidet, muss man auch die Entwicklung im Auge behalten. Wenn eine Bezahlmethode nach 20 Jahren von drei Prozent der Kunden genutzt wird, ist das keine nachhaltige Innovation. Zum Vergleich: 69 Prozent aller Transaktionen werden bei uns bereits kontaktlos getätigt. Mit dem kontaktlosen Zahlen ist auch das Vordringen in den Bereich der Minimalbetragszahlungen gelungen: 4 von 10 aller Zahlungen sind inzwischen unter 25 Euro. Auch auf der Kreditkartenseite haben wir in den letzten fünf Jahren unsere Volumina verdoppelt

Karten

Spielt dabei auch eine verbesserte Akzeptanz als Folge der Interchange-Regulierung eine Rolle?

In Österreich ist die Entwicklung etwas anders als in Deutschland. Der eigentliche Treiber für das Wachstum bei den Kreditkartenumsätzen ist hier der E-Commerce. Österreich ist ein Kreditkartenland. Wir haben hier Zuwächse von 20 bis 30 Prozent pro Jahr an Volumina und Transaktionen allein im E-Commerce.

Karten

Wie hoch ist die Kreditkartenpenetration unter den Kunden der Erste Bank und der Sparkassen?

Derzeit haben wir zusammen etwa 650000 Kreditkarten und 2,4 Millionen Bankomatkarten ausgegeben. Die Kreditkartenpenetration ist regional unterschiedlich. Bei der Erste Bank liegt die Sättigung bei 45 Prozent der Kontoinhaber, die eine Kreditkarte haben können (also zum Beispiel Kinder ausgenommen). Damit sind wir in Österreich Spitzenreiter. Österreichweit reichen die Werte etwa von 20 bis 45 Prozent.

Karten

Wie viele Geldautomaten sind inzwischen NFC-fähig?

Wir sind dabei, dies flächendeckend umzusetzen. Ende 2019 sollten alle Automaten NFC-fähig sein.

Ein Vorteil liegt dabei in der Sicherheit, weil kein Magnetstreifen ausgelesen werden kann. Ein anderer Aspekt ist folgendes: Die Methode, wie man mit der Karte bezahlt oder Bargeld abhebt, ist durchgehend gleich. Wenn man in der Customer Journey alle Touchpoints bedienen will, gibt es deshalb keine Alternative dazu, alle Geldautomaten kontaktlos zu machen.

Karten

Was sind die Gründe, die Sie zum Wechsel von Maestro zu Debit Mastercard bewogen haben?

Ganz einfach: Bezahlen im Internet geht heute fast nur mit Kreditkarte. Mit der Umstellung von der Maestro Bankomatkarte auf die moderne Bankomatkarte Debit Mastercard, bieten wir 1,7 Millionen Kunden, den Zugang zum Bezahlen im Internet. Die Debit Mastercard hat online eine extrem hohe Akzeptanz. Insofern bieten wir unseren Kunden ein Upgrade. Das ist eine flächendeckende Innovation für alle diejenigen, die bisher keine Kreditkarte wollten oder keine bekommen haben. Damit kann jetzt jeder Bankomatkarteninhaber auch online bezahlen, das Geld wird auch sofort abgebucht genau wie am PoS.

Karten

Ist das nicht ein Stück weit eine Kannibalisierung des Kreditkartengeschäfts?

Darüber haben wir am Anfang nachgedacht. Dann haben wir jedoch nachgerechnet: Heute werden erst 20 Prozent der Zahlungen mit Karte abgewickelt, 80 Prozent erfolgen in bar. Fremde Zahlungsmethoden wie Paypal nehmen zu. Das Potenzial, mit den neuen Karten zusätzliche Transaktionen und Volumina zu generieren, ist deshalb enorm. Selbst wenn der eine oder andere eine Kreditkarte zurückgibt, sind dennoch enorme Zuwächse zu erwarten.

Zudem zeigen Kundenbefragungen, dass die Kreditkarte in Österreich ganz klar mit "Pay Later" assoziiert wird und als Liquiditätsmanagement-Instrument positioniert ist. Weiters haben in der Erste Bank 95 Prozent der Karteninhaber einen Versicherungsschutz auf der Karte. Auch deshalb erwarten wir keinen Rückgang - eher im Gegenteil. Ich glaube sogar, dass die Kreditkartenumsätze noch stärker steigen werden, weil immer mehr im Internet bestellt wird.

Wir werden die Bank sein, die dies den Kunden möglich macht. Daher erwarten uns auch große Neukundengewinne. Das bisherige Feedback ist sehr gut - speziell von jungen Leuten, die keinen Zugang zu einer Kreditkarte haben. Oft wird für Online-Einkäufe die Kreditkarte der Eltern benötigt. Das ist damit vorbei.

Karten

Wie steht es denn um die Mastercard-Akzeptanz im stationären Einzelhandel? Gibt es da eine Akzeptanzlücke zu Maestro?

Weltweit gibt es mehr Akzeptanzstellen für Mastercard als für Maestro. In bestimmten Akzeptanzbereichen wie Trafiken gibt es bisher noch wenig Akzeptanz. Das ist aber ein Segment, das Mastercard jetzt adressiert. Wir haben jetzt gemeinsam mit der Kommunikation begonnen und auch mit den Acquirern gesprochen. Sie werden nun ihre Kunden, die bisher noch keine Mastercard akzeptieren, darauf ansprechen. Wenn diese Händler sehen, dass in Österreich diese Karten ausgegeben werden, werden sie selbstverständlich umstellen. Das bisherige Feedback ist gut - zumal es für die Händler der gleiche Preis wie bei jeder anderen Debitkarte ist - also so wie bisher bei Maestro.

Karten

Planen Sie den Austausch im Rahmen der regulären Austauschzyklen oder vorzeitig?

Wir werden es im Rahmen der regulären Austauschzyklen tun, aber nicht bis zum Ablauf der Karten warten. Beginnen werden wir im Frühjahr 2019. Bis Ende 2020 soll der Austausch dann abgeschlossen sein.

Karten

Ist die Entscheidung eine österreichweite wie seinerzeit die Abschaffung des nationalen Debitsystems zugunsten von Maestro?

Es ist eine reine Erste Bank/Sparkassen-Entscheidung. Hier geht es um Wettbewerbsvorteile.

Karten

Wie weit sind sie beim Thema Instant Payments?

Instant Payment ist eine Gruppenstrategie. Seit vergangenem Jahr können unsere Kunden Instant Payments empfangen. Auf der Aktivseite beobachten wir den Markt sehr genau. Hier werden wir im März 2019 starten. Es gibt schon Nachfrage. Echtzeitzahlungen sind die Überweisungen der Zukunft. In der digitalen Welt ist es das A und O, dass wir real-time arbeiten.

Karten

Wie sieht die Preisstrategie für Instant Payments?

Auf der Kommerzseite überlegen wir gerade, wie wir Echtzeitzahlungen bepreisen. Der Markt zeigt schon ein paar Beispiele. Schließlich ist damit ja auch eine enorme Investition verbunden. Auf der Privatkundenseite wird sich das erübrigen. Ich weiß nicht, ob ein Kunde Verständnis dafür hat, dass er eine Gebühr dafür zahlen soll, dass er einen Tag schneller überweisen kann. Alle Überweisungen von Erste Bank-Sparkassen-Kunden innerhalb der Sparkassengruppe, das sind etwa 30 bis 35 Prozent aller jetzigen Überweisungen, sind auch heute schon Echtzeitzahlungen.

Karten

Wann wird die klassische Überweisung durch Echtzeitzahlungen abgelöst sein?

Das wird bei uns eine Hausentscheidung sein. Ich schätze, dass wir Ende 2020 wissen werden, wo wir stehen.

Karten

Erwarten Sie auch die Ablösung der Kartenzahlungen durch Instant Payments?

Da bin ich tiefenentspannt. Bei 80 Prozent Barzahlungen ist der Markt groß genug für alle. Die Kartenzahlung ist jetzt seit 30 Jahren entwickelt und punktet mit der Zahlungsgarantie. Die gibt es bei Instant Payments nicht. Das heißt, der Händler müsste jedes Mal warten, bis es piept und die Zahlung da ist. Das ist an der Kasse nicht praktikabel. Das heißt: Jede Zahlungsmethode hat ihren speziellen Zweck. In der Instant-Payments-Diskussion wird häufig die Sicht des Kunden vergessen. Was die Kunden bevorzugen, entscheiden sie selbst.

Weitere Artikelbilder

Noch keine Bewertungen vorhanden


X